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nackte Singularitäten

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 2. Dez 2009, 23:00

Ich habe den Artikel auch gelesen und fand ihn sehr interessant.

Wichtig ist deine Aussage, dass eben die kosmische Zensur nicht bewiesen ist, sondern dass man konkrete (und inzwischen auch realistische) Modelle kennt, in denen eine nackte Singularität entstehen kann.

Frage: wie sieht denn die kausale Struktur einer derartigen Singularität aus? bedeutet "nackt", dass die von der Schwarzschildlösung her bekannte Eigenschaft, dass die Singularität für alle Weltlinien / Beobachter in der Zukunft liegt ("trapped surface" etc.) nicht mehr gilt?
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von Skeltek » 3. Dez 2009, 04:51

Hmm, kann es sein, dass es vom Eintrittswinkel der Weltlinie in die Singularität abhängig ist?
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 3. Dez 2009, 07:08

Ich spekuliere ja nur. Der Ereignishorizont kann ja definiert werden als "Fläche", wobei alle Weltlinien, die von dieser Fläche ausgehen, konvergieren. D.h. dass auch "nach außen" laufende Weltlinien bei endlicher Eigenzeit in die Singularität gelangen.

Wenn aber kein Horizont existiert (weil die Singularität ja nackt ist), dann stimt meine Betrachtung nicht mehr und dann hättest du recht.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von gravi » 3. Dez 2009, 18:38

Ich meine, jetzt wird wirklich viel spekuliert. Für mich ist es derzeit (noch) nicht vorstellbar, dass ein SL schneller als mit max.- Kerr rotiert (= 1/2 c). Eine solche Rotation könnte m.E. nur durch Drehimpulsübertragung akkretierter Materie erfolgen, jedoch greift dann auch das Eddington- Limit, welches der Akkretion eine natürliche Grenze setzt.

Und ich weiß nicht, wie soll ich mir vorstellen, dass ein SL durch seine Rotation den Horizont in die ewigen Jagdgründe schickt?
Der Horizont ist doch nichts anderes als eine bestimmte Distanz zumSL- Zentrum, an welcher die Fluchtgeschwindigkeit gleich c ist. Bei einer nackten Singularität liegt dann die Fluchtgeschwindigkeit bis hin zum absoluten Zentrum stets unterhalb von c?
Ich finde, das klingt sehr widersprüchlich...

Den Artikel habe ich selbstverständlich auch schon längst intus :wink:

Gruß
gravi
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 4. Dez 2009, 10:03

Man muss das ganze etwas globaler sehen:
  • Die Singularitätentheoreme von Hawking und Penrose zeigen, dass Singularitäten unter sehr allgemeinen Randbedingungen / Energiebedingungen zwingend auftreten.
  • Das Prinzip der kosmischen Zensur von Penrose besagt, dass Singularitäten immer von einem Ereignishorizont eingeschlossen sein müssen. Dies war lange Zeit eine reine Annahme bzw. Forderung ohne mathematischen Beweis. Inzwischen ist es eher umgekehrt, dass nämlich die theoretische Existenz nackter Singularitäten mathematisch beweisbar zu sein scheint.
  • In einer Quantengravitationstheorie erwartet man, dass Singularitäten explizit ausgeschlossen sind, d.h. dass Quanteneffekte (beweisbar) ihre Entstehung verbieten.
  • Erste Rechnungen in der LQC zeigen, dass sowohl die Urknallsingularität als auch ein schwarzes Loch regularisiert werden. Im Inneren eines schwarzen Lochs mit Masse M existiert unterhalb einer bestimmten Längenskala ein Volumen, das dual zu einer asymptotisch flachen Raumzeit mit einer Masse ~1/M ist!
Demzufolge halte ich die Diskussion für spannend, aber ohne Quantengravitationseffekte für unvollständig.
Gruß
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von wilfried » 4. Dez 2009, 10:36

Tag zusammen

die Frage hier ist doch: gibt es wirklich Lösungen und dann unter welchen Randbedingungen, die:
- einerseits eine exorbitante Ladungsaufnahme realistisch ermöglichen
- anderseits eine exorbitante Aufnhame eines Drehimpulses ermöglichen

Sollte es solche Lösungen geben -ich weiß es nicht- dann müssen diese nachweisbar sein.

tensor schreibt:
Übrigens ist die Urknallsingularität eine nackte Singularität.

Wenn sich nachweisen ließe, dass Masse völlig zerstrahlt bevor sie die Singularität erreicht, dann benötigt man keine Quantengravitation, sondern kommt mit der ART und Quantenphysik aus.
Fragen von mir dazu:

Wenn die Urkannsingularität so verstanden werden könnte, dann muss vor diesem Stadium eine Ladung, ein Drehimpuls oder evezuell sogar unsere Physik vorhanden gewesen sein.

