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Der Informationsbegriff in der Physik

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Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 19. Aug 2013, 19:22

Er taucht ja immer wieder auf, der Begriff "Information".
Dann hört man z.B., dass sich Hawking und Penrose streiten, ob Information in einem SL verloren geht oder nicht.
Man hört auch, dass Information bei einem Big Bounce a la LQG/Martin Bojowald zumindest teilweise aus dem Vorläuferuniversum hinüber gerettet wird.
usw.

Was hat es mit all dem auf sich?
Gibt es eine Art "Informationserhaltung" in der Physik?
Was ist darunter zu verstehen?

Danke für Antworten & viele Grüße
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von gravi » 19. Aug 2013, 19:47

Das ist wohl ein ziemlich schwieriges Kapitel.
Wiki gibt ja zur Definition des Informationsbegriffs eine Menge her, sagt aber nichts über die Information in der Physik.
Ich halte Information für einen eher abstrakten Begriff, den wir künstlich geschaffen haben. Man könnte darunter z.B. die Weitergabe von Wissen verstehen.

Um aber auf die Physik zu kommen, nehme ich mal etwas ganz simples: ein Elektron. Wenn ich mich mit ihm allein in einer Kiste befinde, so wird das wohl für alle Zeiten so bleiben - ich erhalte keine Information über das Ding, das da mit mir zusammen ist, und das Elektron erfährt nichts über mich.
Wenn ich aber nun beginne es mit Messgeräten zu untersuchen, finde ich vielleicht seine Geschwindigkeit heraus, seinen Spin oder seine Ladung. Informationen erhalte ich somit in der Physik durch Messungen, egal in welcher Form. Das mag beim "Zollstock" beginnen, übers Thermometer bis hin zum Cern führen. Ich muss also irgendwelche ausgeklügelten Methoden anwenden, um Informationen zu erhalten. In der Astronomie ist es ja nicht anders, wir versuchen aus den paar Photonen, die uns erreichen, möglichst viel an Informationen heraus zu kitzeln.

Im Endeffekt ist das dann Wissen, was man z.B. übers Internet weiter vermitteln kann. Auf anderen Gebieten muss man nicht unbedingt etwas messen, als Beispiel sei die Philosophie genannt. Hier gewinnt man Informationen durch bloßes Nachdenken. In jedem Fall aber muss man irgendwie aktiv werden, um an Informationen zu gelangen. Von nichts kommt nichts...

Gruß
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 19. Aug 2013, 20:21

Ich weis auch nicht, was der Begriff der Information in der Physik soll. Er taucht in keiner einzigen Formel zu Gravitation, Elektromagnetismus, oder Teilchenphysik auf.
Wer kommt nur auf die Idee, den Begriff der Information immer wieder auf das tablett zu heben? Da können wir auch gleich über die Bedeutung von Himbeereis in der Teilchenphysik reden :D

Grüsse.
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 20. Aug 2013, 08:06

Es ist letztlich ganz einfach.

Man muss hier keinen neuen Informationsbegriff einführen, das Konzept der Quantenzustände und der Entropie ist völlig ausreichend.

Man betrachtet (zu einem beliebigen Zeitpunkt vor dem Kollaps) den Quantenzustand der Materie |vorher>. Dabei handelt es sich prinzipiell um einen reinen Zustand, d.h. minimale Entropie (exakt Null). Dabei dürfen wir jetzt nicht verwechseln, dass wir diesen Zustand nicht kennen und ihn daher als statistisches Gemisch ansetzen; prinzipiell könnten wir ihn kennen.

Dann betrachtet man (zu einem beliebigen Zeitpunkt nach dem Kollaps) den Zustand des SLs plus der Hawkingstrahlung |SL) * |thermisches Strahlung). Dabei fällt dreierlei auf
1) Die mathematische Struktur von |SL) ist heute nicht bekannt
2) |SL) und |thermische Strahlung) sind nicht mehr gekoppelt (entangled), obwohl sie das eigtl. sein sollten
3) |thermische Strahlung) ist kein reiner Zustand, sondern ein statistisches Gemisch mit maximaler Entropie

Betrachten wir nur (3), und zwar nachdem das gesamte SL wieder durch Hawkingstrahlung vernichte wurde. Wir haben dann über die Zeit von vor dem Kollaps bis nach der Zerstrahlung einen Prozess

|reiner Zustand minimaler Entropie> → |statistisches Gemisch maximaler Entropie)

Dieser Prozess ist nach den Regeln der QM verboten!

In der QM gilt immer und ausschließlich eine unitäre Zeitentwicklung der Form

|reiner Zustand minimaler Entropie> → U * |reiner Zustand minimaler Entropie> = |reiner Zustand minimaler Entropie>

Wenn man die Hawkingstrahlung als klassische Näherung begreift, dann kann man dies noch gelten lassen. Betrachtet man sie jedoch als fundamentalen Prozess, dann verletzt sie die Regeln der QM, sie bedeutet eine nicht-unitäre Zeitentwicklung (und weil in einem einen Zustand sehr viele mikroskopische Freiheitsgrade Information tragen - welches Teilchen war in welchem Zustand - im thermischen Zustand jedoch keine Information mehr enthalten ist, spricht man von Informationsverlust; korrekt wäre "Verletzung der Unitarität")
Gruß
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 20. Aug 2013, 08:15

Was zeichnet eine Information aus:
A: Sie kann gespeichert/gemerkt werden
B: sie kann verarbeitet und mit anderen Informationen verknüpft werden.

[EDIT:]Der gravierende Unterschied zwischen einer Wechselwirkung und dem Kopieren einer (Quell-)Information besteht darin, dass die Information vervielfältigt werden kann und bei einem Kopieren nicht verloren gehen muss - ich kann Informationen verlustfrei duplizieren! Quantenzustände kann ich nicht verlustfrei duplizieren!

Um B zu ermöglichen, muss zuerst A sichergestellt sein.

Wenn Du ein sich durch den Raum bewegendes Elementarteilchen "fragen" könntest, warum es sich gerade so bewegt, wie es sich bewegt: Das Teilchen wüsste es nicht. Es hat darüber keine Information "gespeichert".

