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Raumproblem

Themen zur Kosmologie, Urknall, inflationärer Kosmologie, Expansion, Entwicklung und Zukunft des Universums
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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 7. Sep 2017, 14:05

Das ist ein sehr spannendes Thema.

Ggw. werden diverse Kritikpunkte an den einfachen Inflationsmodellen diskutiert. Diese sagen eine bestimmte Skalenabhängigkeit in den Inhomogenitäten voraus, insbs. auch in der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Einer der "Erfinder" der Inflation, Paul Steinhardt, kritisiert diese Modelle, da die o.g. Vorhersagen nicht zu den immer präziseren Messungen der Hintergrundstrahlung passen. Letztere sind in sehr guter Näherung skaleninvariant, d.h. selbstähnlich und auf jeder Skala inhomogen, während die Inflationsmodelle m.W.n. ab einer gewissen Skala Homogenität vorhersagen (außer man setzt sehr komplizierte Modelle plus Feinabstimmung an, was die Idee der Inflation entwertet). Ich kenne auch keinen vernünftigen Grund, warum die Homogenität gerade mit dem Sichtbarkeitshorizont zusammenfallen sollte.

Zusammengefasst: es könnte durchaus sein, dass das bisherige Bild der Inflation falsch ist, und dass das Universum auf jeder Skala bzw. zumindest noch bis hin zu wesentlich größeren Skalen gleichartig und minimal inhomogen ist.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von seeker » 7. Sep 2017, 16:42

Hinweise auf ein fraktales Universum... spannende Sache. Danke für die Infos!

Warum eigentlich nur minimal inhomogen, was schließt große Inhomogenitäten auf sehr großen Skalen aus?
Wenn wir einmal die Möglichkeit eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums in Betracht ziehen (auch schon im Urknall), müsste man dann nicht erwarten, dass auch zufällige anfängliche Fluktuationen schon beliebig groß gewesen sein können oder gar müssen, irgendwo in der Unendlichkeit?
Glauben wir an ein recht homogenes Universum, nur weil das in unserem "Nahbereich" (Beobachtungshorizont) so ausschaut (vielleicht nur zufällig?) oder steckt da mehr dahinter?
Grüße
seeker


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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 7. Sep 2017, 18:26

seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 16:42
Hinweise auf ein fraktales Universum... spannende Sache.
Natürlich nicht bis zu beliebig kleines Skalen. Mein Haus sieht nicht so aus wie die Erde :-)
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 16:42
Warum eigentlich nur minimal inhomogen, was schließt große Inhomogenitäten auf sehr großen Skalen aus?
Ich betrachte nur den praktisch relevanten Fall, dass die Amplitude A der Fluktuationen klein ist, dass also Delta A / A << 1 gilt. Ich meine damit nicht, dass die räumliche Abmessungen klein sein müssen, das sind sie ja bei skalenivarianten Fluktuationen gerade nicht.
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 16:42
Wenn wir einmal die Möglichkeit eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums in Betracht ziehen (auch schon im Urknall), müsste man dann nicht erwarten, dass auch zufällige anfängliche Fluktuationen schon beliebig groß gewesen sein können oder gar müssen, irgendwo in der Unendlichkeit?
Glauben wir an ein recht homogenes Universum, nur weil das in unserem "Nahbereich" (Beobachtungshorizont) so ausschaut (vielleicht nur zufällig?) oder steckt da mehr dahinter?
Die Fluktuationen sind ja nicht im Urknall schon angelegt; das funktioniert mathematisch nicht, da auch bei einem räumlich unendlich ausgedehnten Universum der Urknall singulär ist, wenn auch in gewisser Weise nicht infinitesimal klein oder punktförmig (ich weiß, was du meinst; später dazu mehr). Ich denke, das ist einer der Gründe für Steinhardt, über das ekpyrotische Unversum im Rahmen einer Branenkosmologie nachzudenken.

Wir glaub(t)en an ein näherungsweise homogenes Universum, weil wir das beobachten und weil wir hoff(t)en, dass die Inflation genau das liefert. Letzteres wird nun teilweise angezweifelt, d.h. die Näherung stimmt insofern, dass Delta A / A klein ist, sie stimmt insofern nicht, als dass die räumlichen Abmessungen evtl. nicht klein sind.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von Timm » 8. Sep 2017, 17:48

tomS hat geschrieben:
7. Sep 2017, 14:05

Einer der "Erfinder" der Inflation, Paul Steinhardt, kritisiert diese Modelle, da die o.g. Vorhersagen nicht zu den immer präziseren Messungen der Hintergrundstrahlung passen.
Du beziehst Dich wohl auf Steinhardt's Artikel im Scientific American "Cosmic Inflation Theory Faces Challenges". Den darin geäußerten Thesen wird hier

https://blogs.scientificamerican.com/ob ... ntroversy/

von zahlreichen bekannten Kosmologen heftig widersprochen.

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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 9. Sep 2017, 08:57

Ja, darauf bezieht sich mein Beitrag.

Natürlich hat auch die Gegendarstellung ein erhebliches Gewicht.

Ich denke aber, dass Steinhardt mit der Kritik, man benötige sehr künstliche Modelle plus Feinabstimmung in der Sache recht hat. M.W.n. funktioniert die Inflation immer nur mit diversen Zusatzannahmen. Deswegen schreibe ich auch, es könnte durchaus sein, dass das bisherige Bild der Inflation falsch ist.

