Der Mars
Planeteninneres und Magnetfeld
Im Jahr 1877 veröffentlichte der italienische Astronom Schiaparelli (1835 - 1910) eine Entdeckung von dunklen Linien auf dem Mars, die er canali (Kanäle) nannte. Das schlug natürlich ein wie eine Bombe, schon bald war in aller Munde, dass auf dem roten Nachbarn künstlich angelegte Wasserläufe existieren könnten.
©Lowell Observatory
Heute wissen wir, dass weder Lowell noch Schiaparelli wirklich Kanäle beobachteten, vielmehr unterlagen sie einer Täuschung des menschlichen Auges, welches feinste Details an der Sichtbarkeitsgrenze zu geometrischen Figuren zusammensetzt.
Mit freundlicher Genehmigung von ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)
Der Marstag ist nur wenig länger als ein Erdentag, etwa um 41 Minuten. Mars rotiert in 24 [h] 37 [min] und 22,7 [s] einmal um sich selbst. Auch ist der Äquator des Planeten gegen die Marsbahnebene ähnlich stark geneigt wie die Erde zur Ekliptik, es sind 25° 12'. Hierdurch ergeben sich dann auch ähnliche Jahreszeiten wie bei uns, die aber fast doppelt so lang dauern. Mit einer mittleren Geschwindigkeit von 24,13 [km/s] umläuft Mars in 1,881 Jahren rechtsläufig die Sonne auf einer Ellipse. Deren große Halbachse misst 227,9 Millionen [km], die Exzentrizität ist mit 0,0934 rund fünfmal größer als diejenige der Erde. Die Ebene der Marsbahn ist gegen die Ekliptik um 1,85° geneigt. Von der Sonne ist Mars zwischen 1,38 AE (Perihel) und 1,67 AE (Aphel) entfernt, die Distanz zur Erde schwankt zwischen 55,8 und 399,9 Millionen [km]. Etwa alle 15 bis 17 Jahre steht der Planet bei einer Opposition im Perihel, zu dieser Zeit ist er uns am nächsten.
Durch den stark schwankenden Abstand verändert sich auch seine scheinbare Helligkeit. Mars kann mit -3m heller als Sirius leuchten, bei größter Entfernung ist er nur noch +2m hell. Das Reflexionsvermögen der Marsoberfläche ist nicht halb so groß wie das der Erde, die Albedo beträgt nur 0,16. Einzelne Regionen der Oberfläche weisen aber große Unterschiede auf, man denke z.B. an die im Marswinter eisbedeckten Polkappen.
Wie schon kurz angedeutet, ergeben sich auf dem Mars durch seine Äquatorneigung zur Bahnebene ähnliche Jahreszeiten wie auf der Erde. Schon lange bekannt ist das Vorhandensein von Polkappen, die aus Wassereis und -schnee bestehen und sich im Marswinter deutlich vergrößern, weil durch die niedrigen Temperaturen von bis zu -140 [°c] nun auch Kohlendioxid ausfrieren kann. Im Marssommer steigen die Temperaturen in diesen Regionen auf -15 [°C] an und die Polkappen gehen wieder zurück. Das Ausfrieren des Kohlendioxids im Winter hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Atmosphäre: Mit 95 % ist CO2 der Hauptbestandteil der Atmosphäre, nun wird ihr aber ein großer Gasanteil entzogen. Das lässt den Druck (5 bis 10 [hPa]), der nur etwa 0,6 % des irdischen Atmosphärendrucks beträgt, wesentlich absinken.
Mit freundlicher Genehmigung von MSSS, JPL, NASA
Neben Kohlendioxid findet man 2,7% Stickstoff und 1,6% Argon in der Marsatmosphäre, Spuren von Sauerstoff und schwankende Anteile von Wasserdampf im Bereich von 0,01 bis 0,1%. Im Gegensatz zur Erde, deren Atmosphäre mehrere Umwandlungen durchmachte, besteht die Marsatmosphäre auch heute noch unverändert aus den Ausgasungen heißer Gesteinsschmelzen aus der Frühzeit des Planeten.Ähnlich der Erde, ist auch die Marsatmosphäre in mehrere Temperaturschichten zu unterteilen. Zwar weist Mars einen sehr hohen Kohlendioxidanteil auf, durch den nur geringen Druck kann sich aber kein Treibhauseffekt entwickeln. Somit herrschen im Durchschnitt nur - 40 [°C] auf der Oberfläche des Planeten. Am Marsäquator können auf der Oberfläche + 15 [°C] erreicht werden, die dünne Atmosphäre verhindert in der Nacht nicht wie bei uns die Wärmeabstrahlung, so dass eine Temperaturabsenkung auf - 40 [°C] , ja sogar bis zu - 70 [°C] erfolgt.
