Schwarze Löcher


Informatives

Betrachten wir einmal intensiv einen beliebigen Gegenstand, beispielsweise den Taschenrechner auf dem Schreibtisch. Wie könnten wir ihn möglichst genau, auch aus physikalischer und chemischer Perspektive beschreiben? Das hat jetzt zwar nichts mit Schwarzen Löchern zu tun, aber gemach, das wird schon noch!

Zunächst könnten wir einfach damit beginnen, die Anordnung und Beschriftung der Tastatur zu definieren. Um das exakt durchzuführen, müssten wir neben der Größe, Gewicht, Form und Farbe einer Taste auch deren genaue Materialzusammensetzung untersuchen. Aus wie viel Molekülen des Kunststoffes besteht sie? Aus welchen Atomen ist der Kunststoff aufgebaut? Wir müssten auch die chemische Formel des Beschriftungslacks hinzunehmen und selbstverständlich auch genau beschreiben, welche Form jedes Symbol hat.

Taschenrechner
Taschenrechner
Puuh, das ist schon eine schwierige Aufgabe! Nun kommt das Display an die Reihe. Es ist mit einer Plastikabdeckung geschützt. Aus welchen Atomen ist jetzt dieser Kunststoff aufgebaut, wie sind sie angeordnet und wie viele braucht man von jeder Sorte, damit genau diese Abdeckung entsteht? Welche Härte hat der Kunststoff, welche Dichte, welchen Schmelzpunkt, wie ist seine Wärmeleitfähigkeit und wie hoch seine Durchschlagspannungsfestigkeit...? Nun wird es fast kriminell, wollten wir die Flüssigkristall- Anzeige absolut exakt beschreiben. Ganz zu schweigen vom Innenleben des Taschenrechners, aufgebaut aus komplexen Chips, SMD- Bausteinen, Platine und einer Nickel- Cadmium- Batterie...

Wenn man das alles höchst genau und bis ins kleinste Detail, also bis auf das letzte Atom genau beschreiben will, kann man garantiert ein sehr dickes Buch füllen: Nämlich mit Informationen darüber, was eigentlich ein Taschenrechner ist. In jedem Fall aber könnte man den Taschenrechner vollständig zerlegen, und zwar bis auf die Größe atomarer Einheiten und anhand der vorliegenden Informationen muss es möglich sein, ihn wieder komplett herzustellen. Im Prinzip macht der Taschenrechner- Fabrikant nichts anderes: Anhand einer Arbeitsanleitung baut er solche Geräte aus vielen verschiedenen Komponenten auf. Zwar wird er nicht jedes Einzelteil selbst herstellen, sondern von anderen Lieferanten beziehen. Diese wiederum beziehen aus anderen Quellen Rohstoffe, aus denen sie Vorprodukte herstellen. Würde man jedes einzelne Teil in dieser Weise zurückverfolgen und alles fein säuberlich notieren, käme man wieder zu der oben gemachten Beschreibung.

Solche umfangreichen Zusammenstellungen gibt es tatsächlich. Als ausgereiftes Beispiel hierzu mag die IMDS- Datenbank dienen. In diesem online verfügbaren Internationalen Material Datenbank System sind viele namhafte Automobilhersteller vertreten. Jeder Zulieferer auch selbst des allerkleinsten Teils gibt in dieses System die genaue Zusammensetzung seines Produktes ein, so dass am Ende vollständig und exakt erfasst ist, aus welchen Stoffen das komplette Fahrzeug besteht. Das ist wahrlich eine überwältigende Informationsmenge! Sie dient aber dazu, dass spätere Altfahrzeuge möglichst komplett recycled werden können und keine schädlichen Substanzen in Fahrzeugteilen enthalten sind.


Vielleicht haben wir nun schon einen kleinen Einblick gewonnen, was Informationen alles beinhalten bzw. umfassen können. Informationen (lat., informatio "Bildung durch Unterricht") sind also die Auskunft über eine bestimmte Sache, die räumliche, zeitliche Folge physikalischer Ereignisse und chemischer Kompositionen. Information ist das Wissen über Sachverhalte und/oder Vorgänge, oder anders ausgedrückt die Beseitigung einer Unbestimmtheit oder Unklarheit. Ein Element einer Informationseinheit ist ein Zeichen, wie z.B. ein Buchstabe oder ein mathematischer Ausdruck. Aus unserer Betrachtungsweise stellt ein Photon die kleinstmögliche Informationseinheit dar, es kann ebenfalls als ein Zeichen aufgefasst werden. Das Photon hat ja den Spin 1, dieser kann Werte von +1 oder -1 annehmen und somit als eine Informationseinheit vereinbart werden.

