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Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftstheorie bzw. -philosophie, Technik

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 16. Nov 2017, 17:09

Ich denke, ich verstehe deinen Standpunkt schon, wirklich mit Gewissheit widerlegbar wird das auch nicht sein, aber dennoch...
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
die physische Welt ist zu einem logisch konsistenten, formalen System isomorph, das ich auf der mentalen Ebene in Teilen erkennen kann.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
die physische Welt ist zu einem logisch konsistenten, formalen System isomorph, das ich in Teilen erkennen kann.
seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 09:22
"Die Theorie bestimmt, was wir überhaupt begreifen können!"
Man könnte auch sagen, "Ein beliebiges formales System bestimmt, was wir durch das formale System überhaupt erkennen können!"
Ausnahme: Das Bewusstsein, du kannst dort schon bestimmte Dinge erkennen/wissen, ohne irgendein formales System zu benötigen, schon bevor irgendeines da ist.
Ableitung: Die Welt ist zu einem logisch konsistenten, formalen System nicht isomorph, mindestens nicht vollständig. Und das liegt nicht an Gödel, das kommt schon vorher.
Wegen Gödel kannst du nur einen Teil des Teils erkennen, der zur Welt isomorph ist, Gödel kommt nur noch hinzu.
Außerdem wärst du mit der Isomorphismus-These doch wieder ganz nah bei Tegmark, wie mir scheint, da wolltest du doch nicht hin?
Auch Tegmark wird Gödel akzeptieren.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
Die Beschränkung, dass die gesamte Welt so nicht vollständig erfassbar ist, ist nicht darin begründet, dass ich etwas übersehen hätte, sondern bereits darin, dass jedes formale System seine eigene vollständige Erfassbarkeit verbietet.
Die erste Beschränkung liegt schon darin, dass ein beliebiges formales System schon eine Beschränkung an sich darstellt, dass es sich dann selbst auch nicht vollständig erfassen kann kommt nur noch hinzu.

tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
Und ich sehe keine Alternative, wenn ich Wissenschaft betreiben möchte, denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was zwischen Religion, Mystik ... einerseits und Wissensschaft andererseits sollte.
Es geht mir nicht um Mystik oder dergleichen. Es geht mir um andere Perspektiven wie z.B. in Richtung Systemtheorie, die Erforschung der Eigenschaften komplexer Systeme und dergleichen.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
Mit "physisch" meine ich die eine, seiende "physische Substanz".
Damit bin ich einverstanden, ich würde nur ein anderes Wort verwenden.
Welche Eigenschaften sie hat und welche sie nicht hat ist damit leider noch nicht geklärt. Von außen gesehen bzw. objektiv messbar hat sie natürlich nur physikalische Eigenschaften, zumindest auf den einfachen Ebeben, diese Annahme scheint mir jedenfalls vernünftig. Auf den komplexen Ebenen könnte sie nichtreduzierbare Systemeigenschaften tragen, die weniger auf "Substanz" beruhen sondern mehr auf "prozesshafte Beziehungen zwischenden Teilen". Vielleicht auch nicht, ich halte das für ein spannendes Thema.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 15:04
Egal in welcher Weise wir aus einem formalen System heraustreten um ein umfassenderes formales System zu betrachten, wir werden immer mit den grundsätzlichen Einschränkungen eines formalen Systems zu tun haben. Das ist keine Kapitulation sondern eine wesentliche Erkenntnis, die ich von der Mathematik auf die Metaphysik übertrage. Es ist sozusagen mein "cogito ergo sum".
Ja. Nur ist die Welt nicht schwarz/weiß. Man kann immer hoffen die Grenze doch noch ein wenig weiter hinausschieben zu können.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 16. Nov 2017, 23:31

seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 17:09
Man könnte auch sagen, "Ein beliebiges formales System bestimmt, was wir durch das formale System überhaupt erkennen können!"
Ausnahme: Das Bewusstsein, du kannst dort schon bestimmte Dinge erkennen/wissen, ohne irgendein formales System zu benötigen, schon bevor irgendeines da ist.
Die Welt einschließlich des Bewusstseins ist da.

Nun führe nicht ich ein formales System ein, um die Welt zu beschreiben oder zu erkennen, sondern dieses formale System ist das System, dem die Welt folgt. Es ist da. Und deswegen erkenne ich nicht durch mein formales System die Welt, sondern mein Bewusstsein ist ein Teil dieser Welt und folgt diesem formalen System.
seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 17:09
Ableitung: Die Welt ist zu einem logisch konsistenten, formalen System nicht isomorph, mindestens nicht vollständig. Und das liegt nicht an Gödel, das kommt schon vorher.
Da ist nichts vorher.
seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 17:09
Außerdem wärst du mit der Isomorphismus-These doch wieder ganz nah bei Tegmark, wie mir scheint, da wolltest du doch nicht hin?
Ich halte wenig von seiner Identifierung von Mathematik und Sein.

Ich bin hier ziemlich normaler Platoniker - wie doch einige Physiker. Tegmark ist Pythagoräer.
seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 17:09
Die erste Beschränkung liegt schon darin, dass ein beliebiges formales System schon eine Beschränkung an sich darstellt, dass es sich dann selbst auch nicht vollständig erfassen kann kommt nur noch hinzu.
Ja.
seeker hat geschrieben:
16. Nov 2017, 17:09
Es geht mir nicht um Mystik oder dergleichen. Es geht mir um andere Perspektiven wie z.B. in Richtung Systemtheorie, die Erforschung der Eigenschaften komplexer Systeme und dergleichen.
Das sind doch ebenfalls formale mathematisches Systeme.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 17. Nov 2017, 09:54

tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Die Welt einschließlich des Bewusstseins ist da.
Ja.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Nun führe nicht ich ein formales System ein, um die Welt zu beschreiben oder zu erkennen, sondern dieses formale System ist das System, dem die Welt folgt. Es ist da. Und deswegen erkenne ich nicht durch mein formales System die Welt, sondern mein Bewusstsein ist ein Teil dieser Welt und folgt diesem formalen System.
Genau hier unterscheiden wir uns.
Die Welt ist für mich ein natürliches System, die soweit wir das innerhalb der Physik erkannt haben Regeln folgt, die wir als formal bezeichen. Das ist das, was ich weiß.
Der Schluss, dass deswegen die Welt ein formales System SEI (wessen?) ist für mich unzulässig, mindestens nicht zwingend.
Das ist nämlich so, wie wenn man die Welt durch eine rosafarbene Brille betrachtet und dann immer und überall nur rosa sieht und dann darauf schließt, dass alles was IST rosa sei.

Denkst du die platonische Welt ist ein formales System? Muss sie das zwingend sein?
Ich glaube, wenn es sie gibt, ist sie ist einfach "seiend", das kommt sicher noch vor "formal seiend", ist grundlegender als das.
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Es geht mir nicht um Mystik oder dergleichen. Es geht mir um andere Perspektiven wie z.B. in Richtung Systemtheorie, die Erforschung der Eigenschaften komplexer Systeme und dergleichen.
Das sind doch ebenfalls formale mathematisches Systeme.
Da hast du irgendwo Recht, insofern man auch dort mit dem Werkzeug Mathematik arbeiten kann. Dennoch ist es ein anderer Zugang, der andere Dinge beleuchten kann, weil er den Blick mehr auf das Ganze und dessen Eigenschaften als Ganzes legt als auf seine Teile und die Eigenschaften der Teile.
Wenn ich so darüber nachdenke, dann bin ich nicht einmal mehr sicher, ob alles, was auf Mathematik beruht tatsächlich rein als "Mathematik" bezeichnet werden kann, dann, wenn man z.B. komplexe Prozesse/Modelle/Simulationen laufen lässt. Das "mehr" liegt dann im Laufen, in der Bewegung, es entsteht "aus der Bewegung heraus". Die reine Mathematik, die Grundlage beinhaltet "Bewegung" und was "darauf leben" kann nicht, soweit ich das sehe.

Im Grunde komme ich immer wieder auf die Frage, ob das Ganze stets vollständig auf seine Teile bzw. Grundlagen reduziert werden kann oder nicht, ob das Ganze stets nichts anderes als die Summe seiner Teile ist oder ob es mindestens in bestimmten Fällen in qualitativer Art mehr ist.
Wir wissen das heute nicht sicher, aber ich bin überzeugt, dass es mehr ist, ich kann das derzeit nicht anders denken.

Deine Haltung läuft soweit ich das sehe darauf hinaus, dass es tatsächlich nicht mehr ist, dass es in Wahrheit tatsächlich nur die Summe seiner Teile ist, dass wir das aber wegen erkenntnistheoretischen Begrenzungen nur nie nachweisen können werden.

