Noch einmal, ich schlage vor hier zwei verschiedene Dinge strikt getrennt zu behandeln:
1. Das Bewusstsein als Medium für Bewusstseinsinhalte
2. Bewusstseinsinhalte bzw. Strukturen und Prozesse im Medium Bewusstsein
tomS hat geschrieben: ↑29. Nov 2017, 13:20
Wenn du über „Quantenmechanik und Bewusstsein“ konkret diskutieren willst, dann musst du doch eine konkrete Beziehung zwischen beiden voraussetzen, sonst führt das zu nichts.
Genau.
Ich muss mit meiner Position eine Art naturgesetzliche Beziehung annehmen. Deshalb muss ich aber noch nicht annehmen, dass das Eine auf das Andere in dem Sinne vollständig zurückführbar sein muss, das kann ich offen lassen, ich muss nur annehmen, dass das Eine auf das Andere mindestens teilweise übersetzbar sein muss. D.h. ich muss auch nicht zwingend annehmen, dass die Übersetzbarkeit vollständig sein muss, das kann ich auch erst einmal offen lassen.
tomS hat geschrieben: ↑29. Nov 2017, 13:20
Die VWI ist die einzige Interpretation der QM, die sowohl das quantenmechanische System als auch den Beobachter und den Prozess der Beobachtung selbst quantenmechanisch beschriebt. Im Falle des Bewusstseins haben wir nun das Gehirn als quantenmechanische System, dich als Beobachter sowie deine Introspektion. Wie willst du nun das Gehirn quantenmechanisch beschrieben, jedoch dich als Beobachter nicht? Was bleibt denn von dir als Beobachter noch übrig?
Gutes Argument. Ich denke dabei allerdings noch darüber nach, ob die VWI den Beobachter und den Prozess der Beobachtung selbst
tatsächlich quantenmechanisch beschreibt.
Was ist eine Beobachtung aus physikalischer Sicht? An welcher Stelle kommt dort ein Bewusstsein ins Spiel?
tomS hat geschrieben: ↑29. Nov 2017, 13:20
Ich sehe nicht, dass wir in der Lage sind, die Lücke zwischen der typischen Dekohärenzzeitskala und den Zeitskalen, auf denen das Gehirn „effektiv“ arbeitet, zu schließen.
Ich weiß, die Zeitunterschiede scheinen enorm. Allerdings ist es ja so, dass das Gehirn eben in dem Sinne nicht wirklich getaktet arbeitet, sondern kontinuierlich, womit jede Zeitskala, sei sie auch noch so klein, relevant sein kann.
Allerdings kann ich mir auch nicht recht vorstellen, wie im Gehirn relevante ausgedehnte QM-Verschränkungen existieren sollten, hier spielen die Zeitskalen sicher eine Rolle.
Das ist aber nur ein Punkt unter mehreren. Ich denke eher an ein effektives Zufallselement, das hier hineinspielt. Die Frage ist halt wie oft? Und z.B. die Betrachtung des menschlichen Willens als Struktur in 1. ist eine zum Bewusstsein als Medium gesonderte Frage, er betrifft das Gebiet 2. Und wenn es nur um dieses effektive Zufallselement geht, dann scheint es mir auch recht egal, welche QM-Interpretation man wählt, wichtig ist nur nach welchen mathematischen Regeln hier Strukturbildung bzw. Strukturfixierung vonstatten geht: Dekohärenz ist Reduktion bzw. Separation (was in der Froschperspektive-Welt auf exakt dasselbe hinausläuft) und ist damit Strukturbildung.
tomS hat geschrieben: ↑29. Nov 2017, 13:20
Die Unterschiede in den Zeitskalen deuten für mich darauf hin, dass beides, nämlich Quantenmechanik und Bewusstsein, entweder absolut nichts miteinander zu tun hat oder auf eine grundsätzlich neue und noch viel rätselhaftere Weise miteinander in Beziehung steht.
