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Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Mathematische Fragestellungen
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von Skeltek » 25. Jan 2016, 11:30

Im Groben netter Beitrag, allerdings bin ich hier etwas spitzfindiger:
seeker hat geschrieben: Und ich glaube auch, dass eine geometrische Strecke offenbar nicht dasselbe wie eine Aneinanderreihung von unendlich vielen Punkten sein kann (auch nicht wenn ich die Punkte aus R generiere, also überabzählbar-unendlich viele Punkte habe), denn eine (endlich lange) Strecke trägt eine Zusatzinformation, nämlich ihre Länge. Diese Information trägt eine Aneinanderreihung von unendlich vielen Punkten nicht.
Das stimmt so dann aber auch nicht wenn man es genau nimmt. Eine Wegstrecke beinhaltet genausowenig wie die Summe der darin enthaltenen Punkte eine Information über ihre Länge.
Die Information "Länge" kann nur über die mit dem Dreisatz in Verbindung stehende Relationen ermittelt werden (es ist komisch, dass diese sozusagen "vordefiniert" sein muss). Spreche jetzt auch nur über den einfachen eindimensionalen Fall; interessant wird es, wenn im Mehrdimensionalen vektoriel linear unabhängige Wegstrecken verglichen werden.
Denke es ist aber trotzdem ersichtlich was du damit sagst.
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von seeker » 25. Jan 2016, 11:58

Ja, ist klar.
Dann versuche ich meine zur Diskussion gestellte Behauptung genauer zu formulieren:

Auf einer endlichen Strecke ist eine Länge eindeutig definierbar und auch geometrisch eindeutig bestimmbar (zumindest als Relation), auf einer Aneinaderreihung von potentiell- oder aktual-unendlich (auch überabzählbar) vielen Punkten nicht, diese ist und bleibt beliebig, also uneindeutig - und zwar deshalb, weil man in letzterem Fall "verschiedene" Unendlichkeiten gleicher Mächtigkeit miteinander in Relation setzen müsste, das ist nicht eindeutig möglich.
Geometrisch ergibt sich dasselbe Bild.
Daher ist m.E. u.a. die Vorstellung, dass eine Strecke als Aneinanderreihung von Punkten verstanden werden kann, dass also eine Strecke aus Punkten zusammengesetzt sei, falsch.

Gleichzeitig kann die Existenz sowohl von Punkten als auch von endlichen Strecken als gesichert gelten, denn ich brauche diese beiden Konzepte schon dann, wenn ich einen Kreis zeichnen möchte (--> Kreismittelpunkt und Kreislinie).

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von tomS » 25. Jan 2016, 20:24

"Strecke" und "Länge" sollten im Sinne der Maßtheorie verstanden werden; dies erlaubt allgemeinere, sog. "messbare" Mengen
Gruß
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von seeker » 25. Jan 2016, 23:30

Mag sein. Aber auch dort gibt es offenbar Einschränkungen, die man um den Preis der aktualen Unendlichkeiten hinnehmen muss.

Ich habe folgendes gefunden:

Ab R^3 ist das Inhaltsproblem nicht lösbar.
(Banach-Tarski-Paradoxon, Satz von Hausdorff)
In der Ebene und auf der Geraden ist dieser Satz nicht gültig. Dort gibt es bewegungsinvariante Inhalte auf der Menge aller Teilmengen, die Kreisen beziehungsweise Linien ihre üblichen Flächeninhalte beziehungsweise Längen zuordnen. Diese spielen jedoch in der Mathematik kaum eine Rolle, da sie zum einen nicht eindeutig durch die Flächeninhalte von Kreisen bzw. Längen von Linien festgelegt sind,
https://de.wikipedia.org/wiki/Banach-Ta ... ite_note-1
Das geht hierauf zurück:
Satz von Banach: "Das Inhaltsproblem ist lösbar für R und R^2, aber es ist nicht eindeutig lösbar."

Gruß
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von tomS » 25. Jan 2016, 23:53

Nicht gleich so schwarz sehen.

Wenn eine messbare Menge gegeben ist, kann man dazu einen oder mehrere Wahrscheinlichkeitsräume konstruieren. Das hat doch erst mal ein positives Ergebnis. Nun kann man diskutieren, ob verschiedene Maße ein Problem darstellen, oder eher eine zusätzliche Freiheit (in der Geometrie beschwert sich niemand, wenn es zu einer Topologie verschiedene inäquivalente Geometrien gibt, sondern nun betrachtet das als Bereicherung).

Zu den Mengen im Kontext des Banach-Tarski-Paradoxons: diese sind allesamt nicht konstruierbar.