Anhand unseres Taschenrechner- Beispiels sahen wir schon, dass eine riesige Menge an Informationseinheiten notwendig ist, um auch nur eine einfache Sache exakt zu beschreiben. Unglaublich komplex dagegen ist das Leben. Vielfach wird in der SF- Literatur vom "Beamen" gesprochen, bzw. der Teleportation. Hier werden Lebewesen auf irgendeine Weise "abgetastet", in Informationen zerlegt, diese als elektromagnetische Strahlung über einen Sender geschickt und in einem Empfänger wieder originalgetreu reproduziert. Man hat dazu einmal geschätzt, dass allein die Information über einen Menschen einen Stapel von CD's füllen würde, der einige Lichtjahre hoch wäre...und diese Informationsfülle müsste in Sekundenbruchteilen erfasst, gespeichert und übermittelt werden.
Das Beamen ist damit aus unserer heutigen Sicht eine völlig unlösbare Aufgabe.


Nach diesem kleinen Abstecher wollen wir uns wieder den Schwarzen Löchern zuwenden. Oben sahen wir ja, wie viel Information notwendig ist, um nur einen einfachen Taschenrechner zu beschreiben. In einem Anfall von Übermut nehmen wir nun einen solchen und werfen ihn kurzerhand in ein Schwarzes Loch. Die große Frage ist nun: Was geschieht mit all den Informationen, die unseren Taschenrechner ausmachen? Dabei sehen wir einmal großzügig darüber hinweg, dass unser Gerät bereits in der Akkretionsscheibe vollständig pulverisiert wird, noch mehr sogar wird es hier in seine kleinsten Bestandteile, in Atome zerlegt. Und die werden obendrein auch noch ionisiert...

All das lassen wir einfach außen vor, wir möchten nur wissen was aus den Informationen wird. Diese Frage haben sich schon viele Astrophysiker gestellt und dabei haben sich 2 gegenteilige Lager gebildet:

Informationen fallen in ein Schwarzes Loch
Informationen fallen in ein Schwarzes Loch
Unter dem zweiten Punkt wurde schon angedeutet, dass prinzipiell auch noch eine dritte Möglichkeit besteht: Informationen, die wir einem Schwarzen Loch "eintrichtern", werden zwar nicht vollständig vernichtet, jedoch auf eine unbekannte Weise derart verzerrt, dass eine spätere Reproduktion des Originals nicht mehr möglich ist. Nun können wir uns berechtigterweise fragen, welche der Möglichkeiten trifft denn nun zu? Sind die Informationen über den Aufbau unseres Taschenrechners für immer im Schwarzen Loch verschwunden oder gibt es ein wie auch immer geartetes Verfahren, die Informationen zurück zu gewinnen?


Im Jahr 1997, am 6. Februar, wurde eine Wette schriftlich fixiert. Seit 1975 war Stephen Hawking fest davon überzeugt, dass Schwarze Löcher vollkommene Informationsvernichter sind. Im genannten Jahr, nach vielen Diskussionen, wettete nun Hawking zusammen mit Kip Thorne, einem bekannten Relativisten und führenden "Kenner" Schwarzer Löcher gegen den Astrophysiker John Preskill, dass Schwarze Löcher Informationen vernichten:

In dieser Wette glauben also Thorne und Hawking, dass Informationen, die in ein Schwarzes Loch geraten, für immer verloren sind. Preskill hingegen ist überzeugt, dass es einen Mechanismus geben muss, der beim Verdampfen eines Schwarzen Lochs die Informationen wieder zutage bringt.

Abschluss der Wette zwischen Hawking, Thorne und Preskill
Abschluss der Wette zwischen Hawking, Thorne und Preskill

Auf dem Foto sind die drei wettfreudigen Wissenschaftler bei der Unterzeichnung der Wette zu sehen: John Preskill, Kip Thorne und Stephen Hawking (v.l.n.r.). Aufgrund seiner Krankheit "unterschreibt" Hawking gerade mit seinem Fingerabdruck. Gewettet wurde um eine Enzyklopädie nach Wahl des Gewinners,
aus der man willentlich Informationen entnehmen kann.

