Schwarze Löcher
Krumme Sachen
Zu Beginn unserer Reise zu den wohl skurrilsten Objekten im Universum sollten wir uns ein wenig mit Krümmungen vertraut machen. Sie werden nämlich noch eine bedeutende Rolle spielen.
Die Allgemeine Relativitätstheorie (ART) ist eine Theorie der Gravitation. Seit Isaac Newton der berühmte Apfel auf den Kopf fiel, wissen wir alle was Gravitation ist: Die Anziehungskraft, die zwischen zwei Massen herrscht. Die Kraft also, die uns auf dem Erdboden festhält und verhindert, dass wir in den Weltraum entschweben. Solange die Massen und damit die Anziehungskräfte nicht sehr groß sind, können wir beruhigt mit dem Newtonschen Gravitationsgesetz weiterrechnen wie bisher. Wenn allerdings die Massen und damit die Gravitation sehr groß werden, müssen wir die ART zu Rate ziehen, denn hier versagt Newtons Gesetz. Einsteins Theorie besagt nun, dass die Gravitation nicht wie bei Newton eine Kraft ist, mit der sich zwei Körper anziehen, sondern dass Materie die Raumzeit krümmt. Alles sich bewegende im Weltraum muss diesen Krümmungen folgen, jede Materie und sogar das Licht.
Sehen wir uns nun diese Krümmungen an:
Stellen wir uns einmal einen Billardtisch vor. An einer Schmalseite haben wir zwei schiefe Ebenen aufgestellt, von der wir jetzt gleichzeitig zwei Kugeln starten lassen. Jedem ist sofort klar, dass die beiden Kugeln völlig parallel bis zur gegenüberliegenden Bande laufen werden. Wenn aber eine kleine Erhebung auf dem Tisch ist, so laufen die Kugeln auseinander:
Es könnte auch jemand eine Beule in den Tisch geschlagen haben, dann werden sich die Bahnen der Kugeln überschneiden:
Wir sehen also, dass die ehemals parallelen Bahnen der Kugeln gekrümmt werden, und zwar in Abhängigkeit von der Geometrie des Untergrundes. Die Anwesenheit von Masse verändert nun in ähnlicher Weise die Geometrie der Raumzeit, sie wird gekrümmt. Sterne, Planeten oder Monde müssen nun nicht mehr den Newtonschen Kräften der Gravitation folgen. Sie bewegen sich frei entlang den Krümmungen der Raumzeit! Gravitation ist nicht polarisiert, sie wirkt stets anziehend, deshalb entspricht die Krümmung der Raumzeit immer einer Beule bzw. Mulde.
Solange wir uns mit nur wenigen Dimensionen beschäftigen, sind Krümmungen leicht begreiflich. Betrachten wir dazu eine einfache geometrische Figur, den Kreis:
In der Skizze sind zwei Kreise mit völlig unterschiedlichem Durchmesser aufgezeichnet. Es ist leicht einzusehen, dass der kleine Kreis eine viel stärkere Krümmung hat als der große. Wenn wir den Durchmesser eines Kreises nun immer größer wählen, ihn zum Schluss unendlich groß werden lassen, dann wird die Krümmung am Ende verschwinden (sie ist dann gleich Null) und wir erhalten eine Gerade.
Lassen wir dagegen den Kreisradius immer kleiner werden, wird die Krümmung immer stärker. Am Ende ist aus dem Kreis ein Punkt geworden, der unendlich klein ist. Die Krümmung des Kreises ist jetzt unendlich groß! Ähnliches geschieht mit der Raumzeit im Innern eines Schwarzen Lochs, hier ist alle Materie zu einem punktförmigen Gebilde zusammengequetscht und die Raumzeit wird unendlich gekrümmt!
Doch zurück zum Kreis: Das ist ein einfaches, eindimensionales geometrisches Gebilde. Der Kreis hat einen Umfang bzw. eine "Länge", aber keine Breite und Höhe. Daher ist seine Krümmung leicht vorstellbar. Die Beschreibung von Krümmungen wird aber schnell kompliziert, wenn mehr Dimensionen im Spiel sind.