Wenn Masse völlig zerstrahlt -vor erreichen der Singularität- wie ist dann die Beweisführung, daß wir keine Quantengravitation brauchen bzw. was, in diesem Fall, ist dann das Wesen Gravitation?

Netten Gruß

Wilfried
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 4. Dez 2009, 12:30

wilfried hat geschrieben:die Frage hier ist doch: gibt es wirklich Lösungen und dann unter welchen Randbedingungen ...
Nein, das reicht nicht aus! Aus prinzipiellen Gründen muss eine (nackte) Singularität auch theoretisch ausgeschlossen werden können. Eine Theorie der Quantengravitation enthält immer auch klassisch unwahrscheinliche bzw. verbotene Konfigurationen; diese leisten einen Beitrag zu Matrixelementen und führen letztlich auch zum Zusammenbruch der Quantengravitation. Vergleiche das mit dem Tunneleffekt: Hier ist der Beritrag einer klassisch verbotenen Lösung quantenmechanisch messbar.Genauso würde eine klassisch verbotenen (nackte) Singularität einen zerstörerischen Beitrag leisten.
wilfried hat geschrieben:Wenn Masse völlig zerstrahlt - vor erreichen der Singularität - wie ist dann die Beweisführung, daß wir keine Quantengravitation brauchen ...
Ich denke nicht, dass es ohne eine Art der Quantengravition funktionieren wird. Schau dir mal die Einsteingleichungen an:

G = T

Der Einsteintensor G muss im selben mathematischen Formalismus beschrieben werden wie die Energie-Impuls-Tensor T. Dieser ist aber in der Sprache der Quantenfeldtheorie formuliert. Es gibt Ideen, die Einsteingleichung als effektive Theorie zu begreifen, also

G = <T>

wobei <T> für die Mittelwertbildung steht. Dieser Ansatz wird aber i.A. als gescheitert betrachtet.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von wilfried » 4. Dez 2009, 14:10

Tag zusammen
Aus prinzipiellen Gründen muss eine (nackte) Singularität auch theoretisch ausgeschlossen werden können.
Ja, das meine (hier fehlen mir ein wenig die Details; deshalb "meine") ich auch.
Ich denke nicht, dass es ohne eine Art der Quantengravition funktionieren wird.
Auch hier deckt sich meine Meinung mit der Deinen.

So ganz verstanden habe ich diese Theore der nackten Singularität nicht, soll hier heißen: diese ist mir sehr obskur, da deren Voraussetzung einfach zhu exotisch sind.

Gruß

Wilfried
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 4. Dez 2009, 14:28

wilfried hat geschrieben:So ganz verstanden habe ich diese Theore der nackten Singularität nicht, soll hier heißen: diese ist mir sehr obskur, da deren Voraussetzung einfach zu exotisch sind.
Ich halte sie für nicht sehr exotisch oder gar obskur.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von wilfried » 4. Dez 2009, 15:04

Doch ich schon, wenn ich über die Voraussetzungen nachdenke...

Es wird so viel Drehimpuls oder / und so viel Ladung dort eingebracht, daß so etwas wie eine Akkretion erst gar nicht passiert.
Die Materie wird quasi weggeschleudert, um das salopp auszudrücken.
Das spricht sich leicht aus, aber wenn Du mal über supermassive SL nachdenkst, nachdenkst was das in Sonnenmassen bedeutet...

Für mich ist das sehr sehr exotisch und auch obscur! Klar ist mir das überhaupt nicht und ich bin nicht sicher, ja ich bezweifle dies sogar, daß es tatsächlih in der Natur dafür Lösungen geben sollte.
Die von tensor genannte Lösung unserer Entstehungssingularität kann ich als "nackte Singularität" nicht begreifen, denn dann müsste sich ein Vorgeschichte in Ladungsaufnahme und Drehimpuls haben. Ja und wo bitte kam das her??????

Gruß

Wilfried
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von gravi » 4. Dez 2009, 18:06

@Wilfried:
Das bereits oben erwähnte Eddington- Limit sorgt tatsächlich dafür, dass ab einer bestimmten Massendichte in der Akkretionsscheibe die Temperatur so hoch ansteigt, dass Materie durch den Strahlungsdruck nach außen geschleudert wird.

@Tensor:
Dass die Urknallsingularität nackich war glaube ich schon. Es gab ja keine Beobachter, die sie hätten sehen können :wink:
Doch im Ernst, für mich ist der Horizont noch immer die Grenze, an der die Fluchtgeschwindigkeit c ist. c gilt aber nur in unserer bekannten Raumzeit, was die Urknallerbse einst umgab, ist uns völlig unbekannt - es gab ja weder Zeit noch Raum. Ohne diese Größen kann man aber keine Geschwindigkeit angeben, womit "außerhalb" unseres Kosmos jede beliebige möglich wäre. Jedenfalls wäre c keine Grenze und jede Singularität daher nackt.