Ich bin aber auch skeptisch bzgl. diverser zyklischer bzw. ekpyrotischer Modelle.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von Timm » 9. Sep 2017, 10:02

tomS hat geschrieben:
9. Sep 2017, 08:57
Ich denke aber, dass Steinhardt mit der Kritik, man benötige sehr künstliche Modelle plus Feinabstimmung in der Sache recht hat.
Das mag sein. Vorgeworfen wird ihm in der Replik aber die zentrale Aussage, die Inflation sei wissenschaftlichen Methoden nicht zugänglich. Klar ist, daß es die Inflationstheorie nicht gibt. Aber es ist nun halt mal so, daß dieses Bündel von Modellen, die sich in Feinheiten unterscheiden und das man zusammengefasst "Inflation" nennt, testbare Vorhersagen macht, die man im CMB und davon unabhängig in den SNIa Daten bestätigt findet. Manche Modelle machen Vorhersagen bzgl. primorialer Gravitationswellen, auch das ist prinzipiell testbar. Daß die letzte Feinabstimmung aus heutiger Sicht nicht testbar ist, entwertet nmM die Inflation nicht.
Der nicht ausgesprochene Verdacht dürfte sein, daß Steinhardt mit der pauschalen Kritik der Inflation seine Branen Kollision beflügeln möchte.

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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 9. Sep 2017, 19:18

Timm hat geschrieben:
9. Sep 2017, 10:02
Der nicht ausgesprochene Verdacht dürfte sein, daß Steinhardt mit der pauschalen Kritik der Inflation seine Branen Kollision beflügeln möchte.
Da hast du sicher recht, der Verdacht liegt nahe.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von positronium » 11. Sep 2017, 16:19

seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 11:54
positronium hat geschrieben:
4. Sep 2017, 21:54
Man darf Raum nicht nur als x,y,z, eine Mannigfaltigkeit oder vergleichbares sehen, sondern ganz abstrakt als nicht-zeitlichen Zusammenhang zwischen verschiedenen Objekten; und ein solcher ist nötig, damit es Dynamik geben kann. Nimmt man diese Perspektive ein, gibt es immer zwangsläufig Raum (mit welchen Eigenschaften auch immer), der ausgedehnt ist - die Definition von "ausgedehnt" ist dabei irrelevant, sie ist jedenfalls nicht: gleich/identisch.
Was aber ist ein nicht-zeitlicher Zusammenhang, wo ist der Unterschied zu einem räumlichen Zusammenhang?
Durch meinen Versuch, das abstrakter zu formulieren, wollte ich einerseits ausdrücken, dass "Raum" nicht dem Raum entsprechen muss, wie wir ihn aus der Alltagserfahrung kennen oder zu kennen glauben, und andererseits eine verallgemeinerte Natur des Raumes als möglich aufzeigen, wodurch dieser nicht nur den Raum unserer Erfahrungswelt enthalten kann, sondern auch weitere Freiheitsgrade repräsentieren könnte. Raum im herkömmlichen Sinn muss man bei dieser abstrakten Betrachtung gar nicht bedenken, sondern nur alle Regeln berücksichtigen, welche Eigenschaften verschiedener Objekte voneinander abhängig machen, ohne jedoch diesen Regeln die Möglichkeit zuzugestehen, verschiedene, wie auch immer bestimmte Zeiten zu vermengen.
Im Prinzip handelt es sich dabei aus dieser Perspektive um Zwangsbedingungen.
Beispiele für solche Regeln/Zusammenhänge, ohne diese jetzt vollständig durchdacht zu haben, sind in der klassischen Mechanik die Norm (zur Entfernungsbestimmung von Punktteilchen), in der QM die Ortsableitung, oder etwa im Maschinenbau Lager, Zahnräder, Schrauben usw..
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 11:54
Wann sind Objekte verschieden, wann ist es dasselbe Objekt? Ist ein Objekt, das sich zeitlich verändert (A->B) noch dasselbe Objekt, ist es ein Objekt oder sind es zwei?
Dafür lässt sich ein Satz Parameter bestimmen, aber man weiss nicht und nie, ob dieser vollständig ist.
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 11:54
Sind zwei zusammenhängende Objekte A<->B zwei Objekte oder eines?
Ich glaube, diese Frage lässt sich so nicht stellen. Zwei zusammenhängende Objekte sind einfach zwei Objekte mit Zusammenhang.
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 11:54
Und ist ein nicht-zeitlicher Zusammenhang automatisch räumlich?
In einer vollständigen und derart abstrakten Sichtweise meiner Ansicht nach ja, aber man kann das auch anders sehen. Für mich beruht zeitliche Veränderung (oder der zeitliche Zusammenhang) auf Eigenschaften von Objekten und deren Zusammenhängen, wobei selbst diese Eigenschaften auf Zusammenhänge von Objekten reduziert werden können. Und das lässt sich alles in einem abstrakten Raum darstellen. Dann ist der zeitliche Zusammenhang abhängig vom abstrakt-räumlichen Zusammenhang, nicht aber umgekehrt.
seeker hat geschrieben:
7. Sep 2017, 11:54
Liegt das in der Natur der Dinge oder nicht vielleicht vielmehr an uns, daran, dass wir kaum anders denken können als in den Kategorien Raum und Zeit und die Dinge dann daher immer in diese Schubladen stecken, gleich ob sie 'an sich' da reingehören oder nicht?
Glaube ich nicht. - Wie gerade geschrieben: Veränderung ist der wesentliche Punkt, alles andere, der abstrakte Raum ist der Parameterraum für die Veränderung. Was nicht auf die Veränderung Einfluss nimmt, ist irrelevant.
Was wir uns subjektiv unter Raum vorstellen, ist eine irgendwie geartete Funktion auf einer Teilmenge der zeitlichen und räumlichen Zusammenhänge.

