Hallo Wilfried!
Nein, eine wahre Theorie muss nicht funktionieren, sie funktioniert. Das Attribut "muss" impliziert nämlich, dass es auch anders sein kann.
Jep! Geändert!
Der zweite Satz sollte ein wenig umformuliert werden: [Gemeint ist: "Die Theorie soll wahr sein, die Natur also so oder so ähnlich abbilden, wie sie wirklich ist"]
Eine Theorie soll stets das Bestreben haben wahr sein, damit die Chance die Natur so wahr als sinnvoll machbar abzubilden hoch ist.
Feinheiten, Geschmackssache...
Du setzt in deinem Vorschlag schon eine ganze Menge voraus, nämlich z.B. dass es ja letztlich eh nicht geht und "sinnvoll" in deinen Begriffen. (Es wäre dann erst zu klären, was das bedeuten soll.) Diesen Dschungel will ich hier unberührt lassen.
Ich kann als hohe Forderung einfach sagen: "Eine Theorie soll wahr sein!", ganz unabhängig davon ob das sinnvoll oder machbar oder erkennbar (wenn es denn gemacht wäre) ist oder nicht.
Der wahre Grund, warum ich das fordere ist nämlich die Tatsache, dass ich ein Mensch bin und stets an Wahrheit interessiert bin - nichts weiter.
Dasselbe gilt für 1.: Ich bin ganz einfach auch daran interessiert, dass das, was ich erschaffe auch funktioniert.
Die genannten Forderungen haben also nichts direkt mit der Natur zu tun, sondern mit dem Wesen des Menschen. Sie sind
normativ: Sie geben vor, wie etwas
sein sollte, nicht wie etwas
ist.
Ich habe das mit meinem "so oder so ähnlich" auszudrücken versucht, bin mit der Formulierung aber auch nicht ganz glücklich.
Vielleicht wäre "möglichst so" oder ganz einfach nur "so" besser: "Die Theorie soll wahr sein, die Natur also so abbilden, wie sie wirklich ist"
... das wäre konsequenter, wenn ich Diskussionen um Bedeutungen von zusätzlichen Wörtern/Einschränkungen hier vermeiden will und stattdessen eine möglichst allgemeine Aussage haben will.
Ferner müssen wir unterscheiden zwischen der Hypothese und der Theorie. Eine Hypothese ist ein Arbeitspapier mit Annahmen, welche des Beweises harren. Eine Theorie ist eine bewiesene Hypothese. Fraglich bleibt dabei, inwieweit die Beweisführung korrekt war und wie realistisch die Modellannahmen waren. Daher ist eine zur Theorie erhobene Hypothese noch lange nicht Natur-nahe oder Natur.ähnlich!
Ja. Das sehe ich auch so.
Ich bin mit Deiner Aussage
seeker hat geschrieben:
Bei der QM existiert ein wichtiger Unterschied dazu.
Sie produziert lediglich Aussagen der Form:
Zustand <A> ---(gemäß Theorie T)---> Zustand <B>
Mit A und B sind einzelne, konkrete, reale, messbare Zustände gemeint, während das für Quantenzustände <A> und <B> so nicht gilt; sie sind in der Natur nicht beobachtbar. [Bitte Diskussion!]
daher nicht einverstanden. Diese Aussage ist mir -zumindest bezüglich meines jetzigen Verständnisses her- deutlich zu scharf gefasst. Sie lässt keinerlei Bewegungsspielraum zu.
Das ist volle Absicht: Ich versuche die Dinge auf den Punkt zu bringen. Ich will möglichst scharf fassen, damit wir Eckpfeiler erhalten, an denen wir uns orientieren und festhalten können.
Im Kern des QM-Formalismus ist es ja auch genau so. Darauf hat auch Tom gepocht.
Falls es gegen "sie [die QM-Zustände] sind in der Natur nicht beobachtbar" Einwände gibt, bitte ich wie gesagt um Diskussion, damit wir das erörtern können.
Ein wichtiger Punkt für mich!
...
Im Grunde folgst Du mir doch hier -bezgl. meiner Stellungnahme "ich bin nicht einverstanden".
Ich glaube nicht, denn selbst wenn verborgene Variablen existieren sollten, dann sind sie von ihrer Natur her
prinzipiell verborgen.
D.h.: Es existiert kein angebbarer mathematischer Formalismus, der kausale Operationen der Form <A> ---> A zulässt.
(Beispiel: Es ist prinzipiell unmöglich zu berechnen, wann genau ein einzelnes Uranatom zerfallen wird - VV hin oder her.)
Einstein bemerkte dieses mit seinem Satz "Gott würfelt nicht".
... und er hatte damit Unrecht.
