seeker hat geschrieben: ↑27. Mär 2018, 09:41
Ich glaube, die meinen damit die Gesamtzahl, die von der Erde prinzipiell überhaupt mit der uns verfügbaren Technik beobachtbar sind.
Man muss bedenken, dass Oort Cloud Objekte im Vergleich zu den Planeten extrem weit entfernte sehr kleine Objekte sind, die -solange sie dort sind- für uns auch mit der besten Technik nicht beobachtbar sind. Ein "weites Hineinfallen ins Sonnensystem" wär für so ein Objekt ja schon, wenn es bei seiner nähesten Annäherung bis zum Neptun käme. Ich weiß nicht, wie weit ein solches Objekt mindestens ins Sonnensystem hineinkommen muss um beobachtbar zu werden. Wie nah muss es kommen, um einen Schweif zu bilden, weiß das einer von euch? Es wird doch wohl deutlich näher sein als ein Abstand vergleichbar der Neptunbahn?
Hallo seeker,
zu Deiner Frage mit der Koma bzw. dem Schweif: die meisten Kometen können erst dann eine Koma bilden, wenn sie ungefähr die Jupiterbahn kreuzen, also im Sonnenabstand von 5 AU.
Zur möglichen Entdeckbarkeit von Körpern, so wollen wir einmal den Kuipergürtel betrachten. Vor 2 Jahren habe ich mir die Frage gestellt, welche Kuipergürtel-Planetoiden und Zwergplaneten vom Kuipergürtel von der Erde aus gesehen unter optimalen Bedingungen am hellsten sind. Der Einfachheit halber habe ich alle diese Objekte in ihr Perihel gestellt und auch bei den Bahnneigungen zur scheinbar helleren Seite hin vereinfacht, also i<90° habe ich zu i=0 gesetzt und i>90° habe ich zu i=90° gesetzt.
Da Kuipergürtel-Planetoiden meist auch "Kometen" sind, ist noch zu berücksichtigen, dass man absolute Helligkeiten verwendet, die
nicht während eines Outburst ermittelt wurden; konkret betroffen sind hier nach heutigem Kenntnisstand die beiden Zentauren Chiron und Echeclus.
Dann habe ich mit Hilfe der Daten vom Minor Planet Center deren optimale scheinbare Helligkeit berechnet und der Reihenfolge nach sortiert. Hierbei ist zu beachten, dass der Durchmesser zwar mit dem Quadrat einfliesst, jedoch der Abstand die scheinbare Helligkeit
in der 4.Potenz verringert. Und 4.Potenz – das ist viel !!
Ein ganz gutes Gefühl für die scheinbaren Helligkeiten und die Abstände gewinnt man, wenn man sich einmal die "Top 10" anschaut.
Dort findet man drei Typen Kuipergürtel-Planetoiden:
Erstens die meisten grossen Zwergplaneten, also solche mit über 1000 km Durchmesser, insbesondere auch den Pluto und die Eris mit über 2000 km Durchmesser. Und zwar dann, wenn deren Perihel kleiner als 40 AU ist, also ein Drittel weiter draussen als dasjenige des Planeten Neptun. Somit landen der Quaoar und die Sedna nicht in den Top 10, die übrigen 6 "Grossen" schaffen es.
Zweitens die grossen Zentauren, sofern ihr Perihel maximal geringfügig ausserhalb der Saturnbahn (!!) liegt, also Perihelia <~ 12 AU.
Und drittens mittelgrosse Zentauren, sofern ihr Perihel weniger als 7 AU beträgt, also näher als der Mittelpunkt zwischen Jupiter- und Saturnbahn.
Insbesondere schafft es der grösste Zentauer Chariklo nicht in die Top 10; sein Perihel liegt bei 13.1 AU.
Ohne es im Detail nachrechnen zu wollen wird es also nicht ganz einfach sein, einen kleinen Kometen, der sich ausserhalb der Saturnbahn befindet, zu entdecken. Und das sind 10 AU und nicht 30 AU, wo man den Neptun antrifft. Und der "normale" Kuipergürtel befindet sich
jenseits der 30 AU-Marke. Solche berechnungen helfen einem, ein bisschen mehr
Demut vor den Dimensionen unseres Sonnensystems zu gewinnen, denn in der Presse wird oft der Eindruck vermittelt, dass der Bereich unseres Sonnensystems bis 100 AU bestens bekannt sei. Und dem ist
nicht so !! Wenn man sich das vergegenwärtigt, dürfte auch verständlicher werden, warum man den möglichen Planeten Nine noch nicht gefunden hat, denn der wird nochmals deutlich weiter draussen jenseits der ~500 AU-Marke vermutet, ein Bereich, in dem auch die Eigenbewegungen der Körper deutlich kleiner ist.
Hierzu noch zwei "aktuelle" Ergebnisse:
Der Halley'sche Komet, der rund 16 km Durchmesser hat, wurde letztmals im März 2003 gesehen und kann mit denselben Methoden auch in seinem Aphel (35 AU), welches er im Dezember 2023 erreichen wird, gesehen werden,
Der Hale-Bopp'sche Komet, der über 50 km Durchmesser haben dürfte und somit die Grösse eines mittelgrossen Zentauren aufweist, befand sich im März 2001 in einer Entfernung von 13 AE, also jenseits der Saturnbahn, und zeigte noch eine Koma. Und im Januar 2005 war er 21 AU entfernt, befand sich also jenseits der Uranusbahn, und besass immer noch einen kleinen Schweif. Wobei man das noch überprüfen sollte: ich hätte es umgekehrt erwartet, also Schweif bis 13 AU und Koma auch noch in grösserer Entfernung.
seeker hat geschrieben: ↑27. Mär 2018, 09:41
Was meint ihr?
Welche Vermutungen und Gedanken kommen euch zu nahen Begegnungen noch in den Sinn?
Ich möchte mich an diesen Vermutungen nicht beteiligen, sondern die Diskussion lieber mit bekannten Fakten ergänzen.
Freundliche Grüsse, Ralf