Novae

Novae
Leuchtkräftige Rote Nova

Novae

Bereits in Zeiten, als den Menschen zur Beobachtung des Himmels noch keine oder nur schwache Fernrohre zur Verfügung standen, wurde hin und wieder das Aufleuchten eines neuen Sterns festgestellt, wo zuvor noch keiner zu sehen war. Der erste, der diese Sterne benannte, war Tycho Brahe. 1572 beobachtete er das Erscheinen eines stella nova, eines neuen Sterns. Allerdings ist dort oben nicht ein neuer Stern aufgeflammt, sondern auf einem Weißen Zwerg setzen explosionsartig thermonukleare Reaktionen ein.

Lichtkurve einer Nova
Lichtkurve einer Nova
Bei einer Nova strahlt der ehemalige Sternüberrest, der Weiße Zwerg, innerhalb von wenigen Tagen um den Faktor 10 000 heller als zuvor im sichtbaren Bereich des Spektrums. Diese Helligkeit sinkt dann im Laufe von mehreren Wochen langsam ab, es ergibt sich dabei eine recht typische Lichtkurve. Bis zum Erreichen der Anfangshelligkeit können allerdings auch Jahre vergehen. Wir unterscheiden einige Arten von Novae, zu denen allerdings nicht die Supernovae zählen (wenn auch eine Nova unter bestimmten Bedingungen zu einer Supernova SN Ia anwachsen kann). Auch zählt man die so genannten Zwergnovae nicht mehr dazu, bei welchen eine Akkretionsscheibe hin und wieder aufleuchtet.

 

Der "Feuerwerknebel", Nova GK Persei
Der "Feuerwerknebel", Nova GK Persei
In einer Nacht im Jahre 1901 erstrahlte plötzlich ein neuer Stern im Sternbild Perseus am Nachthimmel (Nova Persei 1901). Er war einige Zeit der hellste, mit bloßem Auge sichtbare Stern. Heute sehen wir die Reste der abgestoßenen Hülle wie ein Feuerwerk allerdings nur noch im Fernrohr. Die Ursache dieser so eigenartig wegspritzenden Materiefetzen ist noch völlig unbekannt und wird nach wie vor diskutiert. Immer wieder hat man in den vergangenen Jahren an GK Persei, in der Bildmitte, einen kleineren Ausbruch beobachtet. Der Weiße Zwerg hat einen aufgedunsenen Begleiter, von dem er beständig Materie absaugt und der ihn in 2 Tagen umläuft. Immer wieder kommt es so zu einem thermonuklearen Ausbruch. Der Nova- Überrest hat einen Durchmesser von aktuell einem Lichtjahr und ist 1500 Lichtjahre von uns entfernt.

Mit freundlicher Genehmigung von WIYN Telescope Consortium


Was aber geschieht hier in einem solchen Szenario? Klassische Novae (so nennen wir die Mehrzahl von Nova, auch geschrieben und gesprochen als Novä) entstehen in Doppelsternsystemen, bei denen der eine Partner regelmäßig ein Weißer Zwerg ist. Dieser erdgroße Sternenüberrest besteht aus verbrannter Kernmaterie (überwiegend Kohlenstoff und Sauerstoff, auch Stickstoff) in Form entarteter Materie. Der "Begleitstern" - man mag es nicht glauben - ist in der Regel ein Roter Riese, ein aufgedunsener Stern also, der dem Ende seiner Entwicklung steht. Beide umkreisen sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt.

Materieakkretion durch einen Weißen Zwerg
Materieakkretion durch einen Weißen Zwerg

Die Primärkomponente des Systems, der aufgeblähte Rote Riese, füllt seine Roche- Grenze aus. Hierdurch kann Materie, vorwiegend Wasserstoff, auf den Zwergstern überströmen, weil dieser erdgroße Winzling ein enormes Gravitationsfeld aufweist (immerhin kann seine Masse bis zu 1,4 Sonnenmassen betragen). Diese Materie spiralt nun in einer Akkretionsscheibe auf den kleinen Stern hinab, wodurch ihre Geschwindigkeit extrem zunimmt und durch die starke Reibung der Materieteilchen untereinander auch deren Energieinhalt, sprich Temperatur. Schon in der Scheibe kann es gelegentlich zu Explosionen kommen.

