Aufbruch zu den Sternen


Teil 1: Eine kurze Geschichte der Raumfahrt

Es ist leicht vorstellbar, dass schon so mancher Mensch davon träumte, einmal in die "himmlischen Sphären" aufzusteigen und sich dort oben gründlich umzusehen. Sicherlich wurden solche Gedanken bereits in der Antike gehegt, wenn es auch noch nicht die geringsten Vorstellungen gab, wie eine solche Reise in das "Reich der Götter" zu bewerkstelligen sei. Der Mensch war an die Erde gefesselt und hatte höchstens die Möglichkeit auf einen hohen Berg zu steigen, um Zwiesprache mit den Göttern zu halten. Solch mystische Orte sind dann auch auf der ganzen Erde zu finden.

Zwar kannte man schon in der Antike die meisten unserer Planeten, die "Wandelsterne", dass es sich dabei aber um andere, möglicherweise bewohnbare "Erden" handelte, war gänzlich unbekannt und unvorstellbar. Das gesamte Universum war lediglich auf die Erde reduziert mit ihren diversen Sphären, in denen jeweils Sonne, Mond und Sterne "hausten". Diese Vorstellung blieb zum Teil bis tief in die Neuzeit erhalten, bis zur Erkenntnis, dass die Erde nicht gerade den Mittelpunkt des Weltalls darstellt.

Von der Erde zum Mond
Von der Erde zum Mond
Der Mond als nächster Himmelkörper, der nach der Erfindung der Teleskope viele Details seiner Oberfläche zu erkennen gab, schürte natürlich die Fantasie des Menschen. So wagte sich Jules Verne, wohl der erste namhafte Science Fiction- Autor, in seinem Roman Von der Erde zum Mond 1865 an eine Reisebeschreibung zu unserem Trabanten. Die armen Reisenden mussten demnach in einem zylindrischen Geschoss den Abschuss mit einer gigantischen Kanone überstehen und gelangten schließlich in eine Mondumlaufbahn. Immerhin hatten sie schon Bremsraketen zur Kurskorrektur zur Verfügung. Nachteilig wäre nur gewesen, dass man mit der damals zur Verfügung stehenden Schießbaumwolle nie die Fluchtgeschwindigkeit erreicht hätte um die Erde zu verlassen.


Dabei hätte Jules Verne auch schon die Verwendung von Raketen in Betracht ziehen können. Immerhin hatten die Byzantiner bereits im 7. Jahrhundert Salpeter (Nitrate) und Schwefel in Bambus gestopft und als "Rakete" verwendet. Auch die Chinesen kannten im 13. Jahrhundert mit Schwarzpulver (Kaliumnitrat, Schwefel und Holzkohle) gefüllte Raketen, die sie sogar militärisch nutzten. Erst viel später wurden solche Raketen in Europa bekannt, wo man sie vorwiegend für Feuerwerke einsetzte.

Wohl einer der Ersten, die sich ernsthaft mit der Raumfahrt beschäftigten, war der russische Amateurforscher Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski (1857 bis 1935). Verfasste er zunächst SiFi- Geschichten über interplanetare Raumfahrt, so wurde er in Laufe der Zeit immer technischer in seinen Beschreibungen. Bald erkannte er, dass die für Feuerwerke verwendeten Raketen nicht geeignet waren, den Weltraum zu erreichen und schlug deshalb Raketen mit Flüssigbrennstoffen vor. Höhepunkt seiner Arbeit war die 1903 veröffentlichte Raketengrundgleichung:

v(m) = vg·lnm0m

In dieser Gleichung wird eine Rakete mit der Anfangsmasse m0 betrachtet. Bei einer Ausströmgeschwindigkeit vg des Brennstoffs und einer Endmasse m der Rakete erreicht sie die Geschwindigkeit vm.
In der Praxis findet diese Formel jedoch keine Anwendung, weil sie weder die Erdanziehung noch den Luftwiderstand berücksichtigt. Eine verbesserte Formel erhält man, nimmt man die Fallbeschleunigung g sowie die Brenndauer Δt des Treibstoffs hinzu:

vEnd = vg·lnm0mEnd - g·Δt


Unabhängig von Ziolkowski beschrieben aber auch Hermann Oberth und Robert Goddard die Raketengrundgleichung.

