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Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 10. Mai 2012, 21:25

In Folge der WW mit dem Detektor (bzw. schon vorher ohne Detektor) findet ebenfalls eine WW mit der Umwelt und somit eine Lokalisierung statt. Hier eine Tabelle der typischen Zeitskalen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dekoh%C3%A ... renzzeiten

Nun zum zweiten Punkt, den die Dekohärenztheorie nicht (!) beschreibt sondern in eine Interpretation auslagert: die Dekohärenz erklärt das Auftreten von effektiv lokalisierten, klassischen Zuständen (z.B. einer Zeigerposition). Sie erklärt jedoch nicht, welche von meheren möglichen klassischen Zeigerpositionen "ausgewählt" wird; dazu benötigt man weiterhin die KI oder z.B. auch die MWI. Anders gesagt, die Dekohärenz beschreibt, warum man nur lebende oder tote Katzen beobachtet (und keine Superpositionen a la Schrödinger), sie beschreibt jedoch nicht warum gerade diese Katze lebt - und nicht tot ist.
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 10. Mai 2012, 23:54

tomS hat geschrieben: In Folge der WW mit dem Detektor (bzw. schon vorher ohne Detektor) findet ebenfalls eine WW mit der Umwelt und somit eine Lokalisierung statt. Hier eine Tabelle der typischen Zeitskalen.
Nun sprechen wir aber nicht von einer Zeitskala, sondern von einem instantanen Ereignis, von der Lokalisierung im Detektor. Und dann stellt sich die angeschnittene Frage, denn die Ausdehnung der Wahrscheinlichkeitswelle im Raum kann im Gedankenexperiment beliebig groß gewählt werden.
tomS hat geschrieben:die Dekohärenz erklärt das Auftreten von effektiv lokalisierten, klassischen Zuständen (z.B. einer Zeigerposition). Sie erklärt jedoch nicht, welche von meheren möglichen klassischen Zeigerpositionen "ausgewählt" wird; dazu benötigt man weiterhin die KI oder z.B. auch die MWI.
Hier bin ich nicht sicher, was Du meinst. Keine Interpretation sagt voraus, ob das einzelne Ereignis links oben oder rechts unten registriert wird. Nach der VWI werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft.

Gruß, Timm

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 11. Mai 2012, 07:12

Timm hat geschrieben:
tomS hat geschrieben: In Folge der WW mit dem Detektor (bzw. schon vorher ohne Detektor) findet ebenfalls eine WW mit der Umwelt und somit eine Lokalisierung statt. Hier eine Tabelle der typischen Zeitskalen.
Nun sprechen wir aber nicht von einer Zeitskala, sondern von einem instantanen Ereignis, von der Lokalisierung im Detektor. Und dann stellt sich die angeschnittene Frage, denn die Ausdehnung der Wahrscheinlichkeitswelle im Raum kann im Gedankenexperiment beliebig groß gewählt werden.
Nein, wir sprechen zunächst von einer dynamischen Lokalisierung über eine typische Zeitskala, besser eigtl. über die effektive Diagonaliserung der (partiellen) Dichtematrix handelt. Und dies ist gemäß der Dekohärenz ein kontinuierlicher Prozess, der aus der Unmöglichkeit der Entkopplung von den Umgebungsfreiheitsgraden resultiert. D.h. zunächst enstehen aus einer quantenmechanischen Superposition "recht + links" die effektiv klassischen Alternativen "rechts" oder "links".
Timm hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:die Dekohärenz erklärt das Auftreten von effektiv lokalisierten, klassischen Zuständen (z.B. einer Zeigerposition). Sie erklärt jedoch nicht, welche von meheren möglichen klassischen Zeigerpositionen "ausgewählt" wird; dazu benötigt man weiterhin die KI oder z.B. auch die MWI.
Hier bin ich nicht sicher, was Du meinst. Keine Interpretation sagt voraus, ob das einzelne Ereignis links oben oder rechts unten registriert wird. Nach der VWI werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Genau. Wie gesagt, die Dekohärenz erklärt die Entstehung der effektiv klassische Alternativen "rechts" oder "links" aus einer quantenmechanischen Superposition "recht + links". Sie erklärt nicht, welche der beiden Alternativen realisiert wird (das bleibt auf der Ebene der Interpretation).