Mit ausdrücklicher Genehmigung von ©David A. Hardy www.astroart.org

 

Ein Weißer Zwerg akkretiert Materie
Ein Weißer Zwerg akkretiert Materie
Die linke Skizze verdeutlicht nochmals die Materie- Akkretion. Durch die extrem große Ausdehnung des Roten Riesen gelangt seine Außenhülle in den Gravitationsbereich des Weißen Zwergs. Dieser saugt nun fleißig Materie vom Begleiter ab, welche sich spiralförmig zur Scheibe bewegt. Erst von der Akkretionsscheibe gelangt Material auf die Sternoberfläche. Es muss sich aber nicht in allen Fällen eine Akkretionsscheibe ausbilden. Wenn der Weiße Zwerg ein starkes Magnetfeld aufweist, können Materieströme vom Begleiter den Magnetfeldlinien entlang direkt zu den Polen abfließen. Rechts eine künstlerische Darstellung des Geschehens. Neben der Akkretion wird auch die gerade erfolgte Explosion auf der Sternoberfläche angedeutet.

 


Die Materie prallt auf den Weißen Zwerg und bildet eine Wasserstoffhülle um den Kern, wobei sie sich durch Konvektion (= Wärmebewegung) mit der bereits vorhandenen, dünnen Atmosphäre vermischt. Sie übt natürlich erheblichen Druck auf die darunter liegenden Schichten aus und auch durch die Abbremsung der einfallenden Materie wird Energie freigesetzt. Dadurch steigt die Temperatur auf 40, ja sogar bis auf mehrere 100 Millionen [K]. Unter solchen Bedingungen entartet die Materie der Hülle ebenfalls. Das bedeutet, dass sie sich nicht ausdehnt, wie es bei normaler Materie der Fall wäre, sondern ausschließlich die Temperatur erhöht sich.

An einem bestimmten Punkt wird allerdings eine kritische Masse (etwa ein Zehntausendstel Sonnenmasse) der Hülle erreicht, bei deren Überschreitung jetzt Kernfusionen des Wasserstoffs explosionsartig einsetzen. Die kritische Masse ist abhängig von der Masse des Weißen Zwerges. Je höher diese ist, umso niedriger liegt die kritische Masse der Hülle. Das hängt damit zusammen, dass bei größerer Masse des Kerns sein Radius abnimmt, wodurch die Gravitation an der Oberfläche zunimmt. Die Bedingungen für die Zündung von Kernreaktionen werden dadurch begünstigt.

Uhrglas- Nebel
Uhrglas- Nebel
Im Zentrum des "Nebels" (im rechten Foto) befinden sich zwei sehr unterschiedliche Sterne. Der eine Partner ist ein nur erdgroßer Weißer Zwerg mit der Masse unserer Sonne. Der andere Stern besitzt ebenfalls die Masse der Sonne, seine Ausdehnung würde sich jedoch bis zur Erdumlaufbahn erstrecken, es ist ein Roter Riese. Von diesem zieht der Zwerg stetig Materie ab, welche ihn in einer Akkretionsscheibe umgibt. Man glaubt, dass der Nebel, wegen seiner eigentümlichen Form Uhrglas- Nebel genannt, durch eine thermonukleare Explosion entstand - eine Nova. So eigentümlich uns diese Form der abgesprengten Hülle im ersten Moment auch erscheinen mag, doch wenn man sich einmal vorstellt, dass man direkt in den sich öffnenden Trichter sieht, so würde man vermutlich die gleiche Erscheinung vor Augen haben, wie sie weiter oben bei der Nova Persei 1901 zu sehen ist.

Mit freundlicher Genehmigung von R. Corradi (Instituto de Astrofisica de Canarias) et al., NASA

Nova Cygni am 19.2.1992
Nova Cygni am 19.2.1992
Das HST (Hubble Space Telescope) hat eine im Februar 1992 explodierte Nova in Cygnus (Schwan) kurz nach dem Ereignis fotografiert. Man erkennt die sich ringförmig ausdehnenden, abgesprengten Gasmassen. Die beiden Zentralsterne sind zudem noch von einer Gasblase umgeben.

Nova Cygni am 31.5.1993
Nova Cygni am 31.5.1993
7 Monate nach der Explosion entstand diese Aufnahme. Die abgestoßenen Gasmassen der 10 Lichtjahre von uns entfernten Nova haben sich weiter ausgedehnt, der Durchmesser des Rings ist von 110 auf 150 Millionen [km] angewachsen.

