Ursprünglich ging es am Schluss in "Wahrscheinlichkeit von außerirdischem Leben" um folgende Frage:
gravi hat geschrieben:Ich bin z.B. sehr gespannt, ob und wann man es schaffen wird, den Sprung von toter zu lebender Materie zu begehen.
Dass man also aus definierten organischen Molekülen lebende Zellen erzeugt.
Weiß jemand, wie weit auf diesem Gebiet die Forschung aktuell ist?
Mir ist nur bekannt, dass es organische Moleküle gibt, die bereits selbstorganisierend sind, was man aber noch nicht als Leben bezeichnen kann.
Daraufhin ging es in folgende Richtung:seeker hat geschrieben:Ich bin natürlich auch kein Biologe, aber ich spiele dir trotzdem mal (zunächst hier) den ersten Ball zu und erzähle, was ich darüber weiß und wie ich die Dinge sehe.
Zunächst ein paar grundsätzliche Dinge
Man muss folgendes unterscheiden :
- 1. Die Herstellung einer lebenden Zelle, komplett aus toter Materie.
- 2. Die immer tiefer greifende Manipulation bzw. Kombination von bereits lebenden Zellen oder Zellteilen mit künstlich bzw. biotechnologisch hergestellten Molekülen oder Zellteilen.
Bei der heutigen Forschung wird die alte Frage, was „Leben“ denn eigentlich sei wieder aktuell und muss gegebenenfalls neu diskutiert werden.
- 3. Die Art und Weise, wie es die Natur damals gemacht hat. Bei ihr war nämlich keine wohl überlegte, gezielte und kontrollierte Laborbedingung gegeben.
Die Antwort auf die Frage, was Leben ist, ist gar nicht so einfach: Es gibt innerhalb der Biologie keine umfassende und allgemein akzeptierte Definition. Man behilft sich meistens damit, dass man die Merkmale des Lebendigen aufzählt. Soweit es organisches Leben betrifft, sind die wohl wichtigsten Eigenschaften die folgenden:
- Selbstreproduktion
- Stoffwechsel
- Reizempfinden
- Bewegung
- Wachstum
- Fähigkeit zur Evolution
Selbst die ältesten bekannten Lebewesen, die Cyanobakterien, sind schon ungeheuer komplexe Systeme. Man darf keinesfalls den Fehler machen eine Zelle (bzw. Leben) auf ihre DNA bzw. RNA zu reduzieren. Die übrigen Teile sind für den Gesamtorganismus genauso wichtig und unverzichtbar. Besonders hervorzuheben wären da die Enzyme und Ribosomen, die für die Eiweißsynthese unentbehrlich sind und die Zellmembran mit ihren Rezeptoren, die u.a. für den Stoffwechsel/Informationsaustausch mit der Umwelt und mit für die Steuerung der DNA zuständig ist (sie steuert teilweise welche DNA-Stücke wann abgelesen werden und welche nicht).
Zurück zum Thema: (soweit mein Wissen reicht)
Was man kann:
Man kann rel. kurze DNA-Stücke künstlich zusammensetzten und die Stücke von einer lebenden Zelle durch Einschleusung weiter zusammensetzen lassen. Diese DNA kann danach wieder durch Extraktion gewonnen werden.
Man kann lebendigen Zellen entnommene Enzyme und Ribosomen und eine solche DNA in eine künstlich hergestellte Membran (mit kleinen Löchern aber ohne Rezeptoren) einschleusen, woraufhin dieses Gebilde in einer Nährlösung für eine Zeitlang die gewünschten Eiweißstoffe produziert. Man kann auch schon künstliche Ribosomen herstellen. So ganz künstlich sind die aber auch nicht: Man zerlegt echte Ribosomen in ihre Einzelteile und lässt sie danach (von aus Zellen entnommenen Enzymen) wieder zusammensetzten.
http://www.heise.de/tr/artikel/Zellaufb ... interviews
Was man hofft bald zu können:
Die zellmembranähnlichen Kügelchen dazu zu bringen sich einzuschnüren und damit zu teilen. Selbst reproduzierende Ribosomen herstellen. Etc.
Was man nicht kann:
Eine lebende Zelle aus den Elementen synthetisieren, welche die o.g. Eigenschaften des Lebens besitzt. So wie ich das sehe, wird man das auch in einigen Jahrzehnten noch nicht können. Das Problem ist einfach zu komplex. Man wird sich diesen Eigenschaften aber immer mehr annähern. Außerdem scheint mir das auch gar nicht die vorrangige Zielsetzung der Forscher zu sein. Warum soll man etwas erschaffen, das es schon gibt? Nein, das Ziel scheint mir eher eine immer effektivere Kontrolle und Manipulierbarkeit von biologischen Vorgängen zu sein. Auch aus wirtschaftlichen Interessen heraus.
Man sieht: Die Frage ob und wann man Leben erschaffen können wird ist auch Definitionssache. Die Übergänge sind fließend.
Aber mich würde auch sehr interessieren, was du/ihr selbst zu diesem Thema weißt/wisst -
besonders im Zusammenhang mit Selbstorganisation?
Beste Grüße
seeker
Es soll also jetzt hier folgende Frage erörtert werden:gravi hat geschrieben:Dass man Leben nicht einfach aus den Elementen "herstellen" kann ist mir schon klar. Ich möchte eher wissen, ob man z.B. aus den Aminosäuren und den anderen org. Molekülen, wie sie in Meteoriten vorhanden sind und unter den Bedingungen der frühen Erde (spez. der zweiten Atmosphäre) weiter gekommen ist auf dem Weg zum Leben. Es muss ja einen Weg gegeben haben - irgendwann muss es "gefunkt" haben. Das WIE ist es, was mich brennend interessiert.
Wie ist das Leben auf der Erde entstanden?
Es ist mir schon klar, dass das jetzt wieder ein spekulatives Thema wird, weil die korrekte Antwort wohl lautet: Wir wissen es nicht!
Trotzdem hege ich die Hoffnung genügend Informationen sammeln zu können, dass sich jeder hinterher eine fundiertere Meinung zu diesem Thema bilden kann.
Es stellen sich m.E. auch folgende Fragen:
Wann tauchte das Leben auf der Erde auf? Wie lange war das, nachdem die Erde kühl genug war?
In welchem Zustand war die Erde damals? (Erdbahn, Rotation, Mond, Masse, Temperatur, Atmosphäre, Klima, Geologie, etc.)
Ist das Leben überhaupt auf der Erde entstanden -oder kam es wahrscheinlicher vom Mars oder von noch weiter her?
Welche chemischen und physikalischen Gegebenheiten braucht man, damit sich Leben bilden kann - oder war es doch Gott?
Wie sind die Wahrscheinlichkeiten? Welche Zeitspannen sind da vernünftigerweise anzunehmen?
Wie weit ist der Weg von einfachen organischen Molekülen (Aminosäuren, Nucleinsäuren, Lipide, etc.) zu einer lebendigen Zelle?
Inwiefern würde es helfen, wenn man im Labor künstlich Leben erschaffen könnte?
Was hat es mit der ominösen Selbstorganisation der Materie auf sich? Ist das nur ein neues Wort für etwas, dass wir immer noch nicht verstehen - oder ist da mehr dran?
usw.
Beste Grüße
seeker