Aber man kann das alles natürlich auch anders sehen. Zum Beispiel räumlich-zeitliche Zusammenhänge erlauben, was jedoch für die Kausalität grosse Probleme bergen dürfte.

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Re: Raumproblem

Beitrag von seeker » 12. Sep 2017, 09:23

tomS hat geschrieben:
7. Sep 2017, 18:26
Die Fluktuationen sind ja nicht im Urknall schon angelegt; das funktioniert mathematisch nicht, da auch bei einem räumlich unendlich ausgedehnten Universum der Urknall singulär ist, wenn auch in gewisser Weise nicht infinitesimal klein oder punktförmig (ich weiß, was du meinst; später dazu mehr).
Du meinst, dass man den Urknall selbst als perfekt homogen-symmetrisch annehmen muss, auch in einem räumlich unendlich ausgedehnten Universum?
Warum? Wenn man die Gleichungen gegen unendlich laufen lässt, kann man ja eigentlich über diesen Zustand gar nichts mehr konkretes sagen, das wär dann nicht aussgagekräftig.
Und wenn man es nicht tut, indem man modernere Ansätze versucht, was dann? Ist das dann zwingend mit der Homogenität oder ist es nur die die einfachste Möglichkeit, sind das nur die einfachsten Ansätze? Muss der Urknall zwingend in dem Sinne ein singuläres/einziges Ereignis gewesen sein oder können es auch viele parallele Ereignisse gewesen sein?

Und wenn man perfekte Homogenität im Anfangszustand annimmt, aber in einem unendlich ausgedehnten Raum, ist es dann tatsächlich sicher, dass es in der späteren Entwicklung nach dem Urknall eine Obergrenze geben muss für die Stärke und Größe von Inhomogenitäten/Fluktuationen?

Kann man ausschließen, das wir uns mit unserem Beobachtungshorizont nur zufällig in einem endlich ausgedehnten sehr homogenen Bereich eines Universums befinden, das jenseits davon zumindest teilweise auch sehr inhomogen ist?



Anderes Thema:
positronium hat geschrieben:
11. Sep 2017, 16:19
Durch meinen Versuch, das abstrakter zu formulieren, wollte ich einerseits ausdrücken, dass "Raum" nicht dem Raum entsprechen muss, wie wir ihn aus der Alltagserfahrung kennen oder zu kennen glauben, und andererseits eine verallgemeinerte Natur des Raumes als möglich aufzeigen, wodurch dieser nicht nur den Raum unserer Erfahrungswelt enthalten kann, sondern auch weitere Freiheitsgrade repräsentieren könnte.
Das hat mir gut gefallen!
positronium hat geschrieben:
11. Sep 2017, 16:19
Raum im herkömmlichen Sinn muss man bei dieser abstrakten Betrachtung gar nicht bedenken, sondern nur alle Regeln berücksichtigen, welche Eigenschaften verschiedener Objekte voneinander abhängig machen,
Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.

Ich glaube, der Dreh- und Angelpunkt ist dies:
positronium hat geschrieben:
11. Sep 2017, 16:19
seeker hat geschrieben:Sind zwei zusammenhängende Objekte A<->B zwei Objekte oder eines?
Ich glaube, diese Frage lässt sich so nicht stellen. Zwei zusammenhängende Objekte sind einfach zwei Objekte mit Zusammenhang.
Natürlich lässt sich die Frage stellen, ich habe sie ja gerade gestellt! :mrgreen: :lol:

Ich glaube der eigentliche Punkt ist: Man kann es nicht a priori wissen, d.h. die Frage lässt sich nicht sicher beantworten.
Und damit kann man irgendetwas annehmen!
Ich behaupte: Wenn du nun eine Struktur A<->B als aus zwei Objekten bestehend interpretierst, dann ergibt sich ein räumlicher Zusammenhang, wenn du sie als aus einem Objekt bestehend interpretierst, dann ein zeitlicher.

Wichtig ist, dass das Interpretation ist und damit etwas ist, das von uns so hineingebracht wird, dass wir die Dinge in freier Weise so oder so ordnen können, in der Natur der Dinge selbst finde ich diesen Unterschied nicht.

Das liegt auch daran, dass alle als zeitlich verstandenen Zusammenhänge prinzipiell alle umkehrbar sind (gerade auch mathematisch): Wenn A -Operation-> B, dann auch B -Operation-> A, also ingesamt A <-Operation-> B, was genau einem räumlichen Zusammenhang entspricht.

