Hallo zusammen,
Zur Rechtfertigung der Ideen bzgl. Mini-BHs und Hawking-Strahlung eine kurze Zusammenfassung dessen, was ich hier schon geschrieben habe.
Ich hab ziemlich zu Beginn dieses Threads die drei Zugänge (Hawking, Schleifenquantengravitation, Stringtheorie) verglichen und folgende Schlussfolgerung daraus gezogen:
Alle drei Ansätze zusammen zeigen, dass man irgendwie auf dem richtigen Weg ist, jedoch ist keiner für sich alleine wirklich vollständig.
Außerdem
Theorien der Quantengravitation werden immer wieder daran gemessen, ob sie den Effekt der Hawkingstrahlung reproduzieren. Man muss natürlich betonen, dass diese nicht experimentell bestätigt ist - und evtl. nie werden wird :-)
Also eine Quantengravitationstheorie, die keine Hawkingstrahlung voraussagen würde, würde wohl eher auf Ablehnung stoßen, ist aber noch nicht nachweislich falsch!
Zur Gültigkeit der Abschätzung von Hawking habe ich auch schon geschrieben, dass diese wohl nicht beliebig extrapolierbar ist:
Zusammenfassend heißt dies, dass die Extrapolation von großen zu Mini-BHs sicherlich unterhalb einer bestimmten Masse zusammenbricht.
Ich hoffe, daraus wird klar, wie skeptisch ich diesen Ideen insgs. gegenüberstehe. Ich nehme das keineswegs alles für bare Münze.
Zur Messbarkeit der Hawking-Strahlung:
Ja, wie Gravi sagt, für die BHs, wo man sie guten Gewissens glauben kann, ist sie sicher wesentlich schwächer als die Strahlung aus den Akkretionsscheiben, sogar deutliche schwächer als die 2.7 Kelvin-Hintergrundstrahlung!
Zum Informationsverlust:
Laut den ursprünglichen Berechnungen von Hawking ist die Strahlung rein thermisch, d.h. die Information der ins BH gesogenen Materie geht tatsächlich verloren. Hawkings Berechnung ist aber an dieser Stelle unvollständig, da er die Materie quantenmechanisch behandelt, das BH aber nicht. Neuere Berechnungen auf Basis der Stringtheorie sowie der Schleifenquantengravitation (hab’ ich ebenfalls hier kurz erwähnt) machen einen mikroskopischen Ansatz für die BHs und können auf Basis der elementaren Freiheitsgrade ein mikroskopisches Modell der Entropie ableiten. Laut neuen Berechnungen der Schleifenquantengravitation ist zudem die Strahlung nicht rein thermisch, sondern es gibt ein mehr oder weniger deutlich ausgeprägtes Linienmuster. Diese Emissionslinien zeigen die Übergänge zwischen verschiedenen Mikrozuständen im BH an. Demnach würde die Mikrostruktur des BHs die Information kodieren und (im Falle einer Emission) auch über die Strahlung wieder abgeben. Sicher – das ist alles erst mal Spekulation – aber wenn sich die Theorie der Schleifenquantengravitation mittels anderer Effekte und Experimente erhärten lässt, dann wäre das ein deutlicher Hinweis darauf, dass es eben keinen Informationsverlust im BH gibt. Man ist sich (Hawking eingeschlossen) auch darin einig, dass es diesen Informationsverlust nicht geben darf, da er auf ein prinzipielles Versagen der Quantenmechanik hindeuten würde.
Alle heutigen Ansätze zur Quantengravitation, Stringtheorie usw. – so unterschiedlich sie im Einzelnen auch sein mögen – setzen dennoch voraus, dass die Grundaxiome der Quantenmechanik weiterhin gültig bleiben, und die schließt Informationsverlust definitiv aus!
Zu den Bedenken bzgl. der BHs am LHC:
Ich hab’ versucht klar zu machen, dass dies kein grundsätzlich neues Experiment ist, sondern dass man bereits Erkenntnisse aus der kosmischen Strahlung hat
Zur Erzeugung der BHs am LHC bzw. in der Lufthülle aufgrund hochenergetischer Protonen oder Antiprotonen:
Entweder gibt es die BHs aus der kosmischen Strahlung bereits heute, dann hat man sie noch nicht als solche entdeckt und somit sind sie als BHs selbst unkritisch. Demnach sind die BHs am LHC natürlich erst recht ungefährlich, da sie ja entsprechend weniger energiereich sind. ...
Oder es gibt die BHs aus der kosmischen Strahlung nicht, weil die Energie zur Erzeugung nicht ausreicht - dann gibt es sie am LHC erst recht nicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Mensch heute nicht in der Lage ist, ein Hochenergie-Experiment durchzuführen, das die Natur nicht bereits vorher „durchgeführt“ hat. Der Unterschied ist lediglich die genauere Messbarkeit sowie die bessere Statistik aufgrund der häufigeren Ereignisse.
Zum LHC:
Grundsätzlich ist zum LHC zu sagen, dass es nicht seine zentrale Aufgabe ist, BHs zu erzeugen, sondern dass man auf der Suche nach ganz anderen Effekten ist, insbs. Ergänzungen und/oder Erweiterungen des Standardmodells, z.B. Supersymmetrie und insbs. Higgs-Bosons. Die Mini-BHs, die ja eine ganz spezielle Variante der Stringtheorie voraussetzen, sind sicher eher ein Nebenkriegsschauplatz, der teilweise etwas aufgebauscht wird.
Was man am CERN testen möchte, habe ich ja an anderer Stelle schon beschrieben:
„Grenzbereiche => 2008 - Was gibt’s neues am LHC?“
Die Vorgehensweise beim LHC entspricht der üblichen Vorgehensweise bei einem Beschleunigerexperiment einer neuen Generation.
Wenn man grundsätzlich Sinn, Legitimation oder Zulässigkeitder der Grundlagenphysik in Frage stellt, dann muss man CERN natürlich ablehnen. Aber das ist kein Standpunkt, den ich hier diskutieren möchte – wenn, dann in einem anderen Thread.
Zum Preis für den guten Prof. Hawking:
Er kann den Preis sicher erst dann bekommen, wenn „seine“ Strahlung (evtl. mit Modifikationen) in einem Experiment zumindest indirekt nachweisbar ist – dies ist ggw. leider nicht absehbar.