Das Blockuniversum hab ich hier ja schon mehrfach diskutiert. Ich weiß nicht, inwieweit du das damals verfolgt hattest. Tom meinte dazu, dass sich diese Sichtweise nicht zwingend aus der ART ergibt, dass man das Universum auch innerhalb der ART bzw. völlig verträglich mit dieser, auch anders beschreiben kann, denn als einen 4D-Raumzeitblock und die Sache daher auch dann nicht entschieden ist, wenn man nur die ART berücksichtigt.
Die Argumentationslinie beim Blockuniversum ist klar:
Wenn es keinen Unterschied zwischen Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft gibt, wenn der nur scheinbar für den Beobachter existiert, wenn es stattdessen nur einen unveränderlichen 4D-Raumzeitblock gibt, dann kann es auch keinen freien Willen oder irgendwelche Handlungsoptionen geben, weil die Zukunft genau wie Vergangenheit und Gegenwart schon unveränderlich existiert, also feststeht. Es gibt hier keinen wirklichen Unterschied zwischen diesen dreien.
Nur in unserer Wahrnehmung wäre das dann scheinbar so, was allerdings auch wieder zu logischen Problemen führen würde, denn unsere Wahrnehmung ist ja nichts vom Unversum Getrenntes, sondern muss als Teil davon aufgefasst werden. Und diese ist auch nichts Unwirkliches, sondern etwas, das auch objektiv gesehen als existierend aufgefasst werden muss; es fällt schwer hier zu erklären, wo denn dann dieses "scheinbare Bewegungsmoment" in unserer Wahrnehmung herkommen sollte, wenn es doch absolut nirgends irgendeine Bewegung im (Block-)Universum geben kann?
Anders gesagt:
Das Blockuniversum hat ein Problem mit der realen Existenz von Beobachtern in diesem Universum: Reales Beobachten erfordert zwingend reale Bewegung/Veränderung/Zeit. Gäbe es das nicht, also auch keine wirklichen Beobachtungen, wie könnte man dann behaupten, dass irgendeine unserer Theorien, die ja alle auf Beobachtungen fußen, irgendeine glaubhaft-reale Aussage über das Universum machen würde?
Man muss bei dem Thema wieder einmal aufpassen, dass man sich am Ende nicht selber negiert, denn das führt in logische Zirkel:
Wenn der Mensch theoretisiert und am Ende dabei herauskommt, dass er selber gar nicht existiert, also auch nicht theoretisiert, dann ergibt sich ein Problem, denn dann existiert auch die Theorie, die diese Aussage trifft, nicht, also auch die Aussage, dass er nicht existiert, nicht.
Das Thema ist wie gesagt schwierig und weitläufig.
Man kann z.B. auch die Auffassung infrage stellen, dass es in dem Sinne überhaupt ein ganzes Ding "das Universum" gäbe.
Wenn es stattdessen nur Einzeldinge wirklich gibt (wovon sich jedes eben so entwickelt, wie es das tut, was man dann als "Zeit" oder "Eigenzeit" abstrahieren kann, jedes hat dann seine eigene Zeit) und "das Universum" nichts anderes als ein gedankliches Konzept bzw. Konstrukt unsererseits wäre, dann wäre das Problem auch umgangen.
(Der bekannte Philosophieprofessor Markus Gabriel verfolgt diesen Ansatz, siehe z.B.:
https://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/d ... 1.18096629 Interessierte finden auch Vorträge z.B. auf YT von ihm.)
Diese Geschichte halte ich für interessant, denn evtl. ist es schon ein Irrweg zu glauben, man könne tatsächlich schlichtweg alles, was es gibt, durch eine einzige Perspektive erfassen und hinreichend erklären (-> "Theorie von allem", etc.). Ich wär da jedenfalls vorsichtig.
Dasselbe kann man auch mit der Zeit machen, indem man behauptet, dass "Zeit" nichts anderes als ein gedankliches (Hilfs-)Konstrukt unsererseits ist, das es real als Gesamtheit (Universalie) gar nicht gibt, dass es real einfach nur Bewegungen (von Einzeldingen) gibt. Auch dann fällt das "Blockuniversum-Problem" in sich zusammen, weil es davon ausgehen muss, dass es ein klar bestimmtes, objektives Ganzes "von allem" mit ganzheitlichen Eigenschaften "von allem" wirklich gäbe.
Außerdem steht da noch die Quantenmechanik im Raum:
Wenn man das Blockuniversum als real ansehen möchte, dann muss man -soweit ich das sehe- zwingend auch die vielen Welten der VWI der QT als real gegeben ansehen (oder ein analoges Konzept), denn wenn man z.B. Kopenhagen als gegeben annehmen würde, dann könnte es schon prinzipiell keine vollständige Vorherbestimmtheit der Zukunft geben, also auch keinen schon fertig existierenden 4D-Raumzeitblock.
Und im Falle der VWI wirds eben auch schwierig, weil das dann WAS ist? Ein n-dimensionaler Block? Man weiß nicht, wo das ein Ende nehmen sollte, das klingt jedenfalls dann schon recht inflationär, also auch alles andere als problemfrei.
Das mit dem "freien Willen" geht darüber hinaus, denn selbst wenn es eine Mischung aus Determiniertheit plus echten Zufall gäbe, also eine wenigstens teilweise unbestimmte Zukunft, so wäre mit diesen beiden noch nichts sichergestellt, das man "freien Willen" nennen könnte.
Denn dann wären alle Entwicklungen, Handlungen, Ereignisse eben entweder determiniert oder zufällig oder eine Mischung davon, ein "Wille" käme da nicht vor.
"Wille", "Absicht", "Grund", usw. sind allerdings auch Konzepte, die in der Physik
von vorne herein ausgeschlossen sind, dort schon
per Definition nicht vorkommen, also von ihr gar nicht betrachtet werden
können, auch dann nicht, wenn es sie wirklich gäbe.
Das darf man auch nicht vergessen, sonst landet man auch leicht in logischen Zirkeln.
Auch diese Geschichten wurden hier im Forum schon weitläufig diskutiert, denn auch dort kann man sich noch Alternativen vorstellen, die jetzt nichts mit Esoterik zu tun hätten, sondern mit unterschiedlichen "im Voraus"-Perspektiven und -Konzepten. Entscheidend ist hier außerdem auch, was man sich unter einem "freien Willen" vorstellt. Es gibt auch Definitionen davon, die auch mit einer vollständig determinierten Welt verträglich sind, auch wenn ich diese selbst nicht besonders überzeugend bzw. befreidigend finde.
Und zuletzt noch:
Es ist ein Unterschied zu fragen, ob die Zukunft festgelegt ist und zu fragen ob, falls sie festgelegt wäre, irgendjemand diese Zukunft auch vorhersagen könnte bzw. sie wissen könnte, bevor sie erscheint.