Bevor wir also den Begriff der Information benutzen, sollten wir erst einmal genau definieren, was Information ist und woraus der Informationsbegriff entsteht. Ansonsten bleibt alles pseudowissenschaftliches Gerede. (um es höflich auszudrücken)

Der Begriff der Information ist nicht so elementar wie Raum, Masse, Energie usw. und der Begriff der Information ist nicht benutzbar, solange er nicht sauber hergeleitet ist, Wenn ich den Informationsbegriff nicht benutzen kann, so kann ich auch nicht vom Entstehen und Vergehen von Informationen reden.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 20. Aug 2013, 08:55

Fuzzlix hat geschrieben:Bevor wir also den Begriff der Information benutzen, sollten wir erst einmal genau definieren, was Information ist und woraus der Informationsbegriff entsteht. Ansonsten bleibt alles pseudowissenschaftliches Gerede. (um es höflich auszudrücken).
Das kann man mittels des Informations- bzw. Entropiebegriffs sowohl in der Physik als auch in der Informatik exakt tun. Schau mal bei Wikipedia nach.

Für uns reicht es aber zunächst aus, dass es im Falle der Hawkingstrahlung der Begriff "Informationsverlust" gleichzusetzen ist mit "Verletzung der Unitarität".
Gruß
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 20. Aug 2013, 09:55

tomS hat geschrieben:Für uns reicht es aber zunächst aus, dass es im Falle der Hawkingstrahlung der Begriff "Informationsverlust" gleichzusetzen ist mit "Verletzung der Unitarität".
Ich finde es immer wieder toll, wie Du, Tom, in einer Diskussion neue Begriffe einstreust, ohne auf Argumente anderer einzugehen.

Informationen werden in der Quantenwelt ständig vernichtet/verloren. Betrachte nur ein beliebiges Teilchen, welches nicht mehr weiss, warum es sich so bewegt, wie es sich bewegt. Das geht auch ganz klassisch: Nimm nur das Beispiel einer Billardkugel. Wenn Du nur die Bewegung dieser Kugel siehst, kannst du nicht sagen, ob diese Bewegung von einer anderen Kugel der Masse x und der Geschwindigkeit v herrührt oder einer doppelt so schwehrern Kugel mit halber Geschwindigkeit (andere Ursachen lasse ich wegen ihrer unendlichen Menge jetzt einmal beiseite).

Das Problem, was Du hast, ist das Postulat, dass Information nicht verloren geht.
Ich behaupte: Wenn Information (wie auch immer wir sie definieren) entstehen UND vergehen kann.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von deltaxp » 20. Aug 2013, 10:38

aus physikalischer sicht ist information zu einem zeitpunkt t0 meines erachtens nichts weiter als die kenntnis aller quantenzustände eines (eigenzustandes zum zeitpunkt t0) eines systems. und wenn die quantenmechanik fundamental sein soll muss das was tom oben geschrieben hat über die zeitliche entwicklung gelten, die unitarität.

entropie heisst demnach auch die unkenntnis über quantzustände eines systems. beispiel: ein raum voller gas: das makroskipische system wird durch druck, temperatur und volumen beschrieben, über die mikroskopischen freieheitsgrade, den 10^25 quantenzuständen des systems zum messzeitpunkt ist nichts bekannt. die entropie ist daher sehr hoch.im prinzip ~ log(10^25-3) (die 3 die das makrosokopischce system charakterisieren).

wenn ich zu alle quantenzustände kenne kann ich dagegen die entropie des systems als klein bezeichnen, nämlich 0 alias maximal mögliche kenntnis der information ist das jetzt ein widerspruch ? scheinbar ja, aber praktisch nicht. denn wenn ich ich alle quantenzustände kenne, ist die wahrscheinlichkeit dass genau dieser quantenzustand nach einer manipulation zb vertauschungen von teilchen, wieder eingenommen wird verschwindend gering.

wenn ich aber nur druck/temperatur/volumen als information ansehe, führen sehr sehr viele manipulationen (vertauschungen) wieder auf denselben wert von druck,temparur und volumen. bezüglich dieser information ist die entropie also sehr hoch.

was das fürs schwarze loch bedeutet hat tom oben beschrieben. salopp gesprochen. ich werfe nen tisch, ne teetasse, nen stuhl, meine schwiegermutter in ein schwarzes loch, die sich alle durch konkrete quantenzustände also durch viel information auszeichnen. hohe information (niedrige entropie), das schwarze loch verdampft mit nach hawking rein thermischer strahlung, die nur durch temperatur charakterisiert ist (gemischter zustand wie tom schrieb), hohe entropie, aber wenn die quantenmechanik fundamental sein soll, muss die wahrscheinlichkeit erhalten bleiben. ich muss prinzipiell den bekannten anfangszustand (tisch, tee, stuhl, leider auch die schwiegermutter) zeitlich zum endzustand entwickeln können und die information verfolgen können (was geichbedeutend mit erhaltung ist), aber am ende ist nur thermische strahlung, und weg information vom tisch, teetasse, stuhl und gottseidank auch der schwiegermutter. das wär schön ist aber nen widerspruch zur fundamentalen QM.

und darum geht es beim info-paradoxon.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 20. Aug 2013, 11:08

deltaxp hat geschrieben:wenn ich zu alle quantenzustände kenne kann ich dagegen die entropie des systems als klein bezeichnen, nämlich 0 alias maximal mögliche kenntnis der information ist das jetzt ein widerspruch ? scheinbar ja, aber praktisch nicht. denn wenn ich ich alle quantenzustände kenne, ist die wahrscheinlichkeit dass genau dieser quantenzustand nach einer manipulation zb vertauschungen von teilchen, wieder eingenommen wird verschwindend gering.
wenn ich aber nur druck/temperatur/volumen als information ansehe, führen sehr sehr viele manipulationen (vertauschungen) wieder auf denselben wert von druck,temparur und volumen. bezüglich dieser information ist die entropie also sehr hoch.
Da sind wir uns ja einig. ds heist ja dann nur, dass die Menge an (gewinnbarer) Information vom gewählten Aussagesystem (Sensorik, Modell usw.) abhängt. Die Aussage, wie viel information ein beobachtetes System enthält ist also relativ und vom Beobachter (und seinen Möglichkeiten) abhängig.

Machen wir ein anschauliches Beispiel: Betrachten wir einen beliebigen Stern (zB. unsere Sonne). nehmen wir dazu zB einen unserer Sonnenbeobachtungssateliten. Wir erhalten bei otimaler Entfernung zum beobachteten Stern eine bestimmte Menge von Informationen (Magnetfeld, Sonnenwinde, Protuberanzen, usw). Vergrößern wir nun den Abstand des Sateliten zum Stern kontinuierlich, so verringern sich die gewinnbaren Informationen. Ab einer bestimmten Entfernung ist der Stern nur als ein Punkt wahrnehmbar und alles was bleibt ist die Spektral- und zeitliche Aanalyse des Lichtpunktes. Alle anderen Informationen sind verloren gegangen.

