ich wollte eigentlich schon seit einiger Zeit mal was zu Supergravitationstheorien schreiben. Dabei ist mir aber aufgefallen, dass man ein paar Takte zur Supersymmetrie vorausschicken muss - und dabei evtl. auch ein paar Takte zu gewöhnlichen Symmetrien.
Zu Beginn gibt's leider ein paar Formeln, später bessert sich das dann.
Am einfachsten startet man mit der Rotationssymmetrie in zwei Dimensionen. Man wählt einen Vektor
Für dieses Vektor bestimmt man das Betragsquadrat
Dann betrachtet man beliebige Rotationen des Vektors
mittels der Rotationsmatrix
Durchläuft der Drehwinkel alpha den gesamten Bereich [0, 2pi], so wird der Vektor einmal vollständig gedreht und überstreicht eine Kreislinie. Man kann nun zwei Rotationen um zwei verschiedene Winkel hintereinander ausführen; das Ergebnis ist eine Drehung, wobei die beiden Drehwinkel einfach addiert werden. Man kann auch zu jeder Drehung eine inverse Drehung finden, nämlich eine DRehung mit dem negativen des ursprünglichen Drehwinkels. Keine Drehung erhält man für Drehwinkel 0.
In Summe erhält man die sogenannte Drehgruppe SO(2). O steht für orthogonal: die Zeilen bzw. Spalten der Drehmatrix R formen Vektoren, die aufeinander senkrecht stehen, also orthogonal sind. Das S bedeutet speziell: wenn man die Determinante der Drehmatrix berechnet, erhält man Eins. Und die 2 steht nun für die zwei Dimensionen, in denen das alles stattfindet.
Einige Gruppen weisen eine Verwandtschaft auf, einen sogenannten Isomorphismus. Man kann die Drehgruppe SO(2) der reellen Ebene auf die Dregruppe U(1) der komplexen Ebene abbilden. Dazu betrachtet man die komplexe Zahl
die Drehung
mit der "Drehmatrix" = einer komplexen Zahl S
Das Betragsquadrat
ist natürlich invariant unter dieser Drehung:
In Summe erhält man die sogenannte Drehgruppe U(1). U steht für unitär. Die 1 steht nun für die eine komplexe Dimensionen, in der sich das alles abspielt.
Die U(1) ist insofern interessant, als man hier unmittelbar sieht, wie an eine komplexe Rotation als e-Funktion schreiben kann. Man stellt fest, dass die für höhere Dimensionen und andere Drehgruppen ebenfalls funktioniert. Man kann z.B. Matrizen finden so dass die komplexe Rotationsgruppe SU(2) für zwei komplexe Dimensionen geschrieben werden kann als
für a=1,2,3. Die Matrizen sind dabei eng verwand mit den drei Pauli-Spinmatrizen:
Man kann die e-Funktion definieren über die Taylorreihe
Man kann die Taylorreihe nun ausmultiplizieren. Aufgrund der Eigenschaften der Pauli-Matrizen findet man die erstaunlich einfache Form
Dabei ist
und
Was bedeutet das?
Man formt aus den drei Drehwinkeln einen Vektor und bildet dessen Betrag sowie einen Einheitsvektor (normiert auf Eins mit der selben Richtung wie der urpsrüngliche Vektor; gekennzeichnet durch das Dach).
Nun stellt man etwas Erstaunliches fest: Es gibt drei Drehwinkel, allerdings wirken die so konstruierten Drehmatrizen nicht auf dreidimensionale Vektoren, sondern auf komplexe Vektoren mit zwei komplexen Dimensionen (die Pauli-Matrizen sind ja 2*2 Matrizen). Man schreibt analog zu für diese (komplexe) Drehgruppe SU(2).
Trotzdem besteht eine gewisse Analogie zu Drehungen im dreidimensionalen Raum. In drei Dimensionen wäre das maximal symmetrische Objekt eine Kugeloberfläche. Markiert man auf ihr einen Punkt und führt dann eine Drehung um eine beliebige Achse (parametriert duch die Drehwinkel) aus, so kommt der Punkt nach einer Drehung um 360° wieder mit sich selbst zur Deckung. Dies entspricht dem dreidimensionalen Analogon der SO(2), man schreibt für die Drehgruppe in drei Dimensionen auch SO(3).