Ich sehe es beim Bewusstseinsproblem so:

Es gibt nur eine Substanz, die IST, diese ist aber notorisch in ihrem wahren Sein unbekannt.
Was wir wissen ist, dass sie sich einerseits hervorragend mit dem formalen System "Physik" beschreiben lässt, d.h sie zeigt sich, für uns "nach außen hin", als Physik.
Ich habe keine Zweifel, dass sie das tatsächlich auch immer tut, d.h. die physikalische Betrachtung der Welt ist in sich selbst stimmig, vollständig und kausal geschlossen. Dies bildet sozusagen die "Außenseite" der Dinge bzw. der Welt, die physikalischen Eigenschaften.
Es gibt aber mindestens noch eine Innenseite, die die Welt mindestens in bestimmten Teilen der Welt (Bewusstsein/Gehirn) haben kann.
Diese Welt ist qualitativ anders, d.h. sie hat nichtphysikalische Eigenschaften, d.h. das was tatsächlich IST zeigt sich hier qualitativ anders, mit anderen Eigenschaften, ohne dass ein Widerspruch entsteht.

Gleichzeitig korrelieren aber beide Eigenschaftsklassen miteinander - und zwar tun sie das immer und völlig exakt.
Das muss ich postulieren, aber wie sollte es denn anders sein? Das müssen sie, denn sonst ergäbe sich ja eben ein Widerspruch.
Das Supervenienz-Argument überzeugt mich nicht. Vielleicht habe ich es nicht richtig verstanden, aber ich glaube dass in dem Argument ein Kategorienfehler begangen wird, weil spezielle Dinge mit Klassen von Dingen verglichen werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Supervenienz
Wenn ich ein Bild von einem Hasen habe, dann kann ich zwar nichts am Bild ändern, ohne auch etwas an den Bildpunkten zu ändern, aus dem das Bild zusammengesetzt ist, aber das gilt auch umgekehrt.
Ich kann zwar mit anderen Bildpunkten (andere) Hasenbilder malen, aber eben nicht diesen Hasen. Für diesen Hasen ist beides exakt gleichwertig, da superveniert nichts über etwas anderes.
D.h. für mich: Meine Bewusstseinsinhalte korrelieren exakt und immer mit dem materiellen Substrat (Gehirn + Kontext). Es ist nicht möglich dass sich etwas an einem Bewusstseinsinhalt ändert, ohne dass sich etwas am (relevanten) materiellen Substrat ändert. Und es ist ebenso unmöglich dass sich am (relevanten) materiellen Substrat etwas ändert, ohne dass sich etwas am Bewusstseinsinhalt ändert.

Wichtig mag hier noch sein, dass es hier auch gar nicht so um Substanz geht, sondern um Prozesse und die Eigenschaften, die "aus der Bewegung heraus" auf den Prozessen "leben", die wiederum auf der Substanz "leben".
Wichtig ist noch, das das was IST, die SUBSTANZ, offenbar mindestens in bestimmten Fällen Eigenschaften tragen kann die gleichzeitig, je nach Perpsektive einmal als physikalische Eigenschaften und einmal als mentale Eigenschaften erscheinen. Der Grund, dass dasselbe unterscheidlich erscheint liegt allein in der Perspektive unter der es erscheint. D.h. beide Perspektiven sind insofern unvollständig, dass sie auf ihren eigenen Rahmen begrenzt sind, der ihnen ihre eigene Perspektive aufzwingt.
D.h. das was IST, ist mindestens in gewissen Teilen etwas, das sowohl in gewisser Weise Geist als auch Materie IST - im Erscheinen, insofern das was jeweils erscheint mit dem was IST zusammenhängen muss, anders kann man es nicht sagen.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 17. Nov 2017, 16:00

seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Nun führe nicht ich ein formales System ein, um die Welt zu beschreiben oder zu erkennen, sondern dieses formale System ist das System, dem die Welt folgt. Es ist da. Und deswegen erkenne ich nicht durch mein formales System die Welt, sondern mein Bewusstsein ist ein Teil dieser Welt und folgt diesem formalen System.
Genau hier unterscheiden wir uns.
Die Welt ist für mich ein natürliches System, die soweit wir das innerhalb der Physik erkannt haben Regeln folgt, die wir als formal bezeichnen. Das ist das, was ich weiß.
Der Schluss, dass deswegen die Welt ein formales System SEI (wessen?) ist für mich unzulässig, mindestens nicht zwingend.
Das ist kein Schluss sondern eine Hypothese. Aber aus Sicht des Physikers eine vernünftige Hypothese. Und ich sehe keine andere Alternative.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Denkst du die platonische Welt ist ein formales System? Muss sie das zwingend sein?
Nicht zwingend "ist".
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Ich glaube, wenn es sie gibt, ist sie ist einfach "seiend", das kommt sicher noch vor "formal seiend", ist grundlegender als das.
Ich sehe nicht, dass etwas "ist", ohne dass wir sagen können "wie" es ist (das "die Existenz geht der Essenz voraus" von Sartre gehe ich nicht mit)

Die Welt existiert und sie hat zugleich die Eigenschaft, isomorph zu einem logisch konsistenten formalen System zu sein. Das ist eine Hypothese, und die könnte man ja mal als gegeben annehmen und ggf. sogar testen. Diese Hypothese zu verwerfen, ohne eine ähnlich mächtige Alternative zu benennen ist (für mich als Physiker) wenig hilfreich.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Es geht mir nicht um Mystik oder dergleichen. Es geht mir um andere Perspektiven wie z.B. in Richtung Systemtheorie, die Erforschung der Eigenschaften komplexer Systeme und dergleichen.
Das sind doch ebenfalls formale mathematisches Systeme.
Da hast du irgendwo Recht, insofern man mit dem Werkzeug Mathematik arbeiten kann. Dennoch ist es ein anderer Zugang, der andere Dinge beleuchten kann, weil er den Blick mehr auf das Ganze und dessen Eigenschaften als Ganzes legt als auf seine Teile und die Eigenschaften der Teile.
Richtig, und dem verschließe ich mich auch nicht.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Wenn ich so darüber nachdenke, dann bin ich nicht einmal mehr sicher, ob alles, was auf Mathematik beruht tatsächlich rein als "Mathematik" bezeichnet werden kann, dann, wenn man z.B. komplexe Prozesse/Modelle/Simulationen laufen lässt. Das "mehr" liegt dann im Laufen, in der Bewegung, es entsteht "aus der Bewegung heraus". Die reine Mathematik, die Grundlage beinhaltet "Bewegung" und was "darauf leben" kann nicht, soweit ich das sehe.
Nehmen wir das Klima.

Ein Klimamodell ist letztlich angewandte Mathematik. Aber zusätzlich beinhaltet ein Klimamodell Fachbegriffe, Vorschriften zur Anwendung, sozusagen Übersetzung von Fachbegriffen aus einem Klimamodell auf die Mathematik u.u.

(hier unterscheide ich mich von Tegmark)

In diesem Sinne basiert Wetter, Klima, ... Fabriken, ... das Gehirn, Bewusstsein, soziale Interaktion, ... auf Mathematik. Wenn das Bewusstsein auf Mathematik basiert, dann basieren auch auch Fachbegriffe, Vorschriften zur Anwendung, Übersetzung von Fachbegriffen in ein domänenspezifisches Modell auf die Mathematik.

Der Reduktionismus scheitert jedoch insbs. dann, wenn wir eine Übersetzung vornehmen, die uns selbst und unser Bewusstsein o.ä. betrifft. Der Reduktionismus funktioniert also für Begriffe wie "Wind" und "Windstärke"; er scheitert jedoch möglicherweise für den "Chill factor", wenn man diesen nicht auf elektrische Signale beschränkt sondern im Sinne eines "Kälteempfindens" verwendet. Natürlich kann man ein recht triviales Experiment durchführen, Probanden nach Ihrem Kälteempfinden für verschiedenen Temperaturen und Windgeschwindigkeiten befragen und daraus eine Übersetzungstabelle erstellen. Aber der mathematische Mechanismus, wie "aus dem Wind plus der Haut plus ... plus dem Gehirn" das Gefühl "mir ist so und so kalt wie wenn, ..." resultiert, entzieht sich dem Reduktionismus, weil der Reduktionismus vor unseren Qualia kapitulieren muss.

Wohlgemerkt, das Scheitern der Reduzierung von "meinem Kälteempfinden" auf "Temperatur" bedeutet nicht, dass "mein Kälteempfinden" nicht auf einem formalen System basiert, sondern lediglich, dass wir dieses formale System nicht erkennen können, weil es sich aufgrund der Selbstbezüglichkeit gerade dieser Erkenntnis entzieht. Gödel ist für mich gerade dieses Schlupfloch.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Im Grunde komme ich immer wieder auf die Frage, ob das Ganze stets vollständig auf seine Teile bzw. Grundlagen reduziert werden kann oder nicht, ob das Ganze stets nichts anderes als die Summe seiner Teile ist oder ob es mindestens in bestimmten Fällen in qualitativer Art mehr ist.
Wir wissen das heute nicht sicher, aber ich bin überzeugt, dass es mehr ist, ich kann das derzeit nicht anders denken.
Ich sehe es ähnlich wie du, aber ich sehe das Schlupfloch in Gödel.

