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Schrödingers Katze

Quantenmechanik, Unschärfenrelation, Welle-Teilchen-Dualismus, Rechenmethoden sowie Interpretation der Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 24. Okt 2015, 11:25

seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Die QM bietet eine exakte Vorhersage des Spektrums einer Observablen.
Ich weiß noch nicht genau was du meinst. Kannst du ein Beispiel geben? Ist das genau eine Messung an genau einem Objekt?
Das sind die möglichen Messwerte und deren Wahrscheinlichkeiten einer beobachtbaren Eigenschaft genau eines Objektes.
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Du hast recht, Dekohärenz und VWI geben dir nur etwas "fast scharfes", aber das ist im Rahmen der erreichbaren Präzision scharf genug, d.h. fapp nicht unterscheidbar von einem postulierten exakt scharfen Eigenzustand.
Hmm... fast scharfe Objekte, die von einem fast scharfen Beobachter fast scharf beobachtet werden...
Das ist ein wichtiger Punkt. Kann man sagen, dass diese minimale Unschärfe im Rauschen untergeht? - Immerhin ist jeder Messwert mit einer gewissen Breite/Toleranz versehen.
Erlaubt der QM-Formalismus, die Konstruktion eines Zeitentwicklungsoperators, der verschiedene Zweige im Rahmen der VWI wieder vereint? Und wie sähe das räumlich aus... Ich könnte ja dann hier und gleichzeitig auf der anderen Seite der Erde sein?

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 25. Okt 2015, 01:34

positronium hat geschrieben: Erlaubt der QM-Formalismus, die Konstruktion eines Zeitentwicklungsoperators, der verschiedene Zweige im Rahmen der VWI wieder vereint? Und wie sähe das räumlich aus... Ich könnte ja dann hier und gleichzeitig auf der anderen Seite der Erde sein?
Eben leider nicht. So wie tomS es beschrieben hat (wenn ich ihn richtig verstanden habe), sind die anderen Zweige lediglich orthogonale "Reste" welche wir ohnehin nicht gemessen haben bzw das Komplement der von uns gemessenen Anteile.
Passt eigentlich super ins Bild welches mir damals vor 10-20 Jahren alle versucht haben auszureden.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 25. Okt 2015, 10:48

Skeltek hat geschrieben:Eben leider nicht. So wie tomS es beschrieben hat (wenn ich ihn richtig verstanden habe), sind die anderen Zweige lediglich orthogonale "Reste" welche wir ohnehin nicht gemessen haben bzw das Komplement der von uns gemessenen Anteile.
Das habe ich anders verstanden. Nämlich so, dass diese Zustände tatsächlich näherungsweise orthogonal zueinander existieren, aber eben fast keine Wirkung aufeinander haben.
Was ist richtig?
Aber selbst wenn ich es richtig verstanden habe, ist mir das noch nicht ganz klar. Interferenz und Verschränkung sind eines, aber Kräfte etwas anderes. Die müssten ja auch entkoppeln. Wie geht das?

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 25. Okt 2015, 17:11

Zunächst mal: was ist eine Messung im Kontext der VWI? Ein spezieller Zeitentwicklungsoperator, der eine bestimmte Basis auszeichnet, nämlich gerade die Eigenbasis der zu messenden Observablen. Genau in dieser Basis sind die resultierenden Zweige "makroskopisch entkoppelt".
positronium hat geschrieben:Erlaubt der QM-Formalismus, die Konstruktion eines Zeitentwicklungsoperators, der verschiedene Zweige im Rahmen der VWI wieder vereint?
Trivialerweise ja.

Ein Zeitentwicklungsoperator U(t) eines quantenmechanischen Systems ist gegeben durch den Hamiltonoperator H, wobei H die Freiheitsgrade des Messgerätes und der Umgebung einschließen muss. Dann ist U(t) = exp[-iHt]

Die Entwicklung rückwärts in der Zeit wäre U(-t) = exp[iHt]. Diese ist zulässig und führt exakt auf den Ausgangszustand zurück. Allerdings ist die Konstruktion praktisch wohl nicht möglich, da man die Zustände aller beteiligten Freiheitsgrade geeignet erfassen und beeinflussen (umkehren) müsste. Und das scheitert gerade an den makroskopischen Teilsystemen des Messgerätes und der Umgebung.
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 25. Okt 2015, 17:30

tomS hat geschrieben:Die Entwicklung rückwärts in der Zeit wäre U(-t) = exp[iHt]. Diese ist zulässig und führt exakt auf den Ausgangszustand zurück. Allerdings ist die Konstruktion praktisch wohl nicht möglich, da man die Zustände aller beteiligten Freiheitsgrade geeignet erfassen und beeinflussen (umkehren) müsste. Und das scheitert gerade an den makroskopischen Teilsystemen des Messgerätes und der Umgebung.
Das kann ich nachvollziehen. Danke für die Erklärung!