Ich sehe kein Problem darin, dass nicht über jeder Menge ein Wahrscheinlichkeitsraum konstruierbar ist.
Gruß
Tom

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von seeker » 26. Jan 2016, 00:23

Mir geht es im Moment vorwiegend darum besser zu verstehen, welcher Preis jeweils zu zahlen ist, wenn man was haben möchte.
Ob es den Preis dann wert ist, ist eine andere Frage.
Ich habe den Eindruck die Entscheidung der Majorität der Mathematiker fällt dann eher zugunsten von reicherer Mathematik und Pragmatismus.
Finden wir prinzipiell auch hier die möglichen gegensätzlichen Standpunkte von "Realos" und "Fundis", wie man sie auch in anderen Bereichen wie z.B. der Politik kennt? Kann man das so sagen?


Gruß
seeker
Grüße
seeker


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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von tomS » 26. Jan 2016, 07:08

Realos, Fundis, und ???

Es gibt die "reine Mathematik" sowie die darauf basierende "angewandte Mathematik", jeweils mit einer gewissen Grauzone.

Aus der Reihe fallen evtl. Intuitionisten, Finitisten etc.
Gruß
Tom

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von Pippen » 2. Feb 2016, 01:05

tomS hat geschrieben:Ganz einfach (am Beispiel der Poisson-Verteilung)

Gegeben ist die Grundmenge der natürlichen Zahlen N = {0,1,2,...} sowie ein Parameter a > 0.

Jeder Zahl n aus N wird eine Wahrscheinlichkeit p(n) = e-a an/n! zugeordnet.

Außerdem ist 0 < p(n) < 1 sowie ∑N p(n) = 1; damit erfüllt p(n) alle notwendigen Bedingungen für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung.Ä
Kannst du das mal konkret an einem Bsp. machen, damit es für mich verständlicher wird und dort sagen, wie groß P(455) dann wäre?

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von tomS » 5. Feb 2016, 19:58

Setzen wir in

p(n) = e-a an/n!

der Einfachheit halber a = 1; damit folgt

p(n) = 1/(n! * e)

p(0) = 1/e = 0.3679...
p(1) = 1/e = 0.3679...
p(2) = 1/(1*2 * e) = 0.1839...
p(3) = 1/(1*2*3 * e) = 0.0613...
...
Gruß
Tom

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von Job » 11. Feb 2016, 06:33

seeker hat geschrieben:Mir geht es im Moment vorwiegend darum besser zu verstehen, welcher Preis jeweils zu zahlen ist, wenn man was haben möchte.
Ob es den Preis dann wert ist, ist eine andere Frage.
Ich habe den Eindruck die Entscheidung der Majorität der Mathematiker fällt dann eher zugunsten von reicherer Mathematik und Pragmatismus.
Finden wir prinzipiell auch hier die möglichen gegensätzlichen Standpunkte von "Realos" und "Fundis", wie man sie auch in anderen Bereichen wie z.B. der Politik kennt? Kann man das so sagen?
Hallo Seeker,

ich finde dieses Thema auch sehr interessant. Es ist wohl so, dass wir keine „Probleme“ mit der Konsistenz und der Widerspruchsfreiheit haben, wenn wir uns auf endliche Mengen beschränken. Sobald wir Unendlichkeiten betrachten, tauchen an der einen oder anderen Stelle aber Probleme auf.

Hier gibt es dann aus meiner Sicht zwei Anmerkungen. Zum einen hat die Akzeptanz von Unendlichkeiten in der Mathematik rein praktisch gesehen enorme Vorteile, weil viele Betrachtungen dadurch einfacher werden und weil nur so der ganze Reichtum der Mathematik sich überhaupt erst entwickeln konnte. Kaum ein Mathematiker wird daher hierauf verzichten wollen. Der zweite Aspekt ist wie ich finde aber viel interessanter, nämlich die Frage, welche dieser Unendlichkeiten und Konstrukte in der Natur (wenn überhaupt) in welcher Form realisiert sind. Man kann auch äquivalent fragen: Beschäftigt sich die Mathematik in diesem Bereich nur mit künstlich konstruierten Dingen, oder nicht.

Betrachten wir ein paar Beispiele. Gibt es „da draußen“ unendlich viele „Teilchen“ oder nicht? Wenn wir mal nur die Teilchen betrachten, die wir heute kennen, wäre die Antwort: In einem lokalen Bereich wie unserem Universum ist die Anzahl der Teilchen endlich. Wir könnten also nur dann überhaupt unendlich viele Teilchen haben, wenn der Raum selbst in irgendeiner Form unendlich ist und zwar schon immer. Diese Frage ist offen.

Als nächstes, auch wenn das nicht direkt zum Thema passt, könnte man sich die Frage stellen, ob die rationalen Zahlen in der Natur überhaupt existieren. Die Frage erscheint auf den ersten Blick etwas merkwürdig, hat aber durchaus eine Berechtigung.