Diese Wette hatte genau bis zum 21. Juli 2004 Bestand...

   
Whereas Stephen Hawking and Kip Thorne firmly believe that information swallowed by a black hole is forever hidden from the outside universe, and can never be revealed even as the black hole evaporates and completely disappears,

And whereas John Preskill firmly believes that a mechanism for the information to be released by the evaporating black hole must and will be found in the correct theory of quantum gravity,

Therefore Preskill offers, and Hawking/Thorne accept, a wager that:

When an initial pure quantum state undergoes gravitational collapse to form a black hole, the final state at the end of black hole evaporation will always be a pure quantum state.

The loser(s) will reward the winner(s) with an encyclopedia of the winner's choice, from which information can be recovered at will.

Stephen W. Hawking, Kip S. Thorne, John P. Preskill Pasadena, California, 6 February 1997


An diesem Tag fand in Dublin die 17. Internationale Konferenz über Allgemeine Relativitätstheorie und Gravitation statt. Erst ganz kurz vor Beginn ließ sich Hawking als Sprecher nominieren. Im 19. Jahrhundert wurde man sich über die Erhaltung der Energie sicher, sie kann nicht verloren gehen. Im 20. Jahrhundert wurde dann auch klar, dass Informationen nicht verloren gehen können. Hawking hat sich in genannter Konferenz in seinem aufseheneregenden Vortrag ebenfalls zu dieser Einsicht bekannt.

Professor Hawking hat sich sehr intensiv mit Schwarzen Löchern befasst und war bislang davon ausgegangen, dass der "Glatzensatz" von John Wheeler - Schwarze Löcher haben keine Haare - zutrifft. Das bedeutet, dass nichts aus einem Schwarzen Loch herausragt und es nur durch seine Masse, seine Rotation und Ladung zu beschreiben ist. Alle anderen Informationen, speziell über den ursprünglichen Stern, aus dem das Loch entstand, sind für immer hinter dem Horizont verborgen. Ein Schwarzes Loch ist eine Folgerung der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Informationsverlust steht im krassen Widerspruch zur Quantenmechanik. Diese besagt, dass egal, was mit einem Teilchen geschieht, man es stets durch eine Zeitumkehr reproduzieren kann. Man kann also wieder an die Informationen gelangen! Würde das nicht zutreffen, so hätte auch der Satz von der Energieerhaltung keine Gültigkeit mehr! Nach Einstein sind ja Energie und Materie äquivalent, so dass man auch Energie "produzieren" oder vernichten könnte, wäre man imstande ein Teilchen irreversibel zu vernichten. Weil man aber Energie nicht "herstellen" oder vernichten kann, können auch gemäß dem Materieäquivalent Informationen nicht verloren gehen. Aufgrund dieses Informationsparadoxons stehen sich also Quantenphysik und Allgemeine Relativitätstheorie unvereinbar gegenüber. Und genau dies ist der Grund, warum Preskill gegen Hawking und Thorne gewettet hatte, weil er nämlich meint, dass die noch zu findende Quantengravitation einen Weg aufzeigen könnte, wie Informationen erhalten werden können, wenn sie in ein Schwarzes Loch fallen.


Wenn Sie in ein Schwarzes Loch springen, dann kommt irgendwann Ihr Energie- Masseäquivalent wieder zurück ins Universum. Allerdings in veränderter Form, die zwar die Information darüber enthält, wer und was Sie einmal gewesen sind, doch ist die Information nicht mehr erkennbar," sprach Hawking seine Zuhörer auf der Konferenz an. Das "Verschwinden" von Information in einem Schwarzen Loch führte Hawking 30 Jahre darauf zurück, dass sie in Paralleluniversen abfloss. "Es gibt jedoch keine Baby- Universen" sagte Hawking (da er selbst nicht mehr sprechen kann, überlässt er das einem Sprachcomputer). Und er bedaure es sehr, alle SF- Fans enttäuschen zu müssen, aber es gäbe keine Möglichkeit, Schwarze Löcher als "Transportmittel" zu Reisen in andere Universen zu nutzen. In seinem folgenden Vortrag gab Hawking die Begründung seiner Kehrtwende bekannt, doch selbst John Preskill, Professor für theoretische Physik und Mathematik am Caltech (California Institute of Technology ), musste nach der Rede gestehen: "Um ehrlich zu sein, ich habe den Vortrag nicht verstanden." Immerhin hat Preskill von Hawking die gewünschte Baseball- Enzyklopädie erhalten. Zwar hatte Hawking zuvor versucht, ihn zu einer Cricket- Enzyklopädie zu überreden, doch auch das verlor Hawking.