Gehen wir zunächst einen Schritt weiter und fügen dem Kreis eine zweite Dimension hinzu, die Höhe, womit wir einen Zylinder erhalten:
Die Geometrie des Euklid verlassen wir nun und betreten das Reich der gekrümmten Räume, diese Mathematik wurde von Bernhard Riemann bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Die Kugeloberfläche als einfachstes Beispiel zeigt, dass die Gesetze der euklidischen Geometrie nicht mehr anwendbar sind.
Krümmungen verändern sich in der Natur von Millimeter zu Millimeter, verlaufen recht wild umher. Die Unebenheiten der Erdoberfläche (z.B. Gebirge) sind ein anschauliches Beispiel für dreidimensional verlaufende Krümmungen. Nun wird es allerdings schon recht kompliziert, diese Krümmungen zu beschreiben!

Wild verlaufende Krümmungen der Erdoberfläche
Krümmungen können durchaus auch negativ verlaufen. Während die grundlegende Form positiver Krümmungen die Kugeloberfläche ist, steht eine sattelförmige Oberfläche für negative Krümmungen:
Wenden wir uns nun der vierdimensionalen Raumzeit zu. Wir sehen Raum und Zeit in unserem Alltag gewohnheitsmäßig getrennt voneinander, aber das entspricht nicht der Realität. Stellen Sie sich einmal ein Universum ohne Zeit vor. Es wäre völlig unsinnig, denn es könnten darin keine Ereignisse stattfinden. Damit aber ein Ereignis stattfinden kann, benötigt man einen Ort (3 Raumdimensionen), an dem es ablaufen kann und man muss wissen, wann das erfolgte (1 Zeitdimension). Ohne Zeit gäbe es nicht die kleinste Bewegung, kein Planet würde einen Stern umlaufen, nicht mal ein Elektron einen Atomkern "umkreisen". Materie könnte also gar nicht existieren (höchstens Strahlung), es gäbe praktisch nichts als Raum. Hermann Minkowski erkannte schon 1908, dass Raum und Zeit unzertrennlich zu einer Einheit verbunden sind. Wir haben es in der Tat mit einem eigenständigen, vierdimensionalen Gebilde zu tun, dem Raumzeit- Kontinuum. Minkowskis Raumzeit ist flach, quasi euklidisch. Wenn die Geschwindigkeiten klein sind, können wir auch beruhigt Minkowskis Raumzeit anwenden, ebenso wie die Newtonschen Gesetze oder die Spezielle Relativitätstheorie. Das gilt aber nicht mehr, wenn die Geschwindigkeiten hoch werden (relativistisch), oder wenn große Massen ins Spiel kommen!
Bei kleinen Körpern wie der Erde wirken sich die Raumzeitkrümmungen kaum bemerkbar aus, sie werden erst bei großen Massen spürbar. So wird z.B. das Licht eines Sterns beim Vorübergang nahe der Sonnenscheibe um einen kleinen, aber messbaren Winkelbetrag abgelenkt. Die Position des Sterns verschiebt sich dabei etwas am Himmel, weil die Sonne die Raumzeit krümmt und das Licht dieser Krümmung folgen muss. Große Massen wie Galaxien oder Galaxienhaufen wirken durch ihre starken Krümmungen sogar als Gravitationslinsen.
Betrachten wir das Universum auf großen Skalen, stellen wir fest, dass es überwiegend aus leerem Raum besteht. In dieser großräumigen Sichtweise sind deshalb auch keine nennenswerten Krümmungen festzustellen, so dass man von einer euklidischen oder "glatten" Raumzeit sprechen kann, einer Raumzeit also ohne Krümmungen. Nur an Orten großer Massekonzentrationen (Sterne, Galaxien) wird man Krümmungen finden.
Wir haben nun die Raumzeit von den größten kosmischen Skalen bis herab zur kleinsten denkbaren Ausdehnung kennen gelernt und wie sie von Materie beeinflusst wird. Damit können wir uns jetzt in das Abenteuer Schwarze Löcher wagen.
Weiterführende Informationen:
http://www.kornelius.de/arth/