Der Merkur
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Als sonnennächster und kleinster Planet erhält Merkur eine intensive Bestrahlung durch unser Zentralgestirn, es ist daher recht ungemütlich auf seiner Oberfläche. An seinem Äquator herrschen mittägliche Temperaturen von 430 [°C]. Der Tag des Merkurs ist bedeutend länger als unser Erdentag, ein Punkt auf seiner Oberfläche ist ganze 88 Tage der mörderischen Sonnenstrahlung ausgesetzt.
-180 °C bis -200 °C kalt. Von einem Besuch unter diesen nicht sehr einladenden Bedingungen rät auch seine extrem dünne Atmosphäre ab: Sie beträgt nur etwa das
10-13-fache der Erdatmosphäre.
Wer den Merkur beobachten möchte, sollte dies möglichst im Frühjahr in den Morgenstunden, oder in den herbstlichen Abendstunden vornehmen. Denn trotz seiner Helligkeit von -0,2m wird er meist von der nie weit entfernten Sonne überstrahlt.
©Astrogeology Team, U.S. Geological Survey
Lange Zeit war man der Überzeugung, dass die Rotation des Merkurs an die Sonne gebunden ist, ähnlich wie die unseres Mondes an die Erde. Danach würde ein Merkurtag 88 Erdentage dauern, denn in dieser Zeit vollführt er einen Umlauf. 1962 suchten Radioastronomen nach Signalen vom Merkur und stellten dabei fest, dass die Nachtseite zu "warm" für eine gebundene Rotation war.
Etwas ungewöhnlich ist auch die Umlaufbahn von Merkur. Und dazu war sie wohl eine der wichtigsten Voraussagen und gleichzeitig Prüfstein der Allgemeinen Relativitätstheorie. Gab sie doch eine Erklärung der bis dahin unverstandenen Differenz der Periheldrehung des Merkurs (Perihel = sonnennächster Punkt einer Planetenumlaufbahn). Darunter versteht man eine Verschiebung des Perihels eines Körpers entlang seiner Bahn. Dieser Effekt geht auf die gravitativen Einflüsse der großen Planeten zurück, die Merkurbahn wird insbesondere von der Venus beeinflusst. Nach Abzug dieser himmelsmechanischen Verschiebung (532 Bogensekunden/100 Jahre) blieb aber noch eine Differenz von etwa 43 Bogensekunden pro Jahrhundert übrig. Sehr exakt konnte Einstein nun diese relativistische Periheldrehung voraussagen (43,03", beobachtet: 43,11"
).
Mit einem Durchmesser von 4876 km ist Merkur nur etwas größer als unser Mond (3476 km) und damit ebenfalls durch die geringe Schwerkraft nicht in der Lage, eine spürbare Atmosphäre zu halten. Direkt an seiner Oberfläche, dem Ort der größten Gasdichte, herrscht nur ein Druck vom 2 · 10-13-fachen des irdischen Atmosphärendrucks. Aufgrund der fast völlig fehlenden Atmosphäre haben wir deshalb wie bei unserem Mond einen ungetrübten Blick auf die Merkuroberfläche.
Mit freundlicher Genehmigung von Mariner 10, NASA
Die Merkuratmosphäre setzt sich zusammen aus Anteilen von Wasserstoff, Helium, Sauerstoff sowie Natrium und Kalium. Diese Elemente sind sicherlich nicht die Überreste einer früheren Atmosphäre, sondern vielmehr sind Wasserstoff und Helium aus dem Sonnenwind eingefangene Teilchen. Natrium und Kalium werden vermutlich durch den Sonnenwind aus den Mineralien der Oberfläche herausgeschlagen, das Helium könnte auch aus radioaktiven Zerfällen des Gesteins stammen. In einem Kubikzentimeter der Atmosphäre finden wir 8 Wasserstoffatome, 4500 Heliumatome und 150 000 Atome Natrium, einige wenige des Elements Kalium. Wasserstoff und Helium sind als die leichtesten Elemente mit einer relativ hohen thermischen Geschwindigkeit belastet und daher sehr flüchtig, d.h. sie entweichen rasch in den Weltraum. Natrium und Kalium dagegen haben eine viel größere Verweildauer auf dem Planeten.
Viele Körper im Universum sind von einer gasförmigen Hülle umgeben, die wir als Atmosphäre bezeichnen. Neben den gasförmigen Bestandteilen wie z.B. Sauerstoff oder Stickstoff kann eine Atmosphäre auch flüssige Bestandteile enthalten (Regenwasser auf der Erde oder Schwefelsäure auf der Venus), auch feste Anteile in Form von Schwebestoffen (Staub, Sand). Man unterscheidet zwei Arten von Atmosphären:
Sie entstehen bereits bei der Bildung des Planeten (oder eines anderen Körpers) aus dem zu dieser Zeit vorhandenen (gasförmigen) Material. Dieses kann z.B. Wassereis, gefrorenes Methan oder Ammoniak sein, was sich in Form von Kometen ansammelte. Solche Atmosphären unterliegen kaum einer Veränderung, wir finden Beispiele bei den äußeren Planeten.