Interessant ist nun jedoch, dass in den Sinus- und Cosinus-Funktionen, die wir oben abgeleitet haben, immer der halbe Drehwinkel auftaucht. Man hat hier tatsächlich Objekte konstruiert, für die erst eine Drehung um 720° wieder zum ursprünglichen Objekt führt (bei der Kugel hatten wir ja 360° Grad). D.h. die zweidimensionalen komplexen Vektoren, die durch die SU(2) gedreht werden, sind sogenannte Spinoren. Man kann sie nicht anschaulich darstellen, das scheitert an den zwei komplexen = vier reellen Dimensionen und an der Tatsache, dass eben erst eine Drehung um 720° wieder zum selben Objekt führt.
Man kann trotzdem eine Verwandschaft zwischen der SO(3) Und der SU(2) finden; dabei stellt man fest, dass die SU(2) gewissermaßen doppelt so viele Drehungen wie die SO(3) enthält. Für höhere Dimensionen gibt es ebenfalls Verwandschaften, allerdings keine feste Regel.
Nun muss man noch einen letzten Schritt tun, um zu verstehen, wo die Supersymmetrie anders auussieht, als die normale Symmetrie. Betrachten wir dazu einen komplexen Vektor, einen vedrehten Vektor, also
und
sowie das Skalarprodukt zwischen beiden:
Man kann nun folgendes tun: man dreht sowohl den Vektor z als auch die eigentliche Drehmatrix S nochmals um einen bestimmten Winkel (eigentlich sind es wieder die drei Winkel). Dabei dreht man alles zusammen so, dass sich am Enddergebnis nichts ändert, d.h. man dreht quasi den gesamten Raum. Dazu führt man die neue Drehung
ein und wendet sie auf alle Objekte an
Für das Skalaprodukt ergibt sich dann
Wegen
hat das Skalarprodukt den selben Wert, es ist invariant.
Nun kann man die inverse Drehung im Falle der SU(2) wieder genauso einfach konstruieren, man muss einfach jedem Drehwinkwel ein Minus-Zeichen hinzufügen:
Nun macht man etwas spannendes: man betrachtet diese Drehungen für infinitesimale Drehwinkel, d.h. man verwendet von der o.g. Taylorreihe nur die ersten beiden Terme, d.h.
und
Wendet man nun diese infinitesimalen Drehungen auf S an, so findet man
Der Term in eckigen KLammern ist der sogenannte KOmmutator, man schreibt dafür auch einfach
Da nun S ebenfalls über eine derartige e-Funktion definiert war, kann man wiederum eine Taylorentwicklung durchführen; schlussendlich landet man bei Kommutatoren der T-Matrizen, oder - im Spezialfall der SU(2) - der Pauli-Matrizen.
Man nennt dies den Übergang von der Lie-Gruppe SU(2) zur Lie-Algebra su(2). Elemente der Gruppe sind die e-Funktionen, Elemente der Algebra dagegen die T-Matrizen.
Generell kann man folgendes sagen: Es gibt drei Sorten von Räumen, nämlich reelle, komplexe und symplektische (habe ich hier nicht besprochen). Reelle Räume der Dimension N bestehen aus Vektoren mit N reellen Zahlen. Für komplexe Räume gilt das selbe, allerdings mit komplexen Zahlen. Man kann in all diesen Räumen DRehungen definieren; diese bilden dann die jeweilige Drehgruppe SO(N), SU(N) bzw. Sp(N) - letztere habe ich hier nicht besprochen. Zu jeder dieser Drehgruppen gibt es die entsprechende Algebra, nämlich so(N), su(N) bzw. Sp(N). DIese Algebren enthalten Verallgemeinerungen der Pauli-Matrizen. Für einen Raum der Dimension N sind es N*N Matrizen mit i.A. komplexen Elementen. Die Anzahl der Matrizen wächst schnell mit der Dimension des Raumes. Für den N-dimensionalen komplexen Raum enthält die su(N) N²-1 derartige Matrizen; für N=2 ist dies 2²-1 = 3; für N=3 bereits 2³-1 = 8. Im Falle der SU(3) kennt man diese Matrizen als Gell-Mann Matrizen; sie spielen eine wesentliche Rolle im Quarkmodell.
Interessant ist nun, dass die Struktur der Algebra durch den oben eingeführten KOmmutator vollständig bestimmt ist!!! D.h. die Algebra kann definiert werden als
f sind die sog. Strukturkonstanten.
D.h. aber, dass derartige (rein algebraische !) Beziehungen zwischen bestimmten Matrizen alle möglichen Lie-Gruppen und damit alle möglichen Drehsymmetrien beschreiben.