Die Differenz ist gerade der Unterschied zwischen dem formalen System und dem für uns erkennbaren formalen System.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Deine Haltung läuft soweit ich das sehe darauf hinaus, dass es tatsächlich nicht mehr ist, dass es in Wahrheit tatsächlich nur die Summe seiner Teile ist, dass wir das aber wegen erkenntnistheoretischen Begrenzungen nur nie nachweisen können werden.
"Summe aller Teile" gefällt mir nicht so recht.

Aber ja, das ist die Essenz.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Es gibt nur eine Substanz, die IST, diese ist aber notorisch in ihrem wahren Sein unbekannt.
Was wir wissen ist, dass sie sich einerseits hervorragend mit dem formalen System "Physik" beschreiben lässt, d.h sie zeigt sich, für uns "nach außen hin", als Physik.
Ich habe keine Zweifel, dass sie das tatsächlich auch immer tut, d.h. die physikalische Betrachtung der Welt ist stimmig, vollständig und kausal geschlossen. Dies bildet sozusagen die "Außenseite" der Dinge bzw. der Welt, die physikalischen Eigenschaften.
Es gibt aber mindestens noch eine Innenseite, die die Welt mindestens in bestimmten Teilen der Welt (Bewusstsein/Gehirn) haben kann.
Diese Welt ist qualitativ anders, d.h. sie hat nichtphysikalische Eigenschaften, d.h. das was tatsächlich IST zeigt sich hier qualitativ anders, mit anderen Eigenschaften, ohne dass ein Widerspruch entsteht.
Ja, aber das ist auch nicht unbedingt ein Widerspruch zu meiner Auffassung, man muss es nur anders formulieren: "diese Welt zeigt sich qualitativ anders, d.h. ihre Wahrnehmung in unserem Bewusstsein hat andere Eigenschaften als die anderer Wahrnehmung anderer Systeme". Ich weigere mich lediglich, aus der qualitativ unterschiedlichen Wahrnehmung auf ein qualitativ unterschiedliches Wesen zu schließen.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Es ist nicht möglich dass sich etwas an einem Bewusstseinsinhalt ändert, ohne dass sich etwas am (relevanten) materiellen Substrat ändert.
Ja!
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Und es ist ebenso unmöglich dass sich am (relevanten) materiellen Substrat etwas ändert, ohne dass sich etwas am Bewusstseinsinhalt ändert.
Nein!

Ein einziges von dir wahrgenommenes Wetterphänomen = ein Makrozustand im Sinne der statistischen Mechanik entspricht einer einzigen Äquivalenzklasse einer unendlichen Menge von Mikrozuständen. In genau der selben Weise besteht keine eineindeutige Beziehung zwischen dem Zuständen und Prozessen des materiellen Substrats und dem Bewusstseinsinhalt.

Das ist ein wesentlicher Zug der Emergenz.

seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
Wichtig ist noch, das das was IST, die SUBSTANZ, offenbar mindestens in bestimmten Fällen Eigenschaften tragen kann die gleichzeitig, je nach Perspektive einmal als physikalische Eigenschaften und einmal als mentale Eigenschaften erscheinen. Der Grund, dass dasselbe unterscheidlich erscheint liegt allein in der Perspektive unter der es erscheint. D.h. beide Perspektiven sind insofern unvollständig, dass sie auf ihren eigenen Rahmen begrenzt sind, der ihnen ihre eigene Perspektive aufzwingt.
Ja, der Unterschied in der Wahrnehmung resultiert aus der Wahrnehmung :-)
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
D.h. das was IST, ist mindestens in gewissen Teilen etwas, das sowohl in gewisser Weise Geist als auch Materie IST - anders kann man es nicht sagen.
Das "IST" verstehe ich nicht.

Wieder zum Wetter: Das, was IST, ist immer das selbe, nämlich eine Substanz, die durch die statistische Mechanik abseits vom thermodynamischen Gleichgewicht beschrieben wird; dass ich das auch als "Wetter" wahrnehme liegt m.E. in keinster Weise in der Substanz und in deren Eigenschaften begründet, sondern ausschließlich in meiner Wahrnehmung und deren Eigenschaften .
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 17. Nov 2017, 17:18

Ich denke im Grunde sind wir nahe beisammen.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Aber aus Sicht des Physikers eine vernünftige Hypothese. Und ich sehe keine andere Alternative.
Ich denke, meine Ansicht könntest du als Physiker als vernünftige Alternative genauso akzeptieren, wenn du wolltest, es gäbe keinen relvanten Unterschied, so weit es die Physik betrifft.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ich sehe nicht, dass etwas "ist", ohne dass wir sagen können "wie" es ist
Ich glaube ontologisch geht das.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Die Welt existiert und sie hat zugleich die Eigenschaft, isomorph zu einem logisch konsistenten formalen System zu sein. Das ist eine Hypothese, und die könnte man ja mal als gegeben annehmen und ggf. sogar testen.
Man kann sie prinzipiell nicht testen. Man kann sie immer nur innerhalb des Systems also der Perspektive testen, in der man sich bewegt, das ist ja das Problem.
Man kann dann daher nur dieses oder jenes als vernünftiger empfinden.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Wohlgemerkt, das Scheitern der Reduzierung von "meinem Kälteempfinden" auf "Temperatur" bedeutet nicht, dass "mein Kälteempfinden" nicht auf einem formalen System basiert, sondern lediglich, dass wir dieses formale System nicht erkennen können, weil es sich aufgrund der Selbstbezüglichkeit gerade dieser Erkenntnis entzieht. Gödel ist für mich gerade dieses Schlupfloch.
Wie gesagt glaube ich dass zuvor noch die Sache mit den Perspektiven kommt.

Überhaupt denke ich gerade darüber nach, ob uns die ganzen Diskussion um den Begriff "Reduzierbarkeit" vielleicht nicht den Blick verstellt.
Es geht womöglich gar nicht um Reduzierbarkeit oder nicht, sondern darum, ob eine Perpektive auf eine andere transformierbar ist.
("Reduzierbar" impliziert zusätzlich noch im Voraus, dass etwas grundlegender, fundamentaler, "wahrhaft existierender" als etwas anderes sei, das ist aber gar nicht in allen Fällen von vorne herein klar oder gefragt, "transformierbar" ist da neutraler; was fundamentaler ist, ist eine gesonderte Frage.)
Bei menschlichen Sprachen ist das z.B. eindeutig beantwortbar: Du kannst das Englische z.B. nicht 1:1 ins Deutsche übersetzen, auch nicht umgekehrt. Und das liegt nicht daran, dass das Übersetzungsregelwerk zu unpräzise wäre, sondern dass die Wörter/Begriffe in beiden Sprachen und wie man sie wann wo verwendet und mit ihnen spielt, nicht immer gleich sind, die Kontexte sind auch verschieden!
Englisch ist zum Deutschen nicht isomorph, um es mit deinen Worten zu sagen.

De facto müssen wir auch feststellen, dass uns solche Transformationen in der Realität (außerhalb der Mathematik) eigentlich nie ganz gelingen, wäre es anders bräuchten wir neben der Physik keine anderen Naturwissenschaften und auch keine Sozialwissenschaften, usw.
Man kann das jetzt auf unsere eigene Unvollkommenheit schieben und meinen, dass es im Prinzip aber ginge. Nur spricht kein Indiz dafür, im Gegenteil - und z.B. (s.o.) bei menschlichen Sprachen wissen wir, dass es prinzipiell nicht geht.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Und es ist ebenso unmöglich dass sich am (relevanten) materiellen Substrat etwas ändert, ohne dass sich etwas am Bewusstseinsinhalt ändert.
Nein!

Ein einziges von dir wahrgenommenes Wetterphänomen = ein Makrozustand im Sinne der statistischen Mechanik entspricht einer einzigen Äquivalenzklasse einer unendlichen Menge von Mikrozuständen. In genau der selben Weise besteht keine eineindeutige Beziehung zwischen dem Zuständen und Prozessen des materiellen Substrats und dem Bewusstseinsinhalt.

Das ist ein wesentlicher Zug der Emergenz.
Das sollten wir uns näher anschauen.
Man vergleicht hier Makrozustände mit Klassen von Mikrozuständen. Praktisch ist das vernünftig, z.B. bei der Modellbildung, aber logisch halte ich das für einen Kategorienfehler.
Es mag ja sein, dass unterschiedliche Mikrozustände ggf. auch in unterschiedlichen Gehirnen alle mit einer Quale "blau" einhergehen, aber ist eben jedesmal ein anderes "blau", das den anderen Qualia in anderen Gehirnen nur ähnlich ist.