Ein anderes Beispiel: Was ist mit den Informationen, welche Pflanze und welches Tier wann und wo genau lebte? Diese Informationen sind verloren gegangen über die Zeit.

Also nochmal: Ich behaupte: Alles ist endlich (zeitlich und räumlich begrenzt) in unserem Universum - auch eine Information.

[EDIT:] Information ist zuerst ein Begriff unserer Anschauung und unserer Erkenntnis, Es ist keine physikalische Größe.
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 20. Aug 2013, 11:39

@Fuzzlix:
Schau mal hier rein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Entropie_% ... Definition
Dieser Shannonsche Informationsbegriff hat etwas mit der Entropie zu tun.

Ich verstehe noch nicht ganz, warum der Quantenzustand der Materie vor dem Kollaps so niederentropisch ist?
Er ist doch delokalisiert, stellt also gar nicht einen einzigen, konkreten, realen Zustand dar, sondern einen Wahrscheinlichkeitszustand und damit eine Überlagerung aus schier unendlich vielen konkreten Zuständen, die noch gar nicht verwirklicht sind? Das sieht doch höchst entropisch aus, wobei diese hohe Entropie im Kollaps (wo dann genau ein konkreter Zustand gewählt wird) zu einer sehr viel niedrigeren Entropie übergehen müsste?
tomS hat geschrieben:Man betrachtet (zu einem beliebigen Zeitpunkt vor dem Kollaps) den Quantenzustand der Materie |vorher>. Dabei handelt es sich prinzipiell um einen reinen Zustand, d.h. minimale Entropie (exakt Null). Dabei dürfen wir jetzt nicht verwechseln, dass wir diesen Zustand nicht kennen und ihn daher als statistisches Gemisch ansetzen; prinzipiell könnten wir ihn kennen.
Ich würde doch eher sagen, wir können ihn gerade prizipiell eben nicht kennen, denn die Kenntnis würde ihn ja gerade zerstören?!

Somit würde ich gerne mehr darüber erfahren, was denn mit unitärer Zeitentwicklung in der QM gemeint ist und wie diese begründet wird?
deltaxp hat geschrieben:was das fürs schwarze loch bedeutet hat tom oben beschrieben. salopp gesprochen. ich werfe nen tisch, ne teetasse, nen stuhl, meine schwiegermutter in ein schwarzes loch, die sich alle durch konkrete quantenzustände also durch viel information auszeichnen. hohe information (niedrige entropie), das schwarze loch verdampft mit nach hawking rein thermischer strahlung, die nur durch temperatur charakterisiert ist (gemischter zustand wie tom schrieb), hohe entropie, aber wenn die quantenmechanik fundamental sein soll, muss die wahrscheinlichkeit erhalten bleiben. ich muss prinzipiell den bekannten anfangszustand (tisch, tee, stuhl, leider auch die schwiegermutter) zeitlich zum endzustand entwickeln können und die information verfolgen können (was geichbedeutend mit erhaltung ist), aber am ende ist nur thermische strahlung, und weg information vom tisch, teetasse, stuhl und gottseidank auch der schwiegermutter. das wär schön ist aber nen widerspruch zur fundamentalen QM.
Ich verstehe noch nicht ganz den Unterschied dazu, wenn ich die Schwiegermutter ( :lol: ) statt in ein SL in eine Sonne werfe und dann abwarte bis die Sonne sich aufgelöst hat und sich das gesamte Universum in einen höchst-entropischen Zustand auflöst?
Auch dort habe ich doch im Prinzip am Ende nur thermische Strahlung übrig? Wo ist der Unterschied?

Beste grüße
seeker
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 20. Aug 2013, 12:23

seeker hat geschrieben:@Fuzzlix:
Schau mal hier rein: http://de.wikipedia.org/wiki/Entropie_% ... Definition
Dieser Shannonsche Informationsbegriff hat etwas mit der Entropie zu tun.
Entropie ist genau so ein irreführender und oft falsch angewandter Begriff wie der Begriff der Information, erst recht wenn er, wie Du sagst, sehr eng mit dem Informationsgebriff verknüpft ist.
Ich habe bis jetzt weder den Begriff der Information gebraucht noch den Begriff der Entropie und bin bis zum massebehafteten Körper gekommen. Somit ist aus meiner Sicht weder Information noch Entropie irgend etwas Grundlegendes.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von deltaxp » 20. Aug 2013, 17:18

seeker hat geschrieben:Ich verstehe noch nicht ganz den Unterschied dazu, wenn ich die Schwiegermutter ( :lol: ) statt in ein SL in eine Sonne werfe und dann abwarte bis die Sonne sich aufgelöst hat und sich das gesamte Universum in einen höchst-entropischen Zustand auflöst?
Auch dort habe ich doch im Prinzip am Ende nur thermische Strahlung übrig? Wo ist der Unterschied?
eben nicht, nur näherungsweise. im prinzip kann man das ganze system sonne+schwiegermutter quantenmechanik entwickeln, man kennt die wechselwirkungen sehr genau. aber man ist nicht in der lage alles zu messen, man beschränkt sich auf ein paar wenige informationen wie masse, temperatur, spektren. die information der zerstrahlten schwiegermutter ist da nur eine kleine modulation. wie gesagt du müsstest den gesamten quantenzustand des fetten sterns und der schwiegermutter kennen und verfolgen. das kannst du nicht. deshalb erscheint für uns lokal durch die dekohärenz die information der schwiegermutter verloren, global im unitär entwickelten quantenzustand des gesamtsystems könntest du aber prinzipiell alle wechselwirkung die mit der armen schwiegermutter bei annäherung an den stern passieren nachverfolgen, aber mal hand aufs herz, wer will das schon :P

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 20. Aug 2013, 19:25

@Fuzzlix:

Es geht um diese Frage
seeker hat geschrieben:Er taucht ja immer wieder auf, der Begriff "Information".
Dann hört man z.B., dass sich Hawking und Penrose streiten, ob Information in einem SL verloren geht oder nicht.
Dazu habe ich sehr ausführlich erklärt, was die Physiker damit meinen. Zentral dabei sind due Begriffe "reiner bzw. gemischter Zustand", "Entropie" und "Unitarität":
tomS hat geschrieben:Man muss hier keinen neuen Informationsbegriff einführen, das Konzept der Quantenzustände und der Entropie ist völlig ausreichend.

