positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
Eine Massenproduktion für Milliarden Menschen braucht man natürlich nicht, aber gerade in den Bereichen, die dort kommerziell betrieben werden sollen, reicht ein Rapid Prototyping nicht aus. Betreibt man auf Mond oder Mars Bergbau für die Erde, dann muss man dort vergleichbar große Mengen der nötigen Maschinen und Ersatzteile herstellen, wie hier auf der Erde. Andernfalls konnte man ja nur Kleinmengen an Rohstoffen für hier gewinnen.
Wenn man hingegen nur einen kleinen Außenposten betreiben und am Leben halten will, ist das natürlich etwas anderes. Dann sind die Rahmenbedingungen anders. Ressourcenschonendes Wirtschaften steht dann nicht im Vordergrund.
An Bergbau für die Erde hatte ich nicht gedacht, ich gebe dir Recht, dass das noch einmal ein anderes Szenario wäre.
Der Gedankengang ist ja der folgende:
Wenn wir an interstellare Raumfahrt ernsthaft denken wollen, dann muss zunächst einmal die Raumfahrt im Sonnensystem ausgebaut werden.
Dazu ist es notwendig die Kosten bzw. den Aufwand erheblich zu senken.
Dazu wäre es vor allen Dingen von Vorteil, wenn man Raumfahrzeuge im Wesentlichen vom Mond aus starten könnte, wegen der dort geringen Schwerkraft.
Dazu wäre es notwendig diese Raumfahrzeuge im Wesentlichen auch dort herzustellen.
Dazu bräuchte man eine sehr große Basis mit kompletter Infrasturktur und Industrie auf dem Mond.
Um so etwas auf dem Mond zu installieren könnte man nun vorschlagen, alles Nötige von der Erde dort hochzukarren und dann dort zusammenzubauen.
Man käme dann aber vielleicht darauf, dass dafür z.B. 500.000 Raketenstarts vom Format einer Saturn V verteilt auf 50 Jahre notwendig wären.
Das ist viel zu aufwendig, so geht es nicht.
Nächste Idee:
Dann schaffen wir nur die Produktionswerkzeuge zur Herstellung einer Energieversorgung und Industrie dort hoch, den Rest machen wir dort über Bergbau, Produktion, usw., auch wenn es dann länger dauert. Man käme dann vielleicht aber immer noch auf z.B. 200.000 notwendige Raketenstarts vom Format einer Saturn V verteilt auf 100 Jahre.
So geht es auch nicht.
Nächste Idee:
Dann fangen wir eben sehr klein an, wir bauen zunächst nur eine kleine Mondbasis für wenige Menschen auf konventionellem Wege auf, dafür brauchen wir vielleicht nur 100 Raketenstarts verteilt auf 10 Jahre.
Alsdann minituarisieren wir alles soweit wie möglich und passen die gesamte Prosduktionskette darauf an, schaffen nur Technik hoch, die dort nur keine Mengen produziert, die aber zu einem großen Teil fast selbsttätig durch Replikation wachsen kann.
Dafür brauchen wir vielleicht nur weitere 100 Raketenstarts verteilt auf 10 Jahre, danach vielleicht nur noch 5 weitere Raketen pro Jahr für Spezialgüter und den Austausch der kleinen Astronautencrew, die alles überwachen soll.
So müsste es gehen, mir erscheint das plausibel.
Deshalb:
positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
Wozu 3D-Druck. Wenn man ohnehin vollautomatische Dreh-Fräs-Zentren aufbaut, dann kann man die Werkstücke gleich komplett subtraktiv fertigen, statt erst additiv und dann mit der sonst üblichen subtraktiven Technik fertig zu stellen. Man würde nur Maschinenstunden auf den klassischen Maschinen sparen, dafür hätte man aber einen wesentlich höheren Aufwand bei der Rohstoffproduktion - es dürfte wesentlich einfacher sein, Rohmaterial in althergebrachter Form herzustellen (Stangen, Platten...) als feinkörniges 3D-Druck-Material.
Eben das glaube ich nicht. Zur subtraktiven Fertigung brauchst du Rohware, Halbzeuge, große Metallblöcke, Bleche, usw.
Um das herstellen zu können brauchst du eine Schwerindustrie, also sehr große Fabriken, Hochöfen, Schmelzen, Gießereien, Schmieden, Walzwerke, usw.
Eben das wäre schon am Anfang alles andere als klein, deshalb ist das kein guter Weg, so etwas kann man am Ende des Prozesses erst aufbauen, wenn schon eine leistungsfähige Infrastruktur anderer Art steht.
Wir dürfen bei dem Vorhaben nicht in den Bahnen denken, wie man etwas auf der Erde am besten bewerkstelligt, auf fremden Himmelskörpern sind die Randbedingungen völlig anders, was bei uns gut ist kann dort völlig abseits des Machbaren sein.
Deshalb sind gerade 3D-Drucker dort von Vorteil, weil sie klein sein können und weil sie von der grundlegenden Technik im Grunde einfach aufgebaut sind und weil sie sehr vielseitig einsetzbar sind, das fängt schon bei der Ersatzteilbeschaffung an: Wenn du die Grundmaterialen (z.B. Pulver, Granulat, Flüssigkeit, etc.) für einen Druck hast, dann brauchst du nicht 1 Million Ersatzteile vorrätig halten, das spart sehr viel Material, Aufwand und Lagerplatz.