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 25. Okt 2015, 18:01

@seeker: Ich kann die Einwände nachvollziehen, wenn ich auch die Argumentation in den zitierten Textstellen etwas "geschraubt" finde. Grundsätzlich ist das aber kein Einwand gegen die VWI im speziellen sondern gegen jede "platonistische" Haltung im Allgemeinen.

Es geht auch gar nicht darum, dass man die "Erkenntnis der Welt an sich" fordert. Man fordert weniger, und zwar etwas gar nicht so unvernünftiges, nämlich dass man im Zuge der Erkenntnis zu einem gewissen Teil an "der Welt an sich" Teil hat. Ich finde das sehr schön in Platons Höhlengleichnis zusammengefasst. Auch die Aussage von Einstein "Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht", trifft's ganz gut: wir sind in der Lage, wesentliche Strukturen des Seins zu erkennen.
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 06:22

Zudem "fast scharf" noch eine Anmerkung:

In der KI wird per Postulat festgelegt, dass eine Messung zu einem Kollaps in einen exakten Eigenzustand mit exaktem = scharfem Messwert führt.

In der VWI (moderner Prägung = auf Basis der Dekohärenz) wird abgeleitet, dass eine Messung einer Observablen zu einer Zweigstruktur bzgl. der Eigenzustände sowie der entsprechenden Zeigerzustände führt (wobei dies eben gerade nicht beliebig scharf sein muss). D.h. entsprechend der Dekohärenz ist eine Messung einer Observablen A gerade eine Wechselwirkung, die die Zeigerbasis zu A auszeichnet und bzgl. dieser zu einer Zweigstruktur führt.

Der Witz ist, dass letzteres völlig ohne Postulate daherkommt.
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 26. Okt 2015, 09:48

@Tom:
Mir geht es im Moment auch darum mal ein wenig von dieser Diskussion "VWI vs KI" ein Stück weit wegzukommen (wir müssen hier ja niemanden zum "rechten Glauben" bekehren) und einfach mal einen Schritt zurückzutreten und die Dinge nochmals unvoreingenommen im Überblick zu betrachten.
Ja, es geht in dem Text wohl eher gegen den Platonismus im Allgemeinen, wobei ich "gegen" gar nicht sagen würde, es geht vielmehr um vernünftige Einschränkungen desselben: Mensch, erkenne deine Grenzen!

Die Sache mit Platons Höhlengleichnis ist ja dies:

1. Dass wir von der Welt nur Schatten sehen.
In Ordnung! Stimme zu!

Aber nun wird es schwierig:
2. Dass wir durch die Logik bzw. auch die Mathematik die wahre Welt hinter den Schatten sehen könnten.
Das gilt eben höchstens mit Einschränkungen, wenn überhaupt.
Wenn man die Schatten mathematisch beschreibt und dann dadurch findet, dass es außer den Schatten noch andere Objekte hinter den Schatten geben muss, dann ist eine solche Aussage keinesfalls bewiesen.
Zudem könnten die mathematisch erkennbaren Objekte jederzeit auch wieder nur Schatten sein, Schatten hinter Schatten hinter Schatten...
Es (2.) ist daher ein Glaube, nicht mehr und nicht weniger! (Und es ist m. E. wichtig dies zu erkennen!)

Und:
3. Dass wir über diese Erkenntnisse sprechen können, also dem semantisch eine "wahre" Bedeutung geben können.
Auch das gilt höchstens mit Einschränkungen.

Deshalb wundert es mich auch nicht, dass manche Menschen in Anbetracht der QM zu der Einschätzung gelangt sind, dass diese prinzipiell unverständlich ist oder dass man sie nicht "als von der Welt handelnd" interpretieren sollte, sondern nur von "unserem Wissen über die Welt", usw.
Und auch vorläufig-agnostische Haltungen (wie die meine) sollten verständlich werden.