... und weil in einem einen Zustand sehr viele mikroskopische Freiheitsgrade Information tragen - welches Teilchen war in welchem Zustand - im thermischen Zustand jedoch keine Information mehr enthalten ist, spricht man von Informationsverlust; korrekt wäre "Verletzung der Unitarität"
Fuzzlix hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Für uns reicht es aber zunächst aus, dass es im Falle der Hawkingstrahlung der Begriff "Informationsverlust" gleichzusetzen ist mit "Verletzung der Unitarität".
Ich finde es immer wieder toll, wie Du, Tom, in einer Diskussion neue Begriffe einstreust, ohne auf Argumente anderer einzugehen.
Ich erkläre, was die Physiker genau meinen und benutze dazu die (korrekten) Fachbegriffe. Der Begriff "Information" ist an der Stelle umgangssprachlich und - wie die Diskussion zeigt - verwirrend.
Fuzzlix hat geschrieben:Entropie ist genau so ein irreführender und oft falsch angewandter Begriff wie der Begriff der Information, erst recht wenn er, wie Du sagst, sehr eng mit dem Informationsgebriff verknüpft ist..
Entropie ist weder irreführend noch wird das hier falsch verwendet.
Gruß
Tom

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Fuzzlix » 20. Aug 2013, 20:55

Tom, hier stört mich etwas grundsätzliches:
Begriffe werden von der einen Gruppe anders verwendet und definiert als von der anderen. Da ist die Information der einen nicht die Information der anderen. Da ist der Punkt der einen der Vektor der anderen (siehe hier) usw.
Wenn Ihr Euch dann selber untereinander nicht mehr versteht, dann wundert es mich nicht. Dann geht die Streiterei und die Rechthaberei los. Und das alles wegen nichts und für nichts. Das ist brotlos.
Wie wollt Ihr Euch untereinander vernünftig unterhalten, wenn nicht einmal Dinge genau benannt werden können, weil Bgriffe unklar definiert sind. Da hat ein Phasenraum nichts mit Phasen(-verschiebung usw) zu tun, sondern mit Zuständen. Und in inzwischen über 100 Jahren hat es die Wissenschaft nicht geschaft, diesen überalterten Wortschatz auszumisten. kein Wunder dass das ganze so schwehr zu begreifen ist, wenn man auch noch zwischen Deutsch und Deutsch übersetzen muss. Da mache ich doch lieber mit meinem Kram weiter - da sind die Begriffe wenigstens nur doppeldeutig. :wink:

Nichts für ungut.

Fuzzlix.

EDIT 22.08.13: Dank Seekers Beitrag muss ich wohl mit meiner Kritik am Begriff des Phasenraumes ein gutes Stück zurück rudern.
Zuletzt geändert von Fuzzlix am 22. Aug 2013, 08:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 20. Aug 2013, 22:12

Fuzzlix hat geschrieben:Tom, hier stört mich etwas grundsätzliches:
Begriffe werden von der einen Gruppe anders verwendet und definiert als von der anderen. Da ist die Information der einen nicht die Information der anderen.

...

Nichts für ungut.
Nein, nichts für ungut.

Du hast bzgl. der Begriffsverwirrung sicher teilweise recht.

Im aktuellen Fall sind die Begriffe Information und Informationsverlust sicher verwirrend (zunächst scheinen sie klar, dann jedoch zeigt sich, dass sie nicht wirklich vernünftig definiert sind).

Aber die von mir verwendeten Begriffe des (verallgemeinerten) gemischten Zustandes, der Unitarität und der Entropie sind wohldefiniert, wenn auch nicht ganz trivial.

Anstatt nun über Information weiterzudiskutieren, wollte ich eben die exakte Bedeutung dieses sogenannten "Informationsverlustes" mittels Unitarität und Entropie erklären.
Gruß
Tom

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 21. Aug 2013, 00:39

tomS hat geschrieben:Anstatt nun über Information weiterzudiskutieren, wollte ich eben die exakte Bedeutung dieses sogenannten "Informationsverlustes" mittels Unitarität und Entropie erklären.
Nun ja, und dazu hatte ich noch weitere Fragen gestellt (nur dass das nicht in Vergessenheit gerät).
Ich wüsste gern genauer, was mit Unitarität gemeint ist, wie sie begründet und motiviert ist und warum ein reiner Quantenzustand vor dem Kollaps niederentropisch ist?
Was ist eigentlich ein "reiner Quantenzustand"?

Kannst du oder jemand noch etwas dazu sagen?

Grüße
seeker
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 21. Aug 2013, 01:07

seeker hat geschrieben:Ich wüsste gern genauer, was mit Unitarität gemeint ist, wie sie begründet und motiviert ist und warum ein reiner Quantenzustand vor dem Kollaps niederentropisch ist?
Was ist eigentlich ein "reiner Quantenzustand"?
Schau mal kurz in den aktuellen Thread über Quantisierung.

Dort habe ich kurz notiert, dass man sich einen Hilbertraumzustand als einen Einheitsvektor (auf einer unendlich-dimensionalen Einheitskugel) vorstellen darf, dessen Zeitentwicklung einer (i.A. komplizierten) Rotation des Vektors auf dieser Einheitskugel entspricht. Damit haben wir den Begriff des reinen Quantenzustandes (= des Einheitsvektors) und der unitären Zeitentwicklung (= der Rotation) eingeführt.

Die Unitarität wird nicht motiviert, sie folgt exakt aus der Schrödinggleichung. Diese löst man formal mittels eines unitären Zeitentwicklungsoperators U[H], der direkt aus dem Hamiltonoperator H folgt. QM ohne U ist so wie Newtonsche Mechanik ohne F=ma.

Im Gegensatz dazu wird ein verallgemeinerter, gemischter Zustand durch mehrere (i.A. unendlich viele) derartige Einheitsvektoren dargestellt. Achtung: diese werden nicht durch Vektoraddition zu einem einzelnen Zustand zusammengefasst, sondern sind unabhängig voneinander in diesem verallgemeinerten Zustand enthalten. Der Spezialfall eines reinen Zustandes entspricht einem verallgemeinerten Zustand mit nur einem Vektor. Jedem einzelnen Vektor wird noch eine Zahl zugeordnet, die die klassische (!) Wahrscheilichkeit beschreibt, das System in diesem einen (reinen) Zustand zu finden. Ist die Wahrscheinlichkeit nur für genau einen Vektor gleich Eins und für alle anderen gleich Null, dann liegt wieder ein reiner Zustand vor. Wichtig: bei dieser Wahrscheinlichkeit handelt es sich nicht um die intrinsisch quantenmechanische Wahrscheilichkeit, sondern lediglich um unsere eigene Unkenntnis bzgl. des Systems. Prinzipiell ist ein Quantensystem in einem reinen Zustand, allerdings kennen wir oft nicht alle seine Freiheitsgrade exakt und müssen es deswegen durch ein statistisches Gemisch beschreiben.