Noch ein paar Gedanken:

Zunächst kann ich die einfachst möglichen Annahmen suchen.
Ich komme zur Grundannahme, dass ein Objekt (A) Eigenschaft (x) hat und mit sich selbst, und nur mit sich selbst identisch ist:

D.h. dass bei Zusammnhängen A <-Operation-> B, die Objekte A und B entweder identisch sind (1), dann kann ich auch schreiben: A <-Operation-> A und dann wird die Operation nichtig, womit nur das hier übrigbleibt: A

... oder sie sind nicht identisch (2), dann sind es aber automatisch zwei Objekte, nicht eines und dann ist da auch ein nicht-nichtiger Zusammenhang, von dem man aber unmöglich sagen kann, ob er 'an sich' zeitlich oder räumlich ist.

Wichtig ist hier:
Die Annahme dass A und B hier EIN Objekt seien wäre hier widersprüchlich, auch bei der Annahme eines zeitlichen Zusammenhangs, denn das widerspricht (2) und wir wären wieder bei (1) und können gleich schreiben: A ...und fertig.
D.h. auch bei zeitlich verstandenen Zusammenhängen A <-Operation-> B muss man genaugenommen von der Existenz von zwei Objekten (A, B) ausgehen, womit es keinen intrinistischen Unterschied mehr zu räumlich verstandenen Zusammnehängen gibt.

Man kann diesen Unterschied m.M.n. nur erzeugen, indem man (das mathematisch erlaubte) A <-Operation- B durch eine willkürlich erscheinende Zusatzregel künstlich verbietet und in der Betrachtung nur A -Operation-> B zulässt.
Grüße
seeker


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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 12. Sep 2017, 13:25

seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
tomS hat geschrieben:
7. Sep 2017, 18:26
Die Fluktuationen sind ja nicht im Urknall schon angelegt; das funktioniert mathematisch nicht, da auch bei einem räumlich unendlich ausgedehnten Universum der Urknall singulär ist, wenn auch in gewisser Weise nicht infinitesimal klein oder punktförmig (ich weiß, was du meinst; später dazu mehr).
Du meinst, dass man den Urknall selbst als perfekt homogen-symmetrisch annehmen muss, auch in einem räumlich unendlich ausgedehnten Universum?
Nein, ich meine, dass auch in einem „unendlich ausgedehnten Universum“ der Urknall singulär ist, d.h. dass z.B. die Dichte unendlich ist – und damit kann man nicht mehr sinnvoll von Fluktuationen sprechen.


Der Begriff „unendlich ausgedehnt“ ist mathematisch übrigens unpräzise. Gemeint ist i.W. folgendes – hier ein sehr einfachen 1-dim. Bsp.:

Gegeben sei eine Linie, d.h. die reellen Zahlen; das ist unser „Raum“.

Auf diesem Raum existieren Koordinaten x, also reelle Zahlen, sowie eine Abstandsfunktion d(x,y). Üblicherweise ist der Abstand durch

d(x,y) = |x – y|

gegeben. Nun setzen wir diesen jedoch zeitabhängig an, d.h. z.B.

d(x,y; t) = a(t) * |x – y|

wobei a(t) für t gegen Null ebenfalls gegen Null geht, d.h. z.B.

a(t) = tª

mit einer Zahl a > 0.

(In der ART ist dies natürlich alles viel komplizierter; und die Abstandsfunktion, also die Metrik, wird nicht vorgegeben sondern folgt als Lösung aus den Feldgleichungen).

Nun ist die Abstandsfunktion dahingehen singulär, dass für beliebige endliche x,y, der Abstand d(x,y; t) für t=0 gegen Null geht, d.h.

d(x,y; t=0) = 0

Der Raum ist dahingehend „unendlich“, dass für beliebig kleine t immer beliebig große reelle x zulässig bleiben. „Unendlich“ ist jedoch irreführend, da der Abstand eben gerade nicht mittels |x – y| gemessen wird, sondern mit d(x,y; t).
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
Muss der Urknall zwingend in dem Sinne ein singuläres/einziges Ereignis gewesen sein oder können es auch viele parallele Ereignisse gewesen sein?
Was meinst du mit „parallel“?
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
Und wenn man perfekte Homogenität im Anfangszustand annimmt, aber in einem unendlich ausgedehnten Raum, …
Ich denke, da haben wir uns einfach missverstanden; s.o.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von seeker » 12. Sep 2017, 13:56

tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:25
Nein, ich meine, dass auch in einem „unendlich ausgedehnten Universum“ der Urknall singulär ist, d.h. dass z.B. die Dichte unendlich ist – und damit kann man nicht mehr sinnvoll von Fluktuationen sprechen.
Ja, aber hast du mein Argument verstanden? Man kann in dem Fall zwar nicht mehr von Fluktuationen sprechen, aber man kann dann genauer überhaupt nicht mehr sinnvoll sprechen, also auch nicht von Nicht-Fluktuationen. Eine unendlich hohe Dichte ist physikalischer Unsinn. Also muss es irgendwie anders gewesen sein (-> moderne QG-Theorien). Die Frage ist, ob dieses "anders" im Anfang und in allen Fällen zwingend Nicht-Fluktuationen vorhersagt, in dem Sinne, dass der Anfang zwingend perfekt symmetrisch-homogen gewesen sein muss oder ob wir das im Moment noch nur so annehmen, weil es der noch einfachste Fall wäre, den man natürlich zuallererst betrachten muss.
tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:25
Was meinst du mit „parallel“?
Ich denke da an die Idee, dass das Universum aus einer zufälligen Quantenfluktuation entstanden sein könnte. Falls das richtig wäre, müsste es dann zwingend EINE Fluktuation gewesen sein und müsste diese zwingend perfekt symmetrisch-homogen gewesen sein (s.o.)?
tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:25
Der Begriff „unendlich ausgedehnt“ ist mathematisch übrigens unpräzise. Gemeint ist i.W. folgendes – hier ein sehr einfachen 1-dim. Bsp.:
...
Ok, danke.
Grüße
seeker


