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Was ist Mathematik

Mathematische Fragestellungen
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 18. Jan 2011, 17:36

Yes!
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von seeker » 19. Jan 2011, 09:41

Ja! Dennoch bin ich vorsichtig und zweifle auch an solchen lichten Momenten. Es könnte ja sein, dass das nur schöne Illusion und Täuschung ist... und ich kann dennoch nicht anders als zu fragen, ob da doch noch mehr dran ist, wissend, dass ich keine Antwort erhalten werde. Das ist das Dilemma.

Wenn man sagt, dass mathematische Wahrheiten zeitlos existent sind, dann muss man angeben, was "Existenz" den in diesem Kontext bedeutet.

Das, was Timm sagt, trifft es wohl recht gut:
Timm hat geschrieben:Wenn Zahlen und damit eingeschlossen auch solche mit besonderen Eigenschaften wie etwa Primzahlen "zeitlos" oder "außerzeitlich" (um auf Tom's Vorschlag zurückzukommen) oder "außerphysikalisch" existieren, dann soll das wohl ausdrücken, daß ein beliebiger zählender Verstand zum selben Ergebnis kommt. Es ist, als wäre das Ergebnis schon bevor es verstanden wurde omnipräsent.
Aber können wir das wirklich beweisen, dass ein beliebiger zählender Verstand, in einem beliebigen Universum, zum selben Ergebnis kommt? Ich bin versucht zu sagen: JA, unbedingt! Dennoch bleiben mir noch Zweifel, ob diese Überzeugung nicht doch letztendlich eine empirisch gewonnene ist.

Auch dies erscheint mir noch wichtig:
Timm hat geschrieben:Entgegenhalten könnte man, daß Zahlen und damit Primzahlen erst dann existieren, wenn man sich ihrer bewußt wird. Ist diese Version evident? Die Gefahr besteht, sich in Geschschmacksfragen zu verirren.
Hintergrund aus meiner Sicht:
Wir sind völlig überzeugt, dass wenn wir den Mond nicht anschauen, dass er dann dennoch noch da ist.
Diese Überzeugung aus der realen Welt übertragen wir auf die mathematische Welt und glauben gerne, dass es dort genauso sein muss.
Nun ist aber eine mathematische Struktur vielleicht etwas völlig anderes als eine reales, materielles Ding? Dann wäre es unklar, ob man so vorgehen darf.

Manche Bildhauer meinen auch, dass sie eine Statue nicht erschaffen, sondern nur aus dem Steinklotz freilegen würden, dass die Figur schon vorher da war - nur verborgen.

Ja, letztendlich bleibt es wohl eine Geschmacksfrage, in der man sich leicht verirren kann.

Grüße
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 19. Jan 2011, 10:27

seeker hat geschrieben:Das, was Timm sagt, trifft es wohl recht gut:
Timm hat geschrieben:Wenn Zahlen und damit eingeschlossen auch solche mit besonderen Eigenschaften wie etwa Primzahlen ... "außerzeitlich" ... existieren, dann soll das wohl ausdrücken, daß ein beliebiger zählender Verstand zum selben Ergebnis kommt. Es ist, als wäre das Ergebnis schon bevor es verstanden wurde omnipräsent.
Aber können wir das wirklich beweisen, dass ein beliebiger zählender Verstand, in einem beliebigen Universum, zum selben Ergebnis kommt? Ich bin versucht zu sagen: JA, unbedingt!
Ich bin im Gegenteil der Meinung, dass wir das NICHT beweisen können, dass es aber EVIDENT ist.
seeker hat geschrieben: Wir sind völlig überzeugt, dass wenn wir den Mond nicht anschauen, dass er dann dennoch noch da ist.
Diese Überzeugung aus der realen Welt übertragen wir auf die mathematische Welt und glauben gerne, dass es dort genauso sein muss.
Auch das sehe ich anders. Ich denke, dass die (nach meiner Dafürhalten evidente) außerzeitliche Existenz mathematischer Wahrheiten im Gegenteil von uns (den Philosophen) auf den Mond übertragen wird, obwohl da sicher wesentlich größere Bedenken bestehen, da wir es jetzt mit einem physikalischen Gegenstand zu tun haben, für dessen Existenz zu einem bestimmten Zeitpunkt auch ein Experiment zu exakt diesem Zeitpunkt stattfinden müsste - was aber eben gerade nicht passiert, da wir ja eben nicht hinschauen.
Gruß
Tom