Der Witz ist jedoch, dass Dekohärenz + MWI keinen nicht-unitären Kollaps benötigen, der außerhjalb der QM stattfindet, sondern dass die Enstehung von "effektiv klassischen Alternativen" ohne Verletzung der Unitarität rein durch die Dynamik der QM = der Schrödungergleichung erklärt werden kann. Das ist der wesentliche Fortschritt der Dekohärenz, die damit die Gültigkeit der QM im Gegensatz zur KI deutlich erweitert! Demzufolge ist man auch eher bereit, die MWI zu akzeotieren, da sie sozusagen weniger logischen Ballast mit sich herumschleppt.
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 11. Mai 2012, 08:41

Der Wikipedia-Artikel ist recht gut: http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_decoherence
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von seeker » 11. Mai 2012, 08:57

tomS hat geschrieben:Der Witz ist jedoch, dass Dekohärenz + MWI keinen nicht-unitären Kollaps benötigen, der außerhjalb der QM stattfindet, sondern dass die Enstehung von "effektiv klassischen Alternativen" ohne Verletzung der Unitarität rein durch die Dynamik der QM = der Schrödungergleichung erklärt werden kann.
... und sie erkärt die Frage nach der daraus konkret verwirklichten Möglichkeit dadurch, dass sie sagt, dass eben alle Möglichkeiten verwirklicht werden bzw. stets verwirklicht sind.

Es bleibt die Frage nach dem Beobachter, der immer nur eine Möglichkeit verwirklicht sieht.
Wie Zeh selbst auf S.41 schreibt, scheint die VWI genauer betrachtet auf eine Many Minds Interpretation hinauszulaufen.

Es bleibt auch die Frage wie und warum diese vielen Welten zusammenhängen, solange sie sich noch nicht aufgespalten haben.
Spricht die Schrödinger-Gleichung von Welten?

Was ich noch nicht verstanden habe:
Wie bleibt bei dieser Interpretation die Einheit der Natur erhalten?

Nehmen wir z.B. ein Quantenobjekt und lassen dieses mit einem Messgerät wechselwirken, wobei eine der Möglichkeiten sichtbar wird.
Was geschieht nun laut der VWI?

Spaltet sich das ganze Universum in diesem Moment in viele auf oder spaltet sich nur der Raumbereich auf, der in der Zeitspanne des ganzen Vorgangs vom Ort des Geschehens mit c zu erreichen gewesen wäre?
Bei zwei verschränkten Teilchen haben wir sozusagen zwei Orte des Geschehens, das macht aber nichts: Dann ergeben sich eben zwei mit c expandierende Sphären.

Die Frage bleibt bestehen: Ist das ganze Universum sofort beteiligt oder nicht?

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von gradient » 11. Mai 2012, 08:59

Hallo Tom,

ich finde das Thema äußerst spannend. Habe mich auch man im Rahmen eines Projekts mit der Eigenstate Thermalization Hypothesis beschäftigt, die zu erklären versucht, wie thermodynamische Observablen sichtbar werden. [Antwort: Die thermodynamischen Eigenschaften stecken in den Eigenzuständen und sind bei Superposition nicht sichtbar. Erst durch Dekohärenz "sieht" man die thermischen Eigenschaften.]
Dabei hatte ich bisher meine Probleme mit dem Dekohärenzprozess (oder auch mit dem Kollaps), da das für mich immer ein nicht-unitärer Prozess zu sein schien (es entsteht Entropie, usw.). Dieses Thema wollte ich in dem Forum sowieso mal ansprechen...

Die MWI habe ich bisher nie ernst genommen und noch nicht in dem Zusammenhang betrachtet. Verstehe ich das richtig, dass durch die MWI der Dekohärenzprozess "global" unitär ist? D.h., uns erscheint der Messprozess nicht unitär, weil wir nach der MWI nur einen Zustand zu sehen bekommen. (Genauer: die Eigenfunktionen leben nach der Messung in verschiedenen Zustandsräumen, die miteinander nicht wechselwirken können und wir sehen nur einen Zustandsraum???)


Leider habe ich keine Erfahrung mit der Interpretation von Quantenmechanik, daher hoffe ich, keinen Müll geschrieben zu haben. (Bisher sehe ich die QM nur als formales Konstrukt für die Beschreibung von mikroskopischen Prozessen.)

