Singularitäten
Manchmal trifft man in der Physik oder Mathematik auf Situationen, in denen die Gleichungen aus dem Ruder laufen. Durch geschicktes Umstellen lassen sich diese Singularitäten aber umgehen. Doch Astronomie bzw. Astrophysik halten in Form Schwarzer Löcher einige Überraschungen parat, die man nicht verschwinden lassen kann. Auch in der Physik entstehen manchmal Singularitäten, bei denen die physikalischen Gesetze ihre Gültigkeit verlieren. Was also versteht man alles unter Singularitäten?
- In der Meteorologie hat man von Singularitäten eine konkrete Vorstellung: Man versteht hier darunter bestimmte Großwetterlagen, die im jahreszeitlichen Verlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederkehren, wie z.B. die Eisheiligen, die Schafskälte, der Altweibersommer oder das Weihnachtstauwetter.
- Numerische Singularitäten können beispielsweise entstehen, wenn hohe Rechengenauigkeiten gefragt sind. So ergibt z.B. ein Ausdruck (1 + 10-15) - 1 = 0, würde man nur bis zur 10. oder 14. Stelle rechnen. Ganz haarig wäre es, würde man durch einen solchen Ausdruck dividieren, da bekanntlich die Division durch 0 verboten ist. Stellt man die Rechnung jedoch um, (1-1) + 10-15 so würde man bei Rechnung bis zur 14. Stelle immer noch 10-15 erhalten.
- Koordinaten- Singularitäten lassen sich nicht durch rechnerische Kunstgriffe beseitigen.
So entsteht z.B. am Nord- und Südpol der Erde je eine Singularität, wenn sich alle Meridiane in einem Punkt schneiden. Zwar herrschen an den Polen extreme klimatische Bedingungen, aber die physikalischen Gesetze behalten trotzdem ihre Gültigkeit. Die einzige Möglichkeit, solche Koordinaten- Singularitäten zu umgehen besteht darin, ein anderes Koordinatensystem zu wählen.Das aber ist gar nicht so einfach!
- Auf eine optische Singularität treffen wir, betrachten wir den Strahlengang eines Brennglases:
Fallen Lichtstrahlen parallel zur Linsenachse ein, so werden sie von einer Sammellinse im Brennpunkt F vereinigt. Die Strahlenoptik beschreibt die hierbei gültigen Gesetzmäßigkeiten. Der Fokus stellt allerdings eine Singularität dar, Temperatur und Energiedichte müssten hier unendlich groß werden! Dass dies nicht der Fall ist weiß jeder, der schon einmal mit einem Brennglas ein Stück Papier entzündete. Man braucht schon etwas Geduld dazu. Die Strahlenoptik verliert also im Brennpunkt ihre Gültigkeit.
- Ist eine Koordinatensingularität schon schwer zu beseitigen, wird dies bei einer physikalischen Singularität gänzlich unmöglich, wenn wir auf den singulären Zustand der Raumzeit stoßen.
Das ist der Fall, wenn wir es mit den Schwarzen Löchern zu tun haben. Aus der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Gravitationstheorie Einsteins, geht dieser Zustand unweigerlich hervor, wenn große Massen in sich zusammen stürzen, wie es am Lebensende sehr massereicher Sterne der Fall ist. Erst recht stoßen wir auf diese unbequeme Singularität, wenn wir die Entwicklung des Universums rückwärts betrachten. Wie im Fall der stellaren Schwarzen Löcher würde alle Materie immer weiter in sich zusammenstürzen, bis sie am Ende in einem Punkt unendlich kleiner Ausdehnung verschwinden würde, eben der Singularität. Die Dichte einer solchen intrinsischen (= von innen her, aus sich selbst heraus) Singularität geht gegen unendlich genauso wie die unendlich hohe Gravitation. Bei der Beschreibung dieses singulären Zustandes versagen nun alle physikalischen Gesetze, so dass wir ihm derzeit völlig hilflos gegenüber stehen. Da es jedoch in der Natur keine Unendlichkeiten gibt, existieren intrinsische Singularitäten vielleicht gar nicht - aber wir können keine andere Aussage über das machen, was sich im Innern Schwarzer Löcher verbirgt oder aus was unser Universum entstand. Möglicherweise wird uns einmal die Quantengravitation hier behilflich sein können, einer Vereinigung von Relativität und Quantengesetzen, sofern sie existiert.
Abschließend werfen wir noch einen kurzen Blick auf die technologische Singularität:
1965 bemerkte Gordon Moore, dass die Integrationsdichte von Schaltkreisen exponentiell ansteigt, also immer mehr Transistoren auf einem Chip untergebracht werden. Verdoppelte sich die Rechnerleistung von 1910 bis 1950 noch alle 3 Jahre, von 1950 bis 1966 alle 2 Jahre, so dauert diese Entwicklung heute nur noch 12 Monate (Mooresches Gesetz). So könnte etwa schon im Jahr 2020 ein Zustand erreicht sein, in dem die Leistung der Rechner diejenige des menschlichen Gehirns übersteigt.
Unser Gehirn hat eine Rechenleistung von etwa 20 000 TeraFLOPS (Anzahl Fließkommaoperationen pro Sekunde, 1 TeraFLOP = 1012 FLOPS), Standardrechner aus 2004 weisen "nur" etwa 2 GigaFLOPS (109 FLOPS) auf. Doch schon 2005 wies Blue Gene, ein Supercomputer der IBM eine Leistung von 180 TeraFLOPS auf. Der heute (2011) schnellste Supercomputer Tianhe-1A aus China schafft sagenhafte 2,5 PetaFLOPS (hingegen der erste von Zuse gebaute Computer Z 3 schaffte gerade 2 FLOPS). Geht die Entwicklung also weiter in diesem Tempo, wird in 2 Jahrzehnten die Software in der Lage sein, sich selbst zu optimieren. Sie übersteigt dann die Intelligenz des Menschen und beginnt, die technologische Entwicklung noch weiter zu beschleunigen. Dieser Zustand ist die technologische Singularität. Die Herstellung einer ultraintelligenten Maschine könnte die letzte Erfindung der Menschheit sein!
Neben dieser rein technologischen Entwicklung ist es durchaus denkbar, dass der Mensch beginnen wird, sich selbst mit künstlichen Implantaten, z.B. Gehirn- Computer- Interfaces, oder durch die Gentechnik zu verbessern. Das Bild eines künftigen Superhumanoiden ist schon heute nicht mehr von der Hand zu weisen. Doch auch ohne technische Hilfsmittel wird die Intelligenz des Menschen stetig weiter anwachsen.
Diese Zukunftsaussichten sind sicher keine Hirngespinste, sie stammen von namhaften Wissenschaftlern. Als Beispiel hierzu mögen Einsteins Theorien dienen: Zur Zeit der Veröffentlichung von Allgemeiner oder Spezieller Relativitätstheorie gab es auf der ganzen Erde nur eine Handvoll Menschen, die in der Lage waren sie nachzuvollziehen. Heute sollte jeder Abiturient dazu imstande sein.