Nehmen wir ein einzelnes Proton. Gibt es dann 1/3 Proton? Nein. Nach allem, was wir wissen, kann man ein Proton nicht in drei gleiche Teile teilen. Die Natur lässt es nicht zu. Ich kann ein Proton zwar zerstören, aber nicht in drei gleiche Teile teilen.

Nehmen wir einen Verbund, der aus drei gleichen Molekülen besteht und nehmen wir an, dass wir diesen Verbund so trennen können, das wir die drei einzelnen Moleküle erhalten. Haben wir dann den Verbund in drei gleiche Teile geteilt?. Die Antwort ist ebenfalls nein, weil sich die Energien des ursprünglichen Verbundes (Bindungsenergie) und die Energie der drei Teile unterscheiden.

Können wir einen Stab, der aus n Atomen besteht, in 2 gleiche Hälften teilen? Wenn n ungerade ist, geht das nicht. Ich müsste dann ein Atom in zwei gleiche Hälften teilen, was aber wie oben angedeutet in der Realität nicht geht. Auch wenn n gerade ist, werden nicht zwei gleiche Hälften entstehen, deren Summe den ursprünglichen Stab ergibt, weil auch hier Bindungsenergien eine Rolle spielen.

Die Natur scheint also auf den ersten Blick etwas gegen rationale Zahlen zu haben, die nicht den ganzen Zahlen entsprechen.

Wie sieht es mit dem Kontinuum aus?

Sind Raum und Zeit kontinuierlich? In der Physik nehmen wir das in der Regel an, aber sind sie es wirklich? Wir wissen es nicht.

Nehmen wir aber mal an, der Raum wäre kontinuierlich und betrachten wir nochmal das Banach-Tarski-Paradoxon und kommen damit ein wenig näher an das Thema dieses Threads.

Die Aussage dieses Theorems ist grob gesprochen, dass sich der natürliche uns bekannte Volumenbegriff nicht widerspruchsfrei auf alle Teilmengen des kontinuierlichen dreidimensionalen Raumes übertragen lässt. Daher ist die Maßtheorie und damit auch die Wahrscheinlichkeitstheorie „gezwungen“, Restriktionen in Form von Axiomen zu machen, um die Paradoxien, die sich (nicht nur hier) zeigen, auszuschliessen.

Man kann das nun auf zwei Arten interpretieren.

1. Dies ist halt der „Preis“, den wir für Konsistenz und Widerspruchsfreiheit zahlen müssen. Das nehmen die meisten dann auch in Kauf, weil diese Restriktionen in der Praxis, wie Tom schon gesagt hat, in der Regel keine Rolle spielen.

2. Diese Restriktionen haben eine tiefere Bedeutung und sagen uns etwas über die Struktur des Raumes selbst. Nämlich, dass der Raum so beschaffen und „ konstruiert“ ist, dass solche pathologischen Mengen physikalisch nicht realisierbar sind.

Wenn man einmal annimmt, dass die Fundamente der Mathematik und hier insbesondere die Logik, mit dem Konstruktionsprinzip des „Alls“ (ich habe hier bewusst nicht Universum benutzt) übereinstimmen und die Mathematik aus diesem Grunde so erfolgreich in der Lage ist, physikalische Phänomene zu beschreiben, könnten auch Unendlichkeiten in einer bestimmten Form tatsächlich in der Natur realisiert sein. Allerdings nicht beliebig, sondern mit gewissen Restriktionen. Diese Restriktionen kennen wir zumindest zum Teil (insbesondere Gödel hat hier viel beigetragen).

Wenn man also diese Restriktionen nicht als Grenzen der Mathematik oder als gar als Makel betrachtet, sondern sie im Gegenteil als wertvollen Inputgeber ansieht, hätten wir vielleicht eine Chance, den Geheimnissen der Natur noch ein Stückchen näher zu kommen. Das Banach-Tarski Theorem ist nur dann beweisbar, wenn das Auswahlaxiom in seiner schärfsten Form richtig wäre. Diese Paradoxien kann man vermeiden, wenn man das Auswahlaxiom nur in einer abgeschwächten Form als gültig ansieht. Im Grunde basieren die Axiome der Maßtheorie und damit auch der Wahrscheinlichkeitstheorie auf so einem abgeschwächten Auswahlaxiom, das immer noch Unendlichkeiten zulässt, aber nicht mehr in beliebiger Form. Und dies hätte aus meiner Sicht erhebliche Konsequenzen auch auf die Physik und vor allem auf das Verständnis des Raumes.