MfG
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 11. Mai 2012, 09:24

gradient hat geschrieben:Verstehe ich das richtig, dass durch die MWI der Dekohärenzprozess "global" unitär ist?
Zunächst mal sind Dekohärenz und MWI getrennt zu sehen. Dekohärenz ist quantenmechanisch exakt ableitbar, einige Effekte sind auch experimentell nachweisbar, z.B. typische Dekohärenzzeiten, und als solches ist der Dekohärenzprozess intrinsich quantenmechanisch und (sozusagen trivialerweise unitär.
gradient hat geschrieben:D.h., uns erscheint der Messprozess nicht unitär, weil wir nach der MWI nur einen Zustand zu sehen bekommen. (Genauer: die Eigenfunktionen leben nach der Messung in verschiedenen Zustandsräumen, die miteinander nicht wechselwirken können und wir sehen nur einen Zustandsraum???)
Ja, so kann man das sehen.
gradient hat geschrieben:Bisher sehe ich die QM nur als formales Konstrukt für die Beschreibung von mikroskopischen Prozessen.
Die QM muss m.E. auch für makroskopische Objekte anwendbar sein; man kann da keine Trennung einführen, das wäre künstlich. Die Dekohärenz ist ein mathematisch exakter Weg, das zu verstehen. MWI, KI, ... ergänzen diesen Quantenformalismus um Interpretationen hinsichtlich "Realität". Man kann auf letzteres auch verzichten und einen positivistischen "shup up and calculate" Standpunkt annehmen. Damit gibt man sich zufrieden, wenn die Kochrezepte der QM korrekte Vorhersagen machen. Es bleibt aber unklar, warum sie das tun. Wenn ich nach einem derartigen warum frage, betreibe ich im engeren Sinne zwar keine Physik mehr, spannend ist die Fragestellung aber trotzdem. Insbs. ist die Entstehungsgeschichte der QM mit derartigen Warum-Fragen durchsetzt und wir tun gut daran, diese zwar von der Anwendung der QM sauber zu trennen, sie aber nicht gleich zu verbieten (es gibt Physiker, die das anders sehen, jedoch auch nicht wirklich konsistent bleiben; Hawking behauptet von sich, ein Positivist zu sein; wenn man aber seine Bücher liest, stellt man fest, dass er durch und durch Platonist ist und fortwährend beschreibt, wie das Universum "ist"; oder er möchte einfach Geld verdienen und hat festgestellt, dass das mit Positivismus schwierig ist - letztlich käme nach dem Vorwort gleich die Quellenagabe und der hintere Buchdeckel ;-)
Gruß
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 11. Mai 2012, 16:05

tomS hat geschrieben:
Timm hat geschrieben:
tomS hat geschrieben: In Folge der WW mit dem Detektor (bzw. schon vorher ohne Detektor) findet ebenfalls eine WW mit der Umwelt und somit eine Lokalisierung statt. Hier eine Tabelle der typischen Zeitskalen.
Nun sprechen wir aber nicht von einer Zeitskala, sondern von einem instantanen Ereignis, von der Lokalisierung im Detektor. Und dann stellt sich die angeschnittene Frage, denn die Ausdehnung der Wahrscheinlichkeitswelle im Raum kann im Gedankenexperiment beliebig groß gewählt werden.
Nein, wir sprechen zunächst von einer dynamischen Lokalisierung über eine typische Zeitskala, besser eigtl. über die effektive Diagonaliserung der (partiellen) Dichtematrix handelt. Und dies ist gemäß der Dekohärenz ein kontinuierlicher Prozess, der aus der Unmöglichkeit der Entkopplung von den Umgebungsfreiheitsgraden resultiert.


Tom, ich spreche vom Meßprozess in Verbindung mit dem scheinbar instantanen "Zusammenziehen" einer räumlich beliebig ausgedehnten Wahrscheinlichkeitswelle. Du spricht von Dekohärenz, einem Prozess mit einem Zeitablauf > 0. Somit reden wir wohl aneinander vorbei. Aus Deinem Wiki-Link, http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_decoherence:
Spezifically, decoherence does not explain the measurement problem.
Das Argument des instantanen Zusammenziehens der Wahrscheinlichkeitswelle bringen Physiker (vielleicht mit etwas andere Worten), die Dekohärenz experimentell untersuchen. Wenn dieses Argument mit dem Dekohärenzprozess ausgehebelt werden kann, hätten sie es vermutlich nicht gebracht, oder?