Die notwendige Energie für diesen Temperaturanstieg stammt natürlich aus der Sonneneinstrahlung, die zudem auch für eine teilweise Ionisation der oberen Atmosphärenschichten sorgt. Wie auf der Erde, beobachtet man auch in der Marsatmosphäre Wolken. Diese sind allerdings nur sehr dünn und werden aus Wassereiskristallen bestehen.
Als markanteste Erscheinung der Oberfläche sieht man selbst in kleinen Teleskopen die schon erwähnten Polkappen. Auffällig ist natürlich auch seine rötliche Färbung, die durch helle Tiefebenen hervorgerufen wird, welche über 75% der Oberfläche bedecken. Hochebenen sind im Gegensatz zu unserem Mond dunkler. Verschiedene Missionen, wie z.B. Viking Lander/Orbiter, Mars Global Surveyor oder Mariner und Mars Pathfinder haben uns heute in die Lage detaillierter Kenntnis der Marsoberfläche versetzt. Hier zunächst eine Übersicht in Form einer topologischen Darstellung der Oberfläche. In der oberen Skala sind die Höhen in [km] gegenüber dem Nullniveau angegeben:
Wie durch die dünne Atmosphäre zu erwarten ist, finden sich auf der Marsoberfläche zahlreiche Einschlagkrater. Diese konzentrieren sich erstaunlicherweise auf das Hochland der Südhalbkugel. In der nördlichen Tiefebene treten sie nur vereinzelt auf, was man wie bei den Mondmaria durch Überschwemmungen von Lava erklären kann.
Auf dem Mars finden wir - im Gegensatz zu unserem Mond - allerdings auch Vulkankrater. Und dazu noch die größten im ganzen Sonnensystem! In den Tharsis Montes sind gleich drei so genannte Riesenschildvulkane wie auf einer Perlenkette aufgeschnürt (Bild anklicken für Großansicht):
Copyright Calvin J. Hamilton, www.solarviews.com
Die drei Vulkane liegen vermutlich deshalb auf einer Linie, weil sie auf einem nicht mehr sichtbaren Grabenbruch entstanden. Heute gibt es allerdings keine vulkanische Aktivität mehr auf dem roten Planeten, diese begann vor rund 3,5 Milliarden Jahren und dauerte höchstens 1,5 Milliarden Jahre.
Eine Aufnahme von ESA's Mars Express, gewonnen mit der hochauflösenden Stereokamera (High Resolution Stereo Camera, HRSC). Wir sehen in den größten Canyon des ganzen Sonnensystems, den Valles Marineris in östlicher Richtung. Vor sehr langer Zeit müssen hier einmal große Wassermengen geflossen sein, die diese Oberflächenformationen formten. Der große Einschlagkrater im Hintergrund hat einen Durchmesser von 7,6 [km] und eine Tiefe von 800 [m]. Durch Anklicken des Bildes können Sie es im Großformat betrachten.
Mit freundlicher Genehmigung von ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)
Mit freundlicher Genehmigung von ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)
Nun "steigen Sie ein" und unternehmen einen Flug an der Ostseite des Olympus Mons entlang:
Copyright Calvin J. Hamilton, www.solarviews.com
Als ein Beispiel für die vielen Einschlagkrater auf Mars sehen wir uns noch die Umgebung des Vulkans Apollinaris Patera an:
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Vielfach diskutiert wurde die Möglichkeit, dass Mars eventuell doch Leben beherbergen könnte, wenn auch vielleicht nur in niederer Form. Aus den Untersuchungen der Viking- Lander Raumsonden ging allerdings hervor, dass auf dem roten Planeten weder heute noch früher Organismen lebten, die wie die irdischen Stoffwechselvorgängen unterliegen. Den endgültigen Beweis brachten die beiden Rover Spirit und Opportunity, die seit 2004 auf dem Mars sind. Seit 2012 wird Opportunity (Spirit schweigt seit 2010) vom Marsrover Curiosity höchst erfolgreich unterstützt. Unter anderem suchen sie nach ehemals vorhandenem Wasser auf der Oberfläche, der Grundlage für Leben. Das hat es mit Sicherheit auch einst gegeben, neben Flüssen auch Seen bzw. Meere. Aber heute ist der Mars vollkommen trocken und damit so steril wie ist unser Mond.