In Bezug auf 1., ja. Mir fällt da im Moment auch wenig zu ein. Deshalb wollte ich mich erst einmal auf 2. konzentrieren.
tomS hat geschrieben: ↑29. Nov 2017, 13:20
Was mir z.B. immer noch sehr rätselhaft ist, ist die offensichtliche Delokalisiertheit des Bewusstseins, ebenso der Prozesse, die auf dem Gehirn laufen, beides korreliert auch hier offenbar. Wie zum Teufel kann ein dynamisches makroskopisch-räumlich ausgedehntes Anregungsmuster im Gehirn eine Einheit sein, die mit einem ebenso ausgedehnten einheitlichen Bewusstseinsinhalt korreliert? (Wenn wir statt Korrelation Verursachung postulieren würden, wäre die Frage noch härter.) Was bedeutet das?
Was genau meinst du?
Es liegt ein räumlich ausgedehntes jedoch grob lokalisierbares Erregungsmuster in einem Teil des Gehirns vor, dessen mikroskopische Details teilweise irrelevant sind, und das insgs. als „ich habe Angst“ bewusst wird. Was davon ist nun das eigentliche Rätsel? Ist die Lokalisierbarkeit des Erregungsmusters ggü. der nicht- Lokalisierbarkeit des Gefühls „Angst“ ein größeres oder ein anderes Rätsel als das Bewusstwerden von Angst an sich?
Wahrscheinlich bin ich hier noch zu sehr dem reduktionistischen Denken, dem Denken in Teilchen verhaftet. Aus dieser Sicht ist es absolut unverständlich wie interagierende Teile ein wirklich
neues Ganzes bilden können, das auch auf der Innenseite, als Inhalt im Bewusstsein,
tatsächlich als Ganzes exitiert, was ja offenbar der Fall ist. (...und nicht nur so scheint, nicht nur "in Wahrheit" ein Haufen von Teilen ist.)
Wie können z.B. visuelle Bewusstseinsinhalte zusammen mit Tonwahrnehmungen ein einziges zusammenhängendes, unteilbares Gebilde ergeben?
Wie kann das sein, wo doch die Erregungsmuster im Gehirn einmal im Bereich des Hinterkopfs stattfinden und einmal im Schläfenbereich, also an räumlich verschiedenen und getrennten Orten, also delokalisiert? Noch dazu sind die vier Erregungsmuster in sich auch noch räumlich ausgedehnt, da gibt es Neuronen, die sind cm weit von anderen Neuronen in demselben Netzwerk entfernt, das einzige was sie zusammenhält, was sie miteinander zu tun haben, ist offenbar, dass sie gleichzeitig/synchron feuern. Wie kann ein synchrones Feuern von vielen räumlich getrennten Agenten eine ganzheitliche Struktur "ins Medium Bewusstsein spülen", die zusammenhängend und nicht räumlich getrennt ist?
Das ist mir ein absolutes Rätsel.
Das ist in etwa so, wie wenn die Chinesen und die Deutschen ausmachen würden gleichzeitig einen Hüpfsprung zu machen und man dann erwarten würde, dass im Moment des Sprungs ein
gemeinsamer Inhalt dieses Sprungs als gemeinsame Struktur in irgendeine Innenseite, in irgendein Bewusstseinsmedium gespült würde.
seeker hat geschrieben:
Ja. Ich schätze sogar, dass nur die wenigsten dorthin gelangen, könnte mich aber auch irren.
Ich denke, dass in den meisten Fällen ein umgekehrter Schmetterlingseffekt wirkt: ob da nun ein einzelnes Neuron etwas früher oder später feuert oder nicht feuert wird auch das Gehirn meistens "wegrunden", ob man in Karlsruhe einen Kieselstein in den Rhein geworfen hat, wird in den meisten Fällen in Köln nicht mehr sichtbar sein. Nur wenn sich das System gerade an einem kritischen Punkt befindet, kann der Schmetterlingseffekt wirken.
Hierzu noch ein Gedanke, der mir einfiel:
Es ist allerdings auch so, dass sich das Gehirn in seiner komplexen Tätigkeit selber so einregelt, dass es sich genau an den Übergang von Ordnung zum Chaos einpendelt (wenn dieser Punkt überschritten wird, gibt es Probleme, z.B. epileptische Anfälle, wenn er zu weit unterschritten wird, wird man wohl stumpfsinnig und blöde). Du kennst den Feigenbaum... das ist gerade der Ort wo die Bifurkationen ins Unendliche gehen. Das muss etwas zu bedeuten haben. Und es bedeutet zumindest, dass es in diesem Prozess der Gehirntätigkeit sehr sehr viele kritische Punkte geben muss, wenn nicht unendlich viele.