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Skeltek » 11. Mai 2012, 17:55

@Timm: Ohne zu viel Mist absichtlich erzählen zu wollen, aber Wahrscheinlichkeit an sich ist nicht physisch existent. Ich kann mir auch vorstellen, daß in 3 Lichtjahren Entfernung ein Würfel existiert ohne daß sich mein gedankliches Konstrukt mit v>c dort instantan auftaucht und wieder verschwindet. Er kollabiert auch nicht instantan, nur weil ich aufhöre daran zu denken...

ps: Wieso bin gerade ich als Beobachter nach der VWI hier verwirklicht und nicht woanders?
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von gradient » 11. Mai 2012, 18:52

Die QM muss m.E. auch für makroskopische Objekte anwendbar sein; man kann da keine Trennung einführen, das wäre künstlich.
Ja, du hast Recht. Das war ein schlechter Satz von mir.
Natürlich sind die Fragen nach dem Warum interessant, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sich darauf stets eine für unser Gehirn geeignete Antwort erwarten lässt, wenn man es mit einem abstrakten Formalismus zu tun hat. Verbieten möchte ich solche Fragen keinesfalls, allerdings habe ich stellenweise aufgehört, mich von Anschauungen und Interpretationen leiten zu lassen, da diese (zumindest bei mir) häufiger zu Fehlschlüssen führen.

MfG
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 11. Mai 2012, 18:57

Skeltek hat geschrieben:
ps: Wieso bin gerade ich als Beobachter nach der VWI hier verwirklicht und nicht woanders?
Genau das fragen sich auch Deine autonomen Zwillinge in anderen Welten.

Herzlichen Gruss aus dieser Welt,

Timm

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 12. Mai 2012, 09:01

Timm hat geschrieben:Tom, ich spreche vom Meßprozess in Verbindung mit dem scheinbar instantanen "Zusammenziehen" einer räumlich beliebig ausgedehnten Wahrscheinlichkeitswelle. Du spricht von Dekohärenz, einem Prozess mit einem Zeitablauf > 0. Somit reden wir wohl aneinander vorbei. Aus Deinem Wiki-Link, http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_decoherence:
Spezifically, decoherence does not explain the measurement problem.
Wir reden sicher nicht aneinander vorbei; ich habe genau diese beiden Aspekte oben genannt, aber evtl. missverständlich.

Wir sprechen zunächst von einer dynamischen Lokalisierung über eine typische Zeitskala, besser eigtl. über die effektive Diagonaliserung der (partiellen) Dichtematrix handelt. Und dies ist gemäß der Dekohärenz ein kontinuierlicher Prozess, der aus der Unmöglichkeit der Entkopplung von den Umgebungsfreiheitsgraden resultiert. D.h. zunächst enstehen aus einer quantenmechanischen Superposition "recht + links" die effektiv klassischen Alternativen "rechts" oder "links".

Dies ist der Grund, warum wir klassische Objekte beobachten, keine quantenmechanischen Superpositionen

Die Dekohärenz erklärt die Entstehung der effektiv klassische Alternativen "rechts" oder "links" aus einer quantenmechanischen Superposition "recht + links". Sie erklärt nicht, welche der beiden Alternativen (instantan) realisiert wird (das bleibt auf der Ebene der Interpretation).

Dekohärenz + MWI benötigen keinen nicht-unitären Kollaps, der vollständig außerhalb der QM stattfindet, sondern dass die Enstehung von "effektiv klassischen Alternativen" ohne Verletzung der Unitarität rein durch die Dynamik der QM = der Schrödungergleichung erklärt werden kann. Das ist der wesentliche Fortschritt der Dekohärenz, die damit die Gültigkeit der QM im Gegensatz zur KI deutlich erweitert! Deswegen akzeptieren viele Forscher die MWI, da diese weniger logischen Ballast mit sich herumschleppt. Gemäß der KI existiert eine ausgedehnte, quantenmechanische Wahrscheinlichkeitswelle; gemäß der Dekohärenz existiert jedoch bereits die Überlagerung von "effektiv klassischer Alternativen". Ob letztere nun kollabieren (KI) oder ob sie in veraschiedenen verzweigenden Welten realisiert sind (und nicht kollabieren) bleibt Interpretation.

