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Schrödingers Katze

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Frank » 17. Okt 2015, 10:39

Sorry, aber ihr schafft es echt jeden Neuankömmling hier mit Pauken und Trompeten in die Flucht zu schlagen.
@ Reisende20
Keine Angst, Sie meinen es nicht so.... :beer:
Mit freundlichen Grüßen

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 17. Okt 2015, 10:53

Da haben wir uns wohl vergaloppiert ...
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 17. Okt 2015, 15:32

Frank hat geschrieben:Sorry, aber ihr schafft es echt jeden Neuankömmling hier mit Pauken und Trompeten in die Flucht zu schlagen.
@ Reisende20
Keine Angst, Sie meinen es nicht so.... :beer:
Da hat er wohl nicht rechtzeitig seine Bremsfunktion erfüllt...
Es ist ja irgendwie auch klar, dass die Alteingesessenen auch ihr eigenes Wissen ausbessern wollen, wenn sie schonmal dabei sind.
Wenns zu kompliziert wird, einfach bescheid geben.

Jetzt muss ich mir erstmal tomS Beitrag durchlesen
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von FKM » 18. Okt 2015, 08:56

tomS hat geschrieben:Da haben wir uns wohl vergaloppiert ...
Also ich als Nicht-Fachwissenschaftleer finde die Diskussion hier sehr interessant und lehrreich, auch wenn sie vielleicht nicht ganz in die Rubrik "Phsik ganz leicht verständlich" passt.

Meine emotionale Einstellung zur Viele-Welten-Interpretation ist "So was Abwegiges darf doch wohl nicht wahr sein!" mit ähnlichen Argumenten, wie sie Skeltek, Seeker und Positronium gebracht haben. Andererseits kommt die VWI von den mir bekannten Interpretationen am logischsten und konsistent vor. Allerdings verstehe ich die Mathematik der QM nicht gut genug, um mir eine fundierte Meinung zu bilden. Ich muss mich also auf hoffentlich korrekte umgangssprachliche Darstellungen der VWI wie die von Dieter Zeh verlassen:*

http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as ... page4.html
tomS hat geschrieben:
Skeltek hat geschrieben:Mir geht es darum, ob die Aufspaltung der VWI bereits dann passiert, wenn man die Schachtel öffnet oder erst dann, wenn die Information über den Kollaps beim Betrachter ankommt.
Zeit für einen kleinen Schock? Es gibt die Aufspaltung gar nicht ...
Zumindest der Punkt der VWI war mir vorher anhand der Texte von Zeh klar.

Was mit der Kopenhagener Interpretation genau gemeint ist, habe ich nie verstanden. Manche populärwissenschaftliche Bücher (die den "Kollaps der Wellenfunktion" erklären wollen) kommen mir eher wie Esoterik als wie Wissenschaft vor.

*) Sein Buch "Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?" hatte ich vor einiger Zeit in einer Biblitothek ausgeliehen. Dass die Texte (zumindest teilweise) auch online verfügbar sind, habe ich erst jetzt entdeckt.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 18. Okt 2015, 11:56

Fakt ist, dass praktisch jeder die VWI zunächst absurd findet. Das legt sich etwas, wenn man begreift, dass die "vielen Welten" nicht postuliert sondern lediglich akzeptiert werden. Eine gewisse Skepsis bleibt natürlich immer.

Zu Zeh: er ist ein absoluter Spezialist auf dem Gebiet, aber ich halte seine Argumentation für zu verschlungen; ich habe schon mit ihm persönlich diskutiert, und ich hatte immer den Eindruck, ich weiß was er jetzt sagen will, und ich versteh's, aber irgendwie hat er's dann immer anders gesagt ...

Wenn dir die englische Sprache nichts ausmacht, dann empfehle ich dir

http://www.preposterousuniverse.com/blo ... y-correct/
http://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds/

Und dann können wir evtl. über die ernstzunehmenden Gegenargumente diskutieren.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Reisende20 » 18. Okt 2015, 16:31

Moin zusammen,

@Siggi
danke für den Link. Werde ich mir doch gleich mal zu Gemüte führen. Ich habe auch Rothleins Katze auf dem Desktop (falls jemand eine andere Einführung favorisiert immer her damit). Werde ich auch mal gleich reinschauen.

@Frank
Keine Angst, so schnell schlägt man mich nicht in die Flucht! Ich muss zugeben, ich bin sehr beieindruckt. :o :beer:

Das kristalliert sich mehr und mehr zu einer Grundsatzdiskussion heraus. :sp:

Wünsche allen einen schönen Abend, Anja

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Reisende20 » 18. Okt 2015, 18:52

... was die Welt im innersten zusammenhält!

@Siggi Nein, ich albere nicht rum. Habe mir Deinen Link angeschaut. War ziemlich surrealistisch das Filmchen. Etwas klarer wurde das Thema mit diesem Video vom Herren Lesch

https://www.youtube.com/watch?v=FwNV_e-Xz68

Für blutige QM-Anfänger sehr zu empfehlen.

:cat

Viele Grüße, Anja

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von gravi » 18. Okt 2015, 18:55

@Anja: Nur zur Info: Das Mitglied Siggi ist nicht mehr im Forum. Aus guten Gründen habe ich ihn jetzt gelöscht.

Gruß
gravi
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Frank » 18. Okt 2015, 19:02

Ich möchte in dem Zusammenhang nochmals auf diesen YouTube Kanal verweisen, da es Anfängern wie mir doch ungemein hilft, wenn man die Dinge so erklärt bekommt. :)

https://www.youtube.com/user/UrknallWeltallLeben
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 19. Okt 2015, 15:56

Ich würde vorschlagen, wir schauen uns das Maudlin-Trilemma gemeinsam genauer an:
tomS hat geschrieben:Das Problem wird m.E. am besten auf den Punkt gebracht durch das sogenannte Maudlin-Trilemma; nicht alle folgenden drei Aussagen können gleichezitg korrekt sein:
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse
Ich fange einmal mit 1) an und stelle ein paar Gedanken dazu zur Diskussion:

Klassisch gesehen waren physikalische Theorien immer ein Modell der Realität. Ein Modell verhält sich zur Realität wie eine Landkarte zu einer echten Landschaft:
Das Modell (wenn gut) bildet die Landschaft in den wesentlichen Punkten richtig ab (was wesentlich ist, wird durch uns gewählt, ohne das "so und nicht anders" 100%-wasserdicht begründen zu können!).
Wichtig hierbei: Das Modell ist klassich IMMER einfacher als die Landschaft - und zwar nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ!

Worauf ich hinaus will:
In 1) wird nun nichts Geringeres behauptet, dass das in der Quantenwelt nicht so sei, dass dort das Modell (prinzipiell) nicht einfacher als die Realität sei, dass dort Modell und Realität im Prinzip (qualitativ) identisch seien, konkret, dass es nichts in der physikalischen Welt gäbe, das nicht von der (bekannten) QM schon abgedeckt wäre. So verstehe ich "vollständige Beschreibung".

Ich halte das für eine sehr starke Forderung bzw. für eine sehr optimistische, eigentlich unbescheidene Haltung.
Ich glaube dafür wissen wir einfach viel zu wenig. Die QM könnte ebensogut nichts weiter als eine effektive Theorie sein, wobei die wahren, tieferliegenden Vorgänge dann verborgen wären und noch evtl. ihrer Entdeckkung harren würden (falls überhaupt möglich bzw. uns zugänglich).
Weiterhin müsste man darüber nachdenken, was denn eine "physikalische Eigenschaft" eines Systems sei, solange sie weder beobachtet worden ist noch laut Theorie konkret ist, als EIN konkreter Wert für jede Eigenschaft des Systems. Und man muss sich hier wohl auch entscheiden, ob solche "QM-Eigenschaften" überhaupt "existierend" genannt werden sollen (und falls ja: inwiefern?), denn sie sind prinzipiell nicht beobachtbar.
D.h.: Wenn man hier "ja" sagt, dann kann man sich (zumindest derzeit) eigentlich nur auf die theoretisch-mathematische Beschreibung stützen und auch nur aus dieser Richtung argumentieren.
Soll man? Reicht das aus? Das ist m. E. die Gretchenfrage...