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Seit den Viking- Missionen wissen wir auch um die Zusammensetzung des Marsbodens. Seine rote Farbe verdankt der Planet einer dünnen Schicht aus Staub und Sand mit einem hohen Anteil an Eisenoxiden. Das häufigste Element des Marsbodens ist allerdings Silizium, das mit 20% vertreten ist. 13% der Bodenmasse besteht aus Eisen, wobei Eisenoxide/minerale (z.B. Fe2O3) 20% der Substanz ausmachen, Siliziumminerale dagegen rund 45%. Mit geringerem Anteil sind Minerale von Magnesium, Aluminium und Kalzium vorhanden. Auch findet man Schwefel, ihn sogar in 100-fach höherer Konzentration als im Erdboden, wogegen der Kaliumanteil nur 20% desjenigen der Erde beträgt.
23. Januar 2006: Der Rover Spirit fotografiert den Marsboden in einer Lorre Ridge genannten Formation. Im sandigen Boden sehen wir Geröllsteine, die wohl vulkanischen Ursprungs sind. Ähnlich irdischem basaltischen Material finden sich auch hier unzählige Löcher im Gestein. Sie entstehen, wenn Gasblasen in zähflüssiger Lava eingeschlossen werden und das Material erhärtet. Entweicht das Gas später, bleiben die Hohlräume zurück. Spirit scheint sich somit hier in einer Gegend bewegt zu haben, in der einmal vulkanische Aktivität herrschte.
Mit freundlicher Genehmigung von NASA/JPL-Caltech
Die Oberfläche des Mars weist vielfach deutliche Spuren von Erosion auf. Diese ist vor allem auf Wind zurückzuführen, jedoch auch auf die Einwirkung von Wasser. Wasser muss in der Frühgeschichte des Planeten eine bedeutende Rolle gespielt haben, heute findet man es wohl nur noch in Form von Eis an den Polen. Vielleicht gibt es noch Wasser in tieferen Bodenschichten, aber Beweise hierzu stehen noch aus (siehe auch weiter unten).
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Mit freundlicher Genehmigung von ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)
Tektonische Aktivität fehlt dem Mars heute völlig. In seiner Vergangenheit könnten aber Verschiebungen in seiner Kruste stattgefunden haben, die jedoch nicht zur Auffaltung von Gebirgen führten. Denn es gab auf Mars nie einzelne Kontinentalplatten wie auf der Erde, die zusammenstoßen konnten. Aufgrund der geringen Masse war der Wärmevorrat hierzu nie hoch genug, auch die Wärmefreisetzung durch radioaktive Zerfälle war deshalb deutlich geringer. So konnte der Planet recht schnell abkühlen und es bildete sich alsbald eine feste, zusammenhängende Kruste, die nicht in Platten zerbrechen konnte. Bei Abkühlung der Kruste kam es jedoch zu langen Grabenbrüchen, der bekannteste ist das Valle Marineris (benannt nach den Mariner- Sonden):
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Mit freundlicher Genehmigung von Viking Project, NASA
Erstaunlich ist, dass es auf dem so trocken erscheinenden Planeten selbst heute noch Vorkommen von Wasser in flüssiger und gefrorener Form geben könnte. Wissenschaftler (Barlow/Koroshetz) sehen in der kraterübersäten Gegend Solis Planum, die sich südlich des Valles Marineris befindet, deutliche Hinweise hierzu.
Welche Blüten menschliche Fantasie manchmal treibt sieht man an folgendem Beispiel:


Copyright Calvin J. Hamilton, www.solarviews.com
Ein Gruß zum Valentinstag vom Mars? Fast hat es den Anschein! Wir haben es jedoch lediglich mit einer geologischen Formation zu tun, in welcher die Umgebung des maximal 2,3 [km] großen "Herzens" durch bestimmte Prozesse abgesunken ist.
Wir sehen eine Aufnahme des Mars Global Surveyor aus dem Jahr 1999.
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Planeteninneres und Magnetfeld
Wir wissen bis heute nur sehr vage, wie der innere Aufbau des Mars gestaltet ist. Im Gegensatz zur Erde und zum Mond konnten bisher auf dem roten Nachbarplaneten noch keine seismischen Beobachtungen durchgeführt werden, welche Anhaltspunkte für die innere Struktur eines Planeten liefern. Man geht bislang aber, wie bei der Erde, von einem schalenförmigen Aufbau aus:
Copyright Calvin J. Hamilton, www.solarviews.com
Worauf beruhen diese Vermutungen? Zur Bestimmung des Aufbaus benötigen die Astronomen vier Parameter: Die Masse des Planeten, seine Größe und seine Präzession. Zur Vervollständigung der Daten braucht man dann noch die schon erwähnten seismischen Messungen. Das Modell des bisherigen Marsaufbaus leitet sich bis jetzt aus den ersten drei, gut bekannten Parametern ab.