Sie wären natürlich nur ein Baustein, auch alles andere drum herum müsste im Miniformat, schon mit kleinen Mengen und möglichst einfach funktionieren.
Wachstum entsteht dann durch Vervielfältigung der kleinen Maschinen. Ich denke das ist der beste wenn nicht der einzig gangbare Weg.
positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
D.h. man wird sich wohl auf Selektives-Laser-Sintern und Selektives-Laser-Schmelzen konzentrieren.
Ich glaube, man wird den Metalleinsatz so weit als möglich minimieren, Kunststoffe und Keramiken/anorganische Stoffe einsetzen wo immer möglich.
Und auch beim Metall ist der 3D-Druck im Vorteil: Man kann damit sehr materialsparende also Masse- und Gewichts-sparende Strukturen bauen, die mit keinem anderen Verfahren möglich sind.
positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
D.h. man wird sich wohl auf Selektives-Laser-Sintern und Selektives-Laser-Schmelzen konzentrieren. Beide Verfahren, besonders natürlich letzteres ist mit hohem Energieeinsatz verbunden, weil das gesamter Material aufgeschmolzen wird, und das muss wieder abkühlen. Das ist eine prinzipielle Grenze. Und Selektives-Laser-Sintern führt eben nicht sicher zu einem einheitlich geschlossenen Werkstück.
Auch wird nach dem Auf-/Anschmelzen prinzipbedingt immer Korn ankleben, das nichts am Werkstück zu suchen hat - Nachbearbeiten wird daher m.M.n. immer nötig sein, wenn es auf die Oberflächengüte ankommt.
Damit könnte man aber leben, so lange das zu 99% von alleine läuft und wächst. Und die Standardprozesse unserer Schwerindustrie zur Metallherstellung sind ja auch nicht gerade energiesparend. Spezialbauteile wie hochpräzise Metalldichtringe und Computertechnik, usw. könnte man von der Erde einführen, das wären keine großen Mengen/Massen, also wären da nur wenige Raketenstarts von der Erde aus erforderlich. Metalle könnte man auf dem Mond durch Elektrolyse oder durch Herbeischaffung von Asteroidenmaterial gewinnen (viele Asteroiden haben den Vorteil, dass die dortigen Metalle in gediegener Form also nicht als Oxid vorliegen, noch dazu in hoher Konzetration/Reinheit, das würde den Energieaufwand bei der Weiterverarbeitung ganz erheblich reduzieren). Energie kann man mit Solarzellen oder atomar bereitstellen, gerade mit Solarzellen lässt sich das klein anfangen und stetig ausbauen, das ist ein Vorteil. Und sie müssen auch nicht auf fertigungstechnisch sehr aufwändiger High-Tech-Si-Wafertechnik beruhen, da gibt es inzwischen noch ganz andere Möglichkeiten, man kann auch das drucken.
Beispiel:
http://www.pro-physik.de/details/news/6 ... biler.html
http://www.pro-physik.de/details/news/1 ... _sein.html
Organische Solarzellen sind dann auch noch in der Mache.
Und es gibt auch Verfahren, die auf dem Mond leichter gehen als auf der Erde, z.B. die ganzen Vakuumverfahren, das Vakuum bekommst du dort oben geschenkt, das spart dort unglaublich viel Energie und apparativen Aufwand, Staubfreiheit ist auch leichter erreichbar.
positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
Bestimmt wird sich viel tun. Ich bin aber gerne skeptisch.
Das ist auch gut so. Und du hast sicher Recht, dass alles seine Grenzen hat. Nur sehe ich in Kombination von all dessen, was gerade in der Mache ist, dass man schon sehr pessimistisch sein müsste, um nicht zu glauben, dass so ein Szenario wie eine ausgedehnte Mondbasis incl. Infrastruktur spätestens in den nächsten 100-200 Jahren mit sehr vertretbarem Aufwand möglich sein wird.
positronium hat geschrieben: ↑6. Mär 2018, 17:39
Und wenn ich bedenke, wie viele hochqualifizierte Spezialisten es hier auf der Erde gibt und nötig sind, um gute Technik zu bauen, dann frage ich mich schon, wie schnell all' das fast vollständig durch Maschinen ersetzbar sein wird.
Es müsste ja gar nicht unbedingt vollständig sein. Wenn nur noch eine Hand voll Astronauten so einen Aufbauprozess auf dem Mond überwachen müssten, dann würde das völlig ausreichen. Und vieles könnte man auch über Fernwartung/Fernsteuerung/Fernüberwachung machen.
Genau so etwas werden wir auch auf der Erde sehen - und zwar noch in diesem Jahrhundert, wahrscheinlich innerhalb der nächsten paar Jahrzehnte: Fast vollautomatische, selbstwartende große Fabriken, wo im Produktionsprozess selbst nur noch eine Handvoll Leute arbeiten werden.