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 19. Okt 2015, 17:17

Danke für deinen Beitrag!
seeker hat geschrieben:Ich würde vorschlagen, wir schauen uns das Maudlin-Trilemma gemeinsam genauer an:
tomS hat geschrieben:Das Problem wird m.E. am besten auf den Punkt gebracht durch das sogenannte Maudlin-Trilemma; nicht alle folgenden drei Aussagen können gleichezitg korrekt sein:
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse
Klassisch gesehen waren physikalische Theorien immer ein Modell der Realität ... Wichtig hierbei: Das Modell ist klassich IMMER einfacher als die Landschaft - und zwar nicht nur quantitativ sondern auch qualitative ... In 1) wird nun nichts Geringeres behauptet, dass das in der Quantenwelt nicht so sei, dass dort das Modell (prinzipiell) nicht einfacher als die Realität sei, dass dort Modell und Realität im Prinzip (qualitativ) identisch seien, konkret, dass es nichts in der physikalischen Welt gäbe, das nicht von der (bekannten) QM schon abgedeckt wäre. So verstehe ich "vollständige Beschreibung".
Ich bin keineswegs der Meinung, dass die QM hier etwas qualitatv Neues bedeutet!

Ein Planet fliegt entlang einer Bahnkurve durch den Weltraum. Und im Konfigurationsraum der Newtonschen Mechanik haben wir eine Trajektorie r(t), die genau das beschreibt. In der ART ersetzen wir den Konfigurationraum R³ durch eine 4-dim. pseudo-Riemannsche Mannigfaltigkeit, aber die Entsprechnung gilt nach wie vor.

D.h. es liegt eine Art "treue Entsprechung" bzw. eine Art "strukturelle Isomorphie" vor. Es gibt dazu auch den Begriff des Strukturenrealismus, der genau diesen Aspekt einfängt. Das ist keine neue Eigenschaft der QM.
seeker hat geschrieben:Ich glaube dafür wissen wir einfach viel zu wenig. Die QM könnte ebensogut nichts weiter als eine effektive Theorie sein, wobei die wahren, tieferliegenden Vorgänge dann verborgen wären und noch evtl. ihrer Entdeckkung harren würden (falls überhaupt möglich bzw. uns zugänglich).
Das könnte schon sein, aber nach allem was wir heute wissen, ist es nicht so. Es gibt keinen Grund, diesbzgl. an der QM zu zweifeln. Zumindest wäre es das erste Mal in der Geschichte der Physik, dass wir eine fundamentalere Theorie nicht deswegen suchen, weil uns Experimente das nahelegen, sondern weil wir eine existierende und zu 100% passende (!) Theorie nicht mögen.

Warum können wir nicht einfach die "vielen Welten" als eine Vorhersage der QM akzeptieren und dies als Forschungsprojekt mit theoretischen und praktischen Aspekten auffassen, anstatt genau diese Vorhersage wegzupostulieren? Das ist doch ein Armutszeugnis. Ich persönlich möchte gerne wissen, ob diese Vorhersage ganz oder teilweise zutrifft. Und wenn sie nicht zutrifft, möchte ich wissen, warum, bzw. wo genau sie fehl geht. Denn nur anhand des Scheiterns einer Theorie bzw. anhand von falschen Vorhersagen hat man in der Vergangenheit neue bzw. umfassendere Theorien entwickelt. Man hat nie einfach eine Theorie einfach so aus dem Hut gezogen - so wie das Kollapspostulat.

Historisch war es natürlich eher da, aber man sollte sich nicht zu sehr von der Historie leiten lassen. Stell dir einfach mal vor, die Dekohärenz sowie die VWI wären zeitlich vor der Bornschen Regel entwickelt worden. Stell' dir vor, man hätte sich bereits 1925 rein pragmatisch auf experimentelle Vorhersagen (Spektren, Wirkungsquerschnitte, ...) gestürzt, und eine Einstein-Bohr-Debatte sowie die Solvay-Konferenz hätte es nie gegeben ...

Leider folgen viele Gegenargumente zur VWI einer positivistischen Grundhaltung mit dioversen Denkverboten und sind eher destruktiv als konstruktiv. Das ist das, was mich am meisten stört.

(D.h. nicht, dass man nicht Alternativen untersuchen darf. Aber solange man nicht mehr vorzuweisen hat als deBroglie-Bohm, den stochastischen Kollaps oder die Vermutung einer fundamentaleren Theorie - was ich einfach noch nie auch nur ansatzweise im Kontext einer Quantenfeldtheorie gesehen habe - sollte man etwas zurückhaltend sein)

seeker hat geschrieben:Weiterhin müsste man darüber nachdenken, was denn eine "physikalische Eigenschaft" eines Systems sei, solange sie weder beobachtet worden ist noch laut Theorie konkret ist, als EIN konkreter Wert für jede Eigenschaft des Systems. Und man muss sich hier wohl auch entscheiden, ob solche "QM-Eigenschaften" überhaupt "existierend" genannt werden sollen (und falls ja: inwiefern?), denn sie sind prinzipiell nicht beobachtbar.
Nun, da kann man Einstein folgen, der genau dazu Heisenberg widersprochen hat: die Theorie selbst entscheidet, was beobachtbar ist; die Theorie enthält jedoch immer auch nicht-beobachtbare Elemente. Z.B. wissen wir, dass in der ART invariante Größen und insbs. Dirac-Observable konstruiert werden müssen. Wir wissen auch, dass dies extreme kompliziert ist (die ganze LQG dreht sich u.a. um diese Problematik). Das bedeutet jedoch nicht, dass die ART nicht unbeobachtbare Elemente als Träger von Eigenschaften enthält. Niemand würde heute auf die Idee kommen, die Mannigfaltigkeit oder meinetwegen das Tangentialraumfaserbündel aus der Theorie zu eliminieren, nur weil es nicht direkt beobachtbar ist.

"Eigenschaft" ist in der QM etwas weiter zu fassen. Es gibt recht klare Theoreme, was keine Eigenschaften sein können (Bell, Kochen-Specker). Andereseits existiert eine mathematische Struktur (Hilbertraum) sowie ein "Träger von Eigenschaften" (Zustandsvektor). All dies entpricht m.E. der Situation in ART, außer dass die QM unanschaulicher ist. Das ist jedoch kein wissenschaftliches Kriterium.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 21. Okt 2015, 01:06

tomS hat geschrieben:Ich bin keineswegs der Meinung, dass die QM hier etwas qualitatv Neues bedeutet!