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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 12. Sep 2017, 14:38

seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:56
Ja, aber hast du mein Argument verstanden? Man kann in dem Fall zwar nicht mehr von Fluktuationen sprechen, aber man kann dann genauer überhaupt nicht mehr sinnvoll sprechen, also auch nicht von Nicht-Fluktuationen.
Ja.
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:56
Eine unendlich hohe Dichte ist physikalischer Unsinn. Also muss es irgendwie anders gewesen sein.
Ja.
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:56
Die Frage ist, ob dieses "anders" im Anfang und in allen Fällen zwingend Nicht-Fluktuationen vorhersagt, in dem Sinne, dass der Anfang zwingend perfekt symmetrisch-homogen gewesen sein muss oder ob wir das im Moment noch nur so annehmen, weil es der noch einfachste Fall wäre, den man natürlich zuallererst betrachten muss.
Ich sehe nicht, dass wir da überhaupt groß etwas annehmen, da wir letztlich noch nicht soweit sind.

Ich kenne zwei Thesen, die auf ein zyklisches Universum hinauslaufen, nämlich einmal das ekpyrotische Universum mit zwei kollidierenden Branen sowie sehr einfache Modelle aus der LQC mit einer Kontraktions- und einer Expansionsphase. In ersterem stammen Inhomogenitäten explizit aus dem Vorgängeruniversum, und man ist in der Lage, das Spektrum der CMB-Fluktuationen zu berechnen (was sich vom Standard-Inflationsmodell tatsächlich unterscheidet). In letzterem kann man zu einem perfekt homogenen Modell sukzessive Inhomogenitäten hinzunehmen und soweit ich mich erinnern kann ebenfalls die Fluktuationen berechnen.

Ich kann dazu Literatur raussuchen.


seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 13:56
Ich denke da an die Idee, dass das Universum aus einer zufälligen Quantenfluktuation entstanden sein könnte. Falls das richtig wäre, müsste es dann zwingend EINE Fluktuation gewesen sein und müsste diese zwingend perfekt symmetrisch-homogen gewesen sein (s.o.)?
Eine Fluktuation in einem Bereich führt zu einem Tochteruniversum. Mehrere räumlich getrennte Fluktuationen führen zu mehreren Tochteruniversen. Diese sind topologisch verbunden jedoch geometrisch durch kosmische Horizonte getrennt, d.h. man kann keinen gemeinsamen Zeitbegriff definieren (z.B. so wie für zwei Beobachter jeweils innerhalb eines Ereignishorizontes zweier getrennter schwarzer Löcher). Ich würde das nicht als "parallel" bezeichnen.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von positronium » 12. Sep 2017, 17:10

seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
Ich behaupte: Wenn du nun eine Struktur A<->B als aus zwei Objekten bestehend interpretierst, dann ergibt sich ein räumlicher Zusammenhang, wenn du sie als aus einem Objekt bestehend interpretierst, dann ein zeitlicher.
Ich glaube, hier bist Du zu streng. Einmal abgesehen davon, dass unsere Interpretation sowieso irrelevant ist, wäre ein Blockuniversum ein Gegenbeispiel. Man muss sich vor der Einnahme Deiner obigen Position erst verschiedener Dinge vergewissern, wie: Ist die Zeit, oder alternativ Ursache/Wirkung ein echter Parameter. Welche Stellung nehmen Wechselwirkungen ein.
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
Wichtig ist, dass das Interpretation ist und damit etwas ist, das von uns so hineingebracht wird, dass wir die Dinge in freier Weise so oder so ordnen können, in der Natur der Dinge selbst finde ich diesen Unterschied nicht.
Das sehe ich anders. Die Relativitätstheorien zeigen einen zwar feinen, aber wesentlichen, prinzipiellen Unterschied zwischen zeitlichen und räumlichen Zusammenhängen auf: die Signatur, also dass Zeit und Raumkoordinaten unterschiedliche Vorzeichen besitzen (Wohlgemerkt "besitzen"; es handelt sich nicht um eine Frage der Interpretation.)
seeker hat geschrieben:
12. Sep 2017, 09:23
Das liegt auch daran, dass alle als zeitlich verstandenen Zusammenhänge prinzipiell alle umkehrbar sind (gerade auch mathematisch): Wenn A -Operation-> B, dann auch B -Operation-> A, also ingesamt A <-Operation-> B, was genau einem räumlichen Zusammenhang entspricht.
Das ist meiner Ansicht nach nicht so sicher. Ein räumlicher Zusammenhang ist unseres Wissens nach (zumindest soweit ich das weiss) grundsäztlich umkehrbar - Raumsymmetrie. Beim zeitlichen sind die Zusammenhänge viel komplizierter - nicht nur die zeitliche Symmetrie, sondern obendrein, wie wir vor einiger Zeit diskutierten, was die Messung betrifft.