Die heutigen Ansätze in der Physik betrachten den Raum entweder als kontinuierlich (Standard) oder diskret (einige neuere Ansätze). Wenn man einige der obigen Restriktionen mal ein wenig näher anschaut, könnte man zu dem Schluss kommen, dass er in gewisser Weise beides zugleich sein könnte, auch wenn sich das jetzt erstmal „strange“ anhört. Ein Ansatz "entweder oder“, wie er heute üblich ist, würde in diesem Fall jeweils wesentliche Eigenschaften ignorieren.
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von Skeltek » 11. Feb 2016, 13:58

Ein Ereignis(in ursprünglicher Wortbedeutung) ab dessen kein weiteres Ereignis stattfindet: Ende
Die Eigenschaft von etwas, welches durch seine Natur oder Dimensionen ein solches Ende hat: endlich
Die Eigenschaft, kein Ende zu haben: unendlich
Die naive Auffassung, welche sich durch Kovarianzlernen eingebürgert hat und als verständnismäßige Norm etabliert hat: Unendlich

Letztere wird als Compound aus den oberen Eigenschaften und der Vorstellung von einem "Wert" gebildet.
Eine Grenzwert-Folge ist unendlich.
Der Grenzwert selbst ist endlich.
Job hat geschrieben: Die heutigen Ansätze in der Physik betrachten den Raum entweder als kontinuierlich (Standard) oder diskret (einige neuere Ansätze).
Das wichtige ist doch, dass die mögliche Koordinatenmenge dicht ist.
Der reele Zahlenraum ist der "Rahmen" in den die diskreten, rationalen Zahlen usw eingebettet sind.
Entfernt man sich von der modernen Vorstellung der Unendlichkeit und kehrt zurück zur tatsächlich existenten alten Vorstellung der Unendlichkeit löst sich das Problem fast von selbst auf.
Der Raum könnte als unendlich filigran aufgefasst werden. Die physikalischen Ansätze, welche von diskreten Koordinaten ausgehen geraten nur zunehmend in Schwierigkeiten mit Residuen und Fragmenten, welche letztlich eine Repräsentation des Fehlers sind, wenn man Koordinaten als diskret auffasst: Alleine die Tatsache, dass wir mindestens Dimensionen haben impliziert zwangsläufig, dass Koordinaten dicht in einer Obermenge liegen.
Das ist jedoch solange kein Problem, solange diese Residuen (auch wenn mathematisch nicht beweisbar) sich in der Summe wegheben oder ein Mechanismus dafür sorgt, dass sie durch eine zeitliche Unschärfe Zeit haben gegen Null zu streben und die zukünftige Realität dadurch mehr oder weniger scharf wird. Möglicherweise hängt der von uns als Kollaps der Wellenfunktion verstandene Mechanismus damit zusammen.
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von seeker » 11. Feb 2016, 15:22

Job hat geschrieben:Der zweite Aspekt ist wie ich finde aber viel interessanter, nämlich die Frage, welche dieser Unendlichkeiten und Konstrukte in der Natur (wenn überhaupt) in welcher Form realisiert sind. Man kann auch äquivalent fragen: Beschäftigt sich die Mathematik in diesem Bereich nur mit künstlich konstruierten Dingen, oder nicht.
Ganz genau! Das ist die Frage, die auch ich im Hinterkopf habe, wenn ich mich hier mit solchen Dingen beschäftige.

Ich möchte sie in Bezug auf das Folgende noch etwas anders stellen:
Job hat geschrieben:Wenn man einmal annimmt, dass die Fundamente der Mathematik und hier insbesondere die Logik, mit dem Konstruktionsprinzip des „Alls“ (ich habe hier bewusst nicht Universum benutzt) übereinstimmen und die Mathematik aus diesem Grunde so erfolgreich in der Lage ist, physikalische Phänomene zu beschreiben, könnten auch Unendlichkeiten in einer bestimmten Form tatsächlich in der Natur realisiert sein.
Was aber, wenn sie es nicht wären (und zwar beide Unendlichkeiten: das unendlich Kleine, das Kontinuum und das unendlich Große)?
Was wäre in diesem Fall?
Müsste in dem Fall eine Beschreibung der Natur durch eine Mathematik, die so konstruiert ist, dass sie Kontinua und Unendlichkeiten enthält, dann nicht irgendwann an natürliche Grenzen stoßen, eben deshalb, weil sie dann schon in ihrem Kern ganz anders konstruiert wäre als die Natur?

Dieselbe Frage stelle ich mir in Bezug auf das "Nichts".
Unsere Mathematik scheint mir konsequent auf das Nichts aufgebaut zu sein: Man fängt mit der leeren Menge an, sagt dann, dies wäre kein Nichts, sondern schon ein Etwas, eben eine Menge, konstruiert daraus die Null, dann die Eins als Menge der Menge der leeren Menge, usw.
Was wenn es in der Natur gar kein Nichts gibt? Ist unsere Mathematik dann überhaupt beliebig gut kompatibel zur Natur?