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von seeker » 19. Jan 2011, 11:07

tomS hat geschrieben:Ich bin im Gegenteil der Meinung, dass wir das NICHT beweisen können, dass es aber EVIDENT ist.
Ich habe ungenau formuliert, du triffst es besser. Ich hätte schreiben sollen:
Aber können wir das wirklich wissen, dass ein beliebiger zählender Verstand, in einem beliebigen Universum, zum selben Ergebnis kommt?

Ich schließe mich deiner Meinung an.
Allerdings frage ich, was Evindenz denn sei. Evident bedeutet "direkt einsichtig".
Gilt Evident = Wahr?

Was du weiter schreibst klingt für mich sehr interessant. Ich muss das aber noch genauer durchdenken.

Grüße
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 19. Jan 2011, 12:04

"Evident" bedeutet "offensichtlich wahr". Das wäre sozusagen ein Axiom (in der Mathematik) oder eine Prämisse (in der Philosophie), die in einem bestimmten Kontext / logsichen System grundsätzlich nicht weiter hinterfragbar ist.
Gruß
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Timm » 19. Jan 2011, 18:03

tomS hat geschrieben:"Evident" bedeutet "offensichtlich wahr". Das wäre sozusagen ein Axiom (in der Mathematik) oder eine Prämisse (in der Philosophie), die in einem bestimmten Kontext / logsichen System grundsätzlich nicht weiter hinterfragbar ist.
Diese Definition paßt doch gut auf die diskutierten von einem Verstand unabhängigen mathematischen Wahrheiten.

Gruß, Timm

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 19. Jan 2011, 18:32

Ja.

Nun, es gibt aber eben Mathematiker, die dies tatsächlich anders sehen und einen kosntruktivistischen (bzw. intuitionistischen) Standpunkt einnehmen. Ihnen zufolge werden mathematische Wahrheiten konstruiert. So "entsteht" die Primzahlhaftigkeit" einer soeben "konstruierten" = hingeschriebenen Zahl p in dem Moment, in dem man nachgewiesen hat, dass sie eben eine Primzahl ist. Vorher "hat" sie diese Eigenschaft nicht, aber natürlich auch nicht das Gegenteil, d.h. die Zahl ist bis auf weiteres "keines von beiden". Man hat es sozusagen mit einer dreiwertigen Logik wahr/falsch/undefiniert zu tun.

Diese Mathematiker halten diesen Ansatz ebenfalls für "evident".

Ich sehe zwei Probleme damit:
Zum einen lässt sich der Standpunkt ja nicht konsistent durchhalten, denn dann würde die selbe Zahl p betrachtet von verschiedenen Mathematiker zu (zufällig) verschiedenen Zeiten diese Eigenschaft annehmen oder auch nicht annehmen. Das ist natürlich schwer durchzuhalten. Was passiert, wenn ich eine Zahl hinschreibe, feststelle, dass sie prim ist, und mich dann hoffnungslos besaufe. Verliert die Zahl dann diese Eigenschaft, solange bis jemand anders zum selben Ergebnis kommt?
Zum zweiten - aber das ist ein rein praktischer Gedanke - werden dadurch Bereiche und Sätze aus der Mathematik ausgeschlossen, die grundsätzlich nicht konstruktiv beweisbar sind. Die Intuitionisten lehnen z.B. auch den Beweis durch Widerspruch ab! Ihnen zufolge gilt nicht, dass wenn p nicht die Eigenschaft X hat, dass dann logischerweise p die Eigenschaft nicht-X hat (siehe die Primzahleigenschaft). Die Intuitionisten müssen also alle Sätze, die auf einem Beweis durch Widerspruch bzw. dem Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten beruhen, durch konstruktive Sätze ersetzen.