Das sind Atmosphären, die viel später nach der Bildung des Planeten entstanden sind, und zwar durch Ausgasungen des Protoplaneten. Durch geologische (vulkanische) und vor allem biologische Prozesse wird eine solche Atmosphäre im Laufe der Zeit verändert. Bestes Beispiel ist unsere Erdatmosphäre.
Allein durch die Gravitation werden die Atome und Moleküle oder flüssigen und festen Bestandteile einer Atmosphäre an ihren Planeten, Mond oder Stern gebunden. Der Druck einer Atmosphäre an einem beliebigen Punkt wird durch das Gewicht der darüber liegenden Gassäule bestimmt. Je höher man sich über der Oberfläche des Körpers befindet, umso kleiner ist die Gassäule und umso geringer ist der Druck. Diesen Effekt kennt jeder Bergsteiger. Damit ist der Druck auf der Oberfläche stets am höchsten. Weil der Gasdruck nach außen gerichtet ist, die Gravitation jedoch zum Körperzentrum hin, stellt sich zwischen beiden Kräften ein Gleichgewicht ein. Atmosphären müssen sich mit den relativ schnell rotierenden Körpern mitbewegen, dadurch stellen sich zwangsläufig große vertikale und horizontale Bewegungen ein, Luftströmungen, die wir manchmal unangenehm als Sturm zu spüren bekommen. Unterstützt oder verstärkt werden diese Bewegungen durch thermische Prozesse.
Die Temperatur einer Atmosphäre ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wesentlich ist ihre chemische Zusammensetzung und das von einem Stern empfangene Strahlungsspektrum. Die recht spezielle Erdatmosphäre ist beispielsweise durchlässig für den sichtbaren Anteil des Sonnenlichts und benachbarter Wellenlängen wie Infrarot und Ultraviolett, absorbiert aber auch einen Teil dieser Strahlung. Besonders der IR- Anteil führt zur Erwärmung des Bodens, der wiederum einen Teil der Wärme in den Weltraum abstrahlt, die Atmosphäre absorbiert erneut einen Teil dieser resorbierten Strahlung und wird selbst dabei abermals erwärmt.
Charakteristisch ist für jede Atmosphäre, dass die Temperatur in Abhängigkeit von der Höhe variiert. Das führt zu einer Einteilung der Atmosphären in verschiedene Schichten, die jeweils von einem Temperaturminimum und -maximum begrenzt sind.
Da andere Planeten völlig andersartige chemische Zusammensetzungen haben können als die Erde, finden z.B. bei den anderen Planeten im Sonnensystem keine Temperaturerhöhungen in der mittleren Atmosphäre statt, so dass man dort nicht von einer Stratosphäre sprechen kann.
Vom Aussehen her ähnelt Merkur sehr stark unserem irdischen Mond, wie nachstehendem Bild deutlich zu entnehmen ist:
Mit freundlicher Genehmigung von Mariner 10, NASA
Wir sehen eine wüste, von Kratern und Gebirgen durchsetzte und wild zerklüftete Oberfläche. Auch erkennen wir größere, mareähnliche Flächen. Der Pfeil weist auf den Krater Kuiper mit seinem Strahlensystem, der etwa 40 km Durchmesser hat. Die größten Krater haben Durchmesser von mehr als 1000 [km], die kleinsten, welche 1974 von der Raumsonde Mariner 10 noch erkannt wurden einen solchen von 100 [m]. Größere Krater von mehreren Kilometern aufwärts weisen wie ihre Duplikate auf dem Mond Zentralberge auf, die sehr großen sind von Sekundärkratern umgeben. Die von einem Strahlenkranz umgebenen Krater wie Kuiper sind relativ jung. Es gibt allerdings auch Unterschiede zu unserem Mond: Lange Kliffs durchschneiden an manchen Stellen die Oberfläche, was darauf schließen lässt, dass Merkur einst einem Schrumpfungsprozess unterzogen war, ein solcher fand auf unserem Mond nicht statt.
Dem Mare Imbrium auf unserem Mond entspricht das größte Einschlagbecken Merkurs mit Namen Caloris- Becken. Der Name kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie Wärme, denn dieses Becken ist der heißeste Flecken auf Merkur.