Man soll sich ja auch nicht täuschen lassen: Der scheinbar unglaubliche Erfolg unserer heutigen Mathematik als Werkzeug der Physik zur Beschreibung der Natur könnte auch genauso gut gar nichts bedeuten. Es könnte genauso gut sein, dass wir von dem, was da draußen existiert, noch so gut wie gar nichts begriffen haben, dass das, was wir bisher physikalisch beschreiben können, ein unbedeutender Schatten ist, von dem was tatsächlich existiert.
Der scheinbare Erfolg der heutigen Physik könnte genauso gut eine anthropozentrische Selbsttäuschung sein.

Zu den Unendlichkeiten:
Ich bin bei ihnen im Zwiespalt. Es scheint mir zwei Wege zu ihnen zu geben:

1. Der "normale", aufbauende Weg: Man geht vom Nichts aus, konstruiert daraus das Endliche und nimmt dem Endlichen dann die Eigenschaft "endlich" weg und sagt, das wäre dann das Unendliche.

Mathematisch mag das so ohne direkte Widersprüche gehen, aber irgendwie schmeckt es mir nicht, wie das dort gemacht wird, irgendetwas sträubt sich da in mir. Und ich zweifle daran, dass es die Natur so gemacht haben kann (falls sie Unendlichkeiten überhaupt kennt), denn es fällt mir kein natürlicher Weg ein, wie man von etwas Endlichem zu etwas Unendlichem kommen kann.

2. Der umgekehrte, abbauende Weg: Man geht von der vollständigen Regellosigkeit aus (das ist sozusagen das "andere Nichts": es existiert dann zunächst alles, was nicht durch eine Regel verboten ist, also zunächst schlichtweg ALLES) und fügt dieser Regellosigkeit dann (einschränkende) Regeln hinzu.
Je mehr Regeln man hinzufügt, desto weniger bleibt übrig, bis man erst ganz am Schluss zur Eins und dann zur Null und dann (nur als Grenzfall, bei Anwesenheit von unendlich vielen Regeln) zum (gewöhnlichen) Nichts kommt.

Das schöne an 2. ist für mich:
Die Natur muss (falls sie es so tut) auf diesem Weg sogar tatsächlich Unendlichkeiten beinhalten, denn die "totale Unendlichkeit, das Alles", welches mit dem völligen Fehlen von Regeln einhergeht, wäre in diesem Fall ihr Grundzustand. Ein unendliches Objekt, wie z.B. ein unendlicher Raum, wäre etwas natürliches, sogar einfacheres als ein endlicher Raum, denn es wäre ein Raum, der mit einer Regel weniger auskommt als ein endlicher, nämlich eben der Regel, dass er endlich zu sein habe.
Mit dem Kontinuum dasselbe: Ein kontinuierlicher Raum wäre einfacher und natürlicher als ein diskreter Raum, weil er weniger eingrenzende Regeln braucht.
Was es aber wohl selten oder gar nicht in der Natur gäbe, wären tatsächlich völlig diskrete Objekte, eben wegen der vielen zusätzlichen Regeln, die solche Objekte benötigen. Objekte wären dann auch meistens unscharf und nicht vollständig durch Regeln determiniert.

Es gäbe dann verschiedene Welten mit einer mehr oder minder großen Ordnung (die direkt abhängig von der Anzahl der dort eingrenzend-wirkenden Regeln wäre), die Welten mit geringer Ordnung, also die chaotischen Welten wären viel häufiger anzutreffen, aber sie würden wohl kein Leben ermöglichen. Welten mit sehr hoher Ordnung wären selten, aber sie würden Leben, also Beobachter ermöglichen. Welten mit totaler Ordnung, also mit extrem vielen Regeln, wären extrem selten, ob sie Leben ermöglichen würden ist ungewiss.

Ich überlege immer noch, ob es nicht doch grundsätzlich möglich sein könnte solch eine "umgekehrte Mathematik" nach 2. zu konstruieren und ob das vielleicht nützlich für die physikalische Beschreibung der Natur sein könnte und uns neue Einblicke gewähren könnte?
Ist es möglich eine Mathematik zu konstruieren, die nicht von Objekten ausgeht, von einem Objekt "Nichts" bzw. "leere Menge" bzw. "die Abwesenheit von Elementen" ausgeht, sondern umgekehrt von Regeln, von einem Konzept ohne Regeln bzw. "die Abwesenheit von Regeln", dem dann eine erste einschränkende Regel hinzugefügt wird, dann eine zweite, usw.?