Die Quantenmechanik besagt nun, dass die Zeitentwicklung eines reinen Zustandes (eines einzelnen Vektors) einer Rotation entspricht, und dass dabei nie ein Gemisch von mehreren Vektoren entstehen kann. Im Falle des SLs entspricht die Hawkingstrahlung jedoch einem gemischten Zustand, selbst wenn wir das Quantensystem vor dem Kollaps in einem reinen Zustand präpariert hatten. Der Kollaps verletzt also das Prinzip der Unitarität - es sei denn, wir finden doch eine vollständige quantenmechanische Beschreibung, was inzwischen praktisch alle Physiker glauben.
Gruß
Tom

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 21. Aug 2013, 01:39

Danke. Ich bin im Quantisierungsthread dabei. Die Puzzleteile sind noch nicht vollständig zusammengefügt.
tomS hat geschrieben:Ist die Wahrscheinlichkeit nur für genau einen Vektor gleich Eins und für alle anderen gleich Null, dann liegt wieder ein reiner Zustand vor.
D.h. dieser Zustand ist mit dem Kollaps zu identifizieren?
tomS hat geschrieben:Wichtig: bei dieser Wahrscheinlichkeit handelt es sich nicht um die intrinsisch quantenmechanische Wahrscheilichkeit, sondern lediglich um unsere eigene Unkenntnis bzgl. des Systems.
Warum? Wie kann man das wissen? Ist dieser Befund empirisch belegbar?
tomS hat geschrieben:Die Quantenmechanik besagt nun, dass die Zeitentwicklung eines reinen Zustandes (eines einzelnen Vektors) einer Rotation entspricht, und dass dabei nie ein Gemisch von mehreren Vektoren entstehen kann.
Vielleicht können wir das noch in dem Quantenthread beleuchten. Ich muss es im Moment einfach hinnehmen.


Die Sache mit dem SL erscheint mir sehr komliziert.
Vielleicht liegt das Problem auch darin, dass dort Unendlichkeiten auftreten?

Nach dem was deltaxp gesagt hat, erscheint mir der Unterschied zu meinem Beispiel mit der Sonne der zu sein, dass dort von keiner Unendlichkeit (genauer unendlichen Zeitspanne) auszugehen ist, bzw. ausgegangen wird. Denn eine unendliche Zeitspanne lang (und darüber hinaus) kann man prinzipiell kein QM-System verfolgen.

Das, was aus einem SL herauskommt (Hawkingstrahlung) könnte man evtl. als etwas interpretieren, das schon eine unendliche Zeitspanne der Entwickung hinter sich hat?

Mir ist in dem Zusammenhang jedenfalls eines immer noch nicht ganz klar:
Wenn ich ein Objekt in ein SL hineinfallen lasse, dann werde ich es nie hineinfallen sehen; es wird für mich als stationärer, entfernter Beobachter vor dem EH "festkleben", also unendlich lange brauchen, bis es im SL endgültig verschwindet.

Die Frage, die ich mir nun stelle ist die:
Kann ich die durch diese Masse gespeiste Hawkingstrahlung feststellen, bevor ich sie endgültig im SL habe verschwinden sehen???
Das kann ja eigentlich nicht sein...

Grüße
seeker
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 21. Aug 2013, 08:35

seeker hat geschrieben:Danke. Ich bin im Quantisierungsthread dabei. Die Puzzleteile sind noch nicht vollständig zusammengefügt.
tomS hat geschrieben:Ist die Wahrscheinlichkeit nur für genau einen Vektor gleich Eins und für alle anderen gleich Null, dann liegt wieder ein reiner Zustand vor.
D.h. dieser Zustand ist mit dem Kollaps zu identifizieren?
Mit welchem Kollaps meinst du? Dem der Wellenfunktion?

Diese ist immer in einem reinen Zustand. Der Kollaps besagt lediglich, dass die Zeitentwicklung einen Sprung macht. Normalerweise überstreicht der Vektor seine Bahn auf der Einheitskugel kontinuierlich. Im Falle des Kollapses "springt" er dagegen. Der Kollaps bedeutet nicht, dass ein gemischter zu einem reinen Zustand kollabiert.

Konkret am Beispiel von Schrödingers Katze.

1) Zunächst ist die Katze in einem reinen Zustand, der Überlagerung "leben und tot"
2) Klassisch erwarten wir jedoch, dass die Katze in einem eindeutigen Zustand ist, z.B, "lebend"
3) Beim Öffnen der Kiste kollabiert der reine Zustand "lebend und tot" zu einem anderen reinen Zustand, z.B. "lebend"
4) Gemäß der Dekohärenz kann man die Katze (inklusive ihrerer WW mit der Umwelt = der Luft etc.) nicht mit einem reinen Zustand beschreiben, sondern muss ein statistisches Gemisch mehrerer reiner Zustände ansetzen, z.B. ' "lebend" oder "tot" ' (man beachte die Hochkommata)
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Wichtig: bei dieser Wahrscheinlichkeit handelt es sich nicht um die intrinsisch quantenmechanische Wahrscheilichkeit, sondern lediglich um unsere eigene Unkenntnis bzgl. des Systems.
Warum? Wie kann man das wissen? Ist dieser Befund empirisch belegbar?
Einzelne isolierte Quantensystemen werden durch reine Zustände beschriebene (Doppelspalt, Atom oder Molekül, Bose-Einstein-Kondensat, ...). Offene Quantensysteme, deren Freiheitsgrade wir nicht im Detail kennen (Gase, Flüssigkeiten, thermische Strahlung wie im Falle der Hawkingstrahlung, ...) werden durch verallgemeinerte gemischte Zustände beschrieben. Das funktioniert, d.h. der Formalismus liefert korrekte, experimentell überprüfbare Vorhersagen.
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Die Quantenmechanik besagt nun, dass die Zeitentwicklung eines reinen Zustandes (eines einzelnen Vektors) einer Rotation entspricht, und dass dabei nie ein Gemisch von mehreren Vektoren entstehen kann.
Vielleicht können wir das noch in dem Quantenthread beleuchten. Ich muss es im Moment einfach hinnehmen.
Im Quantisierungsthread haben wir bisher nur reine Zustände betrachtet, keine Gemische!
seeker hat geschrieben:Die Sache mit dem SL erscheint mir sehr komliziert.
Vielleicht liegt das Problem auch darin, dass dort Unendlichkeiten auftreten?
Nein, ich denke nicht. Zumindest sieht man das Hawkings Rechnungen nicht an.
seeker hat geschrieben:Das, was aus einem SL herauskommt (Hawkingstrahlung) könnte man evtl. als etwas interpretieren, das schon eine unendliche Zeitspanne der Entwickung hinter sich hat?
Das ist unerheblich. Das spielt in den Rechnungen keine Rolle.