Über das Magnetfeld des Mars sind wir inzwischen dank des Mars Global Surveyor etwas besser informiert. Die Magnetfeldstärke an der Oberfläche beträgt nur etwa 1/300 bis 1/500 derjenigen der Erde. Ein planetares Magnetfeld entsteht, wenn plastisches oder festes Material des äußeren Kerns mit anderer Geschwindigkeit rotiert als der noch glutflüssige innere Kern, zudem muss das Material elektrisch leitfähig sein. Mechanische Energie wird hier durch einen Dynamoeffekt in magnetische umgewandelt. Mars hat früher sicher ein Magnetfeld besessen, durch seine rasche Abkühlung kam der Dynamo jedoch zum Erliegen. Scheinbar wurden aber Teile des Magnetfeldes im Gestein "eingefroren", denn es konnten lokale Magnetisierungen vor allem in der Südhalbkugel nachgewiesen werden:
Mit freundlicher Genehmigung von Connerney et al und NASA
Mars wird, wie wohl jeder weiß, von zwei Satelliten umkreist, Phobos (griech. = Furcht, Angst) und Deimos (griech. = Schrecken). Bis in die frühen sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als selbst das Gerücht der Marskanäle noch nicht ganz verschwunden war, hielt man es für möglich, dass die beiden Marsmonde von fremden Intelligenzen geschaffene künstliche Raumstationen waren. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass wir es lediglich mit natürlichen Gesteinsbrocken zu tun haben, die wohl nicht zusammen mit dem Planeten entstanden, sondern später von ihm eingefangen wurden.
Phobos ist dabei der innere der beiden Monde, er hat bei dreiachsiger elliptischer Form eine Ausdehnung von 27 · 22 · 19 [km] und umkreist Mars auf elliptischer Bahn mit einer großen Halbachse von 9378 [km].
Mit freundlicher Genehmigung der NASA
Phobos weist eine gebundene Rotation auf, weshalb er Mars stets dieselbe Seite zuweist. Die Masse des Phobos beträgt lediglich 1,08 · 1016 [kg]. Seine Bahn ist instabil, die große Halbachse seiner elliptischen Bahn schrumpft pro Jahrhundert um etwa 9 [m], weshalb er in 50 Millionen Jahren auf den Planeren stürzen wird. Spektroskopische Untersuchungen ergaben, dass die Phobosoberfläche aus einem Material ähnlich dem der Chondrite besteht. Das deutet auf Schmelzprozesse durch den Einschlag kleinerer Körper hin. Die Dichte von Phobos ist allerdings viel geringer als das bekannte Material der Meteorite, er könnte daher in seinem Innern einen Kern aus Wassereis verbergen.
Deimos bewegt sich auf einer fast kreisförmigen Bahn im Abstand von rund 23 460 [km] um Mars. Für einen Umlauf benötigt der äußere der beiden Monde 30 Stunden und 19 Minuten, da auch er eine gebundene Rotation aufweist, zeigt er dem Planeten ebenfalls stets dieselbe Seite. Deimos ist noch kleiner und leichter als Phobos. Auch ihn kann man sich als dreiachsiges Ellipsoid mit Achslängen von 15, 12 und 10 [km] vorstellen, seine Masse liegt nur bei 2 · 1015 [kg].
Mit freundlicher Genehmigung von NSSDC/NASA
Abschließend die wichtigsten Daten des Planeten Mars:
Daten Mars | |
---|---|
Masse | 6,417·1023 [kg] |
Mittl. Durchmesser | 6774,5 [km] |
Mittl. Dichte | 3,94 [g cm-3 ] |
Entweichgeschwindigkeit | 5,03 [km s-1] |
Rotationsperiode | 24,6229 Stunden |
Umlaufzeit | 779.94 Tage |
Bahngeschwindigkeit | 24,13 [km s-1] |
Perigäum | 206 620 000 [km] |
Apogäum | 249 230 000 [km] |
Neigung Marsbahn zur Ekliptik | 1,85° |
Exzentrizität | 0,0934 |
Oberflächentemperatur | +15/-140 [°C] |
Atmosphärendruck | 0,6 % der Erde |
Albedo | 0,15 bis 0,25 |
Magnetfeldstärke | 1/500 der Erde |
Weitere Informationen:
http://mars.jpl.nasa.gov/mgs/
http://solarviews.com/eng/pathfind.htm
http://marsrovers.jpl.nasa.gov/home/
http://www.dlr.de/mars/