Obwohl gerade mir die VWI sehr gut in mein philosophisches Konzept passt, denn sie ist sparsam und man muss auf diesem Weg nur einen Schritt weiter gehen, dann kann man die Feineinstellung der Naturkonstanten und Anfangsbedingungen (des Universums) zwanglos erklären und noch einen Schritt weiter kann man sogar zwanglos erklären, "warum überhaupt etwas ist und nicht nichts".

Ich glaube allerdings auch, dass ich die VWI jederzeit auch so einordnen könnte:
Ihr habt mit allem Recht! Die VWI ist richtig! Bis auf einen kleinen Punkt: Es wird jeweils von allen möglichen Zweigen nur genau einer real!
Hier könnte ich dann z.B. wieder einen Zufall oder sogar einen Subjektivismus einbauen, wenn mir danach wäre, ein Primat des Bewusstseins, evtl. sogar durch das Postulat eines wählenden, globalen Beobachters/Bewusstseins.
Natürlich verstößt jede Erweiterung dann gegen Ockham, nur ist eben Ockham kein Werkzeug um die Erklärung zu finden, die der Wahrheit am nächsten kommt, es ist leider nur ein Werkzeug um die zu irgendeinem Zeitpunkt scheinbar sparsamste Erklärung zu finden, also nur die (nur unter der Prämisse Ockham!) am vernünftigst-scheinende Erklärung. Daher darf man solches im Prinzip immer.
Außerdem könnte ich auch behaupten: Die VWI ist richtig! Nur wird dabei kein Zweig real! Das wäre vielleicht die allersparsamste Interpretation...

Es geht bei all dem nicht darum was wahr ist, sondern darum was wir als am vernünftigsten einschätzen sollten!
Es geht hier nicht nur um die Welt, es geht auch um uns! Und das dürfen wir nicht vergessen.
Und wir müssen deshalb auch akzeptieren, dass hier verschiedene Weltsichten gleichwertig nebeneinander stehen können/dürfen.

Lasst uns demnächst mit den anderen Punkten (2. und 3. des Maudlin Trilemmas) weitermachen und auch einmal weitere Interpretationen genauer anschauen.

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 10:30

Ich will niemanden bekehren, ich will lediglich die VWI korrekt darstellen.

Zu der Einschränkung bzgl. des Platonismus; ja, natürlich ist es eine kühne Vermutung, dass man mittels Logik zu mehr und gesicherter Erkenntnis gelangen kann.

Bzgl. der Realität der einzelnen Zweige:
seeker hat geschrieben:Es wird jeweils von allen möglichen Zweigen nur genau einer real!
Nein, es sind bzw. werden alle Zweige real, jedoch für einen Beobachter, der ebenfalls der Verzweigung unterliegt, nicht sichtbar. Real bedeutet, dass es eine "umfassende Welt" gibt, in der tatsächlich alle Zweige existieren. Grundsätzlich ist diese Annahme auch testbar, da man das Experiment auch zeitlich rückwärts ablaufen lassen könnte; nur wenn tatsächlich alle Zweige real existieren, wird der Anfangszustand wieder angenommen.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 26. Okt 2015, 11:38

tomS hat geschrieben:Nein, es sind bzw. werden alle Zweige real, jedoch für einen Beobachter, der ebenfalls der Verzweigung unterliegt, nicht sichtbar.
Schon klar. Ich denke, ich kann aber z.B. immer irgendwo weit hinten in der Verzweigung doch noch einen Mikro-Kollaps hinzufügen, z.B. genau dann, wenn die Dekohärenz so weit fortgeschritten ist, dass ein Messwert hinreichend eindeutig beobachtbar wird.
Zusatzannahme, verstößt derzeit gegen Ockham, ist aber möglich.
tomS hat geschrieben:Real bedeutet, dass es eine "umfassende Welt" gibt, in der tatsächlich alle Zweige existieren.
Es bedeutet, dass genaugenommen nur die umfassende Welt real ist, die Zweige sind nur eine unvollkommene "Realität" (für einen ebenso unvollkommen "realen" Beobachter, wie kann es den geben?), Schatten...
tomS hat geschrieben:Grundsätzlich ist diese Annahme auch testbar, da man das Experiment auch zeitlich rückwärts ablaufen lassen könnte; nur wenn tatsächlich alle Zweige real existieren, wird der Anfangszustand wieder angenommen.
Das wäre ein sehr interessantes Experiment.
Könnte man das nicht irgendwie bewerkstelligen?
Kann ich nicht dafür sorgen (z.B. indem ich das mit mir ausmache), dass ein hinreichend großer Anteil meiner zukünftigen Abspaltungen in einem gemeinsamen Experiment genau das Richtige tut, um so eine Anti-Dekohärenz hinzubekommen (schwache Quantenmessung mit Spiegelung oder dergleichen)?