Die Dekohärenz hilft uns also ein Stückchen weiter, leider nicht ganz
Gruß
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 12. Mai 2012, 12:14

Vielen Dank, Tom, für die Mühe, ich weiß das zu schätzen, auch wenn ich es nicht jedesmal dazu sage.
tomS hat geschrieben: Gemäß der KI existiert eine ausgedehnte, quantenmechanische Wahrscheinlichkeitswelle; gemäß der Dekohärenz existiert jedoch bereits die Überlagerung von "effektiv klassischer Alternativen". Ob letztere nun kollabieren (KI) oder ob sie in veraschiedenen verzweigenden Welten realisiert sind (und nicht kollabieren) bleibt Interpretation.
Bleiben wir beim Messprozess, um den es mir ausschließlich geht.
Aus dem erwähnten WIKI-Link:
However, decoherence by itself may not give a complete solution of the measurement problem, since all components of the wave function still exist in a global superposition,


Ein konkretes Beispiel: Die Wahrscheinlichkeitswelle eines Teilchens breite sich ungestört aus. Es kann zum Zeitpunkt t mit einer berechenbaren Wahrscheinlichkeit im Detektor A oder in einem weit entfernten Detektor B gemessen werden, also KI. Vor der Messung existiert seine Wellenfunktion in einer Superposition Messung bei A + Messung bei B.

Sind wir uns einig, daß die quantenmechanische Wahrscheinlichkeitswelle und die Superposition bei der Messung instantan verschwinden?

Ich denke, Zeilinger's Argument ist insofern ein Scheinargument, als die Ki ja a priori von keiner physikalischen Realität der Wahrscheinlichkeitswelle ausgeht. Nach meinem Verständnis tangiert dieses Argument des instantanen Zusammenziehens der Welle auch nicht die VWI, denn die globale Superposition bleibt hier erhalten.

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von seeker » 12. Mai 2012, 12:44

Timm hat geschrieben:Sind wir uns einig, daß die quantenmechanische Wahrscheinlichkeitswelle und die Superposition bei der Messung instantan verschwinden?
Das ist die spannende Frage. Vor allen Dingen: räumlich und zeitlich? ...eher nicht - oder? [EDIT: Was ich weinte war: Wie lange dauert das Verschwinden der Wahrscheinlichkeitswelle?]
Sagt uns die Dekohärenz nicht, dass das Entstehen der konkreten Welt ein Prozess in der Zeit ist - oder habe ich das noch nicht ganz begriffen?

Ich möchte noch auf einen anderen Umstand hinweisen:

Wir betrachten meistens (aus Einfachkeitsgründen) den Messprozess eines einzigen Teilchens, beziehen vielleicht noch (per Dekohärenz) dessen WW mit der Umgebung mit ein.
Jedoch geschehen gleichzeitig in der Umgebung zahllose weitere, unabhängige Verschränkungen, Messprozesse/WW, etc., mit dem Messinstrument, mit dem Beobachter und deren Umgebung (und noch zahllose weitere auf Alpha Centauri, usw.).
Dekohärenzzeiten sind auch > 0. Wie kann da überhaupt irgendwo im Multiversum eine konkrete, zusammenhängende, ganze Welt sein (zu einem konkreten Zeitpunkt)?
Ich vermute immer noch, dass die VWI zu einer Fragmentierung der Welt führt, dass wir die Einheit des Universums aufgeben müssen (aus der Froschperspektive), bzw. dass wir aus der Vogelperspektive immer noch eine unscharfe, nebelige Welt vorfinden, die überhaupt keine konkrete Welt erkennen lässt, was wiederum den Realitätsbegriff, den die VWI ja erhalten will, ad absurdum führt.

Grüße
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 12. Mai 2012, 17:59

seeker hat geschrieben: Jedoch geschehen gleichzeitig in der Umgebung zahllose weitere, unabhängige Verschränkungen, Messprozesse/WW, etc., mit dem Messinstrument, mit dem Beobachter und deren Umgebung (und noch zahllose weitere auf Alpha Centauri, usw.).
Dekohärenzzeiten sind auch > 0. Wie kann da überhaupt irgendwo im Multiversum eine konkrete, zusammenhängende, ganze Welt sein (zu einem konkreten Zeitpunkt)?
Ich würde sagen, solange die Kausalität gewahrt ist, kann man von einer zusammenhängenden Welt sprechen. Aber auch die VWI bringt das unter einen Hut. Die Vielen Welten sind zwar kausal voneinander abgekoppelt (autonom) haben aber gemeinsame Ursachen. Zeh bringt das Beispiel Schwarzes Loch. Man geht zwar davon aus, daß es auch jenseits des EH existiert, aber Kausalität mit der Möglichkeit eines Nachweises besteht nicht. Ich finde allerdings, daß der Verstand bei der Vorstellung der Vielen Welten im Vergleich zur Verlängerung einer Trajektorie erheblich geplagter ist.