Nun muss man noch einen Spezialfall erwähnen: In der SRT wird ja ein etwas ungewöhnliches Skalarprodukt eingeführt, in dem Minuszeichen vorkommen. In der zugehörigen Lie-Gruppe muss man dann imaginäre Drehwinkel einführen. Im Falle der SO(4) führt man drei imaginäre Drehwinkel analog zu den drei Minuszeichen ein. Man schreibt die resultierende Gruppe als SO(1,3) gemäß der Anzahl der Plus- und der Minuszeichen im Skalarprodukt. An den Matrizen, also der Lie-Algebra muss man dabei nichts ändern. Für die Lorentzgruppe kann man dann die Anzahl der T-Matrizen zählen: man erhält sechs, wobei drei davon normalen Drehungen und die anderen drei den Boosts entsprechen, d.h. die SO(1,3) enthält eine SO(3) für die normalen Drehungen im gewöhnlichen dreidimensionalen Raum. Die Boosts für Lorentztransformationen auf ein bewegtes Bezugssystem kann man dann als eine spezielle Art der Drehung auffassen.
Man kan aus der algenbraischen Struktur der so(1,3) auch ableiten, dass man sie umschreiben kann in su(2) +su(2). Dies ist der tiefere Grund für die Existenz von Spinor-Teilchen bzw. von Fermionen mit Spin 1/2.
Damit hat man nun aber wirklich alle Fälle der "Drehungen" erledigt!
Nun unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Formen der Symmetrien, nämlich äußeren und inneren.
Die äußeren Symmetrien sind die Symmetrien der Raumzeit. Die Gesamtheit dieser Symmetrien ist die Poincare-Gruppe, die wiederum die Lorentzgruppe enthält. Man findet insgs. 10 Symmetrietransformationen:
- 3 Drehungen
- 3 Boosts; ergibt zusammen die Lorentzgruppe SO(1,3)
- 4 Translationen = Verschiebungen (eine davon in zeitliche Richtungen)
(in höheren Dimensionen wäre das entsprechend mehr, aber das lassen wir jetzt mal)
Die inneren Symmetrien sind die Symmetrien der Wechselwirkungen, im heute allgemein akzeptierten Standardmodell sind es die Eichsymmetrien
- el.-schw. WW: U(1)*SU(2)
- starke WW: SU(3)
Man kann nun nicht begründen, warum gerade diese Symmetrien und keine anderen (Man hat versucht, eine SU(5) oder SO(10) als vereinheitlichte Symmetrie heranzuziehen, findet jedoch leider unphysikalische Ergebnisse.
In den 60iger Jahren haben zwei Physiker - Coleman und Mandula - versucht, die allgemeinste Form der Symmetrie einer Wechselwirkung zu finden. Ihr Ergebnis war das berühmte Coleman-Mandula-Theorem, das besagt, dass nur die Kombination der Poincare-Symmetrie mit einer irgendwie gearteten SU, SO oder Sp bzw. Kombinationen daraus erlaubt ist. D.h. es gibt keine weiteren Symmetrien, die in irgendeiner Form über die bisher untersuchten "DRehungen" hinausgehen könnten!
Coleman und Mandula haben dabei einige Annahmen treffen müssen: so gehen sie davon aus, dass die beteiligten Teilchen Masse haben können. Für rein masselose Teilchen gäbe es durchaus erweiterte Symmetriegruppen.
Das Theorem verbietet eine Mischung aus äußeren und inneren Symmetrien - also Mischungen aus Raumzeit- und Wechselwirkungs-Symmetrien. In der Sprache der Kommutatoren oben kann man das ganz einfach schreiben. Seien die X-Matrizen die Matrizen der Poincare-Gruppe und die T-Matrizen die der Wechselwirkung. Dann ist
D.h. "Drehungen" in der Raumzeit und "Drehungen" in der Wechselwirkung sind unabhängig. So gibt es z.B. keine Drehung in der Raumzeit, die aus einem roten ein blaues Quark macht. Lorentz-Trafos lassen die Farben der Quarks unverändert. Umgekehrt ändert die Transformation der Farben der Quarks nicht deren Bezugssystem. Wäre ja auch noch schöner, wenn man durch das Beschleunigen eines Quarks (Elektrons) plötzlich dessen Farbe (Ladung) ändern könnte - oder?
Nun heißt das Thema aber (Super)Symmetrie, d.h. irgendwie muss da noch was sein. Coleman und Mandula haben nämlich was übersehen, und das hat etwas mit den Kommutatoren zu tun. Man kann tatsächlich weitere Symmetrien finden, die sich auf nichttriviale Weise mit der Poincare-Symmetrie kombinieren lassen - und das sind sogenante Supersymmetrien.
Damit geht's dann demnächst weiter ...