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 13:17

ja, natürlich kann man immer einen Kollaps hinzufügen, wenn man unbedingt möchte; wenn du eine Theorie hast, aus der eine Struktur S, die Sichtbarkeit einer Untersturktur S' sowie die Unsichtbarkeit einer Unterstruktur S* beweisbar folgt, hindert dich niemand daran, genau das zu postulieren; anders gesagt, wenn du zu den Peano-Axiomen noch die Forderung 47 - 11 = 36 hinzunimmst, dann ist das logisch konsistent ...

ja, es bedeutet tatsächlich, dass genaugenommen nur die umfassende Welt real ist; ein Zweig ist nur ein Teilaspekt dieser Realität; anders gesagt, z.B. sind "Quarks" im Rahmen der QCD nur Teilaspekte der Realität "Proton"; je nach Experiment erscheint das Proton bzw. dessen Substruktur anders

nein, ich denke nicht, dass ein derartiges Experiment durchführbar ist, und zwar aus zwei Gründen:
erstens müsste man ja gerade die Effekte der Dekohärenz mit einbeziehen, und das erscheint mir aufgrund der unkontrollierbaren Umgebungsfreiheitsgrade unmöglich; anders herum: wenn man diese Umgebungsfreiheitsgrade vollständig miteinbeziehen könnte, dann läge ja gerade keine Dekohärenz vor;
und zweitens kenne ich das Gegenargument der Kollaps-Anhänger genau: sie würden behaupten, dass man wieder ein noch größeres System präpariert habe, bei dem die QM noch gültig ist :-(
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 26. Okt 2015, 13:55

Ich versuche einmal etwas zusammenzufassen:

Die VWI ist aus rein theoretischer Sicht die zurzeit beste Interpretation der QM, da am sparsamsten in den Grundannahmen.
Allerdings können die Berechnungen selbst aus anwendungs-theoretischer Sicht dadurch durchaus auch komplizierter werden.
Aus experimenteller Sicht sind zurzeit alle (zumindest die meisten) Interpretationen der QM gleich gut bzw. gleich schlecht.
Die VWI erfordert als Grundlage eine platonistische Weltanschauung und auch eine holistische Sicht auf die Dinge, inklusive einer Neubewertung des Begriffs "Realität".
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man auch den Platonismus und den Holismus akzeptieren muss, wenn man die VWI akzeptieren möchte.

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 13:59

stimmt
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 26. Okt 2015, 17:57

Was sagen die Theorien eigentlich über die Genese der Teilchen. Also nicht bei der Messung/Absorbtion, sondern bei der Erschaffung/Abstrahlung der Teilchen?
Wie werden dem Teilchen die zusätzlichen Anteile hinzugefügt, welche später nicht gemessen werden?
Weiss nicht wie ich es genau formulieren soll... Wenn bei der Messung orthogonale Anteile ignoriert werden, wie werden diese denn dann bei mAbstrahlen hinzugefügt?
Ich habe auch noch nie etwas über den Prozess des "Aufspannens" der Wellenfunktion beim Prozess der Emission gelesen...
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 18:05

Sorry, das verstehe ich nicht.