Ein Teil des Caloris- Beckens, zusammengesetzte Aufnahme aus mehreren Bildern der Raumsonde Mariner 10. Dieses Becken entstand in der Frühgeschichte des Planeten durch einen gewaltigen Einschlag. Die zerklüfteten und gebrochenen Ebenen im Beckeninnern sind vermutlich Schmelzprodukte als Folge des Einschlags. Mit einem Durchmesser von 1300 [km] ist dies die größte Formation auf Merkur. Wahrscheinlich wurden durch den Einschlag gewaltige seismische Wellen ausgelöst, die in der Antipodenregion (~Gegenpol) eine weitere merkurtypische Struktur formte (siehe nächstes Bild).
Mit freundlicher Genehmigung von Mariner 10, NASA
Mit freundlicher Genehmigung von NASA/JPL/Northwestern University
Die Merkuroberfläche unterliegt noch heute einer langsam voranschreitenden Erosion. Diese ist wegen der fast vollständig fehlenden Atmosphäre nicht wetterbedingt, sondern wird von den ständig ungebremst einschlagenden interplanetaren Staubteilchen und Kleinkörpern verursacht. Als Oberflächenmaterial vermutet man daher Regolith, ein Trümmergestein, welches durch die mechanische Zerstörung des Planetengesteins durch Meteoriden und anschließendem Sintern (Zusammenbacken) der Bruchstücke entsteht.
Mit freundlicher Genehmigung von NASA/JPL/Northwestern University
Merkur hat im Gegensatz zu anderen Planeten einen recht schlichten Aufbau. Aus seiner mittleren Dichte von 5,43 [g cm-3], die fast der Erddichte entspricht, wobei er aber nur ein Drittel der Erdgröße besitzt, kann man auf seinen Aufbau schließen. Seine Ähnlichkeit zum Mond führt zur Vermutung, dass sein Mantel aus Silikatgestein besteht, welches nur eine Dichte von etwa 3 [g cm-3] aufweist. Folglich muss Merkur einen recht schweren Kern besitzen.
Mit freundlicher Genehmigung von www.solarviews.com,Copyright Calvin J. Hamilton
Die Feldstärke des Magnetfeldes beträgt an der Planetenoberfläche nur etwa 1% desjenigen der Erde und es ist 7° gegen die Rotationsachse geneigt. Wegen seiner Schwäche reicht es nur etwa 1000 [km] in den Raum, daher bietet es auch keine Abschirmung gegen die schnellen Teilchen des Sonnenwindes wie der van Allen- Gürtel der Erde. Der Magnetschweif wird auf der sonnenabgewandten Seite 20 Merkurradien weit in den Raum gedehnt. Das Feld wird vermutlich nicht wie auf der Erde durch eine Art Dynamoeffekt erzeugt (aufgrund des flüssigen Erdkerns), sondern ist permanent im wohl festen Kern eingefroren. Neuere Messungen mit der NASA- Sonde MESSENGER (MErcury Surface, Space ENvironment, GEochemistry, and Ranging) im Oktober 2008 haben gezeigt, dass Merkurs Magnetfeld sehr homogen ist und sich fast exakt entlang der Rotationsachse ausrichtet.
Die MESSENGER- Sonde nutzte das Gravitationsfeld des Merkur bei ihren zweiten Vorbeiflug, um noch einmal Schwung zu holen. 2011 wurde sie dann in eine Umlaufbahn um Merkur gelenkt.
Die mittels Spektrometer erneut durchgeführte Analyse der Merkuratmosphäre, die lediglich aus einer Exosphäre besteht, zeigte unterschiedliche Konzentrationen von Natrium, Kalium und Magnesium, abhängig vom Ort der Messung. Erst am 30. April 2015 wurde die MESSENGER- Mission durch einen Absturz auf Merkur beendet. 2017 soll dann die nächste Merkurmission auf die Reise gehen, BepiColombo, bestehend aus einer europäischen und einer japanischen Sonde.
Mit freundlicher Genehmigung von NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington
Abschließend die wichtigsten Planetendaten in tabellarischer Form:
Planetendaten Merkur | |
---|---|
Planetenmasse | 3,302·1023 kg |
Planetendurchmesser | 4876 km |
Dichte | 5,43 g cm-3 |
Fallbeschleunigung | 3.70 m s-2 |
Entweichgeschwindigkeit | 4.3 km s-1 |
Rotationsperiode | 58,646 Erdtage |
Bahngeschwindigkeit | 47,87 km s-1 |
Bahnumfang | 360 Mill. km |
Bahnneigung zur Ekliptik | 7°00'11'' |
Abstand zur Sonne | Perihel: 0,3075 AE Aphel: 0,4667 AE |
Exzentrizität | 0,2056 |
Oberflächentemperatur | -180 °C bis 430 °C |
Atmosphärendruck | 2·10-13 bar |
Albedo | 0,055 |
Magnetfeldstärke (Äquator) | ~5·10-7 Tesla |