Wilfried hat geschrieben:seeker hat geschrieben:3. Die QM ist vollständig, insofern sie die kausalen Mechanismen der Natur vollständig abbildet. Die Natur selbst ist nicht vollständig kausal aufgebaut und trägt ein zufälliges Element. Deshalb bildet die QM alles ab, was überhaupt von einer Theorie abgebildet werden kann: nur den kausalen Anteil der Natur.
Die Kopenhagener Interpretation ist ein Vertreter dieser Klasse.
Puuhhh, das ist wieder so eine spekulative Annahme. Deine Aussage, dass die Natur selbst ist nicht vollständig kausal ist, kann ich nicht nachvollziehen. Die Natur reagiert meines Erachtens nach schon kausal, nur wir haben sie noch lange nicht verstanden. Beispiel: Wetter. Können wir nicht vorhersagen, da die Menge an Parametern zu groß und die Anzahl der Messtationen demzufolge deutlich zu wenig und die Messungen auch in allen Raumrichtungen mit unvorstellbarer Präzision und Messdichte durchgeführt werden müssten. Das täte jede real durchgeführte Messung auch auf sehr sehr sehr lange Sicht unmöglich machen. Schau Dir nur die lokale Wolkenbildung bei einem Spaziergang an oder die Nebelbildung über einem kleinen Wäldchen. All diese hat Einfluss. So auch in der QM. Daher sage ich, auch die QM ist deterministisch und kausal, nur wir -wir als messende und modellbildende Menschen- vermögen das auf Grund der Datendichte nicht so zu sehen.
Ich versuchte in meinem Beitrag zunächst eine neutrale Übersicht der möglichen Interpretationen darzustellen, ohne Stellung zu beziehen.
Die dargestellten Interpretationen sind alle sowohl in Einklang mit der aktuellen Datenlage als auch logisch konsistent.
Unter diesen beiden Gesichtspunkten bleiben nur ganz wenige Varianten übrig, WIE die QM überhaupt interpretiert werden kann.
Das hat also nichts mit Spekulation zu tun, sondern mit der Darstellung und Herausarbeitung der (möglichst aller) verbleibenden Möglichkeiten.
Eines dürfen wir nicht tun: Wir dürfen nicht a priori diejenigen Möglichkeiten als spekulative Annahmen ablehnen, die uns nicht gleich schmecken wollen.
Dein Beispiel mit dem Wetter greift nicht. Dort handelt es sich um deterministisches Chaos. Das ist etwas völlig anderes.
Das Wetter verletzt nicht die Bellsche Ungleichung.
Über eines dürfte kein Zweifel mehr herrschen:
Die Quantenwelt ist nicht-klassich!
Es existiert keine realistische und lokale QM-Theorie und es existiert keine kausale und lokale QM-Interpretation!
Das bedeutet, dass es bei keiner widerspruchsfreien QM-Interpretation noch darum gehen kann den Zufall vollständig zu eliminieren.
Es kann nur noch darum gehen, wo man diesen hinschiebt: in die objektive Welt, in den subjektiven Beobachter, in die vielen Welten oder Minds, in den Gesamtzustand des Universums, in die Natur dessen, was eine "Messung" ist, usw.
Wenn du Skeltek die Experimente zur Bellschen Ungleichung anzweifelst und du Wilfried ihm dabei zugeneigt bist, dann muss ich fragen: Wohin kämen wir dann, wenn dem so wäre, wenn die Ungleichung nicht verletzt wäre?
Kämen wir dann nicht zu einer kausalen und lokalen Theorie, ganz so wie es sich Einstein gewünscht hat?
In dem Fall wäre doch die gesamte heutige QM hinfällig, falsch!
Und dann müsste man sich doch sehr wundern, dass sich die QM gerade so verhält 'als ob' es Zufall gäbe, obwohl es keinen gibt - und zwar genau der Teil-Zufall, der im Rahmen der QM erlaubt ist. Dass so etwas bei der genauesten Theorie vorliegt, die wir jemals hatten halte ich für mehr als unwahrscheinlich, von den Verschränkungsgeschichten ganz zu schweigen.
Nein, ich denke, wir sollten heute auf Basis der Datenlage urteilen, die zur Verfügung steht. Und die besagt, dass die Bellsche Ungleichung verletzt ist.
Soweit ich weiß herrscht darüber auch im Lager der Profis praktisch völlige Einigkeit.
Tiefsinnige und kluge Zweifel und genaue Überprüfung sind dabei natürlich immer gut und wichtig. Nur: Wir dürfen diese nicht als Basis für unsere Interpretationen der QM heranziehen, so lange kein dahingehender Nachweis gelungen ist, denn DAS wäre dann wilde Spekulation. Wir müssen stets aufpassen, dass nicht der Wunsch Vater des Gedankens wird.
Beste Güße
seeker