Gruß, Timm

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Skeltek » 12. Mai 2012, 18:23

Der Beobachter und Beobachtungsgegenstand sind auch in der VWI streng paarweise(?hehe) gekoppelt. Zu jeder Realität gehört ein eigenständiger Beobachter.
Auch wenn die Realisation einer Möglichkeit rein zufällig geschehen würde bzw "keinen Grund" hat; kann man dann sagen, daß die Realisation des jeweiligen Beobachters und des Beobachtunsgegenstandes dieselbe "Ursache" hat?
bzw Lässt sich sagen, daß durch die paarweise Kopplung von Beobachter und eingetretenem Ereigniss der Beobachter selbst die Ursache für das Ereigniss ist?

Wieso gerade diese Realität bei der VWI "ausflockt" würde sich wirklich viel einfacher erklären lassen, wenn wir wüssten, wieso gerade WIR uns als Beobachter unserer bewusst sind/hier existieren anstelle unserer "anderen Instanzen". Wieso bin ich jetzt einmal und nach VWI später mehrmals vorhanden?

Es gibt ja zur Not noch eine zeitliche Unschärfe, die manche scheinbare Widersprüche möglicherweise auflösen könnte.
Zuletzt geändert von Skeltek am 13. Mai 2012, 08:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 12. Mai 2012, 19:03

Timm hat geschrieben:Ein konkretes Beispiel: Die Wahrscheinlichkeitswelle eines Teilchens breite sich ungestört aus. Es kann zum Zeitpunkt t mit einer berechenbaren Wahrscheinlichkeit im Detektor A oder in einem weit entfernten Detektor B gemessen werden, also KI.
Gemäß der Dekohärenz und der MWI ist das "oder" ein anderes als gemäß der KI. Und das "also" kann ich so auch nicht unterschreiben; es gibt eben durchaus mehrere Interpretationsmöglichkeiten.
Gruß
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 12. Mai 2012, 19:41

tomS hat geschrieben: Gemäß der Dekohärenz und der MWI ist das "oder" ein anderes als gemäß der KI. Und das "also" kann ich so auch nicht unterschreiben; es gibt eben durchaus mehrere Interpretationsmöglichkeiten.
Gemäß der VWI gilt das "und", Gemäß der KI das "oder", das hatten wir denke ich schon.

Gruss, Timm

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von tomS » 12. Mai 2012, 20:49

Ja, stimmt.

Ich bin da ggw. in einer Findungsphase.

Die orthodoxe KI ist mir zu wenig physikalisch. Die MWI schleppt schon Ballast mit sich rum, passt aber gemäß Dekohärenz noch etwas besser. Andere Interpretationen kenne ich nicht so gut. Die reine "Informations-Interpretation" halte ich für zu schwach. Die "Ensemble-Interpretation" ist eigtl. keine Interpretation und könnte auch mit "Agnostik" umschrieben werden.
Gruß
Tom

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von seeker » 13. Mai 2012, 10:50

Skeltek hat geschrieben:Auch wenn die Realisation einer Möglichkeit rein zufällig geschehen würde bzw "keinen Grund" hat; kann man dann sagen, daß die Realisation des jeweiligen Beobachters und des Beobachtunsgegenstandes dieselbe "Ursache" hat?
bzw Lässt sich sagen, daß durch die paarweise Kopplung von Beobachter und eingetretenem Ereigniss der Beobachter selbst die Ursache für das Ereigniss ist?
Gewöhnlich schließt man daraus eher auf das Erstere, dass ein Drittes die Realisation sowohl vom Beobachtetem als auch vom Beobachter zur Folge hat - aber:
Ja, es lässt sich auch sagen, dass der Beobachter Ursache für die Realisierung ist - und genauso wenig beweisen wie die anderen Interpretationen.
Es wäre auch immer noch genauso wenig erklärt warum oder wie der Beobachter auswählt welche Möglichkeit verwirklicht wird. Man kann höchstens eine emergente, komplexe Verwickelung bzw. Rückkopplung zwischen Beobachter und Beobachtetem vermuten, aus der die konkrete Realität dann emergiert - für den Beobachter.
"Emergenz" ist dabei leider nur eine weiteres Wort für unser Unwissen.
Diese Interpretation führt zu einer idealistischen Deutung der QM, was dem heutigen Paradigma jedoch völlig zuwiederläuft.
Den Geist möchte man ja gerade loswerden... und kommt so zu einer Beschreibung der Welt, in der es weder Platz für Leben noch für Bewusstsein gibt.
Höchstens werden beide rein mechanistisch von außen, wie ein Uhrwerk betrachtet...