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Re: Raumproblem

Beitrag von seeker » 13. Sep 2017, 10:46

tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 14:38
Ich sehe nicht, dass wir da überhaupt groß etwas annehmen, da wir letztlich noch nicht soweit sind.
Ja, ich denke, das ist der Punkt.
Mein eigentliches Anliegen war ein wenig ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie es da grundsätzlich ausschaut, gar nicht mal so sehr in den Details, ich interessiere mich oft mehr für die grundsätzlichen Dinge.
Wie ich jetzt sehe, ist das Spielfeld in dem Bereich noch weit, es sind da offenbar noch so einige Möglichkeiten offen, die noch nicht ausgeschlossen werden können.
Das reicht mir für den Moment auch schon, das wollte ich wissen bzw. bestätigt bekommen.

Noch eine Nebenfrage, die mir in den Kopf kam und auf die ich keine Antwort weiß:
tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 14:38
seeker hat geschrieben:Eine unendlich hohe Dichte ist physikalischer Unsinn. Also muss es irgendwie anders gewesen sein.
Ja.
Warum eigentlich? Warum halten wir eine unendlich hohe Dichte für physikalischen Unsinn, nicht aber unbedingt einen unendlichen Raum oder eine unendliche Zeit oder Raumzeit?
Das ist doch so?
Sind wir in dem Punkt konsequent, ist diese Haltung konsistent?
Weiß einer eine überzeugende Antwort darauf? Mir ist bisher keine eingefallen.


@positronium:
Wir waren doch bis hierher noch auf einer möglichst abstrakten, gedanklichen Ebene, noch gar nicht bei einem physikalischen Universum, dachte ich?
Und auf dieser Ebene hat meine Argumentation schon Hand und Fuß, meine ich immer noch.

Eine mir wichtige Ableitung, die ich alleine daraus schon ziehen kann ist folgendes (und hier erst komme ich zur Physik):

Wenn man eine echte Zeit haben möchte, auch gerade im physikalischen Sinne, dann erfordert das notwendig einen Symmetriebruch!
Zeit entsteht erst dadurch/dann, wenn die Symmetrie von Objektzusammenhängen der Form "A <-Operation-> B" (also raumartige Zusammenhänge) in Zusammenhänge der Form "A -Operation-> B" (also zeitartige Zusammnhänge) gebrochen wird.
Und das muss -um eine echte Zeit zu erhalten, nicht nur eine scheinbare- auf allergrundlegendster Ebene geschehen, die Ebene der Thermodynamik/Entropie reicht dafür nicht aus!
Der Zeitpfeil zeigt nicht in die Richtung, in die die Entropie zunimmt, sondern die Entropie nimmt in der Richtung zu, wo der Zeitpfeil hinzeigt.

Mathematisch, also auf beschreibender Ebene haben wir hier einfach mit dem Problem zu kämpfen, dass man Gleichungen immer vorwärts wie auch rückwärts laufen lassen kann, in der - oder zumindest in unserer Mathematik findet man daher so ohne Weiteres keinen tiefen Grund für die Existenz von Zeit.

Außerdem:
Raum ist symmetrischer als Zeit und damit auch einfacher.
Das einfachste Universum mit n Dimensionen ist dasjenige mit den wenigsten Symmetriebrüchen, d.h. bei jedem Universum, in dem überhaupt Zeit existiert, ist daher immer dasjenige das einfachste, das nur genau eine Zeitdimension hat. Jedoch sind auch solche Universen immer weniger symmetrisch/einfach als Universen ganz ohne Zeit.
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
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Re: Raumproblem

Beitrag von positronium » 13. Sep 2017, 11:36

seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
tomS hat geschrieben:
12. Sep 2017, 14:38
seeker hat geschrieben:Eine unendlich hohe Dichte ist physikalischer Unsinn. Also muss es irgendwie anders gewesen sein.
Ja.
Warum eigentlich? Warum halten wir eine unendlich hohe Dichte für physikalischen Unsinn, nicht aber unbedingt einen unendlichen Raum oder eine unendliche Zeit oder Raumzeit?
Das ist doch so?
Sind wir in dem Punkt konsequent, ist diese Haltung konsistent?
Weiß einer eine überzeugende Antwort darauf? Mir ist bisher keine eingefallen.
Das liegt daran, dass sowohl räumliche als auch zeitliche Zusammenhänge lokal oder infinitesimal beschrieben werden. Man muss also niemals eine räumliche oder zeitliche Entfernung betrachten, die unendlich werden oder sein könnte; bei der Dichte allein handelt es sich natürlich um eine lokale Grösse.

seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
@positronium:
Wir waren doch bis hierher noch auf einer möglichst abstrakten, gedanklichen Ebene, noch gar nicht bei einem physikalischen Universum, dachte ich?
Du musst mich zügeln. :devil:
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
Wenn man eine echte Zeit haben möchte, auch gerade im physikalischen Sinne, dann erfordert das notwendig einen Symmetriebruch!
Zeit entsteht erst dadurch/dann, wenn die Symmetrie von Objektzusammenhängen der Form "A <-Operation-> B" (also raumartige Zusammenhänge) in Zusammenhänge der Form "A -Operation-> B" (also zeitartige Zusammnhänge) gebrochen wird.
Ob man von "entstehen" sprechen kann, weiss ich nicht, aber ich denke: ja, so sieht das derzeit wohl aus, wenn man die Erfahrung zugrunde legt, dass Zeit nur vorwärts ablaufen kann.
Rein subjektiv halte ich Zeit für weniger prominent. Ich glaube, dass es Raum/Objekte gibt, und dieser/diese Veränderung erfahren können. Aus dieser Perspektive entfällt eine Zeitumkehrung sowieso, weil es kein "+/-Veränderung" gibt, sondern einfach nur "Veränderung".
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
Und das muss -um eine echte Zeit zu erhalten, nicht nur eine scheinbare- auf allergrundlegendster Ebene geschehen, die Ebene der Thermodynamik/Entropie reicht dafür nicht aus!
Der Zeitpfeil zeigt nicht in die Richtung, in die die Entropie zunimmt, sondern die Entropie nimmt in der Richtung zu, wo der Zeitpfeil hinzeigt.
Das sehe ich auch so. Ich denke, dass manche Physiker an der Stelle die Gleichungen zu nahe an der Natur sehen.
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
Mathematisch, also auf beschreibender Ebene haben wir hier einfach mit dem Problem zu kämpfen, dass man Gleichungen immer vorwärts wie auch rückwärts laufen lassen kann, in der - oder zumindest in unserer Mathematik findet man daher so ohne Weiteres keinen tiefen Grund für die Existenz von Zeit.
Das sehe ich nicht als Problem der Mathematik, sondern als Problem der aufgestellten Gleichungen. Gleichungen sind nicht identisch zur Natur; das darf man nicht vergessen. Im Zweifelsfall muss man halt seine Zeit t durch T(t) ersetzen, und definieren dT(t)/dt>0. Nachdem alle aktuellen Theorien nur effektive Modelle der Natur sind, muss das erlaubt sein.
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
Außerdem:
Raum ist symmetrischer als Zeit und damit auch einfacher.
Das einfachste Universum mit n Dimensionen ist dasjenige mit den wenigsten Symmetriebrüchen, d.h. bei jedem Universum, in dem überhaupt Zeit existiert, ist daher immer dasjenige das einfachste, das nur genau eine Zeitdimension hat. Jedoch sind auch solche Universen immer weniger symmetrisch/einfach als Universen ganz ohne Zeit.
Sehe ich auch so!

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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 13. Sep 2017, 14:02

seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 10:46
Warum halten wir eine unendlich hohe Dichte für physikalischen Unsinn, nicht aber unbedingt einen unendlichen Raum oder eine unendliche Zeit oder Raumzeit?
Es geht letztlich um das Vorliegen einer Singularität; dass die Dichte und andere Größen unendliche Werte annehmen, ist nur ein Indiz für deren Vorliegen. Die mathematische Charakterisierung einer Singularität (nach Hawking und Penrose) ist fundamentaler und erfolgt über die geodätische Unvollständigkeit.

Ich möchte hier jedoch etwas anders argumentieren: In der Physik wird die Dynamik eines Systems mittels Differentialgleichungen beschrieben. Eine Differentialgleichung erlaubt bei Vorgabe einer Anfangsbedingung die vollständige Berechnung der weiteren zeitlichen Entwicklung des Systems - außer im Falle einer Singularität. Z.B. kann die Geometrie der Raumzeit sowie die Verteilung von Materie und Strahlung für "eine Zeit" im gesamten Raum (!) vorgegeben und daraus die zeitliche Entwicklung der Geometrie sowie von Materie und Strahlung für alle "späteren Zeiten" berechnet werden ("..." zeigt eine mathematisch schlampige Sprache an, die uns hier jedoch nicht zu stören braucht). Im Falle des Vorliegens einer Singularität ist die Vorgabe einer Anfangsbedingung jedoch nicht uneingeschränkt möglich.

Anders gesagt, Singularitäten sind Bereiche der Raumzeit, von denen ausgehend die weitere zeitliche Entwickung nicht berechenbar ist. Dies trifft z.B. zu für den Urknall, und dort ist eben auch die Dichte unendlich. Es könnte jedoch auch sein, dass die Dichte endlich ist, und dennoch eine Singularität vorliegt.

Im Falle des unendlichen Raumes liegt in diesem Sinne jedoch keine Singularität vor; es ist lediglich erforderlich, die Anfangsbedingung auf dem gesamten Raum zu spezifizieren, was aber i.A. problemlos möglich ist. Z.B. kann man die Geometrie des unendlichen Universums plus die Verteilung von Materie und Strahlung in diesem unendlichen Universum "zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach dem Urknall" vorgeben und die vollständige zeitliche Entwicklung berechnen.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von seeker » 13. Sep 2017, 17:02

Danke für eure Antworten!

Ja, das ist es wohl, mir war inzwischen auch etwas in der Richtung eingefallen: Im Kern geht es da m.E. -um es nochmals etwas anders auszudrücken und um es ganz ganz kurz zu fassen- um mathematische Eindeutigkeit.