Vor dem Kollaps des SLs präpariere ich einen reinen Zustand "Materie + Strahlung" = genau einen Vektor (das ist praktisch nicht möglich für ein makroskopischen System, aber prinzipiell denkbar). Nach dem Kollaps finde ich einen Zustand "SL + thermische Strahlung" wobei letztere einem Zustandsgemisch entspricht. Das verletzt die Regeln der QM. Also muss entweder die QM für SLs (Gravitation) ungültig sein, oder unsere Beschreibung unvollständig. Man glaubt letzteres, d.h. dass die QM korrekt ist, jedoch in unserer Beschreibung etwas fehlt. In einer vollständigen Beschreibung wäre "quantisierte Freiheitsgrade des Gravitationsfeldes + Strahlung" doch ein reiner Zustand.

Zuletzt sollten wir uns mal der Entropie widmen.
Gruß
Tom

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 21. Aug 2013, 11:46

Ich glaube es ist nicht immer leicht für Leute wie dich dich zu erkennen, wo Leute wie ich eigentlich hängen.
Das kann in der Natur der Sache liegen.
Jetzt kommen wir aber m.E. langsam näher zum Punkt.
tomS hat geschrieben:Mit welchem Kollaps meinst du? Dem der Wellenfunktion?
... Der Kollaps bedeutet nicht, dass ein gemischter zu einem reinen Zustand kollabiert.
Aha! Und ja, den meinte ich. Und da hakt es auch noch bei mir, weil ich ja auch zu wissen glaube, dass die QM den Kollaps gar nicht beschreiben kann.
Deshalb schrieb ich "identifizieren" im Sinne von "repräsentieren".
tomS hat geschrieben:Der Kollaps besagt lediglich, dass die Zeitentwicklung einen Sprung macht. Normalerweise überstreicht der Vektor seine Bahn auf der Einheitskugel kontinuierlich. Im Falle des Kollapses "springt" er dagegen.
Wichtige Verständnisfrage: Ist dieser Sprung eine Unstetigkeit? Kann die QM den Kollaps deshalb nicht beschreiben - oder kann sie es per Dekohärenz eben doch?
Ist außerdem dieses Überstreichen des Vektors auf der Einheitskugel analog (zumindest im weiteren Sinne) dem Überstreichen/der Drehung des Vektors auf dem Einheitskreis im Vergleich zu/bei einer Sinuswelle (einer Schwingung)?
tomS hat geschrieben:Einzelne isolierte Quantensystemen werden durch reine Zustände beschriebene (Doppelspalt, Atom oder Molekül, Bose-Einstein-Kondensat, ...). Offene Quantensysteme, deren Freiheitsgrade wir nicht im Detail kennen (Gase, Flüssigkeiten, thermische Strahlung wie im Falle der Hawkingstrahlung, ...) werden durch verallgemeinerte gemischte Zustände beschrieben. Das funktioniert, d.h. der Formalismus liefert korrekte, experimentell überprüfbare Vorhersagen.
Dieser Punkt ist auch sehr wichtig für mein Verständnis.
Ich hatte gedacht, dass makroskopische Körper grundsätzlich gemischte Zustände darstellen, weil wir es dort mit Überlagerungen, WW zu tun hätten.
Dem ist offensichtlich nicht so.
Es geht also eher darum, ob ein System offen oder abgeschlossen ist?
Ja, würde das dann nicht bedeuten, dass man im Prinzip alle Zustände durch reine QM-Zustände (also durch einen einzigen Vektor) beschreiben kann?
Die Beschreibung mittels gemischten Zuständen, wäre dann nur ein mathematisches Hilfsmittel, das unserer unvermeidlichen Unkenntnis komlexerer Systeme Rechnung trägt?
Ist die Dekohärenz denn nicht nur eine Näherung (wird für gewisse Zustände exakt Null erreicht oder nur ungefähr Null) - oder ist sie tatsächlich mehr?

Du schreibst:
tomS hat geschrieben:4) Gemäß der Dekohärenz kann man die Katze (inklusive ihrerer WW mit der Umwelt = der Luft etc.) nicht mit einem reinen Zustand beschreiben, sondern muss ein statistisches Gemisch mehrerer reiner Zustände ansetzen, z.B. ' "lebend" oder "tot" ' (man beachte die Hochkommata)
Diesen Punkt verstehe ich noch nicht ganz (wie du aus meinen Fragen ersehen kannst). Wird dieses statistische Gemisch der reinen QM quasi "übergepropft"?
tomS hat geschrieben:Vor dem Kollaps des SLs präpariere ich einen reinen Zustand "Materie + Strahlung" = genau einen Vektor (das ist praktisch nicht möglich für ein makroskopischen System, aber prinzipiell denkbar). Nach dem Kollaps finde ich einen Zustand "SL + thermische Strahlung" wobei letztere einem Zustandsgemisch entspricht.
Was meinst du hier mit "Kollaps"? Den Kollaps einer Masseansammlung zu einem SL?
Heißt das, dass thermische Strahlung nicht durch einen reinen Zustand beschrieben werden kann? Wieso nicht?

Habe ich nicht vor dem Kollaps zu einem SL schon thermische Strahlunsanteile zu berücksichtigen (die die Beschreibung des Gesamtsystems durch einen reinen Zustand verhindern)?
Oder lasse ich diese unberücksichtigt und betrachte nur die anderen Anteile, die eine niedrigere Entropie haben?

Dann wäre die Gleichung so (?):
Materie + Strahlung (a% thermisch + b% nicht-thermisch) -> SL + c% thermische Strahlung -> nur thermische Strahlung | - a% thermische Strahlung (c>a)
Materie + Strahlung (b% nicht-thermisch) -> SL + (c-a)% thermische Strahlung -> nur (100%-a%) thermische Strahlung


Du siehst hoffentlich: Ich ringe ehrlich um Verständnis.

Was mir auch wichtig erscheint und was man im Hinterkopf behalten sollte: Die Zustände, über die wir sprechen, stellen ja stets ("nur") Wahrscheinlichkeiten dar - nicht?
Was ist aus diesem Umstand zu schlussfolgern?
tomS hat geschrieben:Zuletzt sollten wir uns mal der Entropie widmen.
Absolut! Zuerst möchte ich aber die QM-Aspekte verstehen. Danach werde ich sicher noch fragen, wie man einem QM-Zustand eine Entropie zuordnet.

