In den Naturwissenschaften, schließt man von empirischen, mit Unsicherheiten behafteten Fakten auf allgemeingültige Naturgesetze. Der Schluss erfolgt zwischen wesensverschiedenen Entitäten, nämlich von empirischen Fakten auf eine allgemeines Gesetz. Der Schluss ist dabei letztlich eine Hypothese, die durch kritische Tests mit dem Ziel der Falsifikation überprüft wird.
In der Mathematik schließt man von einer endlichen Anzahl mathematischer, sicherer (*) Fakten auf unendlich viele ebenfalls mathematische und genauso sichere Fakten. Der Schluss erfolgt zwischen wesensidentischen Entitäten, nämlich von mathematischen Fakten auf mathematische Fakten.
Der Schluss ist dabei für jede beliebige Anwendung der Induktion keine Hypothese sondern ein strenger Beweis, der weder durch kritisches Hinterfragen geprüft werden muss noch kann (eine empirische Prüfung ist in der reinen Mathematik i.A. prinzipiell unmöglich, in vielen Einzelfällen nur für eine endliche Aussagenmenge möglich, daher jedoch irrelevant). Die Frage, ob der Beweis einen Fehler enthält ist eher technischer jedoch nicht prinzipieller Art; das wahre Problem liegt wo anders:
In der Mathematik steckt das Problem in der Annahme der Gültigkeit des Induktionsaxioms, wobei die Widerspruchsfreiheit der Peano-Axiome prinzipiell nicht bewiesen werden kann. Während in den empirischen Naturwissenschaften das Induktionsproblem für jede einzelne Fragestellung gesondert betrachtet und durch die Poppersche Methode angegangen werden muss und - für die Physik in diesem popperschen Sinne - auch für jede einzelne Fragestellung beantwortet werden kann, ist das Induktionsproblem in der Mathematik eine einzige, für jede beliebige Fragestellung identische Problematik - nämlich die Gültigkeit des Induktionsaxioms - und kann insofern für keine einzige Fragestellung beantwortet werden; außerdem entzieht sich die Fragestellung jeder empirischen Testbarkeit.
Das Induktionsproblem in empirischen Naturwissenschaften sowie in der Mathematik sind völlig unterschiedlich gelagert - s.o. In der Mathematik entzieht es sich prinzipbedingt der Popperschen Methode.
Nein - und zwar nach Gödel et al. beweisbar.
Dies ist ein technisches Detailproblem, jedoch nicht das prinzipielle Problem der Mathematik. Und es hat nichts mit dem prinzipbedingten Induktionsproblem zu tun.seeker hat geschrieben: ↑12. Okt 2018, 14:47Genauso bei mathematischen Konstruktionen und Beweisen:
Jemand stellt einen Beweis vor, andere prüfen den, wenn genügend Leute ihn geprüft haben und keinen Fehler finden konnten, akzeptieren wir ihn und behaupten, dass er bezüglich seines mathematischen Rahmens in zeitloser und absolut-objektiver Weise richtig sei. Das kann so sein, aber wissen können wir das gar nicht 100%ig: Dieser Vorgang der wiederholten Prüfung durch unabhängige Prüfer ist Reproduktion und das ist wiederum ein Mittel der Empirie und deshalb gelten hier letztlich auch die Einschränkungen wegen des Induktionsproblems genauso wie in der Physik: Wenn 1000 Leute einen math. Beweis geprüft haben und keinen Fehler darin gefunden haben, dann schließt das nicht 100%ig aus, dass der 1001ste Prüfer nicht doch noch einen Fehler darin finden kann.
Selbst wenn man die Mathematik vollständig formalisieren würde und durch Anwendung der Gödelisierung formale Beweise konstruieren bzw. testen würde - was prinzipiell möglich jedoch kaum praktikabel ist - erreicht man aufgrund der o.g. Gründe kein gesichertes mathematisches Wissen.
M.E. geht der Vergleich zwischen empirischen Naturwissenschaften und der formalen Mathematik fehl; er ist unzulässig.