Es gibt einen Hilbertraum, einen Quantzenzustand als Vektor in diesem Hilbertraum, sowie dessen unitäre Zeitentwicklung. Das unterscheidet die VWI in nichts von der KI oder der "shut-up-and-calculate" Interpretation - außer dass die VWI auf die Bornsche Regel als Postulat verzichtet.
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 26. Okt 2015, 18:24

Skeltek hat geschrieben:Was sagen die Theorien eigentlich über die Genese der Teilchen. Also nicht bei der Messung/Absorbtion, sondern bei der Erschaffung/Abstrahlung der Teilchen?
Wie werden dem Teilchen die zusätzlichen Anteile hinzugefügt, welche später nicht gemessen werden?
Weiss nicht wie ich es genau formulieren soll... Wenn bei der Messung orthogonale Anteile ignoriert werden, wie werden diese denn dann bei mAbstrahlen hinzugefügt?
Ich habe auch noch nie etwas über den Prozess des "Aufspannens" der Wellenfunktion beim Prozess der Emission gelesen...
Deine Fragen sind in dieser Form leider nicht richtig. Es geht nicht darum, wie eine Wellenfunktion erzeugt, oder "Anteile hinzugefügt" werden, sondern welche Lösungen der Bewegungsgleichung welches Gewicht im neuen Zustand bekommen.
Auch darf man die "nicht gemessenen" Anteile nicht als irrelevant für das Ergebnis der Messung betrachten - deren Form spielt in die Zeitentwicklung hinein.
Es ist ausserdem nicht so, dass "orthogonale Anteile" ignoriert würden - es geht dabei ebenso nicht um die Orthogonalität selbst, sondern je nach Interpretation, (KI) um die Projektion zweier Zustände und die daraus folgende Wahrscheinlichkeit oder, und darauf sprichst Du speziell an, (VWI) die Aufspaltung eines Zustandsvektors in mehrere. Die gesamte Information steckt also in dem einen Vektor und wird durch Wechselwirkung zerfasert - es gibt nicht so etwas wie einen unvollständigen Zustand, zu dem etwas zur Entstehung von Teilchen hinzugefügt werden müsste.. So wie ich das sehe, stellt die Erzeugung von Teilchen im Rahmen der VWI keinen Unterschied zur Vernichtung dar, aber hier überlasse ich gerne unserem Fachmann das Wort. :wink:

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 26. Okt 2015, 19:25

Okay, lasst es mich dann anders formulieren.
Der nicht realisierte Teil in der VWI, was passiert damit nach der Messung? Bleibt er an das Teilchen gebunden oder verschwindet er im Rauschen, Vakuum, Chaos oder passiert sonst etwas damit?
Je nach Antwort ergibt erst der andere Teil meiner Frage überhaupt Sinn.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 26. Okt 2015, 19:35

Skeltek hat geschrieben:Der nicht realisierte Teil in der VWI, ...
Den gibt es nicht; jede Möglichkeit wird realisiert.
Skeltek hat geschrieben:...was passiert damit nach der Messung?
Alle Möglichkeiten entkoppeln, und jede "Kopie" der Beobachter sieht (fast) nur sein scheinbar zufälliges Messergebnis.
Skeltek hat geschrieben:Bleibt er an das Teilchen gebunden oder verschwindet er im Rauschen, Vakuum, Chaos oder passiert sonst etwas damit?
Ich interpretiere das jetzt so (Und das gefällt mir nicht.), dass ein und das selbe Teilchen verschiedene völlig voneinander unabhängige Zustände einnimmt.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 26. Okt 2015, 20:46

Skeltek hat geschrieben:Der nicht realisierte Teil in der VWI, was passiert damit nach der Messung?
Alle "Teile" werden realisiert
Skeltek hat geschrieben:Bleibt er an das Teilchen gebunden oder verschwindet er im Rauschen, Vakuum, Chaos oder passiert sonst etwas damit?
Je nach Antwort ergibt erst der andere Teil meiner Frage überhaupt Sinn.
Nein, das ergibt m.E. keinen Sinn. Und zwar erstens aufgrund des ersten Teils der Frage, und zweitens weil der Teilchenbegriff hier keinen Sinn ergibt.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 27. Okt 2015, 06:19

positronium hat geschrieben: Alle Möglichkeiten entkoppeln, und jede "Kopie" der Beobachter sieht (fast) nur sein scheinbar zufälliges Messergebnis.
Damit verlagerst du nur das Problem der Erklärung, da du voraussetzt, dass der Beobachter selbst bereits vor der Messung mehrteilig war und die verschiedenen Teile sich vorher nur überlagert hatten.
Als ich den Umstand wie du eben auf den Beobachter zurückgeführt hatte (mein kleiner Beitrag zur Passivität des Messprozesses, bzw dem Entkoppeln der Realitäten erst durch den Beobachter), hat mich tomS mehr oder weniger davon überzeugt, dass der Gedankengang völlig Banane ist.