Ein Planet fliegt entlang einer Bahnkurve durch den Weltraum. Und im Konfigurationsraum der Newtonschen Mechanik haben wir eine Trajektorie r(t), die genau das beschreibt. In der ART ersetzen wir den Konfigurationraum R³ durch eine 4-dim. pseudo-Riemannsche Mannigfaltigkeit, aber die Entsprechnung gilt nach wie vor.
Ja, das schon. Ich wollte auf etwas anderes hinaus:

Wenn du einen Planet berechnest, genauer seine zeitliche Entwicklung, dann hast du zunächst eine Wahl getroffen: Dich interessiert an dem Planeten nur seine äußere Bewegung. Was "Bewegung" ist, hast du auch schon zuvor definiert, d.h. du nimmst eine ganz spezifische Perspektive ein (unter vielen anderen prinzipiell möglichen Perspektiven).
Dann behandelst du ihn vereinfachend als Massepunkt, ohne sonstige Eigenschaften, wohlwissend, dass er das bei weitem nicht ist. Wenn du nun z.B. ausrechnest, dass er in 1000 Jahren an Punkt X sein wird, dann kann das schiefgehen, z.B. dann, wenn ihn seine Bewohner 100 Jahre früher in die Luft sprengen, außerdem verliert er vielleicht etwas Atmosphäre, es gibt vulkanische Aktivität, er hat ein Magnetfeld, er rotiert, usw.
Weiterhin beachtest du vielleicht nicht seine Umgebung, die seine Bahn ja beeinflussen könnte und falls doch, so so kannst du sicher nicht alles berücksichtigen was da ist, denn dafür müsstest du den Zustand aller Teilchen, etc. innerhalb seines Lichtkegels wissen und auch modellieren können.
Du vereinfachst also. Das ist sinnvoll, denn anders können wir es ja gar nicht: Das Modell ist qualitativ und quantitativ einfacher als der reale Planet!
Qualitativ deshalb, weil du nicht alle Eigenschaften berücksichtigst, die den Planeten ausmachen und quantitativ, weil du die Eigenschaften, die du berücksichtigst, nicht vollständig und vollständig exakt kennst.

Die Standard-Antwort darauf lautet nun: Jaaa, das ist schon so, aber prinzipiell könnten wir das schon, wir könnten prinzipiell alles erfassen und richtig und völlig exakt berechnen, wenn wir nur alle Informationen hätten und genügend Rechenpower!

Das ist einleuchtend... Aber: Es ist ein unbewiesenes Postulat!
Unbewiesen deshalb, weil dazu eine vollständige Messung erforderlich wäre, die in allen Punkten mit der theoretischen Vorhersage vollkommen übereinstimmt.
Alles was wir wissen ist, dass unsere Vorhersagen in den von uns gewählten und betrachteteten Punkten ungefähr übereinstimmt, wenn wir unsere Arbeit gut gemacht haben.
Allein damit lässt sich das obige Postulat aber leider niemals als richtig beweisen.
Wir sollten das nicht vergessen und dementsprechend etwas vorsichtig sein, meine ich.

Der Unterschied, den ich zu einem mikroskopischen Objekt bzw. einem Quantenobjekt wie z.B. einem Elektron sehe ist der:

Beim Planet wissen und akzeptieren wir, dass wir nicht alle seine Eigenschaften kennen bzw. charakterisieren können, dass also unsere Theorie vom Planeten nicht identisch mit dem realen Planeten ist, aber beim Elektron kennen wir ein paar Quantenzahlen und behaupten dort, dass damit schon absolut alles erfasst wäre, was dieses Objekt an Eigenschaft trägt. Vielleicht ist es auch so, aber können wir da wirklich absolut sicher sein? Ich glaube nicht.
Ich rate da also etwas zur Vorsicht und wollte diesen Punkt herausstellen, das ist alles, worauf ich hier hinaus will, denn dieses Postulat ist m. E. die Grundlage für weitergehende Thesen wie z.B. die Vollständigkeit der QM.
tomS hat geschrieben:Zumindest wäre es das erste Mal in der Geschichte der Physik, dass wir eine fundamentalere Theorie nicht deswegen suchen, weil uns Experimente das nahelegen, sondern weil wir eine existierende und zu 100% passende (!) Theorie nicht mögen.
Nun ja, mir fällt nicht eine einzige Interpretation der QM ein, die wir wirklich mögen: Sie sind doch irgendwo alle abscheulich! :wink:
Und suchen tun wir doch immer. Und den mathematischen Formalismus verwenden wir ja gerne.
tomS hat geschrieben:Warum können wir nicht einfach die "vielen Welten" als eine Vorhersage der QM akzeptieren und dies als Forschungsprojekt mit theoretischen und praktischen Aspekten auffassen, anstatt genau diese Vorhersage wegzupostulieren? Das ist doch ein Armutszeugnis. Ich persönlich möchte gerne wissen, ob diese Vorhersage ganz oder teilweise zutrifft. Und wenn sie nicht zutrifft, möchte ich wissen, warum, bzw. wo genau sie fehl geht. Denn nur anhand des Scheiterns einer Theorie bzw. anhand von falschen Vorhersagen hat man in der Vergangenheit neue bzw. umfassendere Theorien entwickelt. Man hat nie einfach eine Theorie einfach so aus dem Hut gezogen - so wie das Kollapspostulat.

Historisch war es natürlich eher da, aber man sollte sich nicht zu sehr von der Historie leiten lassen. Stell dir einfach mal vor, die Dekohärenz sowie die VWI wären zeitlich vor der Bornschen Regel entwickelt worden. Stell' dir vor, man hätte sich bereits 1925 rein pragmatisch auf experimentelle Vorhersagen (Spektren, Wirkungsquerschnitte, ...) gestürzt, und eine Einstein-Bohr-Debatte sowie die Solvay-Konferenz hätte es nie gegeben ...

Leider folgen viele Gegenargumente zur VWI einer positivistischen Grundhaltung mit dioversen Denkverboten und sind eher destruktiv als konstruktiv. Das ist das, was mich am meisten stört.
Ich verstehe deinen Ärger darüber, falls du dahingehende Erfahrungen gemacht hast. Die Leute sind vielleicht dann oft doch sehr konservativ.
Ich finde auch, dass zumindest wissenschaftlich denkende Menschen stets versuchen sollten alle Gefühle und Vorlieben hintenanzustellen und die Dinge möglichst objektiv betrachten sollten - klar!
Die Vorzüge der VWI liegen auch klar auf der Hand, insbesondere ihre Einfachheit scheint mir ihr Haupt-Pluspunkt zu sein.
(Und sie ist ja auch in der Community auf dem aufsteigenden Ast, das sollte man nicht verkennen.)

Aber -nur mal so als Gedanke- genau darin könnte auch ihr Fehler liegen: Die Geschichte hat uns immer wieder gelehrt, dass unsere Theorien zu Anfang oftmals zu einfach waren, dass die Natur dann doch komplizierter war und wir dann Zusatzterme in unsere Theorien einfügen mussten oder gar ein ganz neues Konzept benötigten, etc.
Klar, dieser Punkt ist beim heutigen Kenntnisstand in der QM noch nicht zwingend erreicht. Ich rate also auch hier nur zur Vorsicht.
Wobei, eigentlich: Vielleicht ist auch ein dynamischer Kollaps oder sonstwas ein vielversprechender Lösungsansatz... Warum nicht mit Zusätzen herumspielen?

Ich bin jedenfalls viel zu sehr Agnostiker um mich hier wirklich festzulegen. Gib mir experimentelle Befunde, dann glaube ich, vorher nicht!
Bis dahin sollte man alle Ansätze, die uns einfallen, weiterverfolgen.
Und bis dahin ist es m. E. auch recht wurscht, wer nun was glaubt, so lange nichts unterdrückt wird.
tomS hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Weiterhin müsste man darüber nachdenken, was denn eine "physikalische Eigenschaft" eines Systems sei, solange sie weder beobachtet worden ist noch laut Theorie konkret ist, als EIN konkreter Wert für jede Eigenschaft des Systems. Und man muss sich hier wohl auch entscheiden, ob solche "QM-Eigenschaften" überhaupt "existierend" genannt werden sollen (und falls ja: inwiefern?), denn sie sind prinzipiell nicht beobachtbar.
Nun, da kann man Einstein folgen, der genau dazu Heisenberg widersprochen hat: die Theorie selbst entscheidet, was beobachtbar ist; die Theorie enthält jedoch immer auch nicht-beobachtbare Elemente. Z.B. wissen wir, dass in der ART invariante Größen und insbs. Dirac-Observable konstruiert werden müssen. Wir wissen auch, dass dies extreme kompliziert ist (die ganze LQG dreht sich u.a. um diese Problematik). Das bedeutet jedoch nicht, dass die ART nicht unbeobachtbare Elemente als Träger von Eigenschaften enthält. Niemand würde heute auf die Idee kommen, die Mannigfaltigkeit oder meinetwegen das Tangentialraumfaserbündel aus der Theorie zu eliminieren, nur weil es nicht direkt beobachtbar ist.