Ich weiß dabei nicht, ob es richtig ist den Beobachter krampfhaft außen vor zu lassen und so zwanghaft zu versuchen die Welt völlig zu objektivieren (das tut die reine VWI), denn es existiert zweifellos auch etwas Subjektives in dieser Welt, nämlich zumindest wir Menschen.
Eine Objektivierung des Subjekts Mensch, des Beobachters, DURCH das Subjekt muss letztlich an unüberwindliche Grenzen stoßen: "Objektivierung" bedeutet an diesem Punkt nichts anderes als die Verneinung des Menschen durch den Menschen, eine Selbstauslöschung, Selbstverneinung. Das führt am Ende des Weges zwangsläufig zu einem logischen Widerspruch.

Daher müssen wir m.E. an irgendeinem Punkt aufhören die Welt objektiv beschreiben zu wollen.
Wir kommen auch mit diesem heiligen Gral der Wissenschaft, der Annahme einer "objektiven Welt", an Grenzen.

Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass wir den Materialismus fallen lassen müssen oder einem Idealismus zustreben müssen; es bedeutet, dass wir ab einem gewissen Punkt nur noch eines tun können: Schweigen.

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von seeker » 13. Mai 2012, 11:20

@Timm: Ich glaube, ich sehe das Problem.

Ich denke aber, dass auch die VWI das Problem der "instantanen Fernwirkung" nicht lösen kann:

Nehmen wir zwei verschränkte, entfernte Elektronen. An einem nehmen wir eine Messung vor.
Dadurch verzweigt sich die Welt dieses Elektrons und auch die des Partner-Elektrons, OK.
Jedoch: Warum geschieht das instantan? Das Lokalitätsprinzip scheint auch hier gebrochen zu werden.

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 13. Mai 2012, 17:13

seeker hat geschrieben: Ich denke aber, dass auch die VWI das Problem der "instantanen Fernwirkung" nicht lösen kann:
Sie kann es. Vergleiche hierzu den letzten Absatz in : Wozu braucht man "Viele Welten" in der Quantentheorie. Der allerdings etwas kryptisch klingt. Ausschlaggebend dürfte die nach der VWI reale Existenz der Komponenten der verschränkten Wellenfunktion sein. Deshalb können sie im Experiment gar nicht anders, als den korrelierten Zustand zu offenbaren. Die Anhänger der VWI reklamieren so die Lösung der Spuk-Problematik.

Aber auch nach der KI muß ja keine Information instantan von A nach B, weil sie sich von vorne herein auf die korrekte Vorhersage von Wahrscheinlichkeiten beschränkt.

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Hawkwind » 15. Mai 2012, 11:01

Timm hat geschrieben:
seeker hat geschrieben: Ich denke aber, dass auch die VWI das Problem der "instantanen Fernwirkung" nicht lösen kann:
Sie kann es.
Ich finde, sie kann es nicht besser und nicht schlechter als die Kopenhagener Deutung: der Prozess der Abspaltung von Welten bei Messungen trägt m.E. doch ganz klar "nichtlokale Züge". Dies Spaltung ist ja kein "Vorgang", der relativistisch kovariant beschrieben wird (etwa irgendwo beginnt und dann nach und nach das gesamte Universum erfasst); stattdessen hat sich die Welt von einem Moment zum anderen komplett dupliziert.

In keiner der beiden Interpretationen wird aber - wie du schon korrekt sagst - weder Wirkung noch Energie oder Information instantan von einem Punkt zu einem anderen übertragen. Es gibt also keinen Konflikt mit der Speziellen Relativität.

Ist die Nichtlokalität nicht eher ein Feature der Quantenmechanik selbst?
In den unterschiedlichen Interpretationen wird diese Eigenschaft dann nur jeweils anders "formuliert".

Gruß,
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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von Timm » 15. Mai 2012, 17:09

Hawkwind hat geschrieben: In keiner der beiden Interpretationen wird aber - wie du schon korrekt sagst - weder Wirkung noch Energie oder Information instantan von einem Punkt zu einem anderen übertragen. Es gibt also keinen Konflikt mit der Speziellen Relativität.