@tomS:
Tut mir leid, falls ich die Diskussion aufhalte, aber ich bin wirklich daran interessiert es nicht missverständlich zu begreifen.
Mit "Alle Teile werden realisiert" meinst du doch, dass die nicht gemessenen Komponenten zwar realisiert werden, aber nicht in die eigene Realität einfließen?
Oder meinst du Verzweigung in derschiedene Realitäten?
Falls Letzteres, dann habe ich deinen Beitrag auf den Seiten vorher wohl missverstanden.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 27. Okt 2015, 09:33

Skeltek hat geschrieben:
positronium hat geschrieben: Alle Möglichkeiten entkoppeln, und jede "Kopie" der Beobachter sieht (fast) nur sein scheinbar zufälliges Messergebnis.
Damit verlagerst du nur das Problem der Erklärung, da du voraussetzt, dass der Beobachter selbst bereits vor der Messung mehrteilig war und die verschiedenen Teile sich vorher nur überlagert hatten.
Nein.

Der gesamte Quantenzustand unterliegt einer "Verzweigung".

Wir starten mit einem Zustand für einen radioaktiven Kern, Detektor, Katze, Beobachter und Umgebung

(a|nicht zerfallen> + b|zerfallen>) * |Nullstellung> * |lebt> * |beobachtet nichts> * |Umgebung>

Der Endzustand lautet

a|nicht zerfallen> * |registriert nichts> * |lebt> * |beobachtet lebende Katze> * |Umgebung'> + b|zerfallen> * |registriert Zerfall> * |tot> * |beobachtet tote Katze> * |Umgebung''> + ...

wobei ... für weitere Ternme steht, die diverse Zustände mischen, z.B. |lebt> * |beobachtet tote Katze> jedoch aufgrund der Dekohärenz winzig klein sind

Skeltek hat geschrieben:Mit "Alle Teile werden realisiert" meinst du doch, dass die nicht gemessenen Komponenten zwar realisiert werden, aber nicht in die eigene Realität einfließen?
Oder meinst du Verzweigung in derschiedene Realitäten?
Falls Letzteres, dann habe ich deinen Beitrag auf den Seiten vorher wohl missverstanden.
Verzweigung in verschiedene Zweige einer Realität, wobei die Zweige wechselweise unsichtbar sind.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 27. Okt 2015, 11:15

Der Punkt ist laut VWI:
Es gibt nur eine Realität, die der Quantenrelität, beschreibbar durch EINE einzige nicht-reduzierbare (!), holistische Wellengleichung und mindestens seit dem Urknall - und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Das, was wir bisher klassich als "Realität" bezeichnet haben, was wir beobachten ist gar keine Realität, das ist alles nur pseudo-real, bzw. relativ zu uns als Beobachter scheinbar-real, Schatten.
Diese Geschichte mit der Verzeigung (ohne Kollaps) bedeutet nur, dass Wellen so auseinanderlaufen dass in dem einen Teil (Zweig) "Option" A (man kann hier eigentlich gar nicht mehr "Möglichkeit" sagen, weil die Wellenfunktion ja hier gar keine Wahrscheinlichkeit angibt, sondern schon etwas Reales sein soll) dominant ist und in dem anderen sich senkrecht dazu stellenden Teil Optin B dominiert, ohne dass sie sich wirklich trennen, ohne dass sie jemals ihren Zusammenhalt, ihre Verbindung, ihre Gesamtheit wirklich verlieren.

Stell dir eine einzige Welle vor, die die Gesamtzahl aller möglichen Geschichten des Universums seit dem Urknall darstellt. Das ist alles, was es laut VWI gibt.
Diese Welle hat viele Maxima, die aber stets in dem unendlich-dimensionalen Raum (in dem sich die Welle befindet) auseinanderlaufen, dabei teilen und sich dabei auch in der Breite verengen, sodass sich die einzelnen Teile also nach einer gewissen Zeit praktisch nicht mehr gegenseitig überlagern/stören. Dann werden die separierten Peaks (nur diese sind beobachtbar und immer nur je einer davon) wieder breiter, verlaufen und spalten sich durch Verengung wieder auf. So ungefähr stelle ich mir das jedenfalls vor.
All das ändert aber nichts daran, dass das EINE Welle ist.