Hintergrund: Mathematik scheint mir im Prinzip und im Kern aus zweierlei zu bestehen: 1. Objekte, 2. Regeln

Ich glaube man sollte als zusätzliche Perspektive die Dinge nicht nur in Hinsicht auf Anwesenheit/Abwesenheit von Objekten betrachten, sondern zusätzlich auch in Hinsicht auf Ordnung/Chaos, im Sinne von Anwesenheit/Abwesenheit von Regeln.
Kann das Sinn machen?

P.S.: Sorry Job, falls ich hier zu wenig auf deine Gedanken eingegangen bin und evtl. wieder einmal weit abschweife. Ich hole das gerne nach. Stoß mich auch gerne nochmals auf die dir wichtigsten Punkte.

Grüße
seeker
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von positronium » 11. Feb 2016, 16:01

seeker hat geschrieben:2. Der umgekehrte, abbauende Weg: Man geht von der vollständigen Regellosigkeit aus (das ist sozusagen das "andere Nichts": es existiert dann zunächst alles, was nicht durch eine Regel verboten ist, also zunächst schlichtweg ALLES) und fügt dieser Regellosigkeit dann (einschränkende) Regeln hinzu.
Je mehr Regeln man hinzufügt, desto weniger bleibt übrig, bis man erst ganz am Schluss zur Eins und dann zur Null und dann (nur als Grenzfall, bei Anwesenheit von unendlich vielen Regeln) zum (gewöhnlichen) Nichts kommt.
Du weisst: Dein Gedanke gefällt mir. Und ich denke manchmal darüber nach.
Vielleicht basiert die Natur tatsächlich auf Einschränkung, ausgehend von allem. Aber egal wie ich es drehe, einen Ansatzpunkt zur Formulierung will zumindest mir Laien nicht einfallen.

Das Problem ist: Man muss erst einmal das Alles irgendwie hinschreiben, und dazu dann Einschränkungen setzen. Vor allem für zweiteres, aber auch ersteres trifft jedoch zu, dass es sich dabei um Regeln handeln würde, wie wir sie in der klassischen Mathematik verwenden, und damit ist man ja schon wieder bei der Konstruktion vom Nichts zum Etwas statt der gegenteiligen vom Alles zum Etwas.

Vielleicht können wir Menschen diesen anderen Weg nicht denken. Unsere Logik basiert ja immer auf konkreten Objekten, die wir verarbeiten, an die wir denken, nicht auf allem, also auch dem nicht-gedachten.

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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von Job » 16. Feb 2016, 11:08

seeker hat geschrieben: Man soll sich ja auch nicht täuschen lassen: Der scheinbar unglaubliche Erfolg unserer heutigen Mathematik als Werkzeug der Physik zur Beschreibung der Natur könnte auch genauso gut gar nichts bedeuten. Es könnte genauso gut sein, dass wir von dem, was da draußen existiert, noch so gut wie gar nichts begriffen haben, dass das, was wir bisher physikalisch beschreiben können, ein unbedeutender Schatten ist, von dem was tatsächlich existiert.
Der scheinbare Erfolg der heutigen Physik könnte genauso gut eine anthropozentrische Selbsttäuschung sein.
Ich bin schon der Meinung, dass wir ganz essentielle Dinge noch nicht wissen. Ich bin aber auch der Meinung, dass der Stand der Dinge sich sehr wohl sehen lassen kann und meinen Respekt verdient, auch wenn ich mit den gängigen Interpretationen nichts anfangen kann. Sie vernebeln für mich die Sache eher als dass sie Licht hineinbringen.

Seeker, ich liste zunächst ein paar Zitate auf, die mir gut gefallen haben.
seeker hat geschrieben: Und ich zweifle daran, dass es die Natur so gemacht haben kann (falls sie Unendlichkeiten überhaupt kennt), denn es fällt mir kein natürlicher Weg ein, wie man von etwas Endlichem zu etwas Unendlichem kommen kann.

Das schöne an 2. ist für mich:
Die Natur muss (falls sie es so tut) auf diesem Weg sogar tatsächlich Unendlichkeiten beinhalten, denn die "totale Unendlichkeit, das Alles", welches mit dem völligen Fehlen von Regeln einhergeht, wäre in diesem Fall ihr Grundzustand.

Es gäbe dann verschiedene Welten mit einer mehr oder minder großen Ordnung (die direkt abhängig von der Anzahl der dort eingrenzend-wirkenden Regeln wäre), die Welten mit geringer Ordnung, also die chaotischen Welten wären viel häufiger anzutreffen, aber sie würden wohl kein Leben ermöglichen. Welten mit sehr hoher Ordnung wären selten, aber sie würden Leben, also Beobachter ermöglichen.
Ja, das scheint mir ein sehr guter Ansatz zu sein. Das mit den Regeln hatten wir ja schon mal in einem anderen Thread diskutiert, ich habe es aber immer noch nicht verstanden und daher hier mal weggelassen.
seeker hat geschrieben: Ich überlege immer noch, ob es nicht doch grundsätzlich möglich sein könnte solch eine "umgekehrte Mathematik" nach 2. zu konstruieren und ob das vielleicht nützlich für die physikalische Beschreibung der Natur sein könnte und uns neue Einblicke gewähren könnte?

