Schwarze Löcher
Seltsame Eigenschaften
Schwarze Löcher haben wirklich seltsame Eigenschaften. Uns ist nun klar, dass die Gravitation dieser Gebilde ungeheure, besser gesagt unvorstellbare Größen annimmt. Nicht nur jede ins Loch einfallende Materie wird bis zur Unkenntlichkeit zerstört und verzerrt, ja selbst die Raumzeit wird arg gebeutelt. Das geht so weit, dass ihre Krümmung nach der Allgemeinen Relativitätstheorie in der Singularität unendlich wird. Raum und Zeit hören auf zu existieren!
Wir wissen jetzt, was beim Kollaps eines Sterns zum Schwarzen Loch geschieht und was Beobachter an verschiedenen Orten ("Bezugssystemen") sehen würden. Aber bemühen wir doch noch einmal unseren armen Astronauten und lassen ihn eine Reise in das "fertige" Schwarze Loch unternehmen! Dazu muss er ungewöhnliche, übermenschliche Eigenschaften aufweisen, die es in der Realität natürlich nicht gibt. Doch er ist ja schon recht gut abgehärtet...
Wie oben gezeigt, ist die Krümmung der Raumzeit bereits in der Umgebung des Ereignishorizonts recht groß. Der Astronaut beginnt also seinen Abstieg zum Loch, indem er es vorsichtig umkreist. Er beginnt mit einer Umlaufbahn von z.B. 100 000 [km] Länge. Bereits jetzt spürt er deutlich, dass seine Füße stärker angezogen werden als sein Kopf, doch diese mörderischen Kräfte, die ihn am Ende zerreißen werden, ist er ja bereits gewohnt.
Während er jetzt weiter sinkt, beobachtet er, wie unter ihm das Schwarze Loch immer mehr an Größe zunimmt. Seltsamerweise nimmt nun der sichtbare Himmelsausschnitt im selben Maße ab, wie das dunkle Loch unter dem Astronauten anwächst. Das geht sogar so weit, dass sich das Schwarze Loch scheinbar auch seitlich um den Astronauten schließt, obwohl er noch weit vom Horizont entfernt ist. Wie ist das möglich?
Mit freundlicher Genehmigung von Robert Nemiroff (MTU)
Raum und Zeit werden mit dem Licht und unserem Astronauten ins Schwarze Loch gezogen. Genau in dem Moment, als er den Ereignishorizont überquert, wirft er einen Blick in die Unendlichkeit! Die Beeinflussung der Zeit durch die Gravitation erfährt er nun in voller Pracht. Obwohl seine Uhr für ihn völlig "normal" weiterläuft, sieht er jetzt die Vorgänge im Universum wie in einem wahnsinnigen Zeitraffer ablaufen. Doch schon ist dieser Anblick vorüber, denn nun ist der tapfere Astronaut im Innern des Schwarzen Lochs.
Jetzt wird es noch exotischer! Immer noch kann er Licht aus unserem Universum sehen, vielleicht als verschwommenes Halo. Wenn er genau hinsieht, kann er denselben Film wie zuvor anschauen, nur läuft dieser jetzt rückwärts. Nach einer Weile kann er sogar sehen, wie er aus dem Schwarzen Loch steigt und erlebt rückwärts noch einmal alle Ereignisse bis zu seinem Start. Erst wenn unser Held in die Mitte des Lochs gelangt, wird er nichts mehr von unserem Universum sehen, denn nun gelangt er in die fürchterliche Singularität, in der die physikalischen Gesetze ihre Gültigkeit verlieren.
Eine solche Reise in ein Schwarzes Loch ist natürlich nur fiktiv. Wie wir noch sehen werden, sind die meisten Schwarzen Löcher von einer Scheibe glühend heißen Plasmas umgeben. Hinzu kommen Gezeitenkräfte, die jeden noch so stabilen Körper bis zur Unkenntlichkeit zerfetzen. Selbst bei superschweren Ausgaben dieser Objekte, bei denen die Gezeitenkräfte am Horizont noch erträglich wären, stürzt jede Materie ab dem Horizont unweigerlich mit Lichtgeschwindigkeit zur Singularität. Falls man überhaupt bis zum Horizont gelangen würde, denn die meisten Löcher rotieren, sehr schnell, und die mitrotierende umgebende Raumzeit zwingt allem diese Bewegung mit bis zur halben Lichtgeschwindigkeit auf...
Die Folgerungen der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins lassen noch weitere, interessante Aspekte zu: Es gibt Symmetrien der Zeit. Das bedeutet, dass Zeit vorwärts und rückwärts laufen könnte. Daraus lässt sich folgern, dass die Zeit, wenn sie am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches bereits stehen bleibt, sich in der Singularität umkehrt und dann rückwärts laufen könnte. Wenn man diesen Gedanken weiter verfolgt, kommt man zum Schluss, dass es auch "umgekehrte" Schwarze Löcher geben könnte.
Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, aus dem nichts mehr entweichen kann. So wäre es denkbar, dass irgendwo im Universum ein Ort existiert, an dem die umgekehrte Version zu Tage tritt und in welche nichts hineingeraten, nichts eindringen kann. Im Gegenteil: es müsste Materie und Energie emittieren. Das könnte man als Weißes Loch bezeichnen. Das größte Weiße Loch war sicherlich unser Kosmos zum Zeitpunkt des Urknalls, ein winziger Ort, aus dem Energie nur so "sprudelte". Manche Astrophysiker glauben, dass die Materie und die Energien, die ein Schwarzes Loch aufsaugt, an einem ganz anderem Ort des Kosmos, vielleicht sogar in einem anderen (Parallel-) Universum oder in einer unbekannten Dimension wieder "ausgespuckt" werden.
Dies ist jedoch ein rein theoretisches, mathematisches Modell, ob Weiße Löcher tatsächlich existieren, ist niemandem bekannt.
Das stört unseren Astronauten jetzt aber auch nicht mehr. Er stürzt weiter zur Singularität. Wenn er in ihre Richtung sieht, erkennt er einen winzigen Lichtpunkt in der Mitte.
Vieles von dem, was der tapfere Held auf seiner Reise sah, ist Spekulation. Niemand weiß, ob es andere Universen gibt, ob Weiße Löcher oder Wurmlöcher existieren oder wie es im Innern Schwarzer Löcher aussieht. Aber wir erkennen, welche Faszination von diesen simplen Gebilden ausgeht.
Sehen wir nun was geschieht, wenn Schwarze Löcher auch noch rotieren!