Grüße
seeker
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Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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Job
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Job » 27. Okt 2015, 11:33

Hallo zusammen,

sehr interessante Diskussion. Zu dem einen oder anderen möchte ich auch ein paar Gedanken beisteuern. Zunächst zu einigen ausgewählten Interpretationen:

1. Der Kollaps der Kopenhagener Interpretation (KI) ist so vage und wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet, dass er für mich wie wohl für viele andere hier im Forum auch, als "vernünftige" Erklärung ausscheidet.

2. Die Dekohärenz hat aus meiner Sicht viele gute Ansätze. Das Problem ist aber hier noch die Interpretation dieser Interpretation. Wenn wir in diesem Zusammenhang davon sprechen, dass jedes System nicht als isoliert betrachtet werden kann, sondern mit seinem Umfeld interagiert und dies zur Dekohärenz führen kann, kann ich dem voll und ganz zustimmen. Allerdings stellen wir uns unter diesem Umfeld derzeit in der Regel nur Dinge vor, die wir kennen wie Photonen, Elektronen, Atome, etc. Dies führt dazu, dass wir zwar große Mehrteilchen-Zustände damit ganz gut beschreiben können, bei einzelnen Elektronen z.B. aber auch nicht wirklich weiter kommen. Der Grund hierbei ist aus meiner Sicht, dass unsere Zustandsbegriffe in diesem Fall noch zu grob sind. Wenn wir dem Vakuum die (aktive) Rolle geben würden, die es aus meiner Sicht verdient, hätte auch ein einzelnes Elektron eine Umwelt und diese Umwelt würde mit genau derselben Argumentation dafür sorgen, dass das Elektron einer Dekohärenz unterliegt. Damit bräuchte man keinen Kollaps, da das Elektron bereits durch die Interaktion mit dem Vakuum "kollabiert" ist. Es ist damit (wenn auch nicht scharf wie in der klassischen Sichtweise) im Rahmen seiner "stochastischen Zitterbewegungen" durchaus lokalisierbar. In der Thermodynamik würde man das Phänomen der Dekohärenz in diesem Fall einen Phasenübergang nennen und das Elektron wäre ein (durchaus komplexes) Kondensat. Kurz: Die Dekohärenz ist aus meiner Sicht auf dem richtigen Weg, springt aber noch zu kurz.

3. Die viele Welten Interpretation (VWI) hat aus meiner Sicht das Problem, dass sie behauptet, die Verzweigungen würden alle wirklich realisiert. Das halte ich nicht für "vernünftig". Ich möchte das an einem Beispiel erläutern. Wenn wir uns ein Brownsches Teilchen ansehen, dann kann es bei einem gegebenen Startpunkt in der Zukunft potenziell beliebig viele unterschiedliche Pfade mit zugeordneten Wahrscheinlichkeiten durchlaufen. Wenn die Zeit voranschreitet, wird davon genau einer auch realisiert. Die anderen bis dahin potentiell möglichen aber nicht. Die VWI behauptet im übertragenen Sinne aber genau das. Und das entspricht aus meiner Sicht nicht der Realität und ist auch unnötig.

4. Die de Broglie Bohm (dBB) Interpretation hat für mich den guten Ansatz, dass sie ein Elektron auch wirklich als ein Teilchen akzeptiert, was nach einer etwas breiteren Auslegung der Dekohärenz auch kein Problem darstellen würde. Unklar bleibt dabei, was der physikalische Hintergrund der Führungswelle ist. Zum anderen ist dBB so aufgebaut, dass sie bei gegebenen Anfangsorten die Bahngeschwindigkeiten deterministisch bestimmt und benötigt eine Quantengleichgewichts-Hypothese. Dieser Teil der Theorie trifft aus meiner Sicht nicht die Realität, da der Zufall an die falsche Stelle gelegt wird.

