Hallo Cosma!
Cosma hat geschrieben: ↑10. Jan 2020, 19:21
Also, ich hoffe, dass meine Versuche, die Materie zu verstehen, nicht als Bemängelung aufgefasst werden. Zudem kann ich noch gar nicht konstruktiv vorgehen, weil ich immer noch beim ersten Schritt bin.
Um dir noch einmal meine Motivation zu erläutern:
Ich habe in der letzten Zeit vieles im Physiker Board gelesen, zwar nicht alles verstanden, aber wenn mir eines klar geworden ist, dann die Tatsache, dass nicht alle formalisierten Ausdrücke eine direkte Entsprechung in der Realität haben, sondern dass es bestimmter Ansichten bedarf, wie der Formalismus zu deuten ist und in welcher Weise bestimmte Zuordnungen erfolgen. Und dass es einen Unterschied macht, ob ich den Formalismus als Instrument betrachte oder als mögliche gehaltvolle Aussagen über die Realität.
Meine Posts (Interferenz und Friedmann-Modell) sind zwei Beispiele, an denen ich die Thematik für mich abarbeiten will.
Alles OK!
Also zunächst einmal möchte ich dir sagen, dass ich das auch nicht so verstanden habe. Außerdem freut es mich, dass du hier bist und interessante Dinge ansprichst. Und außerdem scheinst du mir auch an den philosophischen Implikationen und dem zugehörigen Verständnis interessiert zu sein - und da kann ich mich einbringen, das interessiert mich auch. Und gerade auf die ziele ich auch momentan mehr ab, weil es da m.E. noch einiges zu diskutieren und genauer zu verstehen gibt, ich schließe mich da nicht aus, auch wenn ich mich damit schon recht ausgiebig befasst habe, Tom übrigens auch.
Dann zur Sache:
Cosma hat geschrieben: ↑10. Jan 2020, 20:32
Wenn ich mal zusammenfasse:
1. Interferenz ist an ein Kollektiv gebunden.
2. Aus dem Formalismus eines rechnerischen Interferenzterms hins. eines Teilchens folgt nicht zwingend die Interferenz eines Teilchens als reale individuelle Eigenschaft.
3. Die Identifikation einer Kollektiveigenschaft mit einer Individualeigenschaft seiner Teile ist logisch nicht zulässig (Trugschluss der Division).
4. Individuelle Interferenz konnte bislang nicht beobachtet werden.
5. Die Behauptung "Versuche mit schwacher Intensität beweisen die individuelle Interferenz eines Teilchens" ist so nicht haltbar.
Zu 1., genauer: Interferenz wird am DS nur an Kollektiven beobachtet.
2., 4. und 5. stimme ich zu, 5. auch schon deswegen, weil es in der Physik in dem Sinne überhaupt keine strengen Beweise gibt, wie z.B. in der Mathematik.
Dein 3. ist aber so scharf verstanden nicht haltbar, das ist genau das, worauf ich hinaus wollte.
Schauen wir uns den Trugschluss der Division genauer an:
Trugschluss der Division bezeichnet den logischen Fehlschluss vom Ganzen auf seine Teile. Beispiel: „Diese Rose ist rot. Sie besteht aus Atomen. Also sind ihre Atome rot“
https://de.wikipedia.org/wiki/Trugschluss_der_Division
Wichtig ist hier, dass der Umkehrschluss auch nicht gültig ist!
Beispiel:
"Dieses Legohaus ist rot. Es besteht aus Legosteinen, also sind die Legosteine rot!"
Wir sehen: Hier passt es. D.h.: Der "Schluss der Division" ist nicht
zwingend richtig, daher nennt man in hier Fehlschluss, so ist das zu verstehen. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass er manchmal auch passend ist, im Sinne von
dort zulässig.
Vertstehst du, was ich sagen will?
Mal nur rein aus dieser Logik heraus, abseits von dem, was Tom noch zusätzlich dazu sagte:
Nur weil der Schluss vom Interferenzverhalten eines Ensembles allein nicht sicher beweist, dass auch bei einem Einzelfall Interferenz vorliegen muss, beweist das noch nicht, dass dort keine Interferenz vorliegen kann.