Mit freundlicher Genehmigung von F.Paresce, R.Jedrzejewski (STScI) und NASA

Nova Cygni 1992
Nova Cygni 1992
Bei Erreichen einer kritischen Masse entstehen möglicherweise zunächst einzelne Herde, in welchen schlagartig die Fusion von Wasserstoff einsetzt. Das ist denkbar in Zonen, in welchen Materie auf den heißen Stern prallt. Die Temperatur springt jetzt schlagartig auf 150 bis 300 Millionen [K] an. Durch Konvektion wird die freiwerdende Energie nach außen transportiert, womit auch gleichzeitig frischer Brennstoff in die untere Reaktionszone gelangt. Helium wird jetzt aus Wasserstoff synthetisiert, und zwar umso schneller, je mehr Kohlenstoff- (C), Stickstoff- (N) oder Sauerstoffkerne (O) vorhanden sind, da diese als Katalysator wirken (CNO- Zyklus). In kürzester Zeit entsteht Flächenbrand, ein thermonuklearer Runaway, der rasend schnell die gesamte Sternoberfläche erfasst.

Schlagartig wird eine Energiemenge freigesetzt, für deren Abstrahlung unsere Sonne 10 000 Jahre benötigen würde! Das bleibt nicht ohne Folgen. Der Stern bläst in erster Linie durch den enormen Strahlungsdruck seine äußere Hülle mit einer Geschwindigkeit von 1000 [km/s] fort, welche fortan für lange Zeit als leuchtende Gashülle (Nebelwolke) zu beobachten ist. Direkt nach Beginn der Expansion ist die äußere Hülle noch etwa 300 000 [K] heiß, weshalb sie Strahlung in Form energiereicher UV- und weicher Röntgenstrahlung emittiert.

In diesem Bild werfen wir nochmals einen Blick auf die Nova Cygni 1992, und zwar in einer Aufnahme aus 2005. Die Strahlung der Nova regt Wasserstoffgas in der weiteren Nachbarschaft zum Leuchten an. Die eigentliche Nova ist der kleine, rötliche Stern über der Mitte der Wolke. Wahrscheinlich wird dieser Anblick verlöschen, sobald die anregende Strahlung nachlässt.

Mit freundlicher Genehmigung von Peter Garnavich, Whipple Observatory


Die Hülle kühlt sich natürlich mit zunehmender Ausdehnung wieder ab, so dass die Strahlung in den sichtbaren Bereich verschoben wird (energieärmer; abnehmende Frequenz). Das Helligkeitsmaximum wird bei etwa 7000 bis 10 000 [K] erreicht, wodurch dann der Stern als Nova sichtbar wird.

Ist die Hülle fort geblasen, bleibt der eigentliche Stern weiterhin existent, und er kann wiederum Materie ansammeln, so dass es irgendwann erneut zur Nova kommen wird. Wir sprechen dann von einer so genannten rekurrierenden Nova (mit der Bezeichnung RN). Hat der Weiße Zwerg eine Masse nahe der Chandrasekhar- Grenze von 1,46 Sonnenmassen und saugt weiter Materie von seinem Begleiter ab, so kann er bei Überschreiten dieser Grenze in einer thermonuklearen Explosion als Supernova SN Ia vollständig zerstört werden.

Die vom Weißen Zwerg eingesammelte Materie muss nicht zwangsläufig immer von einem stark expandierten Begleiter stammen. Ebenso könnte sie auch aus dem Sternwind einer zweiten Komponente stammen oder sogar der Interstellaren Materie entzogen werden. Selbst die einst abgestoßene Hülle kann wieder Material für den nächsten Ausbruch liefern. Zu diesem Thema siehe auch Veränderliche, kataklysmische Sterne. Während man die in kataklysmischen Doppelsternsystemen auftretenden Ereignisse als klassische Novae bezeichnet (hier wird viel und schnell Materie vom aufgeblähten Begleiter bezogen), nennt man die überwiegend vom Sternwind "lebenden" symbiotische Novae.

Wie schnell ein Ausbruch erfolgt und wie hell eine Nova erscheint ist von mehreren Faktoren abhängig:

Binärsystem BZ Camelopardis (Giraffe)
Binärsystem BZ Camelopardis (Giraffe)
Das binäre Sternsystem BZ Camelopardis (Giraffe) ist den Astronomen bis heute ein Rätsel. Es liegt in 2500 Lichtjahren Entfernung und hier sollte Materie von einem großen Begleiter auf einen Weißen Zwerg überfließen. Doch kommt es nicht zu Nova- Ausbrüchen, vielmehr beobachtet man nur ein Flackern des Lichts. Das System erzeugt aber durch eine Schockwelle eine riesige bogenförmige Gasblase. Warum es dazu kommt und durch welchen Mechanismus ist noch nicht bekannt.