"Eigenschaft" ist in der QM etwas weiter zu fassen. Es gibt recht klare Theoreme, was keine Eigenschaften sein können (Bell, Kochen-Specker). Andereseits existiert eine mathematische Struktur (Hilbertraum) sowie ein "Träger von Eigenschaften" (Zustandsvektor). All dies entpricht m.E. der Situation in ART, außer dass die QM unanschaulicher ist. Das ist jedoch kein wissenschaftliches Kriterium.
Sie hatten beide Recht: Die Theorie entscheidet was beobachtbar ist und die Beobachtungen entscheiden wie die Theorie wird. Das ist aus meiner Sicht eher ein Zirkel.
Theorien enthalten sehr oft auch Elemente, die wir übereinstimmend als "unphysikalisch" bewerten und einfach unter den Tisch fallen lassen.
Und man darf sich m. E. nicht immer mit Unanschaulichkeit herausreden, wenn es zur Sache geht. Es ist absolut notwendig die Dinge die in den Formeln stehen zu etwas real in der Welt existierendem in Beziehung zu setzten. Ansonsten würden die Formeln ja gar keinen Sinn machen, wären inhaltsleer, sinnlos.
Du weißt sehr gut, dass die Worte "Eigenschaft" und "Zustand" in der QM etwas völlig anderes meinen als in der klassischen Physik. Und dieser Punkt muss gedeutet werden, ganz besonders dann, wenn sich die Wellenfunktion nicht auf rein stochastische Zusammenhänge sondern auf etwas ontologisch real Existierendes beziehen soll.
Daher muss ich auf meiner Frage beharren: Was IST dann ein Quantenzustand? Welche prinzipiellen Eigenschaften hat er dann? Das gilt es klar zu formulieren, in Worten!

Noch eine Verständnisfrage:
Wenn es keinen Kollaps gäbe, woher kommt dann unsere konkrete Welt?
Soweit ich sehe bietet mir die VWI + Dekohärenz hier nur eine quasi-konkrete Welt an, also etwas fast-scharfes. Eine "1" auf meinem Digitalinstrument scheint mir aber völlig scharf zu sein, da ist keine "2", nicht mal ein bisschen. Wie bekommt man das zusammen?
Und wenn die "2" dann für mich unsichtbar in der anderen Welt ist, wann genau haben sie sich soweit getrennt, dass hier bei mir genau die "1" erscheint und dort die "2"?
Diese Frage erscheint mir immer noch einigermaßen analog zu der Frage (an die KI gerichtet), wann und wo der Kollaps denn genau stattfände?


Und noch etwas, über das ich gerade intensiv nachdenken muss:

Wenn ich ein einzelnes Elektron durch einen unbeobachteten Doppelspalt schicke, was sagt mir dann die QM, wo es auf dem dahinterliegenden Schirm auftreffen wird?
Ich nehme ein zweites Elektron, schicke es durch denselben Spalt und beobachte dabei Spalt A. Was sagt mir die QM dann?

Meine derzeitge Antwort: Gar nichts!

Die QM sagt mir erst dann etwas, wenn ich viele Elektronen durch den Spalt schicke.
Das ist für mich grad ein schwerwiegendes Problem.

Gibt es auch experiementelle Beispiele, wo man tatsächlich bei einem einzelnen Q-Objekt und bei einer einzigen Messung per QM etwas vorhersagen kann?
Das würde mich wirklich interessieren. Mir fällt da grad nix ein.


Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 21. Okt 2015, 12:05

Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass ein Zustandsvektor die Natur möglicherweise nicht vollständig beschreibt, derzeit aber kein Hinweis dafür vorliegt, und man deshalb auf experimenteller Basis davon ausgehen kann, dass er eine vollständige Beschreibung darstellt.
Von daher wäre es doch das beste, man würde die Unterschiede verschiedener Ansätze heraus arbeiten, diese gegenüber stellen, und versuchen, einen Weg zur experimentellen Unterscheidbarkeit zu finden. Sollte ein solcher letztendlich nicht existieren, sind die Interpretationen entweder tatsächlich identisch oder aber für uns nicht unterscheidbar. Dann müsste die Physik halt an diesem Punkt kapitulieren.
seeker hat geschrieben:Daher muss ich auf meiner Frage beharren: Was IST dann ein Quantenzustand? Welche prinzipiellen Eigenschaften hat er dann? Das gilt es klar zu formulieren, in Worten!
Das kann man aus mathematischer Sicht recht einfach tun. Er ist die gewichtete Überlagerung verschiedener komplexwertiger Wellenfunktionen, bzw. anders formuliert: Jedem Punkt im Raum wird eine komplexe Zahl zugeschrieben.
seeker hat geschrieben:Wenn ich ein einzelnes Elektron durch einen unbeobachteten Doppelspalt schicke, was sagt mir dann die QM, wo es auf dem dahinterliegenden Schirm auftreffen wird?
Ich nehme ein zweites Elektron, schicke es durch denselben Spalt und beobachte dabei Spalt A. Was sagt mir die QM dann?

Meine derzeitge Antwort: Gar nichts!
Das kann man so nicht sehen. Der Schirm ist ja in diesem Fall Beobachter.
seeker hat geschrieben:Die QM sagt mir erst dann etwas, wenn ich viele Elektronen durch den Spalt schicke.
Die Statistik kriegt man wohl im Rahmen der QM nicht weg.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 21. Okt 2015, 13:06

positronium hat geschrieben:Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass ein Zustandsvektor die Natur möglicherweise nicht vollständig beschreibt, derzeit aber kein Hinweis dafür vorliegt, und man deshalb auf experimenteller Basis davon ausgehen kann, dass er eine vollständige Beschreibung darstellt.
Von daher wäre es doch das beste, man würde die Unterschiede verschiedener Ansätze heraus arbeiten, diese gegenüber stellen, und versuchen, einen Weg zur experimentellen Unterscheidbarkeit zu finden. Sollte ein solcher letztendlich nicht existieren, sind die Interpretationen entweder tatsächlich identisch oder aber für uns nicht unterscheidbar. Dann müsste die Physik halt an diesem Punkt kapitulieren.
Stimme zu! Vielleicht abgesehen davon, dass wir noch keine wirkliche Vereinigung von ART und QT haben, dass es also klar ist, dass da irgendwo noch mehr sein muss.
positronium hat geschrieben:Das kann man aus mathematischer Sicht recht einfach tun. Er ist die gewichtete Überlagerung verschiedener komplexwertiger Wellenfunktionen, bzw. anders formuliert: Jedem Punkt im Raum wird eine komplexe Zahl zugeschrieben.
Und das reicht mir einfach nicht. Wir reden hier über Interpretationen der QM, also muss hier auch das klar interpretiert werden, heißt: Was bedeutet das nun konkret, auf unsere real sichtbare Welt bezogen?
Worauf zielt das ab, was ist das Entsprechende in der realen Welt?
positronium hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Wenn ich ein einzelnes Elektron durch einen unbeobachteten Doppelspalt schicke, was sagt mir dann die QM, wo es auf dem dahinterliegenden Schirm auftreffen wird?
Ich nehme ein zweites Elektron, schicke es durch denselben Spalt und beobachte dabei Spalt A. Was sagt mir die QM dann?