Hermann Oberth
Hermann Oberth
Oberth (1894 - 1989) wandte sich nach einem abgebrochenen Medizinstudium der Physik zu und legte 1922 seine Dissertation Die Rakete zu den Planetenräumen vor. Diese wurde allerdings abgelehnt, da es niemanden gab, der sie bewerten konnte. Bereits im folgenden Jahr konnte er aber mit seinem Manuskript als Diplomarbeit das Staatsexamen erlangen. In seiner Arbeit beschrieb Oberth bereits alle wesentlichen Grundlagen zum Bau von mit flüssigen Treibstoffen angetriebenen ein- und mehrstufigen Großraketen. Welche Weitsicht Oberth besaß sieht man anhand seines 1929 erschienenen Werkes Wege zur Raumschifffahrt, wo er das von ihm erfundene Ionentriebwerk beschrieb.

Robert Goddard
Robert Goddard

Robert Goddard (1882 - 1945) machte sich als amerikanischer Pionier wie Oberth schon sehr früh Gedanken über Flüge zum Mond oder Mars. Von seinen Zeitgenossen wurde er nicht sehr ernst genommen, doch konnte er sich einen Namen in der Entwicklung von Raketen machen. Bereits 1918 entwickelte er Feststoffraketen für militärische Zwecke, erarbeitete die theoretischen Grundlagen der Raketenantriebe und entwickelte einen Raketenprüfstand. 1926 startete Goddard die erste flüssigkeitsgetriebene Rakete. Zwar machte sie nur einen kleinen "Hüpfer" von 14 [m] Höhe und 50 [m] Weite, aber damit war der Nachweis erbracht, dass die Visionen von Raketenflügen zu realisieren sind. Nun war die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Im März 1935 startete Goddard eine Rakete, die mit 1125 [km/h] die Schallmauer durchbrach. Noch im gleichen Monat schaffte es eine kreiselstabilisierte Rakete bis in eine Höhe von knapp 1500 [m] und 4 [km] Weite.

In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Name zu nennen, der des Südtirolers und Schüler Oberth's Max Valier (1895 - 1930). Schon zu seiner Schulzeit begeisterte er sich für Astronomie, die er dann auch studierte. Der erste Weltkrieg unterbrach sein Studium, welches er nach dessen Ende auch nicht wieder aufnahm. Vielmehr versuchte er sich als SF- Autor, in einer seiner Erzählungen sah er die Atombombe voraus. 1924 veröffentlichte Valier das sehr erfolgreiche Buch Der Vorstoß in den Weltenraum, welches in Zusammenarbeit mit Oberth entstand. 1927 konnte Valier Fritz von Opel für sich gewinnen, zusammen entwickelten sie raketengetriebene Fahrzeuge. Bald aber trennten sich ihre Wege und Valier experimentierte anstatt wie zuvor mit Pulverraketen nun mit flüssigen Treibstoffen. Mit einem solchermaßen angetriebenen Fahrzeug gelang ihm 1929 ein Geschwindigkeitsrekord von 400 [km/h]. 1930 starb er bei einer Raketenexplosion als erstes Todesopfer in der Geschichte der Raumfahrt.


Als weiteren Veteran der Raketentechnik müssen wir hier Eugen Sänger (1905 - 1964) nennen, einem deutsch-österreichischen Pionier des Raumfluges. Bereits ab 1926 konzipierte er ein Hyperschall- Raumflugzeug, auch seine Dissertation Raketenflugtechnik wurde abgelehnt.

Eugen Sänger
Eugen Sänger
Ab 1932 nahm er Versuche auf Raketenprüfständen vor mit Flüssigtreibstoffen aus flüssigem Sauerstoff und Kohlenwasserstoffen in Hochdruck- Raketenmotoren. 1939 folgten in Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus erste Tests mit Überschall- Raketenschlittenbahnen. Neben den Arbeiten an Staustrahltriebwerken und der Entwicklung eines raketengetriebenen Orbitalbombers arbeitete Sänger lange Zeit an einer Raumfähre, "Raumboot", die Personen und Fracht in den Orbit zu Raumstationen bringen sollte.

1948 beschäftigte er sich in Die Bewegungsgesetze der Raumfahrt, wie man etwas in eine Umlaufbahn bringen könnte. Ein Meilenstein in seinem Leben war die Konzeption der Photonenrakete, die er für interplanetare und interstellare Raumfahrt vorschlug.
Letztendlich konzipierte er bei den Junkers-Werken einen zweistufigen Raumtransporter. Seine Arbeiten hierzu schlugen sich später im Space Shuttle Programm nieder.