Wenn du z.B. das Verhältnis aus Teilchenbewegungen anschaust zum Makrophänomen "Druck", dann ist klar, dass ganz unterschiedliche Gesamt-Mikrozustände alle als derselbe Druck gemessen werden, weil du das eben so misst, so definiert hast, du kannst mit einer Druckmessung unterscheidliche Teilchenbewegungen gar nicht unterscheiden.

Es ist aber nicht klar, dass das beim Bewusstsein auch so ist. Man muss auch hier zwischen der formalen Definition von "Qualia" und den real existierenden Qualia - so wie sie eben erscheinen - unterscheiden, mitsamt der Erklärungslücke, sonst dreht man sich doch wieder nur im Kreis seines Formalismus.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ja, aber das ist auch nicht unbedingt ein Widerspruch zu meiner Auffassung, man muss es nur anders formulieren: "diese Welt zeigt sich qualitativ anders, d.h. ihre Wahrnehmung in unserem Bewusstsein hat andere Eigenschaften als die anderer Wahrnehmung anderer Systeme".
Nur dass diese anderen Systeme gar nicht wahrnehmen, nur wir nehmen wahr. Sie erscheinen nur als Inhalte in unserer Wahrnehmung, wir schließen daraus lediglich, wie sie wahrnehmen würden, wenn sie wahrnehmen würden.
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ich weigere mich lediglich, aus der qualitativ unterschiedlichen Wahrnehmung auf ein qualitativ unterschiedliches Wesen zu schließen.
Das tue ich doch auch! Verstehst du nicht?
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ja, der Unterschied in der Wahrnehmung resultiert aus der Wahrnehmung :-)
...und den Perspektiven. :-)
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
D.h. das was IST, ist mindestens in gewissen Teilen etwas, das sowohl in gewisser Weise Geist als auch Materie IST - anders kann man es nicht sagen.
Das "IST" verstehe ich nicht.
Das hatte ich inzwischen verbessert. Sorry, ich doktore manchmal noch in meinen Texten nach, um den Ausdruck zu verbessern, ich weiß, das ist irgendwie auch eine Unsitte...
Die neue Version war die hier (kann man wohl immer noch verbessern, ja):
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 09:54
D.h. das was IST, ist mindestens in gewissen Teilen etwas, das sowohl in gewisser Weise Geist als auch Materie IST - im Erscheinen, insofern das was jeweils erscheint mit dem was IST zusammenhängen muss, anders kann man es nicht sagen.
Grüße
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Pippen » 17. Nov 2017, 17:34

tomS hat geschrieben:
13. Nov 2017, 20:52
Es geht mir lediglich darum, dass eine dualistische (oder idealistische) Sichtweise logisch möglich ist.
Schon hier kommen wir in Probleme. Denn eine dualistische Sichtweise müßte ja ein X angeben können, was sich nicht auf ein physikalisches Gehirn als Verursacher zurückführen läßt. Nehmen wir an, es gäbe so ein X. Dann müßte X eine Vorstellung sein (Aussage, Wahrnehmung, Gedanke usw.), denn sonst können wir nicht von/über X sprechen. Unsere Vorstellungen gehen aber ganz unstreitig von Gehirnen aus, also auch X, was die Annahme widerlegt. Du kannst also gar nie über dieses X sprechen, selbst wenn es X gäbe. MaW: Wenn Dualisten von einer Seele reden, die unabhängig vom Gehirn existieren soll, dann ist das nur die Vorstellung einer Seele und die ist nie unabhängig vom Gehirn. Dass, was sie eigentlich meinen, läßt sich gar nicht auszudrücken. So ähnlich wie ja genaugenommen ein SL immer nur die Vorstellung eines SL ist und nie das SL an sich, oder noch drastischer: Die Physik untersucht genaugenommen nur das Universum in unserem Kopf; sie ist daher die Magd der Psychologie!

Und auf der empirischen Ebene wird's dann noch krasser, was nicht verwundert, wenn der Dualismus schon logisch ausgeschlossen ist. Als Dualist musst du schon bestreiten, dass alle deine bewußten Vorstellungen vom Gehirn herrühren, dann wird diese Position logisch möglich, aber empirisch ziemlich absurd, weil du dann Götter & Co. einführen musst oder Vorstellungen ohne Vorstellenden. Dualisten sind mE, was die Steady-State-Theoretiker der Astrophysik heute sind: ziemlich einsam.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 17. Nov 2017, 21:03

Pippen hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:34
Die Physik untersucht genaugenommen nur das Universum in unserem Kopf; sie ist daher die Magd der Psychologie!
Ich würde es etwas anders ausdrücken, aber was du meinst ist im Grunde aus einer bestimmten Perpsektive gesehen genau so.

Tom, mir ist gerade noch einmal aufgegangen, dass ich da in den Grundlagen eine wirklich sehr ähnliche Position zu dir beziehe.
Eigentlich nur mit dem einen grundlegenden Unterschied: Was du die "platonische Welt" nennst, nenne ich die "unbekannte Welt" - und ich mache weniger Aussagen über sie.
Weiter oben sehe ich das mit der Emergenz anders, das sollten wir noch weiter beleuchten, auch diese Sache mit der Supervenienz.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Skeltek » 17. Nov 2017, 22:02

tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Die Welt einschließlich des Bewusstseins ist da.
Was meinst denn mit 'da'? Wo denn genau? Die Welt kann auch ohne Betrachter oder ein Bewusstsein existieren, sowas ist gar nicht erforderlich.
Ähnlich früher manche den 'ersten' Beweger postulierten, welcher nur wirkt aber nicht verursacht wird, so könnte auch ein Bewusstsein beobachten, ohne selbst Teil des Universums zu sein.
Wäre sicherlich aber auch anders herum vorstellbar.
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  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 18. Nov 2017, 10:08

Pippen hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:34
Schon hier kommen wir in Probleme. Denn eine dualistische Sichtweise müßte ja ein X angeben können, was sich nicht auf ein physikalisches Gehirn als Verursacher zurückführen läßt. Nehmen wir an, es gäbe so ein X. Dann müßte X eine Vorstellung sein (Aussage, Wahrnehmung, Gedanke usw.), denn sonst können wir nicht von/über X sprechen. Unsere Vorstellungen gehen aber ganz unstreitig von Gehirnen aus, also auch X, was die Annahme widerlegt.
Das ist ein Zirkelschluss.

Du behauptest, zeigen zu können, dass kein X existiert, das unabhängig von der physischen Substanz des Gehirns existieren kann. Um das zu zeigen, behauptest du, dass unsere Vorstellungen nur abhängig nur von der physischen Substanz des Gehirns existieren.

Nochmal: ich bestreite nicht die Problematik eines Dualismus, aber ich bestreite seine logische Unmöglichkeit.

Dazu kommt ein weiteres Problem: wie die Diskussion mit seeker oben zeigt, ist es nicht möglich, von der Existenz der physikalischen Substanz rein logisch auf die Existenz von Qualia zu schließen. Umgekehrt ist es unmöglich, von der Existenz der Qualia rein logisch auf die Existenz der physikalischen Substanz zu schließen (Descartes). Damit ist ein Dualismus als Ausgangspunkt zunächst sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig. Ihn zu überwinden erfordert weitere, nicht logisch begründbare Postulate (auch wenn ich sie für vernünftig halte, sind sie noch nicht logisch begründet).
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 18. Nov 2017, 10:12

Skeltek hat geschrieben:
17. Nov 2017, 22:02
tomS hat geschrieben:
16. Nov 2017, 23:31
Die Welt einschließlich des Bewusstseins ist da.
Was meinst denn mit 'da'? Wo denn genau? Die Welt kann auch ohne Betrachter oder ein Bewusstsein existieren, sowas ist gar nicht erforderlich.
"Dasein" bezeichnet in der Philosophie keinen Ort.

