Ich dachte mir, dass du damit ‘rüberkommst. Liegt ja vorderhand auch nahe. Ich sehe aber einfach keine sachgerechte Notwendigkeit, eine zusätzliche Realität einzuführen.Tom schrieb:
Die Möglichkeit und das Gelingen dieser Abstraktion entspricht genau der Teilhabe im Sinne von Platon. Es gelingt gerade wegen dieser Teilhabe.
Zur Tümpel-Analogie:
Szene A. Klassisch: Warum hat der Stein die Eigenschaft S zur Zeit t‘?
Vernünftiger sachgerechter Schluss: Weil er sie schon im Tümpel (t < t‘) hatte.
=> Tümpel, Stein, Eigenschaft und Beobachter sind überprüfbar Elemente dieser einen Realität R: insb. kann ich mich prinzipiell vorher davon überzeugen, dass S schon im Tümpel vorlag: Konsistent.
Szene B. Platonistisch: Warum hat die Natur die Eigenschaft der Mathematisierbarkeit Mb zur Zeit t‘? Analogieschluss: Weil die Mathematik schon bei t < t‘ vorhanden war, da sie unabhängig von t und r existiert.
=> Natur und Beobachter sind Elemente der raumzeitlichen Realität R, aber nicht M und Mb; deshalb die zusätzliche nicht-raumzeitliche zweite (platonische) Realität – nicht überprüfbar: Spekulativ!.
Szene A ist ein homogenes raumzeitliches System in R mit den eigenen Systemkomponenten.
Szene B ist ein heterogenes raumzeitliches / nicht-raumzeitliches System, da zu R noch die spekulative platonisch-mathematische Realität RP hinzugefügt wird.
Insofern sehe ich da einen Unterschied zwischen diesen Szenarien. Die Einführung von RP , dessen Existenz nicht belegbar ist, da er per Def. transzendent ist, scheint etwas gewaltsam und auf das Resultat zugeschnitten. Keine klare Unterscheidung von Ontologie und Epistemologie.
Erinnert mich an den 2. Formalismus der konv. Quantenmechanik.
C. Als Alternative würde ich meine Ansicht so formulieren:
1. Die Natur erscheint in der registrierenden Wahrnehmung als eine Mannigfaltigkeit mit Mustern, Objekten und Relationen = Phänomene.
2. Anhand der Phänomene wird ein mathematischer Formalismus entwickelt, der diese Phänomene inkl. Musterstruktur, Dynamik, etc. abbildet und damit Aussagen über die den Phänomenen zugrundliegende Realität wahrscheinlich macht.
=> 3. Der mathematische Formalismus ist somit ein epistemisches Erkenntnistool, da er sich im Erkenntnisprozess direkt nur auf die registrierten Phänomene (Bewusstseinsinhalte) bezieht.
Ausgangspunkt bilden die wahrgenommenen Phänomene einer ontologisch vorausgesetzten Realität R. Die weiteren Vorgänge spielen sich uneingeschränkt im „epistemischen Raum“ ab und beziehen sich nur auf die Bewusstseinsinhalte. Der epistemische Raum übernimmt hier u.a. die Funktion des platonischen und im Gegensatz zu diesem werden hier die mathematischen Terme entwickelt und kumulativ „aufbewahrt“, sodass Entwicklung, Funktion und Rolle der Mathematik prinzipiell nachvollziehbar bleiben.
Daraus ergibt sich mE, dass die Mathematik ein mentales Phänomenal-Konstrukt ist und die Frage „Warum passt die M.?“ kann in 1. Näherung wie folgt beantwortet werden: da eindeutig ist, dass die mathematischen Strukturen formalisierte Abbildungen der Phänomen-Struktur sind, bleiben sie immer auf diese bezogen und können somit als Repräsentanten der Phänomene gar nicht anders als „passen“ (richtige Formalisierung vorausgesetzt).
Da nun die Phänomene aus der ontischen Realität abgeleitet sind, beziehen sich die mathematischen Strukturen im Rückbezug indirekt, aber mit der gleichen „Passung“, auf die ontische Realität.
Diese Version erscheint mir einleuchtender.
Ich glaube, der bedeutendste Unterschied zu den Platonisten liegt darin, dass hier keine menschliche Projektion im Spiel ist und der gesamte Vorgang ergebnisoffen bleibt, während im Platonismus auf ein vorintendiertes Ergebnis zugeschnitten wird, um dem subjektiv-emotionalen „Erlebnis des Entdeckens neuer Räume“ mehr oder weniger bewusst Rechnung zu tragen. Und genau das ist eben eine Projektion!
Na, ich denke, das sind die Fallen einer ausschließlich logischen Betrachtungsweise: du machst eine Momentaufnahme (von einem hochkomplexen System, das sich der Anschauung erst im Laufe der Entwicklung entzogen hat), wobei dir sämtliche Informationen der Entwicklung verlorengehen, und ziehst daraus einen mE falschen Schluss.Tom schrieb: 2) meine Sichtweise bzgl. der Rolle mathematischer Strukturen im Kontext physikalischer Gegebenheiten: die von uns verwendeten mathematischen Strukturen haben keine Entsprechung in unserer Anschauung oder Wahrnehmung, d.h. sie keinen unmittelbaren epistemischen Charakter; daher existiert keine vernünftige Motivation einer epistemischen Interpretation. Die verbleibenden Alternativen sind eine ontologische Interpretation oder purer Zufall.
Ich würde aus meiner Sicht sagen: semi-vernünftig, weilTom schrieb: Diese Überzeugung ist vernünftig
1.) das emotionale Erlebnisargument großes Gewicht zu haben scheint und
2.) weitere Spuren von persönlicher Projektion erkennbar sind, zB deine Faszination für die M., die diese in eine Bedeutung treibt, die ihr gar nicht zukommt: ein ewiges und endloses Sein. Imho grenzt das schon an mystische Verehrung – ganz der platonische Mystizismus! Aber sie ist nicht mehr als ein sich verselbständigendes epistemisches Hilfsmittel (und natürlich die Spielwiese für Mathe-Freaks !
Ich denke, doch. Ausgangspunkt ist die ontische Realität, Konstruktionsraum der menschliche Geist (Epistemum), Anwendungsraum wiederum die ontische Realität; ein spekulativer metaphysisch-mathematischer Ideenraum wird nicht benötigt, da alle Dynamik und dynamischen Erkenntnistools im Epistemum verbleiben.Tom schrieb: Deine Idee bzgl. der Gewinnung dieser Einsicht schließt nicht die metaphysische Begründung für die prinzipielle Möglichkeit dieser Einsicht aus.