5. Besser ist da der Ansatz der Nelsonschen Stochastik. Er beseitigt dieses Problem, weil er die deterministischen Geschwindigkeiten des Bohmschen Ansatzes durch mittlere Geschwindigkeiten, gesteuert durch einen Wienerprozess zu einem direkten stochastischen Ansatz erweitert. Er ist damit in der Lage, das Bohmsche Quantenpotential abzuleiten und nicht zu postulieren und auch die Quantengleichgewichtshypothese benötigt er nicht. Dieser Ansatz kommt dem Ganzen schon sehr nahe, hat aber aus meiner Sicht auch noch einen entscheidenden Mangel, wodurch er auf halbem Wege stecken bleibt. Wie Tom in einem anderen Beitrag festhielt, ist ein klassischer Wienerprozess nicht geeignet, alle Phänomene abzuleiten. Man muss also den Wienerprozess durch einen anderen etwas spezifischeren stochastischen Prozess ersetzen. So könnte man die Unitarität sicherstellen und auch die SRT geeignet berücksichtigen.

Meine Einschätzung zum Maudlin-Trilemma wäre dann
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
--> Nein, da die Vakuumzustände nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Antwort hängt aber zugegeben stark davon ab, was man unter "vollständig" und "Eigenschaften" versteht.

2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
--> Ja, aber nur, wenn man die ART ausklammert

3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse
--> Kann ich nicht richtig einschätzen, da mir nicht klar ist, was mit exakt definierten Ergebnissen genau gemeint ist. Wenn damit gemeint ist, dass wir keine Überlagerungszustände wie "Katze tot und lebendig" oder Atomkern "zerfallen und nicht zerfallen" messen können, wäre meine Antwort Ja.

Viele Grüße
Job
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 27. Okt 2015, 13:26

Hi tomS
das ist schon klar soweit, worauf ich hinaus möchte ist die Preparation des Anfangszustandes:
tomS hat geschrieben:Wir starten mit einem Zustand für einen radioaktiven Kern, Detektor, Katze, Beobachter und Umgebung

(a|nicht zerfallen> + b|zerfallen>) * |Nullstellung> * |lebt> * |beobachtet nichts> * |Umgebung>
Das Zustandekommen des fett markierten wird meiner Meinung nach als gegeben vorausgesetzt ohne weiter darauf einzugehen.
Wobei bei deiner Erklärung der Sachlage interpretiert werden könnte, dass
(zerfallen + nicht zerfallen)(unbeobachtet) bei einmaliger Beobachtung resultiert in:
(zerfallen)(beobachtet) + (nicht zerfallen)(beobachtet)
wobei letzteres eine Planckzeit später absolut gleichbedeutend ist mit:
(zerfallen)(beobachtet) + (zerfallen + nicht zerfallen)(unbeobachtet)

Ich sehe ein Problem mir: (nicht zerfallen)(beobachtet) = (zerfallen + nicht zerfallen)(unbeobachtet)

Das nicht als zerfallen beobachtete Etwas ist nach dem erstmaligen Messen ja wieder im Anfangszustand.
Das bedeutet ja, dass das nicht zerfallene Teilchen bei jedem widerholten hingucken sich weiter teilt in nicht zerfallen und zerfallen.
So würde das bedeuten, dass der Anfangszustand zu jedem Zeitpunkt laufend neue Möglichkeiten realisiert ohne jedoch vom Anfangszustand etwas zu "subtrahieren"...
Die beobachtete "nicht zerfallen"-Realisation wäre exakt dasselbe wie der unbeobachtete Anfangszustand.
Es fällt mir schwer es als plausibel anzuerkennen, dass bei der Aufspaltung einer der beiden Äste exakt und unverändert der Ausgangszustand sein soll.
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 27. Okt 2015, 19:26

Skeltek, du verstehst irgendwie die Zeitentwicklung falsch. Der Initialzustand wird als gegeben vorausgesetzt. Das ist triviale QM und unabhängig von jeder Interpretation. Die folgenden Zustände werden NIE exakt eingenommen, deswegen habe ich auch immer ein "..." angefügt. Die VWI folgt dabei immer exakt der stetigen und unitären Zeitentwicklung gem. der Schrödingergleichung. Dabei geht es NIE um diskrete Sprünge. Auch das ist zunächst unabhängig von jeder Interpretation.

Also irgendwie richtet sich deine Argumentation gegen beliebige Interpretationen bzw. gegen den Standardformalismus - oder du hast da noch etwas nicht verstanden
Gruß
Tom

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