Aus einer Singularität als Anfangsbedingung kannst du die weitere Entwicklung nicht in eindeutiger Weise mathematisch berechnen/ableiten, bei einem unendlichen Raum hast du dieses Problem nicht - mit einer Ausnahme: Wenn du einen unendlichen Raum als Anfangsbedingung annehmen würdest und später eine Entwicklung haben wolltest, wo er dann heute endlich ausgedehnt sein soll, dann hättest du dasselbe Problem. Bei der Dichte ist z.B. klar, dass sie heute einen endlichen Wert hat, also kann sie nie unendlich gewesen sein, beim Raum ist das offen, nur Null kann er nicht gewesen sein. Im Grunde geht es daher m.M.n. im Kern um Übergänge Unendlich->Endlich (oder umgekehrt, und es kann auch unendlich klein/wenig->Endlich, usw. sein), diese sind normalerweise in dem Sinne uneindeutig (das liegt in der Natur der Unendlichkeit: sie stellt keinen konkreten Wert dar, keine konkrete Zahl) und daher zu vermeiden, sonst müsste man ein Grundpostulat aufgeben, dass da lautet, dass alles in eindeutiger Weise vonstatten geht, stetig zu sein hat. Unitarität, Kausalität hängt da auch mit dran...
Grüße
seeker


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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 13. Sep 2017, 17:18

seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 17:02
Aus einer Singularität als Anfangsbedingung kannst du die weitere Entwicklung nicht in eindeutiger Weise mathematisch berechnen/ableiten,
Eine Singularität ist keine unzulässige Anfangsbedingung, sie macht das Setzen einer Anfangsbedingung unmöglich.
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 17:02
... bei einem unendlichen Raum hast du dieses Problem nicht - mit einer Ausnahme: Wenn du einen unendlichen Raum als Anfangsbedingung annehmen würdest und später eine Entwicklung haben wolltest ...
Da gibt es keine Wahl und kein Wollen. Die Anfangsbedingung bestimmt das "Später" eindeutig.
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 17:02
Bei der Dichte ist z.B. klar, dass sie heute einen endlichen Wert hat, also kann sie nie unendlich gewesen sein, beim Raum ist das offen,
Nein, das ist nicht offen.

Wenn zu Beginn eine im topologischen Sinne nicht-kompakte Mannigfaltigkeit vorliegt, dann bleibt sie auch nicht-kompakt. Ein offense Universum bleibt offen, ein geschlossenes bleibt geschossen. Differentialgleichungen für Mannigfaltigkeiten ändern nicht die Topologie
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 17:02
Im Grunde geht es daher m.M.n. im Kern um Übergänge Unendlich->Endlich ... diese sind normalerweise in dem Sinne uneindeutig
Sie sind mathematisch unmöglich.
seeker hat geschrieben:
13. Sep 2017, 17:02
... sonst müsste man ein Grundpostulat aufgeben, dass da lautet, dass alles in eindeutiger Weise vonstatten geht, stetig zu sein hat. Unitarität, Kausalität hängt da auch mit dran...
Und selbst wenn du dieses Postulat aufgeben würdest, müsstest du immer noch eine mathematische Theorie aufstellen, aus der dies in sinnvoller Weise folgen würde.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von Skeltek » 14. Sep 2017, 04:53

Sehr interessant, wie sich Beiträge und das Forum entwickelt haben während meinen Wochen Fast-Abwesenheit. Bin übrigens seit einer Woche aus dem Ausland zurück.
Singularität als anfangsstadium ist ja eine Sache, aber wo kommt das inhomogene Differential dann her, falls man es überhaupt auf eine Singularität anwenden könnte?
Das mit der Topologie erinnert mich etwas an den Thread über die Zeit und Halbordnung der kausalität vor dem Urknall.
Im allgemeinen finde ich Seekers Ideen recht interessant; was TomS zu Anfang sagte, dass die Wissenschaft heutzutage von einem weitgehend inhomogenen Universum ausgeht freut mich - das habe ich jetzt Jahrzehnte aussitzen müssen, bis die mal meiner Meinung sind...
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  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Raumproblem

Beitrag von tomS » 14. Sep 2017, 10:57

Skeltek hat geschrieben:
14. Sep 2017, 04:53
... aber wo kommt das inhomogene Differential dann her, falls man es überhaupt auf eine Singularität anwenden könnte?
Was ist ein "inhomogene Differential"?

Ich spreche von einer inhomogenen Anfangsbedingung (Mannigfaltigkeit plus Materie und Strahlung) sowie einer Differentialgleichung.
Gruß
Tom

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Re: Raumproblem

Beitrag von Skeltek » 14. Sep 2017, 11:28

Damit meinte ich die Trennung von phänomenologisch messbaren Zuständen wie z.B.Dichte und ähnlichem und dem im Universum selbst nicht messbaren Rest.
Angenommen, Masse, Energie und Strahlung seien anfangs gleichverteilt... dann kann man doch z.B. trotzdem der Raumepansion an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Epansionsgeschwindigkeiten zuordnen oder ähnliches. Die Inhomogenitäten müssen ja keine Ursache innerhalb des phänomenologisch emergenten Universums haben.
Der Anfangszustand des Universums kann als ein homogenes Standbild gesehen werden, als Analogie kann man dann sagen, dass daraus die Bewegungsvektoren der Raumpunkte oder von was auch immer nicht aus der homogenen Anfangsbedingung abgeleitet werden können, da man hier noch kein zeitliches Differential bilden kann.
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