Meine derzeitge Antwort: Gar nichts!
Das kann man so nicht sehen. Der Schirm ist ja in diesem Fall Beobachter.
Na und? Es geht mir hier darum, dass ich hier ein messbares Ereignis habe und die Theorie (QM) hat hier keinerlei Vorhersagekraft, nicht einmal in der Wahrscheinlichkeitsinterpretation, denn Einzelereignissen bei dieser Gegebenheit eine Wahrscheinlichkeit zuordnen zu wollen wäre hier einfach nur Blödsinn.
Außerdem macht es mir diese Gegebenheit (falls richtig) einfach sehr schwer der Wellenfunktion (die mir hier ja gar nichts hilft) eine ontologische Realität zuzusprechen, denn dazu wäre ein Zusatz-Postulat nötig, das ich eigentlich nicht haben möchte. Man muss nämlich dann hier folgerichtig postulieren:

"Wie bei vielen, so auch im Einzelnen!"
Weil die QM bei Ensembles von Teilchen gilt, gilt sie auch bei einzelnen Teilchen, obwohl wir das nicht beobachtend nachweisen können.

Damit wird die Welt aber auf den Kopf gestellt!
Denn normalerweise war es immer umgekehrt: "Wie im Einzelnen, so auch bei vielen (bzw. bei allen)!"
Eben auf diesem Prinzip beruhten ja auch alle unsere Naturgesetze, unsere nat.wiss. Weltsicht: Was bei uns gilt (also im Einzelnen) gilt überall im Universum (auch bei vielen)!"
Mit dieser verkehrten Welt hab ich einfach grad ein Problem...
Deshalb hab ich auch nach Einzelmessungen gefragt.

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 21. Okt 2015, 14:26

seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Das kann man aus mathematischer Sicht recht einfach tun. Er ist die gewichtete Überlagerung verschiedener komplexwertiger Wellenfunktionen, bzw. anders formuliert: Jedem Punkt im Raum wird eine komplexe Zahl zugeschrieben.
Und das reicht mir einfach nicht. Wir reden hier über Interpretationen der QM, also muss hier auch das klar interpretiert werden, heißt: Was bedeutet das nun konkret, auf unsere real sichtbare Welt bezogen?
Worauf zielt das ab, was ist das Entsprechende in der realen Welt?
Mir reicht das ja auch nicht. Persönlich interpretiere ich jetzt abs(psi) als Dichte (nicht eines kontinuierlichen Feldes, sondern als Näherung diskreter Einheiten) und arg(psi) als deren Drehungszustand.
seeker hat geschrieben:...denn dazu wäre ein Zusatz-Postulat nötig, das ich eigentlich nicht haben möchte.
Deshalb glaube ich ja, dass die QM und auch der Zustandsvektor unvollständig sind. Gerne würde ich auf jeden Zufall verzichten.
seeker hat geschrieben:Deshalb hab ich auch nach Einzelmessungen gefragt.
Ja, gut, aber hier kann man nur schreiben, was Du sowieso weisst: Statistik und Zufall. Mehr bietet die QM leider nicht. Und solange es kein Experiment gibt, durch das man nachgewiesenermassen den Zufall beeinflusst, bewegt man sich leider nur im spekulativen Bereich.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 21. Okt 2015, 14:30

Hatte kaum Zeit die Tage, muss erstmal nachlesen. erstmal hierzu:
FKM hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:
Skeltek hat geschrieben:Mir geht es darum, ob die Aufspaltung der VWI bereits dann passiert, wenn man die Schachtel öffnet oder erst dann, wenn die Information über den Kollaps beim Betrachter ankommt.
Zeit für einen kleinen Schock? Es gibt die Aufspaltung gar nicht ...
Zumindest der Punkt der VWI war mir vorher anhand der Texte von Zeh klar.
Es fällt mir schwierig Argumente von ihm zu erwiedern, wenn er genau die Argumente aufzählt, welche ich plante in meinem nächsten Schritt für meine Meinung zu verwenden.
Seine Ausführungen sind wirklich interessant, vor allem da es soweit ich es verstehe recht gut mein eigenes Model untermauern.
Ich bin kein Anhänger der (laut tomS von den meisten so verstandenen) VWI, vom Wellenfunktions-Kollaps halte ich auch relativ wenig.

BBT und der "Rest" der VWI (welche tomS dargestellt hat) sind für mich eigentlich diametrale Beschreibungen derselben äquivalenten Problematik.
Das eine fasst es als Fehler der Eingabedaten auf, das andere als Fehler in dem Ergebniss; muss aber erst noch gucken, wie ich das richtig ausdrücke. Numerik und Fehlerrechnung ist ne Weile her bei mir, aber ich denke das ist relativ analog dazu.
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  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 21. Okt 2015, 15:28

positronium hat geschrieben:Ja, gut, aber hier kann man nur schreiben, was Du sowieso weisst: Statistik und Zufall. Mehr bietet die QM leider nicht. Und solange es kein Experiment gibt, durch das man nachgewiesenermassen den Zufall beeinflusst, bewegt man sich leider nur im spekulativen Bereich.
Ich frage mich, ob es vielleicht in manchen Bereichen doch das gibt, was ich suche, vielleicht im Bereich Verschränkung?
Wie ist das? Kann ich ein Experiment so aufbauen, dass ich bei einem verschränkten Teichenpaar nach einer Messung an A mit Sicherheit die entsprechende Eigenschaft von B exakt vorhersagen kann, bevor ich B gemessen habe, dann B messe und genau den vorhergesagten Wert finde?
Ich befürchte, dass das auch dort nicht geht... oder doch?

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 21. Okt 2015, 16:08

seeker hat geschrieben:Wie ist das? Kann ich ein Experiment so aufbauen, dass ich bei einem verschränkten Teichenpaar nach einer Messung an A mit Sicherheit die entsprechende Eigenschaft von B exakt vorhersagen kann, bevor ich B gemessen habe, dann B messe und genau den vorhergesagten Wert finde?
Ich befürchte, dass das auch dort nicht geht... oder doch?
Doch. Genau das ist ja bei dem Beispiel mit dem Spin der Fall. Von Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenverschr%C3%A4nkung):
Bei Atomen bezieht sich die Verschränkung auf deren Spin. Regt man ein zweiatomiges Molekül mit einem Spin von null mit einem Laser derart hoch an, dass es zerfällt (dissoziiert), sind die beiden freiwerdenden Atome bezüglich ihres Spins verschränkt. Bei einer entsprechenden Messung wird eines von ihnen den Spin +1/2 zeigen, das andere −1/2. Es ist aber nicht vorhersagbar, welches der beiden Atome den positiven und welches den negativen haben wird. Misst man aber den Spin eines der beiden Atome, wird dadurch der Spin des anderen festgelegt.

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Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 21. Okt 2015, 21:56

@seeker:

Viele deiner Argumente kann ich nachvollziehen. Ich habe jedoch Gegenargumente:

Ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied zwischen der Beschreibung eines klassischen n-Teilchen-Systems im 2n-dim. Phasenraum und einem quantenmechanischen System im Hilbertraum.

Ich bin bei dir, dass die QM unvollständig sein könnte. Aber die Argumente gegen die VWI gehen in die Richtung, als ob man schon wüsste, dass sie das ist. Und das ist unzutreffend.

Ja, man sollte die Theorien / Interpretation anhand ihrer experimentellen Vorhersagen bewerten. Aber da stehen VWI und KI gleich gut oder schlecht da.

Du hast recht, Dekohärenz und VWI geben dir nur etwas "fast scharfes", aber das ist im Rahmen der erreichbaren Präzision scharf genug, d.h. fapp nicht unterscheidbar von einem postulierten exakt scharfen Eigenzustand.

Zum Doppelspalt: die VWI sagt dir etwas über ein einzelnes Elektron!