Bei rund einem Drittel der Novae beobachtet man vermehrt das Element Neon im Spektrum. Das kann nicht in den Fusionsreaktionen auf der Oberfläche eines Kohlenstoff/Sauerstoff- Sterns entstehen. Vielmehr müssen wir hier von massereichen Weißen Zwergen ausgehen, die neben C und O auch Magnesium und Neon aufweisen. Novae dieses Typs bezeichnet man einfach als Neon- Nova.
Hat der "Spender"- Stern bereits seine Wasserstoffhülle verloren (die evtl. sogar vom Weißen Zwerg verkonsumiert wurde), so kann es zur Akkretion von Helium kommen. Dieses fusioniert dann ebenfalls unter geeigneten Bedingungen und führt zu einer (bislang eher theoretischen) Helium- Nova.

Mit freundlicher Genehmigung von R. Casalegno, C. Conselice et al., WIYN, NOAO, MURST, NSF


Leuchtkräftige Rote Nova

Normalerweise ist eine Nova aufgrund der hohen Temperaturen weiß oder blau anzusehen, ganz selten wird jedoch auch eine Rote Nova beobachtet. Was ist hier anders? Der Unterschied beginnt bereits bei der Auströmgeschwindigkeit der abgestoßenen Gase. Während sie bei einer Nova mit wenigstens 1000 [km/s] davon eilen, expandiert die Hülle einer Roten Nova nur mit 100 [km/s]. Auch bezüglich der Temperatur sind die Differenzen enorm: Die Hülle einer klassischen Nova ist mehrere Hunderttausend Grad heiß, die Rote Nova bietet gerade einmal 900 [K]. Die Leuchtkraft liegt allerdings zwischen der einer Nova und einer Supernova.

Rote Nova in Monocerotis
Rote Nova in Monocerotis
Im Jahr 2002 wurde ein unscheinbarer Stern im unscheinbaren Sternbild Einhorn (Monoceros), östlich des Orion liegend, plötzlich zum "Star" am Firmament: Mit 600 000facher Leuchtkraft der Sonne war V838 Mon, 20 000 Lichtjahre von uns entfernt, heller als alle anderen Sterne. Beeindruckend ist dabei nicht nur die plötzliche, novaartige Zunahme der Helligkeit, sondern vor allem die Entwicklung der beobachteten Lichtechos in den umgebenden Staubhüllen. Lichtechos entstehen, wenn von einem Stern ein Lichtblitz ausgestrahlt wird, z.B. bei einem Nova- oder Supernovaausbruch, das Licht dann echoartig an umgebenden Gas- und Staubwolken gestreut wird. Diese Wolken können vom Stern im Laufe seiner Entwicklung abgestoßen worden sein, Lichtechos können jedoch auch in interstellarer Materie entstehen. Fragen wir uns also, was der Grund für die abweichenden Beobachtungen ist. Leider gibt es keine eindeutige, spezifische Ursache, sondern es kommen mehrere Szenarien in Betracht:

Im Falle von V838 Mon konnten Beobachtungen von 2004 bis 2006 auf einen blauen Begleitstern schließen lassen, der dann aber 2005 begann in die expandierende Hülle einzutauchen und war dann 2006 völlig darin verschwunden.
Ein anderes Kontakt- Binärsystem finden wir im Skorpion, V1309 Scorpii genannt. Diese Rote Nova brach im Jahr 2008 aus, allerdings lagen auch Beobachtungsdaten aus vorhergehenden Jahren vor. Aus denen ging eindeutig hervor, dass wir es hier mit einem System zu tun hatten, in welchem beide Sterne so nah stehen, dass sie eine gemeinsame Hülle bilden. Fand der Bedeckungslichtwechsel zuvor noch mit einer Periode von 1,4 Tagen statt, so nahm sie in den 6 Jahren vor dem Ausbruch exponentiell ab. Bereits im Jahr vor der Eruption ging die Bedeckungslichtkurve in eine Rotationslichtkurve über, wie sie für ellipsoide Körper typisch ist. Näheres zu V1309 Scorpii siehe arxiv.org/abs/1012.0163

Wie viele andere Objekte im Universum geben uns auch heute noch Novae so manches Rätsel zu lösen auf.