P.S.: Was ist ein gemischter Zustand genauer? Ein Ensemble von mehreren, voneinander unabhängigen Vektoren oder eine Überlagerung mehrer Vektoren?

Resumee:
Kann man sagen, dass das Problem dergestalt ist, dass man nicht weiß, wie man die Hawkingstrahlung in einem kontinuierlichen Übergang (Zustand vor dem SL -> Zustand nachher) mit einem reinen Zustand beschreiben kann? Man möchte also die Beschreibung mit gemischten Zuständen loswerden, denn eine Beschreibung "gemischter Zustand vorher -> gemischter Zustand nachher" müsste ja bereits funktionieren?

Beste Grüße
seeker
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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Hawkwind » 21. Aug 2013, 12:51

seeker hat geschrieben: P.S.: Was ist ein gemischter Zustand genauer? Ein Ensemble von mehreren, voneinander unabhängigen Vektoren oder eine Überlagerung mehrer Vektoren?
Nur hierzu: ersteres dürfte richtig sein. Superpositionen (Überlagerungen) von Zustandsvektoren sind immer noch "reine" Zustände.
Diese Gemische bechreibt man gerne durch die Dichtematrix

Siehe auch
http://theorie2.physik.uni-erlangen.de/ ... matrix.pdf

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Skeltek » 22. Aug 2013, 05:12

Information ist nicht Quantifizierbar im Sinne einer Quantität.
Wieviele Information aus dem Zustand eines Systems entnommen werden kann ist von der gewünschten Information, Meßmöglichkeiten(ohne das System dadurch zu stören) und polynomialem Rechenaufwand abhängig.
Da die Meßmöglichkeiten beschränkt sind und keine Informationen verloren gehen, kann man Informationsverlust mit dem (Extrapolierungs-)Aufwand in Verbrindung bringen, der nötig ist um die gewünschten Informationen aus den Messungen zu extrahieren.

z.B. wird ein perfektes Pendel mit perfekt gleichmäßiger Dämpfung/Reibung ewig schwingen. Wenn sich die Amplitude in einer Sekunde halbiert, wird es in einer Milliarde Jahren noch schwingen. Bei perfekter Messmöglichkeit steigert sich lediglich der Rechenaufwand den Anfangszustand zu determinieren.

So schwingt theoretisch auch der EH eines SLs unendlich lange nach, allerdings ist die Amplitude vermutlich beim Sturz hinter den EH bereits fast(!) unendlich klein.
In der Quantenwelt ist das egal, die interessiert sich nicht für die makroskopisch wahrnehmbaren Summen und nimmt diese auch gar nicht wahr. Die Teilmengen der (aus makroskopischer Sicht) zuvor niederenropisch angeordneten Sets an quantenmechanischer Informationen gehen als Einzelne nicht verloren. Sie sind für uns nur schwerer zu extrahieren, da wir sie makroskopisch nur in der Summe wahrnehmen und messen können.

Als Analogon: Ein Wasserstoffatom nehmen wir wahr, nicht aber seine Bestandteile. Zerfällt das Atom bleiben seine Bestandteile enthalten und zerfallen in verschiedene Teilchenklassen(Energie-, Impuls- und Eigenschaften-Erhaltungssätze).
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  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von tomS » 22. Aug 2013, 08:33

seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Mit welchem Kollaps meinst du? Dem der Wellenfunktion?
... Der Kollaps bedeutet nicht, dass ein gemischter zu einem reinen Zustand kollabiert.
Aha! Und ja, den meinte ich. Und da hakt es auch noch bei mir, weil ich ja auch zu wissen glaube, dass die QM den Kollaps gar nicht beschreiben kann.
Deshalb schrieb ich "identifizieren" im Sinne von "repräsentieren".
Die QM beschreibt bzw. erklärt den Kollaps tatsächlich nicht.

seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Der Kollaps besagt lediglich, dass die Zeitentwicklung einen Sprung macht. Normalerweise überstreicht der Vektor seine Bahn auf der Einheitskugel kontinuierlich. Im Falle des Kollapses "springt" er dagegen.
Wichtige Verständnisfrage: Ist dieser Sprung eine Unstetigkeit? Kann die QM den Kollaps deshalb nicht beschreiben - oder kann sie es per Dekohärenz eben doch?
Ist außerdem dieses Überstreichen des Vektors auf der Einheitskugel analog (zumindest im weiteren Sinne) dem Überstreichen/der Drehung des Vektors auf dem Einheitskreis im Vergleich zu/bei einer Sinuswelle (einer Schwingung)?
Dieser Sprung ist eine im Rahmen der QM nicht erklärbare Unstetigkeit. Die Dekohärenz hilft da nicht. Sie operiert gar nicht wirklich auf dieser Einheitskugel, sondern auf einem Bündel von Vektoren. Die Dekohärenz besagt, dass für die Vektoren, die wir zur Beschreibung benutzen müssen, klassisch realisierbare Zustände sind, z.B. für die Katze "lebend", nicht jedoch "lebend+tot". Die Dekohärenz liefert eine näherungsweise Beschreibung mit klassischen Wahrscheinlichkeiten bzgl. klassisch realisierbar Zustände. Zunächst besagt sie also, dass die beiden Zustände "lebend" und "tot" die richtigen sind, dann besagt sie, dass (z.B.) für diese beiden Zustände eine Wsk. von 50% vorliegt.

Dann gibt es aber wieder einen Sprung, nämlich z.B. von (50%,50%) zu (100%,0%), d.h. auf "lebend". Der Sprung bleibt weithin unerklärbar (die Näherung, hier mit zwei Zuständen arbeiten zu dürfen, ist eigtl. falsch, da ein Zustand 'leben' nicht einem reinen Zustand "lebend" entspricht, sondern einer riesigen Klasse verschiedener Mikrozustände - klar, oder?)

seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Einzelne isolierte Quantensystemen werden durch reine Zustände beschriebene (Doppelspalt, Atom oder Molekül, Bose-Einstein-Kondensat, ...). Offene Quantensysteme, deren Freiheitsgrade wir nicht im Detail kennen (Gase, Flüssigkeiten, thermische Strahlung wie im Falle der Hawkingstrahlung, ...) werden durch verallgemeinerte gemischte Zustände beschrieben. Das funktioniert, d.h. der Formalismus liefert korrekte, experimentell überprüfbare Vorhersagen.
Ich hatte gedacht, dass makroskopische Körper grundsätzlich gemischte Zustände darstellen, weil wir es dort mit Überlagerungen, WW zu tun hätten.