Außerdem hat man im Angesicht der Quantenwelt u.a. auch schon eine nicht-klassische Quantenlogik entwickelt, im Versuch der Lage besser Herr zu werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenlogik
Man muss also vorsichtig sein, auch unsere gewöhnliche Logik ist in dem Sinne nicht in Stein gemeißelt und es ist nicht immer ganz klar welche Sätze der gewöhnlichen Logik überhaupt auf die Quantenwelt angewendet werden dürfen.
Jedenfalls würde der Schluss, dass bei Einzelobjekten keine Selbstinterferenz vorliegen kann, nach klassischem Verständnis zwingend zum Schluss führen, dass es sich bei dem Objekt daher um ein Teilchen handeln muss. Und das ist nun halt ebenso problematisch, weil das auch nicht sein kann.
Ich versuche das Grundproblem zu fixieren:
A)
Wenn man als (klassische) Teilchen verstandene Objekte ("kleine Materie-Kugeln") durch einen Doppelspalt schickt, dann muss nach Definition und nach aller Erfahrung folgendes am Schirm passieren:
1.
Jedes Objekt verursacht beim Aufschlag am Detektor genau einen
punktartigen Abdruck.
2. Das Verteilungsmuster ist zwingend so, wie es Tom oben in seinem 1. Bild dargestellt hat ("Zwei-Flecken-Muster").
3. Jedes Objekt durchquert entweder Spalt A oder Spalt B oder wird dort absorbiert oder reflektiert, alles andere ist völlig ausgeschlossen.
D.h.: Die Tatsache, dass z.B. Licht durch einen Doppelspalt geschickt Interferenzstreifen erzeugt, steht im Widerspruch zu 2. und schließt nach klassischer Logik aus, dass es sich um Teilchen handeln kann.
B)
Wenn man als (klassische) Wellen verstandene Objekte durch einen Doppelspalt schickt, dann muss nach Definition und nach aller Erfahrung folgendes am Schirm passieren:
1.
Kein Objekt verursacht einen punktartigen Abdruck auf dem Detektor. Das kann eine Welle nicht, es darf kein Punkt sein, denn sie ist ausgedehnt. Man kann sich das so klar machen:
Stelle dir einen breiten Wellenzug auf dem Meer vor, der auf den Strand zuläuft, am Strand sind viele kleine Stecken senkrecht aufgestellt, die zusammen eine Wand bilden. Die Forderung, dass eine Welle einen punktartigen Abdruck hinterlassen soll, würde hier im Bild der Forderung entsprechen, dass die Wasserwelle am Strand genau nur einen Stecken umwirft
und dass in diesem Momet dabei der gesamte Impuls der Welle ausschließlich in diesen einen Stecken übertragen wird.
2. Das Verteilungsmuster ist zwingend so, wie Tom es in seinem 2. Bild dargestellt hat (Interferenzmuster).
3. Jede Welle durchquert zwingend beide Spalte und interferiert hinter dem DS mit sich selbst, gleich, ob jemand dabei zuschaut oder nicht.
D.h.: Schon die Tatsache, dass wir am Schirm konkrete Punkte finden, schließt nach klassischem Verständnis aus, dass es sich bei dem durchlaufenden Objekt um eine Welle gehandelt haben kann.
Aber:
Die andere Tatsache, dass hier viele nacheinander erzeugte oder in versch. Messapparaturen erzeugte Punkte zusammen ein Interferenzmuster bilden, würde logisch folgendes besagen:
1. Einzelne Objekte sind Teilchen
2. Viele Objekte sind Wellen
3. Ergo: viele Teilchen = eine Welle
Problem:
a) Wie sollen viele Teilchen, die gar nichts miteinander zu tun haben, die raumzeitlich getrennt sind, sogar auf viele Messapparaturen verteilt sein können, ein Gesamtobjekt "Welle" bilden können?
b) Und warum, wenn man viele Objekte gleichzeitig als Objektstrahl durch die Messapparatur schickt, entstehen dann dennoch Punkte auf dem Schirm (eben viele)?
Spätens b) widerlegt die Schlussfolgerung 3.
Und nun haben wir ein Dilemma, denn wenn es weder Teilchen noch Wellen sind und auch nicht aus vielen Teilchen eine Welle emergiert, was dann?
Deshalb spricht man auch gerne nur von Quantenobjekten, die sich einmal so und einmal so
zeigen, davon dass Quantenobjekte Welleneigenschaften als auch Teilcheneigenschaften
zeigen können, abhängig davon, wie es die Umgebung (z.B. Messaparatur)
präpariert.