Natürlich kann die Welt ohne ein Bewusstsein existieren (wobei wir zugeben sollten, dass andere Positionen logisch möglich sind, siehe z.B. Berkeley). Fakt ist jedoch, dass zumindest mein Bewusstseins da ist (Descartes).
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 18. Nov 2017, 10:13

seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 21:03
Tom, mir ist gerade noch einmal aufgegangen, dass ich da in den Grundlagen eine wirklich sehr ähnliche Position zu dir beziehe.
Ja, das denke ich auch!
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 18. Nov 2017, 11:20

seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ich sehe nicht, dass etwas "ist", ohne dass wir sagen können "wie" es ist
Ich glaube ontologisch geht das.
Ja, ich kann es nicht ausschließen. Ich empfinde es nur als unvernünftig (und Sartre hat das ja aus einer eher phänomenologischen Perspektive auf die Existenz des Menschen bezogen, nicht auf eine physikalische Substanz).
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Die Welt existiert und sie hat zugleich die Eigenschaft, isomorph zu einem logisch konsistenten formalen System zu sein. Das ist eine Hypothese, und die könnte man ja mal als gegeben annehmen und ggf. sogar testen.
Man kann sie prinzipiell nicht testen. Man kann sie immer nur innerhalb des Systems also der Perspektive testen, in der man sich bewegt, das ist ja das Problem.
Man kann dann daher nur dieses oder jenes als vernünftiger empfinden.
Man kann zumindest innerhalb der Physik testen, ob sich die Natur widersprüchlich verhält und ob man diese Widersprüche in einer umfassenderen Theorie überwinden kann. Siehe z.B. die Verletzung der Energieerhaltung sowie die Hypothese und letztlich der Nachweis des Neutrinos.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Wohlgemerkt, das Scheitern der Reduzierung von "meinem Kälteempfinden" auf "Temperatur" bedeutet nicht, dass "mein Kälteempfinden" nicht auf einem formalen System basiert, sondern lediglich, dass wir dieses formale System nicht erkennen können, weil es sich aufgrund der Selbstbezüglichkeit gerade dieser Erkenntnis entzieht. Gödel ist für mich gerade dieses Schlupfloch.
Wie gesagt glaube ich dass zuvor noch die Sache mit den Perspektiven kommt.
Ich glaube nicht, dass es da einen wirklichen Unterschied zwischen uns gibt. Das formale System liefert letztlich genau zwei Perspektiven, nämlich die introspektive und der nach außen gerichtete.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Und es ist ebenso unmöglich dass sich am (relevanten) materiellen Substrat etwas ändert, ohne dass sich etwas am Bewusstseinsinhalt ändert.
Nein!

Ein einziges von dir wahrgenommenes Wetterphänomen = ein Makrozustand im Sinne der statistischen Mechanik entspricht einer einzigen Äquivalenzklasse einer unendlichen Menge von Mikrozuständen. In genau der selben Weise besteht keine eineindeutige Beziehung zwischen dem Zuständen und Prozessen des materiellen Substrats und dem Bewusstseinsinhalt.

Das ist ein wesentlicher Zug der Emergenz.
Das sollten wir uns näher anschauen.
Man vergleicht hier Makrozustände mit Klassen von Mikrozuständen. Praktisch ist das vernünftig, z.B. bei der Modellbildung, aber logisch halte ich das für einen Kategorienfehler.
Es mag ja sein, dass unterschiedliche Mikrozustände ggf. auch in unterschiedlichen Gehirnen alle mit einer Quale "blau" einhergehen, aber ist eben jedesmal ein anderes "blau", das den anderen Qualia in anderen Gehirnen nur ähnlich ist.
Du hast prinzipiell natürlich recht. Ich halte das aber nicht für wesentlich, da der Unterschied zwischen den personen-spezifischen Qualia "Bläue" m.E. vergleichsweise irrelevant ist im Vergleich zur Unschärfe der Begriffsdefinition von "Bläue". Das ist schon für mich selbst nicht einfach, da ich "Bläue" m.E. nie vollständig vom beobachteten Objekt sowie von meinem "restlichen mentalen Zustand" trennen kann.

Deshalb ist eher die Idee der Äquivalenzrelation problematisch; dabei kann es sich nicht um eine exakte Äquivalenzrelation im Sinne der Mathematik handeln. Für mich ist wiederum Gödel das Schlupfloch: ich kann genau diese formale Definition von Qualia als mene mentalen Zustände nicht mittels meiner mentalen Prozesses vollständig erschließen.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ich weigere mich lediglich, aus der qualitativ unterschiedlichen Wahrnehmung auf ein qualitativ unterschiedliches Wesen zu schließen.
Das tue ich doch auch! Verstehst du nicht?
Ich sehe es so wie du, wir sind uns ziemlich einig.
seeker hat geschrieben:
17. Nov 2017, 17:18
tomS hat geschrieben:
17. Nov 2017, 16:00
Ja, der Unterschied in der Wahrnehmung resultiert aus der Wahrnehmung :-)
...und den Perspektiven. :-)
Ich denke, es lohnt sich, über diesen zentralen Punkt nochmal nachzudenken. Wie gesagt liefert meine Sichtweise letztlich auch so etwas wie verschiedene Perspektiven, so dass ich diese nicht zusätzlich ansetzen muss.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 19. Nov 2017, 12:02

Ich möchte zunächst die Sachen mit der Emergenz und der Supervenienz (furchbares Wort :)) noch etwas analysieren:

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mit meiner Position in bestimmten Fällen doch so etwas wie Supervenienzbeziehungen behaupten muss.
Mindestens, wenn ich mir z.B. vorstelle, es gäbe eine exakte Kopie von mir, die aber aus Antimaterie bestünde (und auf einer Antimaterieerde in einem Antimateireuniversum lebt), dann muss ich annehmen, dass diese Person auch dieselben mentalen Eigenschaften/Zustände wie ich hätte.
Daraus folgt dann, dass das Mentale über dem materiellen in gewisser Weise superveniiert, mindestens ins naturgesetzlichen Welten, wie ich festhalten muss.
Ob daraus dann noch Weiteres folgt, will ich für den Moment noch offen lassen.

Man muss hier zunächst einmal klären, was "das Materielle" denn sei?

Wenn wir uns darunter nur irgendeine "Substanz" vorstellen, dann gehen wir nämlich m.E. fehl.
Soweit ich das sehe, haben wir in der Physik noch nie so etwas wie eine "Substanz" gefunden, wenn wir uns unter Substanz etwas vorstellen, das selbst statisch und unveränderlich ist und Träger von Eigenschaften ist (man kann sich hier bildlich-symbolhaft z.B. kleine Kügelchen vorstellen). Was wir stets nur gefunden haben waren Prozesse (man kann sich hier bildlich-symbolhaft kleine Wirbel vorstellen): Immer wenn man glaubte, man hätte etwas Fixes gefunden stellte sich -wenn man noch tiefer hineinschaute- heraus, dass es in Wahrheit eine dynamische Struktur war, die nur aus ihrer Dynamik heraus Struktur war, die zeitlich nur relativ stabil ist, sodass sie ein "materielles Ding" nur vortäuschte (z.B. Atome). Man kann das philosophisch weiterferfolgen und zu einem Platonismus kommen, wo man dann dort wahrhaft seiende, unveränderliche Grundformen, die platonischen Ideen postuliert, die man dann als "grundlegende Substanz" identifizieren kann.
Aber auch das wäre unvollständig, es fehlt eine Zutat: das Moment der Bewegung! Denn wie sollte denn unsere dynamische Welt rein aus einer statischen Substanz hervorgehen können?
Wo sollen die Prozesse herkommen?

Es ist daher sinnvoll die Welt zunächst einmal als Prozess zu betrachten, mit Mikroprozessen und Makroprozessen, denn das ist das, was wir empirisch finden, alles darüber hinausgehende ist Spekulation.
"Das Materielle", "das Physische" ist -soweit wir bis jetzt wissen- reiner Prozess, zeitlich stabile Prozesse erscheinen uns als "Dinge". Und spätestens wenn wir an die Quantenwelt denken, sind es sogar seltsame Prozesse, auch dort werden wir mit einer Eigenschaftsdualität konfrontiert und auch dort haben wir es mit einem Spannungsverhältnis zwischen Observablen und dem was dahinter liegt zu tun.
Und auch "das Mentale" ist -soweit wir bis jetzt wissen- reiner Prozess. Prozess ist -soweit wir bis jetzt wissen- SEIN.

Beim Verhältnis Gehirn Geist kann man also feststellen, dass wenn da etwas über etwas anderes superveniiert, dann sind das beides Prozesse. Entscheidend beim Antimateriegehirn ist nicht ob da Elektronen oder Positronen herumfliegen, die postulierte "Substanz", sondern die Art und Weise wie "das ganze Ding läuft", die Dynamik, die dynamischen Beziehungen insgesamt.

Ich muss also, weil ich auf Naturgesetzlichkeit bestehe, mindestens behaupten, dass dieselben Gesamtheiten von Mikroprozessen immer mit denselben mentalen Prozessen korrelieren.
Da im Antimateriegehirn dieselben Mikroprozesse laufen, hat es auch dieselben mentalen Eigenschaften/Inhalte wie das spiegelbildliche Materiegehirn.
Ich muss aber nicht behaupten, dass in dem Sinne das Mentale über dem Materiellen (als Substanz) superveniiert.
Wegen der Erklärungslücke kann ich dabei nicht sagen, warum mindestens bestimmte prozesshafte Gesamtheiten von bestimmten physikalischen Mikroprozessen in bestimmten Systemen immer mit denselben mentalen Prozessen korrelieren, ich muss das als gegebenen fundamentalen naturgesetzlichen Fakt hinnehmen, der nicht weiter erklärt werden kann, der aber im "wie" und "wann" untersucht und beschrieben werden kann.