Insbs. verlieren Sätze, die sich aus dem nicht-konstruktiven Auswahlaxiom ergeben, ihre Gültigkeit.
Gruß
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Timm » 19. Jan 2011, 20:41

tomS hat geschrieben:Zum einen lässt sich der Standpunkt ja nicht konsistent durchhalten, denn dann würde die selbe Zahl p betrachtet von verschiedenen Mathematiker zu (zufällig) verschiedenen Zeiten diese Eigenschaft annehmen oder auch nicht annehmen. Das ist natürlich schwer durchzuhalten. Was passiert, wenn ich eine Zahl hinschreibe, feststelle, dass sie prim ist, und mich dann hoffnungslos besaufe. Verliert die Zahl dann diese Eigenschaft, solange bis jemand anders zum selben Ergebnis kommt?
Ich interpretiere den mathematische Konstruktivismus so, daß sobald p konstruiert ist, damit die Existenz von p dauerhaft bewiesen ist. Auf unseren Planeten bezogen, wäre das seit dem Zeitalter der "alten Griechen" der Fall. Natürlich gibt es immer ein ja aber ... was ist, wenn das Wissen zwischendurch verloren ging. Nein, ich kann mich mit dem mathematischen Konstruktivismus überhaupt nicht anfreunden und bleibe bei der Zeitlosigkeit,

Gruß, Timm

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von seeker » 19. Jan 2011, 21:47

Von der praktischen -oder pragmatischen Seite her kann man natürlich auch einfach hergehen, die Problematik ignorieren und sagen: "Gut und richtig ist das, was funktioniert und nützlich ist! Der Rest ist uninteressant -und auch letztlich unbeantwortbar." Ich denke, mit dieser Haltung handelt man sich die wenigsten Probleme ein.
Es sind nur Leute (wie vielleicht wir?), die ewig unzufrieden sind und ewig bohren müssen, die es ganz genau wissen wollen. Ich glaube, diese Leute braucht es auch, weil sie Impulse geben können. Gut!

Zum Konstruktivismus:

So ganz ganz anfreunden mag ich mich auch nicht damit - wobei ich aber doch glaube, dass ein paar Gedanken daraus doch ganz interessant sind.
Ich muss zugeben, dass ich mich nicht sehr tief mit den Implikationen dieser Sichtweisen auskenne - ich versuche dennoch mal Stellung zu beziehen:
tomS hat geschrieben:Zum einen lässt sich der Standpunkt ja nicht konsistent durchhalten, denn dann würde die selbe Zahl p betrachtet von verschiedenen Mathematiker zu (zufällig) verschiedenen Zeiten diese Eigenschaft annehmen oder auch nicht annehmen. Das ist natürlich schwer durchzuhalten. Was passiert, wenn ich eine Zahl hinschreibe, feststelle, dass sie prim ist, und mich dann hoffnungslos besaufe. Verliert die Zahl dann diese Eigenschaft, solange bis jemand anders zum selben Ergebnis kommt?
Ich denke im Moment so darüber nach:

Ich sehe eine gewisse Ähnlichkeit zum quantenmechanischen Messproblem. Demzufolge darf der Beobachter sich selbst, seinen Akt der Beobachtung, nicht vernachlässigen.
Genauso, wie ein ETWAS, das sich sowohl als Welle, als auch als Teilchen zeigen kann (je nach Messaufbau = Beobachtungsmethode), so interpretiert werden kann, dass es ohne Beobachtung weder Welle noch Teilchen IST (also ein Fehlen von Eigenschaft), so könnte man auch argumentieren, dass eine Zahl ohne Betrachtung keine besondere Eigenschaft habe. Dass sich bei der Betrachtung immer dieselbe Eigenschaft zeigt (z.B. die Eigenschaft Primzahl zu sein) müsste deshalb nicht zufällig sein, sondern könnte einfach daran liegen, dass immer auf dieselbe Weise betrachtet wird.

D.h. die Antwort (Eigenschaft), die man erhält hängt auch davon ab, welche Frage man stellt (Perspektive).

Wenn du dich nachher besäufst und nicht mehr denken kannst (also die Frage nicht mehr existiert), dann wäre es demnach sinnlos zu behaupten, dass die Antwort noch existieren würde. Man könnte jetzt noch denken, dass in diesem Moment ein ETWAS existieren würde, ohne jedoch diesem Etwas (in diesem Moment) irgendeine Eigenschaft zuweisen zu können - auch dies macht wenig Sinn.