Es geht also eher darum, ob ein System offen oder abgeschlossen ist?
Ja, würde das dann nicht bedeuten, dass man im Prinzip alle Zustände durch reine QM-Zustände (also durch einen einzigen Vektor) beschreiben kann?
Die Beschreibung mittels gemischten Zuständen, wäre dann nur ein mathematisches Hilfsmittel, das unserer unvermeidlichen Unkenntnis komlexerer Systeme Rechnung trägt?
Ist die Dekohärenz denn nicht nur eine Näherung (wird für gewisse Zustände exakt Null erreicht oder nur ungefähr Null) - oder ist sie tatsächlich mehr?
Die gemischten Zustände sind unserer Unkenntnis geschuldet. Das gilt üblicherweise für alle makroskopischen Systeme (Ausnahme: kohärente Zustände wie Bode-Einsten-Kondensat, Laser, ...). Insbs. gilt sie für offene Systeme, speziell z.B. für die WW eines Quantensystems mit einer Umwelt, wobei letztere eben selbst einen gemischten Zustand darstellt.

Die Dekohärenz besagt grob, dass z.B. ein Spinsystem mit den Zuständen "up" und "down" und einem Zeiger mit 'UP' und 'DOWN' sowie einer WW mit der Umwelt in einen makroskopischen bzw. klassischen Zustand übergeht, nämlich entweder "up & UP" oder "down & DOWN" - jeweils mit einer bestimmten Wsk. Die Dekohärenz vermeidet also Zustände wie "up+down & UP+DOWN". Sie zwingt das System sozusagen in bestimmte, klassisch realisierbare Zustände.

Nehmen wir an, wir starten mit so einem seltsamen Superpositionszustand, den wir klassisch nie beobachten. Dann führen wir eine Näherung ein, wir mitteln über die unbekannten Freiheitsgrade der Umgebung (Luftmoleküle etc.); dadurch haben wir eigtl. ein offenes System (Spin & Zeiger) dessen WW mit der Umwelt wir nicht mehr exakt beschreiben. Wir betrachten also ein offenes Untersystem.

Der Witz ist nun, dass das Gesamtsystem (Spin & Zeiger & Luft) weiterhin hin einem quantenmechanisch reinen Überlagerungszustand verbleibt, dass die Superposition (bzw. Verschränkung) jedoch effektiv von den Umgebungsfreiheitsgraden getragen wird. Da wir letztere nicht beobachten, ist die Superposition im Untersystem unsichtbar.

Dies bedeutet, dass das Untersystem (!) näherungsweise (!) durch einen entsprechenden gemischten (!) Zustand beschrieben werden kann, da hier zum einen der Übergang auf die klassisch realisierbaren Zeigerzustände gekoppelt an die jeweiligen Spinzustände stattfindet, und da die Superpositionen durch Mittelung über die Umgebungszustände unsichtbar werden.

seeker hat geschrieben:Wird dieses statistische Gemisch der reinen QM quasi "übergepropft"?
Nein, eigtl. nicht. Es handelt sich nur um die Erweiterung des QM Formalismus auf statistische Systeme. Man verwendet so selben Methoden in der statistischen Mechanik.

seeker hat geschrieben:Heißt das, dass thermische Strahlung nicht durch einen reinen Zustand beschrieben werden kann? Wieso nicht?
Richtig. Thermische Strahlung bei Temperatur T entspricht einem statistischen Gemisch. Jedes Photon ist mit einer Wsk. ~ exp(-E/kT) in einem Zustand der Energie E. Welches Photon nun genau in welchem Zustand ist,wissen wir nicht.

seeker hat geschrieben:Was ist ein gemischter Zustand genauer? Ein Ensemble von mehreren, voneinander unabhängigen Vektoren
Genau
seeker hat geschrieben:Kann man sagen, dass das Problem dergestalt ist, dass man nicht weiß, wie man die Hawkingstrahlung in einem kontinuierlichen Übergang ... mit einem reinen Zustand beschreiben kann? Man möchte also die Beschreibung mit gemischten Zuständen loswerden, denn eine Beschreibung "gemischter Zustand vorher -> gemischter Zustand nachher" müsste ja bereits funktionieren?
So in etwa.

Die QM besagt, dass ein SL - entstehend aus einem reinen Zustand ein reiner Zustand sein muss. Hawking's Resultat besagt, dass ein SL plus seine thermische Strahlung zwingend ein gemischter Zustand ist. Die Schlussfolgerung ist, dass entweder a) die QM zusammenbricht, oder b) dass ein SL plus seine Strahlung prinzipiell ebenfalls ein reiner Zustand sein muss, und dabei die QM gültig bleibt. Wir glauben heute mehrheitlich b)

Daraus folgen jedoch mehrere Konsequenzen:
A) das "keine-Haare-Theorem" ist falsch; SLs müssen zwingend auch mikroskopische Freiheitsgrade tragen
B) diese schreiben wir dem Gravitationsfeld zu (dessen QG wir heute jedoch noch nicht kennen)
C) das SL muss ein makroskopischen Quantenobjekt mit Größe des EH sein
Gruß
Tom

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von Skeltek » 23. Aug 2013, 00:27

tomS hat geschrieben: Daraus folgen jedoch mehrere Konsequenzen:
A) das "keine-Haare-Theorem" ist falsch; SLs müssen zwingend auch mikroskopische Freiheitsgrade tragen
B) diese schreiben wir dem Gravitationsfeld zu (dessen QG wir heute jedoch noch nicht kennen)
C) das SL muss ein makroskopischen Quantenobjekt mit Größe des EH sein
Wie stark darf denn der Ausschlag einer Sinusschwingung maximal abflachen, damit sie nicht als zerstörte Information gilt? Mit fällt da kein Faktor größer Null ein.
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  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Der Informationsbegriff in der Physik

Beitrag von seeker » 23. Aug 2013, 07:33

Vielen Dank, Tom für diesen hervorragenden Beitrag mit vielen Antworten, die für mich hilfreich sind.
Ich muss das jetzt erst verarbeiten.

Und das hier trifft wohl den Kern der Sache und muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, besonders c):
tomS hat geschrieben:Daraus folgen jedoch mehrere Konsequenzen:
A) das "keine-Haare-Theorem" ist falsch; SLs müssen zwingend auch mikroskopische Freiheitsgrade tragen
B) diese schreiben wir dem Gravitationsfeld zu (dessen QG wir heute jedoch noch nicht kennen)
C) das SL muss ein makroskopischen Quantenobjekt mit Größe des EH sein
Please stand by, processing... :wink:

Grüße
seeker
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