Kommen wir zu Frage ob und wann Makroeigenschaften durch die vollständige Kenntnis der Mikroeigenschaften deduzierbar sind, kommen wir zur Emergenz:

Bei den Diskussionen über Supervenienz und Emergenzbeziehungen werden immer wieder Beispiele gebracht, wie das Verhältnis zwischen Bildpunkten und einem Bild, das Verhältnis zwischen Gasteilchen und einem Gas oder das Verhältnis zwischen Atomen und einem Kristall, wobei dann Mikroeigenschaften mit Makroeigenschaften verglichen werden.
Damit wird oft impliziert, dass das auch treffende Beispiele für das Verhältnis zwischen Gehirn und Mentalem seien.
Das sind sie aber nicht, ganz und gar nicht!
Bei Gehirn/Geist (und auch beim Leben und vielem mehr) haben wir einen ganz anderen Typ von Emergenz vorliegen, dort haben wir echte Komplexität vorliegen.

Eine solche Komplexität zeichnet sich durch folgendes aus:

Das sind dynamische, hoch rückgekoppelte Systeme, die von ihrer Umgebung teilisoliert sind, sich selbsttätig an der Grenze zum deterministischen Chaos halten und mindestens robust gegen Störungen, also selbststabilisierend sind.

Das Prozesshafte seht hier also völlig im Vordergrund, es ist wesentlich, weder gibt es ein statisches Bewusstsein, noch ein statisches lebendiges Gehirn.
Daher muss jede Untersuchung solcher Systeme, die das nicht ins Zentrum stellt, scheitern: Das Prozesshafte ist nicht mit statischen "Substanz-Modellen" erfassbar.

Die Teilisolierung ist auch sehr wichtig:
Komplexe Systeme brauchen eine gewisse Isoliertheit von ihrer Umgebung, um überhaupt so etwas wie ein abgetrenntes selbstbezügliches System bilden zu können, sie brauchen aber auch einen Austausch mit ihrer Umgebung zur Selbstorgansisation, um ihre Komplexität überhaupt erreichen, erhalten und weiterentwickeln zu können. D.h. ein jederzeit völlig isoliertes komplexes System ist nicht möglich. Bei lebendigen Zellen übernimmt diese Aufgabe die semipermeable Membran, beim Gehirn sind es Nervenimpulse als auch chemische Botenstoffe über Sinnesreize und Reize vom Körper. Ansonsten ist das Gehirn zu 90% mit sich selbst beschäftigt, ebenso wie eine lebendige Zelle hautsächlich mit sich selbst beschäftigt ist.
Diese nicht-Isolierbarkeit komplexer Systeme alleine reicht schon aus um sie klassich-physikalischen Analysen mindestens teilweise unzugänglich zu machen, denn klassisch geht man so vor, dass man das zu untersuchende Objekt möglichst perfekt isoliert. Ein isoliertes komplexes System hat aber mindestens teilweise andere Eigenschaften als ein nicht-isoliertes, weil es eben halboffener Prozess und nicht statisches Ding ist - und auch nicht abstrahierend näherungsweise als statisches Ding betrachtet werden kann.

Dass sich komplexe Systeme an der Grenze zum deterministischen Chaos halten, mach ihr Verhalten dann prinzipiell nicht vollständig vorhersagbar, schon weil es wegen der Quantenmechanik keine völlig exakte Kenntnis ihres physikalischen Zustands geben kann und solche Systeme immer wieder labile Punkte durchlaufen, wo Schmetterlingseffekte zum Tragen kommen, wo das System also in der Lage ist maximal winzige Abweichungen beliebig zu verstärken - machmal tut es das, manchmal auch nicht, auch das kann man nicht immer vorhersagen.

Und in ihrer Robustheit zeigt sich schließlich ganz, dass sie nicht deduktiv erklärbar sein können, es zeigen sich dort mindestens Grundformen von etwas, das man "Kreativität" nennen kann: Unvorhersehbares selbststabilisierendes Reagieren auf Störungen von außen, inneres unvorhersehbares Abbilden dieser Störungen, dadurch Erzeugung von inneren Abwerprozessen, Anpassung an wiederholte Störungen.

Seltsame Schleifen...

Das hat wirklich nichts mehr mit dem Verhältnis aus Gasteilchen und einem Gas zu tun.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 20. Nov 2017, 09:19

ATGC hat geschrieben:
19. Nov 2017, 19:30
Wie exakt kann denn eine Kopie sein? ... Mir ist schon klar, dass es sich hier um ein Gedankenexperiment handelt, aber es ist eben ein nirgends realisiertes, weil grundsätzlich nicht realisierbares.
Das ist klar, aber es geht mir um etwas anderes (s.u.).
Zur Komplexität sind wir glaube ich einer Meinung.
ATGC hat geschrieben:
19. Nov 2017, 19:30
So streng determiniert würde ich das nicht sehen.
Es geht mir darum, dass ich nicht glaube, dass das Verhältnis aus materiellem Substrat und Bewusstsein in dieser unserer Welt in irgendeiner Form willkürlich, variabel oder zufällig ist.
Die Kontextabhängigkeit ist klar, weil es sich nicht um völlig isolierte Systeme handelt, aber wenn nicht nur die Prozesse in zwei Gehirnen sondern auch die Prozesse der Kontexte identisch wären, dann muss sich unter obiger Voraussetzung derselbe mentale Zustand ergeben. Das ist der Gedanke dabei.
tomS hat geschrieben:
18. Nov 2017, 11:20
Ich halte das aber nicht für wesentlich, da der Unterschied zwischen den personen-spezifischen Qualia "Bläue" m.E. vergleichsweise irrelevant ist im Vergleich zur Unschärfe der Begriffsdefinition von "Bläue". Das ist schon für mich selbst nicht einfach, da ich "Bläue" m.E. nie vollständig vom beobachteten Objekt sowie von meinem "restlichen mentalen Zustand" trennen kann.
Das ist m. E. eher ein sprachliches bzw. formales Problem: Ich kann das was ich wahrnehme nicht beliebig exakt in Worte fassen bzw. mitteilen.
Wäre mein Geist mächtiger, dann könnte ich wahrscheinlich geistige Messgeräte konstruieren/erschaffen, mithilfe denen ich z.B. messen könnte wie blau mir das Blau wann erscheint, wie stark es "bläut" und so Zahlenwerte generieren und exaktere Aussagen machen. Aber dazu sind wir viel zu schwach, es geht gerade noch einigermaßen ein 3D-Objekt im Geist zu erschaffen und dieses sich drehen zu lassen.

Das Bewusstsein selbst ist aber offenbar völlig exakt:
Es ist immer genau das, was es ist, nie mehr, nie weniger, nie anders, ich kann unmöglich mehr oder weniger oder anders wahrnehmen, als ich wahrnehme. Das ist eine Konsequenz aus seiner Selbstbezüglichkeit. Deshalb ist auch ein Teilinhalt "Bläue" im Gesamtkontext immer genau so wie er ist, aber nie ganz gleich zu vorherigen Wahrnehmungen mit Teilinhalt "Bläue", weil die Gesamtkontexte immer verschieden sind. Dass ich das dann in eine Klasse "Bläue" zusammenfasse kommt erst danach, das ist erst meine danach kommende zusammenfassende Analyse. Und dass sich unterschiedliche Blauwahrnehmungen, die ich habe, in ihrer Unterschiedlichkeit meist gar nicht bemerke ist nur meinen unzureichenden Fähigkeiten geschuldet, das fängt schon beim Gedächtnis an.

Und ja, gleichzeitig ist das Bewusstsein umfassend und holistisch: Die Wahrnehmung eines blauen Buchs ist immer mehr als die Wahrnehmung von "Bläue" plus die Wahrnehmung von "Buch", die Wahrnehmung des Wortes "Universum" ist immer mehr als die Wahrnehmung von "Uni" plus die Wahrnehmung von "versum".
D.h. auch, wenn ich über meine Wahrnemungen spreche führe ich schon eine Reduktion auf Sprache aus, der daher immer irgendetwas verlustig gehen muss.

Wenn nun die Innenseite mit der Außenseite exakt korreliert, dann ergibt sich interessanterweise die Schlussfolgerung, dass auch der Prozess, der die Außenseite bildet, diese Eigenschaften in irgendeiner Weise, auf seine eigene Art und Weise tragen muss. Und das sollte man also auch schon in den neuronalen Anregungsmustern plus Kontext finden können, wenn man sie auf die richtige Weise versteht.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von aldi » 21. Nov 2017, 11:46

Ein Ablauf durch ausschließlich Richtig oder Falsch, das ist nicht alles.
Die integration Zustand, Aktiv und Passiv usw. ist technisch rein durch Temperaturunterschiede feststellbar.
Ein Computer müsste dann auch auf unterschiedliche Temperatur der Inputs und Outputs integriert reagieren können.
Das ist eine Erfahrungssache. Es dauert beim Mensch eine kleine andauernde aber nie enden wollende Ewigkeit.