Eugen Sänger vertrat vehement die Ansicht, dass auch ferne Sterne und sogar Galaxien von Menschen erreicht werden können, und zwar noch zu deren Lebzeiten. Mit entsprechend schnellen Raketen wäre das aufgrund der Zeitdilatation durchaus zu realisieren.


An einem Namen kommt man selbstverständlich nicht vorbei, skizziert man wie hier eine kurze Geschichte der Raumfahrt: Wernher von Braun (1912 - 1977). Als Sohn preußischer Gutsbesitzer interessierte er sich schon früh für Musik und Naturwissenschaften. Zur Konfirmation bekam er ein Fernrohr, worauf er sich für die Astronomie begeisterte. Bereits mit 13 Jahren führte er Experimente mit Feuerwerksraketen durch und das Studium des Buches Die Rakete zu den Planetenräumen von Hermann Oberth wies endgültig seinen künftigen Weg.

Wernher von Braun
Wernher von Braun
Ab 1929 arbeitete von Braun mit Oberth an Raketen mit Flüssigtreibstoffen, 1932 promovierte er mit der Arbeit "Konstruktive, theoretische und experimentelle Beiträge zu dem Problem der Flüssigkeitsrakete". Inzwischen war er Zivilangestellter im Raketenprogramm des Heereswaffenamtes und noch im gleichen Jahr erreiche das von ihm entwickelte Aggregat 2 eine Höhe von 2,2 [km].
Wohl am bekanntesten ist seine Tätigkeit in Peenemünde, hier arbeitete er von 1937 bis 1945 als technischer Direktor in der Heeresversuchsanstalt auf der Insel Usedom. Hier entstand das Aggregat 4, die erste Boden-Boden- Rakete mit Flüssigtreibstoff überhaupt. Sie wurde gegen London eingesetzt und deshalb als V 2 bezeichnet (Vergeltungswaffe 2). 1945 erreichte diese Rakete eine Höhe von 200 [km] und war damit das erste von Menschenhand geschaffene Objekt im Weltraum.


Wenn auch Wernher von Braun Großes für die Weltraumfahrt geleistet hat, gibt es doch einen Makel in seiner Vergangenheit. 1938 trat von Braun der NSDAP bei und wurde 1940 sogar Mitglied der SS. Zwar war sein Ziel stets die Raketenforschung, aber scheinbar plagte ihn nicht das Gewissen mit der V 2 eine Waffe entwickelt zu haben. Auch später in den USA war er auf militärischem Gebiet tätig, nämlich an der Entwicklung der atomaren Mittelstreckenrakete Redstone.

Nach dem Kriegsende wurden viele Wissenschaftler von den Amerikanern verhaftet und in die USA gebracht. Besonderes Interesse hatten sie natürlich an Raketentechnikern und so kam auch von Braun in die Vereinigten Staaten. Zunächst noch unter Aufsicht der US- Truppen leitete er ab 1950 ein Team von über 100 Wissenschaftlern in Huntsville. Schon 1948 hatte er die Arbeit des verstorbenen Goddard in White Sands, New Mexico, übernommen.
Dass die bemannte Weltraumfahrt technisch möglich war, eröffnete von Braun dem amerikanischen Publikum in Symposien und Fachartikeln. 1955 wurde er amerikanischer Staatsbürger und kam 1959 zur NASA (National Aeronautics and Space Administration), die kurz vorher die Entscheidung für den Bau einer Großrakete, der Saturn 5, getroffen hatte.

Von 1960 bis 1970 war von Braun Direktor des Marshall Space Flight Center, wo er maßgeblich an der Entwicklung und Durchführung der Mercury-, Gemini- und Apollo-Projekte beteiligt war. Der absolute Höhepunkt war dann auch die erste Mondlandung 1969. Von 1970 bis 1972 war er stellvertretender Direktor der NASA. Unter anderem begann er hier mit Arbeiten an einer bemannten Mission zum Mars, jedoch wurden alsbald die finanziellen Mittel gekürzt. Enttäuscht kehrte der inzwischen äußerst populär gewordene von Braun der NASA den Rücken und trat bei Fairchild, einem Luft- und Raumfahrtunternehmen ein.