Nun hat dieser Abschnitt schon einige Informationen vermittelt, doch noch immer wissen wir nicht, was mit ihnen im Schwarzen Loch geschieht.

Informationen kommen mit der Hawkingstrahlung wieder aus dem Schwarzen Loch
Informationen kommen mit der Hawkingstrahlung wieder aus dem Schwarzen Loch
Und auch nicht, wie sie wieder herauskommen. Eine Möglichkeit bietet die Hawking- Strahlung. Dazu dürfte es sich dabei allerdings nicht um eine thermische Strahlung handeln, deren Frequenzen bzw. Wellenlängen einer Zufallsverteilung gehorchen. Wir müssten also eine konkrete Strahlung beobachten, in welcher jede Einzelheit über jemals ins Loch gefallene Materie gespeichert ist. Wenn wir auch die Informationen nicht unbedingt entnehmen können, "vergisst" das Universum aber nichts.

Die Hawkingstrahlung scheint jedoch thermisch zu sein, weshalb die Informationsspeicherung anders funktionieren muss.

 

Informationskristall im Schwarzen Loch?
Informationskristall im Schwarzen Loch?

Wenn die Hawking- Strahlung tatsächlich thermisch ist, kann sie vielleicht nur einen verschwindenden Teil der Informationen zurückgeben. Der Rest muss irgendwie im Loch gespeichert bleiben, wenn auch auf eine völlig entstellte Art und Weise. Möglicherweise sind die Informationen zu einer Art Kristall kondensiert, härter als jeder Diamant. Das Verdampfen eines Schwarzen Lochs geschieht nicht rückstandsfrei, sondern es verbleibt ein kleiner Rest, unser nicht einmal atomgroßer Informationskristall.

 

Informationen verbleiben auf dem Horizont
Informationen verbleiben auf dem Horizont

Es ist nach Meinung mancher Astrophysiker denkbar, dass Informationen in irgendeiner Form auf dem Horizont gespeichert werden. Wenn auch nicht vielleicht die kompletten Informationen, so doch eine Art "Kopie" der Originalinformationen, welche möglicherweise im Loch verschwinden und dort vernichtet werden.

 

Schwarze Löcher existieren nicht
Schwarze Löcher existieren nicht

Es gibt noch eine ganz einfache Möglichkeit, die Informationsvernichtung nicht stattfinden zu lassen: Es gibt gar keine Schwarzen Löcher! Vielleicht hat die Natur einen uns noch unbekannten Ausweg aus dem Gravitationskollaps eines Sterns gefunden, vielleicht in Form der Gravasterne oder auch in so genannten Holosternen, die ähnlich den Gravasternen aufgebaut sind oder der den String- Theorien entstammenden Alternativen Schwarzer Löcher, den Fuzzballs. Letztere sind exotische Gebilde, welche nicht wie Schwarze Löcher überwiegend aus Vakuum bestehen, sondern komplett mit Strings und/oder Branen gefüllt sind.

 

Informationen prallen ab
Informationen prallen ab

Der niederländische Physiker Gerard 't Hooft meint, es könnte durchaus auch sein, dass Informationen erst gar nicht ins Schwarze Loch gelangen, sondern am Ereignishorizont wie an einer Mauer abprallen. So könnten sie auch, einer anderen Überlegung zufolge, einfach irgendwie in der Raumzeit gespeichert bleiben. Beides ist jedoch unwahrscheinlich. Der Ereignishorizont ist keine Mauer sondern lediglich ein leerer Raumbereich, in dem die Fluchtgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit ist. Es ist auch kaum vorstellbar, dass eine "Einbettung" in der Raumzeit erfolgt - die Informationen wären sicher nicht mehr zugänglich.