Programmieren funktioniert dagegen völlig anders.
Die Veränderungsfähigkeit beim Computer müsste weit über 100% aktiver sein, also ein Vielfaches als die Programmierung, diese lediglich Zeit kostet. Ein Computer ist nie schlauer als die Programmierung. Mehrere Computer verkürzen lediglich die Reaktionszeit für Richtig oder Falsch.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Herr5Senf » 22. Nov 2017, 19:38

Gerade bei den Raumfahrern gefunden, zwar etwas lang, aber mit rotem Faden:

https://algorithmenethik.de/2017/11/14/ ... ft-der-ki/
Hollywoodszenarien und der Glaube an magische Technik: Wir über- und unterschätzen die Entwicklung künstlicher Intelligenz zugleich,
argumentiert Roboteringenieur Rodney Brooks. Seine These: Systematisch verzerrte menschliche Intelligenz prägt die Debatte über künstliche.
...Es ist wirklich schwierig, die Zukunft vorherzusagen, besonders im Voraus. :-)

Grüße Dip

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Analytiker » 23. Nov 2017, 19:02

Vielen Dank an Dip für den Hinweis über Prognosen und Einschätzungen zur KI!

Die Bäume der technischen Entwicklung wachsen nicht sinnbildlich in den Himmel, wenngleich man konstatieren sollte, dass Entwicklungen möglich sein werden, die man sich heute noch nicht ausmalen kann.

Jede exponentielle Entwicklung in der Technik im beobachtbaren Universum gelangt mal an ein Ende.

Die Datenflut scheint momentan noch exponentiell zu wachsen, wobei der Datenmüll schneller anwächst als neu gewonnene Informationen und Erkenntnisse.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 23. Nov 2017, 23:29

Auch vonnöten meiner Seite herzlichen Dank für den sehr informativen Artikel.

Halten wir doch nochmal die zwei großen Themen bzw. Fragen auseinander:
1) kann ein Computer die im engeren Sinne algorithmische, funktionale Leistungsfähigkeit eines menschlichen Gehirns erreichen?
2) kann ein Computer die im weiteren Sinne mentalen, bewussten Eigenschaften des menschlichen Gehirns erlangen?

Der Artikel befasst sich mit (1); im wesentlichen werden Fehleinschätzungen und einige noch unbekannte Einflussfaktoren diskutiert, denenzufolge insbs. der bei (1) Zeitraum relevante heute Zeitraum unbekannt ist; ich lese aus dem Artikel kein prinzipielles Argumenet gegen (oder für) (1) heraus

Der Artikel befasst sich nicht mit (2), auch wenn einige Formulierungen auftauchen, denenzufolge der Autor heutigen KIs (2) abspricht.

Bzgl. (1) gehe ich mit dem Autor in weiten Bereichen konform. Es existieren jedoch Szenarien, in denen vor (1) gewarnt wird, nicht weil es nachweislich fünf vor zwölf wäre, sondern weil die prinzipielle Möglichkeit heute in Reichweite ist. Auch eine nur geringe Wahrscheinlichkeit für eine Singularität und eine bösartige KI sollte zum Anlass genommen werden, sich präventiv mit der Thematik auseinanderzusetzen (sonst wiederholen wir die Fehler bzw. Technologisierung, fossilen Brennstoffen, Kernenergie, Gentechnik etc.)

Bzgl. (2) argumentiere ich grundsätzlich anders: wir können über (2) nicht deshalb nichts sagen, weil uns dazu noch diverse Informationen bzgl. der KIs fehlen, sondern weil wir ganz prinzipiell das, was (2) zum Gegenstand hat, nicht verstehen können.

Ich weiß nicht, ob man damit überhaupt mehr ableiten kann als diese Aussage selbst. Meine Argumentation lautet ja, dass wir (2) nicht beantworten können, da wir die Essenz von (2) nicht verstehen. Damit ist (2) sowohl theoretisch möglich jedoch nicht verstehbar, als auch theoretisch unmöglich und wiederum nicht verstehbar.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Frank » 24. Nov 2017, 07:12

Intelligenz im Gehirn sichtbar
Kluge Menschen sind anders vernetzt.

https://www.n-tv.de/wissen/Kluge-Mensch ... 47369.html
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 24. Nov 2017, 09:52

tomS hat geschrieben:
23. Nov 2017, 23:29
Halten wir doch nochmal die zwei großen Themen bzw. Fragen auseinander:
1) kann ein Computer die im engeren Sinne algorithmische, funktionale Leistungsfähigkeit eines menschlichen Gehirns erreichen?
2) kann ein Computer die im weiteren Sinne mentalen, bewussten Eigenschaften des menschlichen Gehirns erlangen?
Es sind aus meiner Sicht drei Fragen:

1) Erreicht das System die algorithmische, funktionale Leistungsfähigkeit eines menschlichen Gehirns ?
2) Sind dabei die physikalischen Prozesse des Systems den physikalischen Prozessen des Gehirns, die beim Gehirn mit mentalen Inhalten korrelieren, hinreichend ähnlich?
3) Kann das System das Mentale selbst, als Medium von Bewusstseininhalten erzeugen oder einfangen?

Bei 1) und 2) sehe ich kaum prinzipielle Gründe, warum nicht, es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
Bei 1) gibt es Bereiche, wo der Computer schon lange weit überlegen ist, andererseits Bereiche, wo er noch weit unterlegen ist, aber Schritt für Schritt aufholt.
3) ist nicht sicher beantwortbar. Wir können nicht einmal sicher wissen, ob das Gehirn die mentalen Inhalte in das mentale Medium nur projiziert oder ob es das Medium selbst erzeugt.*
Dennoch werden wir dazu Position beziehen müssen. Dazu werden wir u.a. auch 2) zu Rate nehmen.
Schwierig wir eine Positionierung dann werden, wenn wir bei gewissen Systemen 2) mit "Nein" beantworten. Es könnte ja auch so kommen, dass die unter 1) leistungsfähigsten Systeme unter Betrachtung von 2) den Gehirnprozessen gar nicht ähnlich sind.

Den Link habe ich auch gelesen. Ja, das ist ein Mahner, der mit guten Argumenten zum rechten Maß bei diesem Thema aufruft. Mäßigkeit ist immer ein guter Ratgeber.
Eine Hauptschwierigkeit bei Prognosen ist immer, dass wir Menschen dazu neigen Entwicklungen als linear zu denken und zu extrapolieren, was sie sehr oft nicht sind.
D.h. zweierlei:
1. Es kommt meist alles nicht so schnell und so schlimm und vor allen Dingen nicht SO, wie die Pessimisten befürchten.
2. Wir sind vor Überraschungen und unerwarteten Entwicklungssprüngen nicht sicher, es kommt auch meist nicht so, wie die Optimisten hoffen.

*Man könnte sich auch folgendes vorstellen:

Das mentale Medium ist wie eine unendlich ausgedehnte schwarze Fläche.
Physikalische Systeme werfen gleich einem Beamer helle Lichtflecken mit Bildern auf diese Fläche (die Bilder sind unsere Bewusstseinsinhalte, die Fläche ist das Bewusstsein).
Die Lichtflecken sind voneinander getrennt, deshalb merkt kein Lichtfleck etwas von den anderen, obwohl sie sich in demselben Raum befinden.

Die Alternative ist:
Die unendlich ausgedehnte schwarze Fläche existiert für sich nicht, es existieren nur die Lichtflecke, die nur dort wo sie sind auch eine Projektionsfläche miterzeugen.

Die dritte Möglichkeit ist:
Die Projektionsfläche existiert nur als Möglichkeit, ebenso die Lichtflecke, wenn beide zusammkommen werden beide real.

Die Bewusstseinsinhalte verhalten sich zum Medium Bewusstsein wie die Materie zum Medium Raumzeit.
Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass auch eine leere Raumzeit noch existiert, weil auch eine solche noch "Resteigenschaften" trägt.
Existiert auch ein leeres Medium Bewusstsein, trägt es auch noch Resteigenschaft?


Noch zur Robotertechnik...
Schaut euch einmal an, was Boston Dynamics treibt, das hat mich schon beeindruckt, krass...
https://www.youtube.com/watch?v=yAbuF9iGg70
https://www.youtube.com/watch?v=rVlhMGQgDkY

Und die Algorithmen von AlphaGo sind universell einsetzbar, die sind nicht nur zum Go-Spielen gut und man kann ja auch mehrere Subsysteme kombinieren/verbinden, sodass die Systeme dann mehr als nur eine Fähigkeit haben, prinzipiell können sie so beliebig viele Fähigkeiten bekommen und ein Universalist wie der Mensch werden.
Es wird noch eine Weile dauern, aber das, auch in Verbindung mit der Robotertechnik hat Potential und wird einiges umkrempeln.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 24. Nov 2017, 17:07

seeker hat geschrieben:
24. Nov 2017, 09:52
tomS hat geschrieben:
23. Nov 2017, 23:29
Halten wir doch nochmal die zwei großen Themen bzw. Fragen auseinander:
1) kann ein Computer die im engeren Sinne algorithmische, funktionale Leistungsfähigkeit eines menschlichen Gehirns erreichen?
2) kann ein Computer die im weiteren Sinne mentalen, bewussten Eigenschaften des menschlichen Gehirns erlangen?
Es sind aus meiner Sicht drei Fragen:

1) Erreicht das System die algorithmische, funktionale Leistungsfähigkeit eines menschlichen Gehirns ?
2) Sind dabei die physikalischen Prozesse des Systems den physikalischen Prozessen des Gehirns, die beim Gehirn mit mentalen Inhalten korrelieren, hinreichend ähnlich?
3) Kann das System das Mentale selbst, als Medium von Bewusstseininhalten erzeugen oder einfangen?

