Guten Tag zusammen
@seeker: ich kommentiere Deinen Standpunkt Reihenfolge Zufall - Kausalität folgendermaßen:
In einer von uns beschriebenen Physik ist die Wahrscheinlichkeit oder der Zufall deshalb vorhanden, weil wir -wie ich es ja vorher bereits sagte- keine Chance haben
alle Parameter zu kennen und zu messen. Stellen wir uns vor, wir hätten Kenntnis und Zugriff auf alle Parameter, würde es keinen Zufall geben.
Der Zufall ist der Ausdruck der Unzulänglichkeit eines denkenden und konstruierenden Geistes.
Daher völlige Zustimmung zu Deinen Aussagen -in umgekehrter Reihenfolge:
seeker hat geschrieben:Jedoch ist das Umgekehrte unmöglich: Aus etwas Struktuiertem kann unmöglich echter Zufall entstehen.
Das sehe ich als Deine Zustimmung meiner ersten These: die Natur steht über allem
seeker hat geschrieben: Ich hätte dann noch zum Abschluss ein Argument, das nahelegt, dass die Zufälligkeit das Erstere sein muss, der Kausalität vorangehen muss: Aus Unstrukturiertem, aus Zufall kann nämlich zufällig Struktur entstehen!
Das sehe ich auch als Zustimmung meiner zweiten These: eine Intelligenz kann nur unzureichend auf das "Wissen" der Natur zurückgreifen und ist daher gezwungen das fehlende Wissen durch sinnvolle Zufallswerte zu ergänzen.
@Tom zu Dem Beitrag "Paradigmenwechsel"
Kuhn sagt somit, dass (wissenschaftliche) Disziplinen eventuell getrennt sind durch zugeschneiderte Paradigmen (Lehrmeinungen). Meine Erfahrung in der Forschung bestätigt diest.
Grund: Für verschiedene Disziplinen nutzen wir verschiedene Werkzeuge oder Methoden. Das ist es doch, was Kuhn unter Paradigmenwechsel sieht: verschiedene Rahmenbedingungen. Jedoch die Fundamente sind gleich, denn die Mathematik ändert sich nicht und die Physik auch nicht. Jedoch haben wir in verschiedenen Disziplinen verschiedenartige Anpassungen, Vereinfachungen, Sichtweisen und damit wählen wir verschiedenartige Wege (Methoden und Werkzeuge) um zu einer Lösung zu kommen.
Dann sagst Du in Deinem Text:
TOM hat geschrieben:1. Von mehreren möglichen Erklärungen desselben Sachverhalts ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen.
Meistens ist das richtig, aber ich kann nicht sagen, ob diese Aussage eine Allgemeingültigkeit hat.
TOM hat geschrieben:12. Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält, die in klaren logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt.
Diese Aussage entspricht der Auffassung, die wir gemeinschaftlich hier in diesem AK doch vertreten und genau mit diesem Schwerpunkt hinterfragen.
Damit sind wir offensichtlich mit dem Ockhamschen Prinzip in Übereinstimmung.
Ein wenig weiter im Kontext der Stringtheorie: Ja, es geht nicht um die geringste Anzahl der Entitäten, es geht um deren Bedeutung.
Damit Folgerichtig, dass die Mathematik aus der Dienerschaft herauskommt. Das muss sie aus, denn sie ist gleichwertig neben der Physik. Aber sie darf keine Herrscherin werden -dito gilt das für die Physik- denn sonst wären wir schnell im gleichen Schlamassel oder in den gleichen Zugzwängen, wie wir mit der jetzigen Physik sind. Insofern ist der Paradigmenwechsel eher als ein Wechsel zu einer Gleichberechtigung der Disziplinen, zu einem Zweikönigs-System zu sehen oder zu wünsche. Die Zweifel von denen Du sprichst sind insoweit angebracht, als dass hier eine gesunde Skepsis vorleigt. Skepsis insofern, dass dieser Paradigmenwechsel das physikalische Verständnis des überall Gleichwirkens der Physik auch zulässt.
Die Falsifizierung ist einer der wichtigsten Punkte einer beobachtenden und messenden Physik. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass das was man glaubt zu meinen auch wirklich so gemessen wurde oder das was gemessen wurde passt nicht zur Meinung und man muss dann gezwungenermaßen neu nachdenken.
Darin liegt die große Gefahr, die wir gerade in unser heutigen Zeit immer wieder erleben: es wird etwas gemessen und schon schreien einige der Gemeinde: wir brauchen eine neue Physik, hier ist ein Paradigmenwechsel notwendig. Ich bin an der Ecke ein wenig vorsichtig und sage:
Nicht jeder Unterschied Messung / Theorie verlangt einen solche Wechsel, es muss ab und zu ein wenig mehr Ruhe und Ordnung innerhalb der Theoretikergemeinde gepflegt werden. Insoweit als dass im Zug unserer rechnergestützten Forschungen schnell gigantische Mengen an Daten und gigantische Gleichungen ausgewertet und berechnet werden. Das birg die Gefahr von Schnellschüssen (ich will den Preis, die Promotion, das Forschungsgeld ... egal wie, aber ich wills!). Das ist ein wenig polemisch ausgedrückt, aber so erfahre ich das innerhalb meiner Gesellschaft immer wieder einmal. Ich denke bei Euch ist das nicht allzu viel anders.
Aber weiter im Text:
TOM hat geschrieben:....Nun eben weil die Theorie damit ihre eigene Nicht-Testbarkeit vorhersagt
Auch hier spiegelst Du mit diesem Satz meinen Eindruck wieder. Diese Nicht-Testbarkeit deutet doch darauf hin, dass hier etwas fehlt. Entweder ist die Theorie zu schwach, heißt es muss dort nachgebessert werden oder sie ist gar falsch, dann muss sie auch auf den Prüfstand. Oder ist es gar unsere Messtechnik. Wissen wir denn überhaupt, was und wie gemessen werden soll oder ist das mehr eine spekulative Annahme. Diese Fragen müssen auf den Tisch, bearbeitet und beantwortet werden, bevor man von einer Nicht-Testbarkeit spricht.
Zusatzfrage von mir: Nicht-testbar und nicht beobachtbar ist das in diesem Sinne dasselbe oder meint man tatsächlich: "Unmöglich das zu messen". Sollte letzteres der Fall sein, was ist denn dann das Unmögliche? Ist die momentane Technologiegrenze, so dass sich diese Situation ändert im Laufe des Fortschritts oder ist es der Messort, welcher nicht zugänglich sein kann?
Deinen Teil 2 lese ich später durch
Danke Tom für diese ausführliche Auseinandersetzung mit dem Paradigmenwechsel.
Netten Gruß
Wilfried