Ist es möglich eine Mathematik zu konstruieren, die nicht von Objekten ausgeht, von einem Objekt "Nichts" bzw. "leere Menge" bzw. "die Abwesenheit von Elementen" ausgeht, sondern umgekehrt von Regeln, von einem Konzept ohne Regeln bzw. "die Abwesenheit von Regeln", dem dann eine erste einschränkende Regel hinzugefügt wird, dann eine zweite, usw.?

Hintergrund: Mathematik scheint mir im Prinzip und im Kern aus zweierlei zu bestehen: 1. Objekte, 2. Regeln

Ich glaube man sollte als zusätzliche Perspektive die Dinge nicht nur in Hinsicht auf Anwesenheit/Abwesenheit von Objekten betrachten, sondern zusätzlich auch in Hinsicht auf Ordnung/Chaos, im Sinne von Anwesenheit/Abwesenheit von Regeln.
Kann das Sinn machen?
Ob man so eine Mathematik formulieren kann, da bin ich ehrlich gesagt überfragt. Aber ich glaube auch nicht, dass der Ansatz wirklich so extrem sein muss. Die Frage wäre aus meiner Sicht wie Positronium auch geschrieben hat, wie so ein unendlicher Grundzustand definiert werden kann und welche Eigenschaften er haben müsste (im Sinne von Elementen, Strukturen, Topologie und Maßtheorie), damit daraus Raum und Zeit und die Objekte und Wechselwirkungen, die wir beobachten, abgeleitet werden könnten. Wie können Bereiche höherer Ordnung entstehen und wie vergehen sie evtl. wieder. Emergenz, Symmetriebrechungen und Phasenübergänge müssten hier eine Rolle spielen. Ich glaube nicht, dass wir da mathematisch bei Null anfangen müssten, dass wir aber auch noch nicht alle Werkzeuge hierfür bereits entwickelt haben. Damit man dabei überhaupt eine Chance hat, müsste man zwingend einige Gundannahmen machen, sonst wird es entweder zu komplex oder zu beliebig. Dabei können wir der Natur aufs Maul schauen in Form von Symmetrien, Selbstähnlichkeiten und Konstruktionsprinzipien, die wir in der Natur finden. Die ergeben sich ja nicht einfach zufällig, sondern folgen "Vorgaben". Letztendlich läuft es auf die Frage hinaus, was denn das Vakuum ist und wie es beschaffen sein muss, damit sich daraus höhere Organisationsformen wie das Universum in dem wir leben bilden können. Sorry, dass ich immer wieder darauf herumreite :-)

Viele Grüße
Job
Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als zu begreifen ist.
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seeker
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von seeker » 16. Feb 2016, 13:30

positronium hat geschrieben:Vielleicht basiert die Natur tatsächlich auf Einschränkung, ausgehend von allem. Aber egal wie ich es drehe, einen Ansatzpunkt zur Formulierung will zumindest mir Laien nicht einfallen.

Das Problem ist: Man muss erst einmal das Alles irgendwie hinschreiben, und dazu dann Einschränkungen setzen. Vor allem für zweiteres, aber auch ersteres trifft jedoch zu, dass es sich dabei um Regeln handeln würde, wie wir sie in der klassischen Mathematik verwenden, und damit ist man ja schon wieder bei der Konstruktion vom Nichts zum Etwas statt der gegenteiligen vom Alles zum Etwas.

