Frank hat geschrieben: ↑12. Feb 2021, 18:34
Etwa 1000 Jahre braucht »Farfarout« den Berechnungen zufolge, um die Sonne zu umkreisen. Jedes Mal kreuzt es dabei die Umlaufbahn des Neptuns. Der Riesenplanet und seine Anziehungskraft könnte der Grund für die so große und lang gestreckte Bahn von »Farfarout« sein, vermuten die Astronomen. Der Fund lässt auf weitere Entdeckungen im äußeren Sonnensystem hoffen.
https://www.spektrum.de/news/sonnensyst ... id/1833871
Hallo Frank,
ich fürchte, für den FarFarOut, der nun wenigstens einen "Namen" bekommen hat (2018 AG
37), gilt dasselbe, was ich damals schon über den FarOut
geschrieben habe:
ich bin extrem verwundert, dass dieses Objekt bereits jetzt im MPC gelistet wird: es handelt sich um einen Zentauren mit einer absoluten Helligkeit von 3.6 mag ! Die absolut-hellsten Zentauren finden sich im 6 mag-Bereich !
Zudem liegen 11 Beobachtungsdaten vor, und zwar in einem Zeitraum seit dem 10.November 2018, also gerade mal wenige Wochen. Und das bei einem Abstand von 120 AU ! Bei einem Abstand von 80 AU dauert es üblicherweise 3 Jahre, ehe man brauchbare Bahndaten zusammen hat.
Also nein: diese Daten werden noch eine erhebliche Korrektur erfahren und ich gehe wohl kein Risiko ein, wenn ich schon an dieser Stelle feststelle, dass sie grottenfalsch und das Resultat einer Sensationspresse sind.
Tatsächlich wurde dessen Bahn inzwischen genauer bestimmt und es stelle sich (wenig überraschend ...) heraus, dass es sich beim FarOut um ein Scattered Disk Object handelt, also mit einem Perihel
grösser ~30 AU. Solche gibt es massenhaft, sie sind ganz normale Planetoiden und natürlich werden sich auch einige von denen in den entfernteren Bahnpunkten aufhalten.
Beobachtungstechnisch sind beide ganz zweifelsohne eine
Meisterleistung, aber so unsichere (und falsche) Bahnen sollte man noch nicht im MPC veröffentlichen.
Auch der FarFarOut, der übrigens kurz nach dem FarOut entdeckt worden war, ist zwar etwas kleiner, aber immer noch viel zu gross für einen Zentaur und wird vermutlich ebenfalls ein Scattered Disk Object sein. Wobei ein Perihel von ~26 AU möglicherweise in einem Übergangsbereich liegt, in dem solche Objekte noch gerade möglich sind; die typischen Zentauren haben eigentlich etwas tiefere Perihele.
Wie auch immer: hier sei noch Zurückhaltung betreffend der Bahn empfohlen, was bei einer uncertainty von 9 auch geboten ist, dies trotz bereits 3 Jahre andauernder Beobachtungen. Diese Planetoiden sind
weit entfernt und da bewegen sie sich nur sehr langsam vor dem Sternenhintergrund und entsprechend ist es sehr schwer, hier gute Bahndaten zu ermitteln. - Und bei einer minimalen Änderung der Exzentrizität können sich völlig andere (im konkreten Fall höhere und damit auch sinnvollere) Werte für das Perihel ergeben.
Die beiden High Perihelion Objekte 2020 KY
11 und 2020 KX
11 sind nun auch schon seit einiger Zeit beim
MPC gelistet; da wird aus einem Beobachtungszeitraum von 2 Tagen (!!!) auf eine uncertainty von 3 (!!!) geschlossen.
Immerhin hat es das MPC (Minor Planet Center) bereits erreicht, dass es auf der Wikipedia nicht mehr als Referenz akzeptiert wird, und so etwas ist für die
offizielle Stelle weltweit für Kleinplaneten schon ein wenig peinlich. - Nicht jeder sieht solchen Daten auf den ersten Blick an, dass sie unbrauchbar sind.
Frank hat geschrieben: ↑12. Feb 2021, 18:34
Bin echt mal gespannt, ob man eines Tages echt noch den großen Wurf macht und Planet 9 da draußen findet?
Der "Planet Nine" wird noch mindestens dreimal weiter entfernt vermutet, und in solchen Abständen eine Bahn zu ermitteln ist dann nochmals langwieriger.
Wobei daran erinnert sei, dass der Planet Nine zwar konsistent zur Gruppierung einer Bahnparameter sogenannter extremer KBO ist, aber leider eben auch inkonsistent zur Häufigkeit eines gewissen detached objects-Typs mit Perihelen im 45-55 AU-Bereich ist. Nachzulesen in den Papers zum
Planet Nine und den Entdeckungspapern von
(541132) Leleakuhonua und von
2015 BP519 ("Caju") einerseits sowie dem
Entdeckungspaper von 2013 SY
99 andererseits. Auf dieser Seite der Waagschale befnden sich übrigens auch die Planetoiden (474640) 2004 VN
112, 2010 GB
174 und 2014 SR
349. Nicht ohne Freude nehme ich übrigens zur Kenntnis, dass Professor Brett Gladman, den ich kürzlich wegen irregulärer Uranusmonde angeschrieben habe, einer der Co-Autoren dieser Arbeit ist. - Betreffend der irregulären Uranusmonde ist er zwar Autor, besitzt aber nicht die Rechte auf seine
eigenen Artikel, die nicht frei einsehbar sind; er ist aber der Meinung, dass ich zusammenfassende Darstellungen hier im Forum problemlos mitteilen kann.
Frank hat geschrieben: ↑12. Feb 2021, 18:34
Und ob es vielleicht der fehlende dritte Eisriese ist, der damals als "Bauernopfer" für Jupiter und Saturn herhalten musste, als sie ihren Weg in äußere Sonnensystem antraten. (Ja ist nur eine Theorie)
Mit der Wortwahl Theorie wäre ich hier zurückhaltend; man hat festgestellt, dass sich die Wahrscheinlichkeit auf etwa 10% erhöht, dass sich ein Sonnensystem wie man es heute vorfindet gebildet hat, wenn man einen solchen
zusätzlichen 5.Grossplaneten annimmt, der dann nach aussen (weg-)migriert ist (
paper); ohne die Annahme eines solchen zusätzlichen 5.Grossplaneten ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel tiefer.
Freundliche Grüsse, Ralf