Bei 1) und 2) sehe ich kaum prinzipielle Gründe, warum nicht, es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein.
Ich bin mir nicht mal sicher, ob dein (2) überhaupt notwendig ist.

Nur weil wir heute neuronale Strukturen auf neuronale Netze übertragen bedeutet das ja nicht, dass so sein muss. Uns ist halt nur noch nichts besseres eingefallen.

Neuronale Netze sind Algorithmen, insbs. universelle Turingmaschinen. Demnach könnten wir auch jede andere universelle Turingmaschine nutzen.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 24. Nov 2017, 18:28

tomS hat geschrieben:
24. Nov 2017, 17:07
Nur weil wir heute neuronale Strukturen auf neuronale Netze übertragen bedeutet das ja nicht, dass so sein muss.
Eben!
Die spannende Frage ist, ob der Weg über solche Netzwerke der einzig praktikable Weg ist oder nicht.
tomS hat geschrieben:
24. Nov 2017, 17:07
Neuronale Netze sind Algorithmen, insbs. universelle Turingmaschinen.
Dann sind das aber zunächst immer noch Turingmaschinen, die neuronale Netzwerke kodieren, was insofern noch keinen Unterschied machen würde.
Erst Turingmaschinen, die keine neuronale Netzwerke kodieren und wo dennoch dasselbe unter 1) herauskommt, würden einen Unterschied machen.

Der Hintergrund ist auch der, dass wir dazu neigen, Einheiten, die uns in irgendeiner Weise ähnlich erscheinen, anders, besser zu behandeln als andere Einheiten, wo wir das nicht sehen.

Und dann stellt sich bei 2) freilich noch die Frage, was denn "hinreichend ähnlich" genau ist?
Man kann neben vielen anderen Fragen dort sogar die folgende stellen:
Reicht dafür eine Turingmaschine oder braucht man doch das Zufallselement, das Gehirnen aufgrund der Quantenmechanik in Kombination mit dem Schmetterlingseffekt innewohnt?
Eine Turingmaschine ist vollständig determiniert, ein Gehirn ist das nicht. Eine Turingmaschine kann den chaotischen Teil eines komplexen Systems nicht perfekt abbilden, dazu müsste sie unendlich genau rechnen.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 25. Nov 2017, 08:25

seeker hat geschrieben:
24. Nov 2017, 18:28
Dann sind das aber zunächst immer noch Turingmaschinen, die neuronale Netzwerke kodieren, was insofern noch keinen Unterschied machen würde.
Erst Turingmaschinen, die keine neuronale Netzwerke kodieren und wo dennoch dasselbe unter 1) herauskommt, würden einen Unterschied machen.
Andersherum: wenn wir voraussetzen, dass das Gehirn im weitesten Sinne algorithmisch funktionieren, dann kann man das Gehirn als Turingmaschine auffassen. Damit ist jede konkret konstruierte Turingmaschine prinzipiell geeignet, das Gehirn zu simulieren. Man muss dazu keineswegs ein neuronales Netz verwenden; das scheint rein praktisch sinnvoll zu sein, prinzipiell ist das aber nicht notwendig (was man schon daran erkennt, das die dem neuronales Netz unterlagerte HW eben eine universelle Turingmaschine ist, kein neuronales Netz). Mit anderen Worten: das neuronale Netz wäre ein Implementierungsdetail.
seeker hat geschrieben:
24. Nov 2017, 18:28
Reicht dafür eine Turingmaschine oder braucht man doch das Zufallselement, das Gehirnen aufgrund der Quantenmechanik in Kombination mit dem Schmetterlingseffekt innewohnt?
Wenn man das Gehirn als abgeschlossenes, makroskopisches Quantensystem auffasst, dann ist kein Zufall im Spiel; das System funktioniert rein deterministisch. Wo würdest du eine Messung oder einen Beobachter einbauen??
seeker hat geschrieben:
24. Nov 2017, 18:28
Eine Turingmaschine ist vollständig determiniert, ein Gehirn ist das nicht.
Warum?
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 25. Nov 2017, 10:47

tomS hat geschrieben:
25. Nov 2017, 08:25
Andersherum: wenn wir voraussetzen, dass das Gehirn im weitesten Sinne algorithmisch funktionieren, dann kann man das Gehirn als Turingmaschine auffassen. Damit ist jede konkret konstruierte Turingmaschine prinzipiell geeignet, das Gehirn zu simulieren. Man muss dazu keineswegs ein neuronales Netz verwenden; das scheint rein praktisch sinnvoll zu sein, prinzipiell ist das aber nicht notwendig (was man schon daran erkennt, das die dem neuronales Netz unterlagerte HW eben eine universelle Turingmaschine ist, kein neuronales Netz). Mit anderen Worten: das neuronale Netz wäre ein Implementierungsdetail.
Ja, das könnte sein, darüber denke ich auch nach.
Falls neuronale Netzwerke immerhin praktisch notwendig wären, weil man es anders (praktisch, technisch) nicht mit vertretbarem Aufwand bewerkstelligen könnte, dann würde das aber auch schon verhindern das empirisch vergleichen zu können und so prüfen zu können, ob das wirklich nur ein "Detail" ist.
Der Ansatz dieser Argumentation hier ist ja immerhin schon wieder rein reduktionistisch und es ist schwer zu sagen, herrscht Streit darüber, ob das wirklich schon alles ist.
tomS hat geschrieben:
25. Nov 2017, 08:25
Wenn man das Gehirn als abgeschlossenes, makroskopisches Quantensystem auffasst, dann ist kein Zufall im Spiel; das System funktioniert rein deterministisch.
Nein, das darf man m. E. nicht so sehen.
Legen wir z.B. die VWI zugrunde, dann sieht es so aus, dass sich ausgehend von einer Turingmaschine die ein Gehirn simuliert im Wesentlichen alle Turingmaschinen in allen Welten gleich entwickeln werden, jedoch ausgehend von einem Gehirn, dass sich im Wesentlichen alle Gehirne in allen Welten unterschiedlich entwickeln werden.

Das ist deshalb so, weil die Turingmaschine als digitales bzw. diskretes System gegen die meisten Störungen wie "das Elektron erscheint an einem ein wenig anderen Ort mit einem ein wenig anderen Impuls" robust zeigt, so etwas in praktisch allen Fällen "weg-rundet".
Ein Gehirn, das mindestens teilweise analog arbeitet, tut das höchtwahrscheinlich nicht in praktisch allen Fällen: seine "Mikrostöranfälligkeit" ist sehr viel größer. Die Verstärkungseffekte des Schmetteringseffekts tun das Übrige, sie verstärken bei einer Turingmaschine aber etwas anderes, da diskretes, als in einem Gehirn.

Kurz gesagt: Ein komplexes analoges System ist nicht perfekt, im Sinne von nicht beliebig genau, durch ein endliches diskretes System abbildbar.
tomS hat geschrieben:
25. Nov 2017, 08:25
Eine Turingmaschine ist vollständig determiniert, ein Gehirn ist das nicht.
Warum?
s.o.
Entscheidend ist hier die Froschperspektive.

Ich bin überhaupt nicht sicher ob dieser Unterschied wichtig ist, aber er könnte.
Nur ein mindestens teilweise analog arbeitendes bzw. in irgendeiner Weise den QM-Zufall einbindendes System kann in der Froschperpektive echt-chaotische, echt-nicht-im-Voraus-bestimmte Verhaltenszüge aufweisen.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 25. Nov 2017, 12:55

Mit der VWI hast du zunächst grundsätzlich recht.

Ich kann jedoch nicht erkennen, was die Auffächerung in klassisch isolierte, stabile Zweige und demnach Gehirne je Zweig mit Intelligenz oder Bewusstsein je Zweig zu tun haben soll. Die Vogelperspektive gem. VWI ist ja gerade nicht das, was wir wahrnehmen. Und die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Quanteneffekten ist in der Neurologie eher irrelevant.

Wenn die Quantenmechanik irgendwie mit reinspielen sollte, dann auf eine völlig unerwartete Weise.
Gruß
Tom

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