Zur experimentellen Überprüfbarkeit: Wenn die KI eindeutig festlegen würde, was eine Messung ist und wo ein Heisenbergscher Schnitt zu erfolgen hat, dann könnte man für jede einzelne Festlegung prinzipiell beide (KI, VWI) experimentell prüfen und falsifizieren. Leider liegt bei der KI eine unwissenschaftliche Selbstimmunisierung vor, und bei der VWI das praktische Problem der Durchführung des Experiments an genügend makroskopischen Systemen.



@positronium:

Zu deiner Aussage, die QM biete nicht mehr als Statistik und Zufall. Das kann ich so nicht unterschreiben. Die QM bietet eine exakte Vorhersage des Spektrums einer Observablen. Und der Zufall folgt gerade nicht aus der QM, er wird als Postulat in die orthodoxe Interpretation hineingesteckt. In der VWI gilt genau dies nicht, die Theorie ist zunächst streng deterministisch, die Bornsche Regel ist ein (noch keineswegs allgemein akzeptiertes) Theorem für bestimmte Szenarien, anstelle eines Postulats. Diverse Ansätze (Wallace et al.) drehen sich gerade darum, warum eine insgs. streng deterministische Theorie im Kontext einzelner Beobachtungen als stochastisch bzw. zufällig wahrgenommen werden kann. Wenn du also den Zufall auf fundamentaler Ebene loswerden willst, dann ist die VWI genau das, was du benötigst.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von FKM » 22. Okt 2015, 00:17

tomS hat geschrieben:Wenn dir die englische Sprache nichts ausmacht, dann empfehle ich dir

http://www.preposterousuniverse.com/blo ... y-correct/
http://plato.stanford.edu/entries/qm-manyworlds/

Und dann können wir evtl. über die ernstzunehmenden Gegenargumente diskutieren.
Danke für die beiden Links. Den ersten kannte ich schon, den zweiten muss ich noch verdauen.

Im Moment sind mir 3 Punkte so unklar, dass es mir auch schwer fälllt eine verständliche Frage zu formulieren:

Wenn die VWI unitär ist, dann müsste es prinzipiell neben einer Verzweigung auch eine Zusammenführung von Zweigen geben. Zeh nennt diesen Vorgang "Rekohärenz". Für makroskopische Objekte wohl extrem unwahrscheinlich (vermutlich würde sich eher ein Spiegelei in ein rohes Ei verwandeln), aber nicht ausgeschlossen. Dann hätten prinzipiell unbeobachtbare Welten (oder Zweige) Einfluss auf unsere Realität.

Der zweite Punkt wird im Stanford-Artitkel kurz und knapp als die Frage "Who am I?" formuliert: Also, welche der unermesslichen vielen Kopien meines Selbst "bin ich"?

Drittens: wenn die Gravitiation mit ins Spiel kommt, bleibt die VWI oder überhaupt die in Axiom 1 und 2 der QM vorausgesetzte Linearität noch gültig? Laut Wikipedia gibt es ja alternative "Dynamische Kollaps-Theorien"

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Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 22. Okt 2015, 07:03

FKM hat geschrieben:Wenn die VWI unitär ist, dann müsste es prinzipiell neben einer Verzweigung auch eine Zusammenführung von Zweigen geben. Zeh nennt diesen Vorgang "Rekohärenz". Für makroskopische Objekte wohl extrem unwahrscheinlich (vermutlich würde sich eher ein Spiegelei in ein rohes Ei verwandeln), aber nicht ausgeschlossen. Dann hätten prinzipiell unbeobachtbare Welten (oder Zweige) Einfluss auf unsere Realität.
Ja!

Gemäß der VWI moderner Prägung auf Basis der Dekohärenz sind diese Zweige nicht prinzipiell, sondern lediglich praktisch unbeobachtbar. Tatsächlich sind KI und VWI in Fällen, in denen die KI einen Kollaps postuliert, genau deswegen theoretisch - leider nicht praktisch - experimentell unterscheidbar.
tomS hat geschrieben:Wenn die KI eindeutig festlegen würde, was eine Messung ist und wo ein Heisenbergscher Schnitt zu erfolgen hat, dann könnte man für jede einzelne Festlegung prinzipiell beide (KI, VWI) experimentell prüfen und falsifizieren. Leider liegt bei der KI eine unwissenschaftliche Selbstimmunisierung vor, und bei der VWI das praktische Problem der Durchführung des Experiments an genügend makroskopischen Systemen.
FKM hat geschrieben:Also, welche der unermesslichen vielen Kopien meines Selbst "bin ich"?
Du spaltest dich natürlich ebenfalls auf.
FKM hat geschrieben:wenn die Gravitiation mit ins Spiel kommt, bleibt die VWI oder überhaupt die in Axiom 1 und 2 der QM vorausgesetzte Linearität noch gültig? Laut Wikipedia gibt es ja alternative "Dynamische Kollaps-Theorien"
Tatsächlich hat Penrose mal vorgeschlagen, dass die Gravitation einen nicht-unitären Kollaps auslöst. Die Idee hat m.W.n. keine Anhänger gefunden.

Die wesentlichen Theorien zur QG, die ich kenne, basieren alle auf einem quantenmechanischen Ansatz und führen in exakt dieselben Interpretationsprobleme.

Die dynamischen Kollaps-Theorien halte ich für nicht zielführend. Erstens erscheint das alles furchtbar künstlich, und zweitens kann ich nicht erkennen, wie man da eine kovariante Quantenfeldtheorie konstruieren kann.

Evtl. lohnt es sich, Theorien anzuschauen, in den die QM aus einer fundamentaleren Theorie abgeleitet wird.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 22. Okt 2015, 12:35

tomS hat geschrieben:Zu deiner Aussage, die QM biete nicht mehr als Statistik und Zufall. Das kann ich so nicht unterschreiben.
Ja, OK. Korrekterweise hätte ich von "der Darstellung in einführender Literatur" und "der subjektiven Wahrnehmung" schreiben müssen.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 22. Okt 2015, 15:40

positronium hat geschrieben:... hätte ich von ... der subjektiven Wahrnehmung schreiben müssen.
Genau.

Und wenn man auf Basis des mathematischen Formalismus der QM plus "vernünftigen Annahmen" diese subjektive Wahrnehmung eines statistischen Verhaltens mathematisch ableiten kann, dann ist die Aufgabe zufriedenstellend erfüllt.

D.h. die KI und die VWI unterscheiden sich im wesentlichen in diesen "vernünftigen Annahmen".
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 24. Okt 2015, 01:12