Ich glaube deshalb, dass es im Kern darum geht, was "existent" bedeutet und ob Frage und Antwort getrennt werden dürfen.

Ein Ausweg könnte sein, wenn man sagt, dass dann eben auch die Fragen zeitlos sind. Gut.
Gibt es denn Fragen, die nicht gestellt werden können (oder gibt es unendlich viele Fragen)? Falls es keine gibt, dann kommen wir wieder in diese Unendlichkeit hinein, die keine innere Struktur, also keinen Informationsgehalt mehr hat und vom Nichts in diesem Sinne nicht zu unterscheiden ist (siehe den Thread "Wann ist eine Zahl eine Zahl").
Wäre dann nicht alles zeitlos - und wenn ALLES zeitlos ist, dann ist doch NICHTS zeitlos?

Grüße
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 19. Jan 2011, 23:40

Der Vergleich mit der Quantenmechanik ist interessant, aber auch irreführend. In der QM kann man ja beweisen, dass bereits die Annahme der Existenz von Eigenschaften noch vor der Messung zu experimentell überprüfbaren Widersprüchen führt (Bellsche Ungleichung). In der Mathematik sprechen wir dagegen über eine prinzipiell unbeweisbare Deutung.
Gruß
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Skeltek » 20. Jan 2011, 07:08

Klingt logisch, der Frame muss stimmen.
Eine Aussage ohne Bewertungssystem oder einbetende Realität hat keinerlei Wahrheitsgehalt.
Der Primzahlbegriff macht nur Sinn, wenn man sich in einer Realität mit ganzzahligen Dimensionen befindet.
Kann mir vorstellen, daß es sogar relativ viele Systeme gibt, in denen sich völlig andere Zahlen nur aus sich selbst und der 1 durch Kombination konstruieren lassen.
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 20. Jan 2011, 07:26

Skeltek hat geschrieben:Der Primzahlbegriff macht nur Sinn, wenn man sich in einer Realität mit ganzzahligen Dimensionen befindet.
Kann mir vorstellen, daß es sogar relativ viele Systeme gibt, in denen sich völlig andere Zahlen nur aus sich selbst und der 1 durch Kombination konstruieren lassen.
Das verstehe ich nicht!
Gruß
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von seeker » 20. Jan 2011, 08:30

@Skeltek:
Die ersten beiden Sätze verstehe ich und stimme zu.
Das andere verstehe ich leider auch nicht. Wobei das wohl (als Beispiel) wohl gar nicht so wichtig ist?

@Tom:
Jeder Vergleich hinkt natürlich. In der QM hast du auch noch gewisse Wahlfreiheiten in der Interpretation: Du kannst dir noch raussuchen, was du aufgeben willst (siehe z.B. Bohmsche Mechanik).
tomS hat geschrieben:In der Mathematik sprechen wir dagegen über eine prinzipiell unbeweisbare Deutung.
Ich glaube, da sind wir uns einig: Keine der Deutungen kann hier letztendlich bewiesen werden.

Deshalb hat Timm m.E. recht, dass es, nach Abwägung von allem Für und Wieder, am Ende eine Geschmacksfrage ist - und deshalb lehne ich die Haltung ab zu sagen, man dürfe in der Mathematik nur konstruktive Beweise verwenden. Was soll das bringen? Allenfalls könnte man sagen, dass konstruktive Beweise einen höheren Stellenwert haben - aber auch das erscheint nicht ganz einfach.

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 20. Jan 2011, 08:41

Gut, da besteht also Einigkeit.

Zur Sinnhaftigkeit des Primzahlbegriffs möchte ich auf meine Signatur verweisen :-)
Gruß
Tom

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von seeker » 20. Jan 2011, 09:06

Eins können wir jedenfalls aus der Sache lernen:

Die einen halten dieses für evident, die anderen das Gegenteil.
Deshalb meine ich, dass diesem Evidenzgefühl (bzw. dieser Evidenzerfahrung) nicht völlig zu trauen ist. Nur, weil mir etwas evident erscheint, heißt das noch lange nicht, dass es auch evident IST - auch dann nicht, wenn es allen meinen Zeitgenossen genauso geht.