 

Informationen verschwinden in einem Paralleluniversum
Informationen verschwinden in einem Paralleluniversum

Stephen Hawking war bis zu seiner oben genannten Meinungsumkehr noch der festen Überzeugung, dass Informationen von einem Schwarzen Loch verschluckt werden und durch die Singularität, die mit einem anderen (Parallel-) Universum korrespondiert, dorthin verschwinden. Sie werden damit zwar möglicherweise nicht vernichtet, sind allerdings auch niemals wieder zugänglich. Auch in dieser Version bliebe das Informationsparadoxon von Bestand. Auch sollte unter günstigen Umständen die Möglichkeit gegeben sein, durch die (Ring-) Singularität in ein anderes Universum zu reisen. Realistisch gesehen dürfte die Reise durch ein Schwarzes Loch in jedem Fall unweigerlich zum alsbaldigen Tod führen, zumal niemand weiß, ob es überhaupt andere Universen gibt und Schwarze Löcher mit ihnen tatsächlich "in Verbindung" stehen könnten.

 


Inzwischen haben wir eine ganze Reihe von Möglichkeiten gesehen, was unseren Informationen alles geschehen könnte. Längst nicht alle Vorschläge wurden hier aufgezählt, doch die meisten übrigen liegen abseits jeder Realität, weshalb wir sie nicht weiter beachten wollen. Summa sumarum ergibt sich leider noch immer klein klares Bild, was mit den Informationen geschieht, wenn wir unseren Taschenrechner in das Schwarze Loch werfen. Und was bewog einen brillanten Wissenschaftler wie Hawking nun zu seinem Meinungsumschwung?

In einem Gedankenexperiment zieht er eine Parallele zu den Experimenten der Teilchenphysiker. Diese beschießen ja in den großen Beschleunigern irgendwelche Teilchen mit anderen und beobachten, was dabei geschieht. Entweder werden die Teilchen von ihrer ursprünglichen Flugbahn nur abgelenkt ("gestreut") oder es entstehen völlig neue Teilchen. Solche Streuexperimente dachte sich auch Hawking aus, nur dass er die Partikel derart kollidieren ließ, dass sie ein Schwarzes Loch bilden, welches dann wieder verdampft. Hawking selbst stellte sich dabei als entfernten Beobachter vor, der von den extremen Kräften in der Nähe des Schwarzen Lochs nicht mitbekommt.

In seinem Experiment sendet er also aus der "Unendlichkeit" Teilchen und Strahlung (damit auch Informationen), die das Schwarze Loch bilden und er beobachtet, was wieder bei ihm ankommt. Somit umgeht er die extrem starken Felder im Bereich des Lochs, doch kann er nun auch nicht sicher sein, ob sich überhaupt ein Schwarzes Loch gebildet hat. Diese Unsicherheit erlaubt es Hawking nun zu sagen, dass Informationen erhalten bleiben und in die Unendlichkeit zurückkommen können.

Hawkings Begründung ist nicht nur reine Prosa gewesen, sondern handfeste und hochkomplizierte Mathematik. Er bediente sich dabei der so genannten Pfadintegral- Methode, eine der Quantenmechanik entstammenden Betrachtungsweise. Wenn man eines der oben genannten quantenphysikalischen Teilchen, z.B. ein Elektron, von einer Quelle zu einem Ziel sendet, so muss es nicht unbedingt einen bestimmten, einen einzig möglichen Weg nehmen. Im Gegenteil, das Elektron kann beliebig viele Wege zum Ziel gehen, und manche sogar gleichzeitig! Diese vielen verschiedenen Pfade werden von den Pfadintegralen in einem Komplex beschrieben, wobei dann allerdings jedem einzelnen Pfad nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zukommt (in der Quantenphysik rechnet man nur mit Wahrscheinlichkeiten), nur einige wenige sind sehr wahrscheinlich. Pfadintegrale sind selbst für gestandene Physiker nicht wirklich prickelnd - vielleicht schon allein deshalb verstand kaum einer der Zuhörer seinen Vortrag. Im Endeffekt, und das ist was uns interessiert, kam er jedoch zu dem Ergebnis, dass Informationen in verdampfenden Schwarzen Löchern nicht verloren gehen können.

Viele namhafte Wissenschaftler zweifeln Hawkings Begründung an und wir stehen damit nach wie vor der ungeklärten Frage gegenüber, was nun mit Informationen im Schwarzen Loch geschieht. Der theoretischen Physik stellt sich deshalb diese anspruchsvolle Aufgabe weiterhin, denn es ist keinem Beobachter zumutbar, 10100 Jahre darauf zu warten, dass ein (großes) Schwarzes Loch (vielleicht) verdampft und dann entweder Informationen wieder preisgibt oder auch nicht.