Vielleicht können wir Menschen diesen anderen Weg nicht denken. Unsere Logik basiert ja immer auf konkreten Objekten, die wir verarbeiten, an die wir denken, nicht auf allem, also auch dem nicht-gedachten.
Man muss das "Alles" gar nicht hinschreiben. Man muss es zunächst gar nicht betrachten, den Fokus auf die Regeln lenken, nicht auf das Objekt "Alles" (darin liegt der Perspektivwechsel). Ich fange einfach mit einem "leeren Blatt" an: Dort sind Null Regeln formuliert. Ich definiere: Das entspricht meinem "Objekt Alles", weil noch nichts verboten ist.
Wenn man nun Regeln hinschreibt, bekommt man nicht direkt klar definierte Objekte/Strukturen (wie z.B. Zahlen). Stattdessen erscheinen langsam Strukturen, aus einer Unschärfe heraus; je mehr man per Regel wegnimmt/ausschließt, desto schärfer werden sie. Völlig klar definierte Objekte bekäme man erst ganz am Ende, wobei der Fokus hier ja gar nicht auf ihnen liegen soll, sondern auf den Regeln verharren soll.
Mehr weiß ich darüber noch nicht. Vielleicht bekomme ich dazu noch Ideen, ich muss noch weiter darüber nachdenken.
Und vielleicht hast du auch Recht, dass wir Menschen so etwas vielleicht gar nicht ausformulierend denken können, vielleicht erfordert so etwas ein völlig anderes Denken. Das läge dann aber nur bei uns, nicht in der Natur der Sache. Ich finde ich es hier wichtig zu sehen, dass es so etwas prinzipiell geben könnte und dass man immerhin die Idee dazu formulieren kann.
Ich halte es grundsätzlich im Denken für sehr wichtig öfter mal Perspektivwechsel zu versuchen, aus den gewohnten Denkschemas auszubrechen, das Innere nach außen zu kehren - auch, nein gerade bei den Grundlagen, den aller-selbstverständlichsten Dingen.
Job hat geschrieben:Ich bin aber auch der Meinung, dass der Stand der Dinge sich sehr wohl sehen lassen kann und meinen Respekt verdient
Der Meinung bin ich auch.
Job hat geschrieben:Ob man so eine Mathematik formulieren kann, da bin ich ehrlich gesagt überfragt. Aber ich glaube auch nicht, dass der Ansatz wirklich so extrem sein muss. Die Frage wäre aus meiner Sicht wie Positronium auch geschrieben hat, wie so ein unendlicher Grundzustand definiert werden kann und welche Eigenschaften er haben müsste (im Sinne von Elementen, Strukturen, Topologie und Maßtheorie), damit daraus Raum und Zeit und die Objekte und Wechselwirkungen, die wir beobachten, abgeleitet werden könnten.
Ja, ich weiß es auch noch nicht. Aber dieser Grundzustand ergäbe sich durch den Perspektivwechsel ganz natürlich, genauso natürlich wie gewöhnlicherweise der Zustand "Nichts", der ja auch "einfach so" genommen/angenommen wird - und er hätte natürlich zunächst genauso viel bzw. wenig Eigenschaft wie "Nichts". Die Frage ist vielmehr, wie man von dieser "anderen Seite" zu dem kommen kann, was man will.

Aber ja, weniger extreme Ansätze könnten auch hifreich sein.
Job hat geschrieben:Letztendlich läuft es auf die Frage hinaus, was denn das Vakuum ist und wie es beschaffen sein muss, damit sich daraus höhere Organisationsformen wie das Universum in dem wir leben bilden können.
Ja. Das ist aber ein eigenes Thema. Aber du hast Recht. Ich wundere mich eh schon oft, in welch einer seltsamen Welt wir doch leben, mit Quantenobjekten, Raumzeitkrümmungen, Emergenzen, usw. ...

Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
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Re: Wahrscheinlichkeiten bei abzählbar unendlichen Ergebnismengen

Beitrag von positronium » 16. Feb 2016, 17:31

seeker hat geschrieben:Man muss das "Alles" gar nicht hinschreiben.
Vermutlich kann ein Philosoph auf diese Weise beginnen. Er muss dann eine konkrete Frage stellen, für die er vorgegebene denkbare Antworten aufstellt, und aus diesen die möglichen anhand der Regeln auswählt. Ich wüsste jetzt aber nicht, wie ein Physiker das machen könnte, weil er die denkbaren Antworten nicht kennt.
Anders formuliert: Der Philosoph kann festlegen, dass seine Antworten ein Geradenbündel ist, und die Steigungsfaktoren etc. durch Regeln einschränken. Der Physiker dagegen weiss nicht, ob er Geraden, Parabeln, Kreise oder sonst etwas sucht - ich denke, er muss irgendwo her wissen, was es als Ergebnis alles geben kann, und dafür wäre es nötig, das Alles hinzuschreiben.
Aber vielleicht denke ich noch nicht weit genug.
seeker hat geschrieben:Und vielleicht hast du auch Recht, dass wir Menschen so etwas vielleicht gar nicht ausformulierend denken können, vielleicht erfordert so etwas ein völlig anderes Denken. Das läge dann aber nur bei uns, nicht in der Natur der Sache. Ich finde ich es hier wichtig zu sehen, dass es so etwas prinzipiell geben könnte und dass man immerhin die Idee dazu formulieren kann.
Ja!
seeker hat geschrieben:Ich halte es grundsätzlich im Denken für sehr wichtig öfter mal Perspektivwechsel zu versuchen, aus den gewohnten Denkschemas auszubrechen, das Innere nach außen zu kehren - auch, nein gerade bei den Grundlagen, den aller-selbstverständlichsten Dingen.
Genau!

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