Diese Wahrnehmung von "einfach wahr" kommt ja auch nicht vom Himmel herabgefahren oder aus dem Nichts... sie ist m. E. vielmehr das Produkt von für uns unbewussten und damit letztlich undurchschaubaren Gehirnvorgängen. Ich wäre da also vorsichtig...

Grüße
seeker
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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Timm » 20. Jan 2011, 11:22

seeker hat geschrieben:Deshalb meine ich, dass diesem Evidenzgefühl (bzw. dieser Evidenzerfahrung) nicht völlig zu trauen ist. Nur, weil mir etwas evident erscheint, heißt das noch lange nicht, dass es auch evident IST - auch dann nicht, wenn es allen meinen Zeitgenossen genauso geht.
Genau Seeker, etwas offensichtlich Wahres kann nicht der subjektiven Betrachtung unterworfen sein. Und wenn doch, sprechen wir über eine Meinungsäußerung.

@Tom, den tieferen Sinn Deiner Signatur verstehe ich leider nicht,
mit 6, 30, 210, 2310 Grüßen, Timm

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von PeterM » 20. Jan 2011, 12:40

Für mich wurde bei dieser Diskussion deutlich, dass die Mathematik und damit auch die theoretische Physik auf Axiomen aufgebaut ist.

Allerdings haben diese Axiome unsere Wahrnehmung zur Grundlage. Das heißt also, die Mathematik kann ja auch in ihrer Weiterführung nur eine andere Art der Wahrnehmung sein.
Sie bezieht sich rein auf technische Abläufe. Um es mal einfacher auszudrücken, sie sucht nach Wegen um zum Ziel, um letztlich zum Ergebnis zu kommen. Bis dahin doch alles ganz natürlich. Also kann man auch nicht sagen, dass die Natur die Mathematik benutzt, sondern wir benutzen die Mathematik um die Natur zu verstehen. Mathematik ohne Rückgriff auf die Natur ist demnach nicht möglich.

Der größte Widerspruch ist doch der, dass wir nicht wissen, was das Grundlegende im Universum ist, wir aber Axiome als grundlegend erachten , um das Universum entschlüsseln zu können. Das kann nicht funktionieren. Zumindest nicht vollständig.

Was ist denn ein mathematisches Ergebnis? Ein mathematisches Ergebnis ist doch nicht anderes als ein Standbild, welches wir in Ruhe betrachten können, um festzustellen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Das heißt, dieses mathematische Standbild ist nichts anderes als festgehaltene Bewegung oder Veränderung aus denen die theoretische Physik weitere Bewegungen oder Übergänge ableitet. Dass sich Mathematik darauf weiter aufbaut, erscheint doch mehr als logisch.
Wenn man etwas als Standbild betrachten kann, ist es zwangsläufig auch offensichtlich und wahr.
Die Ergebnisse (Standbilder) in der Mathematik sind aber hochgradig unnatürlich, weil es in der Natur keinen Stillstand gibt. Es ist so eine Art Wahrheit, die keine ist. Die Wahrheit scheint sich zu entwickeln, also zu verändern. Wahrheit wird aber nicht größer oder kleiner, sondern ist eigentlich nur eine weitere Ansicht des Menschen.

Dass Mathematik als zeitlos oder als über den Dingen stehend empfunden werden kann, ist für mich sogar verständlich.


Die Annahme (Axiome), um festzustellen, dass etwas offensichtlich wahr ist, benötigt also immer noch im Hintergrund die menschliche Einsicht. Das beruhigt mich aber ungemein. Ich habe zwischendurch mal in diesem Thread den Eindruck gewonnen, dass wir mit der Mathematik einen neuen Gott produziert haben. Dem ist ja nicht so.

“Gott sei Dank.“ :)


Der große Widerspruch ist doch, dass die Mathematik anfänglich die menschliche Einsicht braucht, um irgendwann festzustellen, dass wir die menschliche Betrachtungsweise nicht benötigen. Das nur am Rande.

Ich möchte auch mal ein Axiom bilden.

Das Universum ist unteilbar.

Im ersten Moment wird mir möglicherweise jeder zustimmen.
Im zweiten Moment  wir aber deutlich, dass wir der Mathematik und auch allem was wir kennen, die Grundlage entziehen.