positronium hat geschrieben:Doch. Genau das ist ja bei dem Beispiel mit dem Spin der Fall. Von Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenverschr%C3%A4nkung):
Ja, stimmt wohl. Wobei das dazugehörige Experiment so designt ist, dass es im Prinzip nur zwei (max. drei) mögliche Messwerte zulässt: Teilchen wird im asymmetrischen Magnetfeld nach oben abgelenkt oder nach unten oder gar nicht (ok, klassisch noch mit allen Zwischenwerten, die sieht man in Übereinstimmung mit der QM nicht). Der Experimentaufbau präpariert den Messwert...
Wie auch immer, die Messung am zweiten Teilchen ist eigentlich genau dasselbe, wie wenn ich 2x am ersten Teilchen messen würde, da es sich ja quantenmechanisch um ein Objekt handelt(e). Und das Ergebnis der 1. Messung ist und bleibt ja auch hier unvorhersehbar.
tomS hat geschrieben:Die QM bietet eine exakte Vorhersage des Spektrums einer Observablen.
Ich weiß noch nicht genau was du meinst. Kannst du ein Beispiel geben? Ist das genau eine Messung an genau einem Objekt?
tomS hat geschrieben:Ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied zwischen der Beschreibung eines klassischen n-Teilchen-Systems im 2n-dim. Phasenraum und einem quantenmechanischen System im Hilbertraum.
Mag sein. Das heißt nur, dass man über die Mathematik hier kein Argument gegen die VWI konstruieren kann. Mehr heißt es aber nicht.
tomS hat geschrieben:Ich bin bei dir, dass die QM unvollständig sein könnte. Aber die Argumente gegen die VWI gehen in die Richtung, als ob man schon wüsste, dass sie das ist. Und das ist unzutreffend.
Manche Argumente, ja. Da bin ich bei dir.
tomS hat geschrieben:Ja, man sollte die Theorien / Interpretation anhand ihrer experimentellen Vorhersagen bewerten. Aber da stehen VWI und KI gleich gut oder schlecht da.
Seh ich auch so.
tomS hat geschrieben:Zum Doppelspalt: die VWI sagt dir etwas über ein einzelnes Elektron!
Was denn, das ich überprüfen/beobachten könnte?
Du nimmst hier natürlich die Perspektive des Theoretikers ein. Das ist auch völlig OK. Nur denke ich, dass die Perspektive des Beobachters/der experimentellen Physik genauso wichtig ist. Deshalb versuche ich diese Perspektive hier einzunehmen. Ich finde das eine zielführende Vorgehensweise, wenn wir beide Perspektiven im Auge behalten: Dialektik.
tomS hat geschrieben:Du hast recht, Dekohärenz und VWI geben dir nur etwas "fast scharfes", aber das ist im Rahmen der erreichbaren Präzision scharf genug, d.h. fapp nicht unterscheidbar von einem postulierten exakt scharfen Eigenzustand.
Hmm... fast scharfe Objekte, die von einem fast scharfen Beobachter fast scharf beobachtet werden...
Hinter diesem Argument steckt m. E. eine ganze Menge an philosophischer Weltsicht/Grundannahmen/Postulaten, eine bestimmte Perspektive auf die Welt.
Das ist OK, aber wir sollten versuchen diese genauer zu indentifizieren.

Ich hab ein paar Textstellen gefunden, die ich gut und nachdenkenswert fand:
5.2 Objekte

Was Objekte einer Theorie sind, kann nicht vor der Theorie vorausgesetzt werden. Objekte einer (Quanten-)Theorie sind jene Entitäten, "die sich eben mit Hilfe der Quantentheorie, in der näher anzugebenden Weise beschreiben lassen" (Ludwig 1984, S. 83). Es geht darum, welcher "Träger" die untersuchten Wirkungen trägt. Solch ein Objekt ist kein "Wirklichkeitsklötzchen". Für die Quantentheorie ist eine bestimmte experimentelle Praxis ausschlaggebend, die dazu führt, dass wir zur mathematischen Darstellung der hier messbaren Größen hermitische (selbstadjungierte) Operatoren einführen, wie oben beschrieben. Dass Elektronen als "Wirkungsträger" (ebd., S. 432) andere Eigenschaften als die klassischen Massepunktobjekte haben, war der Ausgangspunkt der Entwicklung der Quantentheorie. Gerade das tiefere Verständnis der Art und Weise, wie reale Wirkungen verlaufen, führt dadurch auch zur Präzisierung der Vorstellung über Objekte, die der Struktur unserer Welt angemessen sind.

Wir hatten vielleicht erwartet, dass jedes physikalische System Träger solcher klassischen Größen, die Eigenschaften(wie die simultane Existenz von Ort und Impuls) beschreiben, ist. Wenn uns die Quantensysteme zeigen, dass sie jeweils entweder Ort oder Impuls besitzen, wenn wir ihn messen, zeigt sich, dass unsere Erwartung falsch war. Die Quantenwelt entspricht nicht unserer klassischen Vorstellung. Die Realität zeigt uns, wie sie "wirklich" ist – auch gegen unsere bisher bestätigten Erwartungen. Einige neue "Eisenpfosten" (in der Abbildung 14) zwingen uns, unsere Pappmachè-Konstrukte zu verändern. Einige der erwarteten Eigenschaften bekommt die Realität erst, wenn wir "nachschauen", d.h. wenn wir Ort oder Impuls messen. – sie kommen ihnen nicht ohne diese Art Wechselwirkung zu.

Ebenso zeigt sie uns, dass sie keine wirklich isolierten Quantensysteme kennt, ihre Systeme sind nicht abschließbar. Bohr sprach von einer "durch das Wirkungsquantum symbolisierten begrenzten Teilbarkeit der physikalischen Vorgänge" (Bohr 1929, S. 484). Jede Betrachtung auch nur eines Systems führt zu einer immanenten Statistik aufgrund der nicht aufhebbaren Wechselwirkungen (ohne dass das Problem auf eine Vielkörperstatistik zu reduzieren wäre).

Auch v. Weizsäcker ist sich bewusst, "dass die Quantentheorie von der Näherung getrennter Objekte bzw. Alternativen ausgeht, die sie selbst als fehlerhaft erweist" (v. Weizsäcker 1985/1988, S. 591, vgl. auch S. 617).

Wenn wir die Kopenhagener Deutung nicht als durch die Dekohärenztheorie abgelöst betrachten, kennen wir nun zwei typische Arten von Wechselwirkungen der Quantensystemen, die durch jeweils eine Interpretation analysiert werden:

Wechselwirkung der Quantenobjekte mit den als klassisch betrachteten Messgeräten. (Kopenhagener Deutung).
Wechselwirkung der Quantensystemen und klassischen Objekten mit ihrer "Umwelt" (Dekohärenztheorie), wobei offen bleibt, ob die Theorie damit eher in eine Mehrteilchentheorie übergeht (wenn als "Umwelt" die anderen Quantenobjekte betrachtet werden), oder eher qualitativ noch tieferliegende Schichten des Seins gemeint sein können (Vakuumfluktuationen etc.).

Die Vertreter der Dekohärenz-Ansicht betonen vor allem die Möglichkeit der quantentheoretischen Beschreibung der klassischen Welt – tendieren aber dazu, die spezifischen Qualitäten der klassischen Welt zu negieren. Im Entgegenwirken einer metaphysischen Trennung von Quanten- und klassischer Welt entsteht so ein Quantenreduktionismus, der den Eindruck erweckt zu behaupten: "So ist die Welt wirklich: nämlich verschränkt, quantenhaft... und nur die ständige Dekohärenz lässt uns ihre Eigenschaften als klassisch erscheinen." Diese ontologische Basisbehauptung ist jedoch nicht gerechtfertigt, weil sie die grundsätzliche onto-epistemische Einheit unseres Wissens vernachlässigt.

Beide Konzepte betonen die Nichtisolierbarkeit der jeweiligen Objekte. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Kopenhagener Deutung als Spezialfall der Dekohärenztheorie. In der Kopenhagener Interpretation wird die spezielle Wechselwirkung zwischen den vom Menschen manipulierten Gerätschaften und den Objekten in den Mittelpunkt gestellt – die Dekohärenztheorie ergänzt explizit, dass auch ohne Gerätschaften die Objekte selbst niemals als isolierte angenommen werden können.

Für das Verhältnis von dynamischen zu statistischen Gesetzen gilt:

Im wesentlichen ist also die nicht vollkommene Isolierung dafür verantwortlich, daß ein dynamisches Gesetz für reale Vorgänge gar nicht absolut gültig sein kann. (Konrad 1967, S. 1083)


5.3 Wissenschaftliche Theorien

In der Entwicklung der Quantentheorie und ihrer Interpretationen wurde wohl kein möglicher Irrtum ausgelassen – und jeder von ihnen wurde erkannt und führte zur Weiterentwicklung. Das grundlegend Neue, das auch für andere Theorien gilt, aber bei der Quantentheorie unübersehbar und zum Stolperstein geworden ist, ist die Tatsache, dass wir von keinen "sicheren Tatsachen" ausgehen können, die nur noch verallgemeinert zu werden bräuchten.