Ist die Nichtlokalität nicht eher ein Feature der Quantenmechanik selbst?
In den unterschiedlichen Interpretationen wird diese Eigenschaft dann nur jeweils anders "formuliert".
Ja, das schon. Die VWI betrachtet sich jedoch als die reine Lehre, weil sie den "Makel" 'Kollaps der Wellenfunktion' nicht hat. Und weil eine entsprechende Modifikation der Wellenfunktion überhaupt nicht absehbar ist, steht die KI aus der Sicht der VWI im Abseits.

Mich würde interessieren, was gegen die These spricht, der Makel Kollaps beim Messprozess sei künstlich, denn ein mathematisches Konstrukt kollabiere nicht. Dem widerspricht die VWI natürlich heftig, weil ihr zufolge die Wellenfunktion ja etwas physikalisch Reales ist. Also muß sie entweder kollabieren, was die QT aber nicht hergibt oder sich in "Viele Welten" irreversibel verzweigen.

Es dürfte Übereinstimmung bestehen, daß auch die Dekohärenz-Theorie das Messproblem nicht löst. Dekohärenz nach der VWI wiederum meint etwas anderes, das Messproblem existiert hier per se nicht.

Gruß, Timm

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Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Beitrag von seeker » 15. Mai 2012, 22:56

Timm hat geschrieben:Mich würde interessieren, was gegen die These spricht, der Makel Kollaps beim Messprozess sei künstlich, denn ein mathematisches Konstrukt kollabiere nicht.
Ich glaube nicht, dass etwas gegen dieses Argument spricht: Es ist gewichtig.
Man kann einwenden, dass man in eine Gleichung nicht zuviel hineininterpretieren sollte, denn es bleibt letztendlich nur eine mathematische Beschreibung der gemessenen Daten und ist nicht mit dem was wirklich IST zu verwechseln. Sie hat zweifellos etwas damit zu tun, was "wirklich vorgeht", das heißt aber noch lange nicht, dass sie damit identisch ist. Man kann einwenden, dass man auch die Mathematik als menschliches Konstrukt nicht zu hoch bewerten sollte, man sollte die Mathematik nicht über die Realität stellen, die sie nur beschreiben kann (und das womöglich auch nur unvollständig). Ist Mathematik nicht Teil dieser Welt? Wie soll dann die Welt Teil der Mathematik sein?
Man kann diese Dinge natürlich trotzdem auch andersherum sehen, das ist Ansichtssache.

Wo ich meine Probleme mit der VWI habe:

Von den Erhaltunssätzen (Energie, Impuls,...) kann man sich auf Ebene des Multiversums wohl verabschieden.
Vom menschlichen "Ich" auch. Es wird zu einer puren Illusion, wir existieren gar nicht. Wenn wir aber nicht existieren, wer hat dann die QM gefunden, so frage ich - und wer fragt überhaupt gerade, wenn ich nicht existiere?
Wenn alle Möglichkeiten real verwirklicht werden, dann wird doch effektiv keine Möglichkeit verwirklicht, denn das ist dasselbe, bzw. es ändert sich zumindest die Bedeutung von "wirklich".
Realität? Ich sehe sie nicht mehr. Es gibt keine Teilchen, nur die Wellenfunktion...
Da frage ich: Was IST da dann noch, das sich ständig (unendlich oft?) aufteilt (im Konfigurationsraum!, nicht im wirklichen Raum)?
Die Zeit wird reversibel, virtuelle Teichen existieren nicht, eine echte Unschärfe scheint es auch nicht mehr zu geben, usw. ...
Das ist harter Tobak, wenn man sich näher damit beschäftigt...

WAS beschreibt die Wellenfunktion in der VW-Interpretation eigentlich? Das ist mir immer noch nicht ganz klargeworden.
Eine Welle, deren Komponenten kontinuierlich im Konfigurationsraum auseinanderdriften? Tun sie das kontinuierlich (was zu unendlich vielen Welten führt) oder diskret?
Wo genau kommt da unsere ganz konkrete, materielle, raumzeitliche Welt ins Spiel?

Früher habe ich gegelaubt, ich hätte die VWI wenigstens in den Grundzügen verstanden, aber da habe ich mich gründlich geirrt!
Im Moment bin ich eher von dem Buch verwirrt, als dass ich mehr Klarheit erlange. Ich hoffe das ändert sich noch...

Beste Grüße
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