Es ist ein Universum der Dichten, in dem alle Ansatzpunkte fehlen, um überhaupt etwas bewerten zu können. Diese Aussage nimmt der Mathematik jegliche Grundlage. Es scheint aber auch ganz logisch zu sein. Außenansicht und Innenansicht verschmelzen.


Hier liegt, glaube ich, auch unser Problem. Wir sind abhängig von Strukturen.
In meinem Universum der Dichte :) gibt es zwar auch Strukturen, sie sind aber nur durchlaufende Posten. Es existiert keine Trennung mehr. Genauso wenig wie wir Geist und Körper trennen können.

Interessant war der Einwand von seeker mit dem Bildhauer, der die Skulptur freilegt. Wenn der Bildhauer das so sehen möchte, dann hat er recht. Ihm ist das Gegenteil nicht zu beweisen.

Entscheiden scheint aber eins zu sein, dass das Universum zwei verschiedene Ansichten benötigt.

1. Die Ansicht der theoretischen Physiker mit ihrer Mathematik, um technischen Fortschritt zu erreichen

2. Die Ansicht der Philosphen, um ein Verständnis für die Belange und die Bedürfnisse der Menschen zu erreichen. Um letztlich uns selbst auch besser zu verstehen.

Also müssen 1 und 2 zusammenarbeiten, sonst wird das nix für uns Menschen.

Wenn sich 1 von 2 wie bisher abwendet, liegt das doch nur an einer einseitigen Betrachtungsweise. Nur bei einer einseitigen Betrachtungsweise entstehen irgendwann Punkte, die man nicht mehr hinterfragen kann. Das ist aber auch bei dem technischen Universum, was da produziert wird, auch wieder normal.

Gruß

Peter

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 20. Jan 2011, 14:44

Timm hat geschrieben:@Tom, den tieferen Sinn Deiner Signatur verstehe ich leider nicht ...
siehe hier viewtopic.php?f=15&t=1669
Gruß
Tom

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von AlTheKingBundy » 21. Jan 2011, 09:41

Für mich ist die Mathematik in erster Linie eine Universalsprache, die in sich logisch und (weitgehend) widerspruchsfrei aufgebaut ist, um dem Menschen die qualitative und quantitative Beschreibung seiner Umwelt über andere wissenschaftliche Disziplinen zu ermöglichen.

(Fast) Jeder versteht, dass mit Pi*r^2 eine Kreisfläche gemeint ist. Oder wenn man Einheiten dazu nimmt, weiß jeder (mit minimalem physikalischem Wissen), wenn er E=h*f und 700 nm sieht, dass rotes Licht gemeint ist.
Gruß Al

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von tomS » 21. Jan 2011, 09:52

Du siehst das also sehr pragmatisch und anwendungsbezogen - OK.

Was meinst du mit " in sich logisch und (weitgehend) widerspruchsfrei aufgebaut"? speziell mit "weitgehend"? Ich denke, wenn auch nur ein einziger Widerspruch in dem Gesamtgebäude der Mathematik versteckt ist, dann ist es als Ganzes nichts mehr wert, denn man kann auf Basis eine Widerspruchs, also dass gleichzeitig "X" und "nicht-X" gilt, ALLES zeigen, also jeden Satz und zugleich sein Gegenteil beweisen. Ein Widerspruch kann nicht toleriert werden!
Gruß
Tom

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von AlTheKingBundy » 21. Jan 2011, 15:42

Natürlich sollte die Mathematik vollständig widerspruchsfrei sein, das ist ihr grundlegenster Anspruch. Ich habe es schlecht formuliert. Im Grunde meine ich damit, dass ich sie als widerspruchsfrei ansehe, dies allerdings nicht vollständig belegen kann.
Gruß Al

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Timm » 21. Jan 2011, 16:12

Vielleicht hattest Du Gödel im Sinn?

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von AlTheKingBundy » 21. Jan 2011, 17:46

Peinlich :oops: wer ist Gödel?
Gruß Al

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von Timm » 21. Jan 2011, 19:54

Deiner Antwort entnehme ich, daß Du Gödel http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6del ... gkeitssatz nicht im Sinn hattest,

Gruß, Timm

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Re: Was ist Mathematik

Beitrag von AlTheKingBundy » 22. Jan 2011, 08:59

Danke für die Info!

Gruß Al
Gruß Al

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