Es gibt kein Mittel, um endgültig gesicherte saubere Protokollsätze zum Ausgangspunkt der Wissenschaften zu machen. Es gibt keine tabula rasa. Wie Schiffer sind wir, die ihr Schiff auf offener See umbauen müssen, ohne es jemals in einem Dock zerlegen und aus besten Bestandteilen neu errichten zu können. (Neurath 1932, S. 206)

Jede Theorie beruht auf einer unauflösbaren Zirkularität:

"Diesseits" einer abstrakten Theorie ist die Welt der Phänomene, auf die sie angewandt wird. In der Folge der abgeschlossenen Theorien sind diese Phänomene zunächst in dem Vorverständnis interpretiert, das der mathematischen Theorie eine Semantik gibt. Das Ideal semantischer Konsistenz fordert dann, daß die so interpretierte Theorie das Vorverständnis erklärt. (v. Weizsäcker 1985/1988, S. 589)


Die Mathematik lässt reale Strukturen unbestimmt. Erst die Physik legt fest, "welche mathematisch möglichen Strukturen in der Natur "formal-möglich" sind und unter welchen Bedingungen sie realisiert werden." (v. Weizsäcker 1985/1988, S. 589-590).

6. Was Philosophen von der Quantentheorie lernen können

Die Quantentheorie fordert und bestärkt philosophischen Konzepte,

I. die von einer jeweils spezifischen Einheit von Ontologie und Epistemologie, d.h. der "erkenntnistheoretischen Untrennbarkeit von Subjekt und Objekt" (v. Weizsäcker 1985/1988, S. 528), ausgehen und deren ontologischer Aspekt
II. auf nichtnominalistischen Annahmen beruht.
...
http://www.thur.de/philo/project/qt.htm#_Toc37041051, mit Hervorhebungen
(Der gesamte Text auf dieser Seite ist m. E. lesenswert!)

Ja, dann hab ich mal versucht zu verstehen, was das für ein Einwand ist mit diesem "onto-epistemisch":
Das geht wohl auf Hegel zurück.
1.1 Gegenstand der Philosophie - idealistisch bzw. onto-epistemisch bestimmt

Von der Welt wird dabei nur vorausgesetzt, dass sie verstehbar sei, was letztlich bedeutet, dass sie nichts ist, was sich unserem Erkenntnisvermögen endgültig widersetzen würde. Der Gegenstand der philosophischen Betrachtung ist dann nicht, wie die Welt verfasst ist - dies ist Gegenstand der Einzelwissenschaften. Nein, die Philosophie - zumindest für Hegel und eine große philosophische Tradition - fragt nach dem Verhältnis vom erkennenden Bewusstsein und seinen Gegenständen. Diese Gegenstände sind nicht die "Dinge da draußen", sondern sie sind das Gewusste, und zwar auf dem jeweiligen Entwicklungsstand der Erkenntnis. Das heißt, die "Sache", um die es geht, ist nichts außerhalb des Bewußtseins, sondern

"Mit dieser Einführung des Inhalts in die logische Betrachtung sind es nicht die Dinge, sondern die Sache, der Begriff der Dinge, welcher Gegenstand wird." (HW 5: 29)

Da es hier also letztlich nur um Vermittlungen innerhalb des Bewusstseins geht, wird diese Art Philosophie auch "idealistisch" genannt. M.E. hat diese Art der Betrachtung durchaus eine Berechtigung, weil sie berücksichtigt, dass wir tatsächlich niemals von einem Beobachterstandpunkt außerhalb der Welt über sie sprechen, sondern wir wissen von der Welt nur, was wir von ihr wissen. Wir sagen also nichts direkt über die Welt, wie sie wäre, wenn wir sie nicht erkennen würden. Sondern wir sagen etwas über unser erkennendes Verhältnis zu dieser Welt. Und "weil wir etwas über das Verhältnis sagen können, so auch etwas über die Beschaffenheit dessen, was sich verhält" (Wahsner 2000: 221) - also über uns und die Welt. Dieses verschlungene Verhältnis von uns, unserem Wissen über die Welt und der Welt wird auch als "onto-epistemisch" bezeichnet. Als Onto-Epistemologie versteht H.-J. Sandkühler "jene epistemische Dialektik, in welcher sich der Prozeß der subjektiven, kognitiven Weltaneignung als widersprüchliche Beziehung zwischen Erfahrung [...] und Konstruktion [...] entwickelt" (Sandkühler 1990).

Hegel beschäftigt sich nur mit dem, was im erkennenden Bewußtsein passiert - wobei vorausgesetzt ist, dass das, was da passiert, in Wechselbeziehungen zur äußeren Welt steht. Es betont, dass es ganz wesentlich vom erkennenden und handelnden Subjekt abhängt, wie es der Welt begegnet, was es zu seinem Gegenstand macht.
http://www.thur.de/philo/hegel/hegel27.htm#2, mit Hervorhebungen
Da haben wir also ein idealistisches Argument, dass uns unsere Grenzen bewusst machen will, indem es uns sagt, dass es letztlich unmöglich ist "einfach so" über eine Welt "an sich, ohne uns" zu sprechen:
Verhältnis der beiden Konzeptionen [Anm. des Zitierenden: Ontologische Konzeption und Onto-epistemische Konzeption]
Wenn man beide Konzeptionen zusammen bringen will, lässt sich das ohne einen Verzicht auf die materialistische Grundhaltung leisten. Wenn die Aussage der ontologischen Konzeption, dass wir niemals zur "absoluten Wahrheit" gelangen, sondern nur relative Wahrheiten erreichen können, ernst genommen wird, entspricht sie der onto-epistemischen Grundlage, dass wir die Welt nie "an sich" erkennen, sondern immer nur im Zusammenhang mit den verwendeten Erkenntnismitteln. Ulrich Röseberg formuliert dies explizit für die Quantentheorie: "In der Quantenmechanik müssen den ontologischen Aussagen für bestimmte Konzepte und Größen die jeweiligen erkenntnistheoretischen Bedingungen hinzugefügt werden." (Röseberg 1994: 131)
http://www.thur.de/philo/project/raumzeit1.htm#f6, mit Anmerkungen und Hervorhebungen

Ich weiß, das wird jetzt alles schon sehr philosophisch... aber ich denke, da kommt man einfach nicht drum herum, wenn man sich halbwegs ernsthaft mit den Interpretationen der QT beschäftigen möchte.

P.S.:
Demnächst würde ich dann gerne mit Punkt 2. weitermachen:
tomS hat geschrieben:2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
Beste Grüße
seeker
Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 24. Okt 2015, 11:13

tomS hat geschrieben:Und wenn man auf Basis des mathematischen Formalismus der QM plus "vernünftigen Annahmen" diese subjektive Wahrnehmung eines statistischen Verhaltens mathematisch ableiten kann, dann ist die Aufgabe zufriedenstellend erfüllt.
In gewisser Weise schon, gerne auch mathematisch schön. Trotzdem bleibt die Frage nach der Realität, und ob die Beschreibung dieser entspricht oder das nur so scheint. Gibt es mich, seit ich angefangen habe, diesen Beitrag zu schreiben, tatsächlich in unzähligen Varianten? Manche davon haben Dir vielleicht zu 100% zugestimmt, andere ebenso kategorisch widersprochen, wieder andere darüber philosophiert, wie eine Pizza aussehen muss, oder ein Gedicht niedergeschrieben. Oder stabilisieren sich makroskopische Objekte, wie ich eines bin, selbst? Möglicherweise gibt es aber den QM Zufall weder real noch scheinbar.

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