Übrigens sollte man erwähnen, dass Jets nicht aus dem Kollapsar selbst entspringen, sondern sie aus Materie aus der Akkretionsscheibe bestehen, die im Magnetfeld des Kollapsars beschleunigt wird (Blandford- Znajek- Prozess).

Gruß
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 4. Dez 2009, 18:57

Zunächst mal ist klar, dass der Urknall im herkömmlichen Sinne eine Singularität darstellt. Nackt ist er insofern, als er beobachtbar ist. Im Falle eines gewöhnlichen schwarzen Lochs liegt die Singularität für keinen denkbaren Beobachter in dessen Vergangenheitslichtkegel.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von wilfried » 4. Dez 2009, 22:35

Das bereits oben erwähnte Eddington- Limit sorgt tatsächlich dafür, dass ab einer bestimmten Massendichte in der Akkretionsscheibe die Temperatur so hoch ansteigt, dass Materie durch den Strahlungsdruck nach außen geschleudert wird.
Ja, das ist so. Danke für die Erinnerung, nur ist das natürlich immer noch im Rahmen dessen, was noch "vorstellbar" ist, denn es existier Materie...Akkretionsscheibe vorhanden.

Eine nackte Singularität jedoch verlangt einen enormen Drehimpuls bzw. eine enorme Ladung und diese kann meines Erachtens nach nicht durch eine -lass mich mal so sagen:- normale Akkretionscheibe eingebracht werden.

Ich zweifle an dieser Physik.

Gruß

Wilfried
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von wilfried » 5. Dez 2009, 10:02

Tag tensor
Eine nackte Singularität verlangt per sei keinen hohen Drehimpuls oder eine enorm hohe Ladung. Wenn ein Schwarzes Loch seinen Ereignishorizont abwerfen soll, dann natürlich.
Das mag sein; meine Antwort bezog sich auf SL, bzw. auf die Ursuppe.
Ich kenne nicht alle Details, welche zur Bildung von nackten Singularitäten führen kann. In diesem Thema bin ich nicht eingelesen.

netten gruß und Danke für die Infos.

Wilfried
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von Skeltek » 5. Dez 2009, 14:37

mal ne Frage, wenn ein Lichtquant radial vom Zentrum des SLs sich weg bewegt knapp unterhalb des Schwarzschildhorizonts, und das SL verliert durch Strahlung Masse, dann würde der Horizont Radius ja sinken? kann das Lichtquant dem SL dann noch entkommen, weil sich der Schwarzschildradius verkleinert hat?

Zum anderen: Wenn eine nackte Singularität existiert und einen Ring bildet, was genau ist denn dann sichtbar? das Zentrum des Rings oder der Ring selbst?
Wenn es Weltlinien gibt, die von dem unendlich dünnen Ring mit endlicher Fluchtgeschwindigkeit entkommen können, wieso katapultiert das SL dann nicht Masse da weg?

Ein Ring unendlich hoher Dichte klingt nett, aber ich weiss immer noch nicht was gemeint ist. Wenn eine Weltlinie davon weg führt, wieso schleudert es dann nicht Masse da weg? Wird der Ring nicht an sich durch die Rotation so weit auseinander gezogen, dass er seine Dichte nicht mehr halten kann?

Gruß, Skel
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von gravi » 5. Dez 2009, 20:31

Ich muss eingestehen, hier nicht weiter zu kommen.
Was soll ich mir unter einer schwachen Singularität vorstellen? Entweder ist etwas singulär oder nicht, hört sich an wie "ein bisschen schwanger" :wink:

Für mich bleiben nackte Singularitäten auf der Linie "no go", nach meiner Ansicht sind sie ein Widerspruch in sich selbst. Entweder haben SL's einen Ereignishorizont, aus dem nichts entkommen kann, oder es gibt keine (klassischen!) SL's und schon gar keine Singularitäten.

Ein Wort von Ray würde jetzt vielleicht ganz hilfreich sein...

Netten Gruß
gravi
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von Skeltek » 5. Dez 2009, 20:42

Hmm, kann es sein, dass der einzige Unterschied ist, dass bei normalen Singularitäten der Schwarzschildhorizont in endlicher Zeit überschritten wird und bei nackten Singularitäten das spiralförmige Hineinfallen unendlich lange dauert? Ich mein, der Ereignisshorizont ist immerhin punktförmig dann?
Wie so etwas entstehen kann ist auch eine nette Frage, immerhin kann man auch ein hypothetisches Überlichtgeschwindigkeit-Teilchen postulieren aus dem dann auch Widersprüche entstehen(Es gibt solche Teilchen, nicht nachweisbar und nicht generierbar).

Man kann ja sagen, dass bei geeigneten Anfangsbedingungen sich so ein Ding bildet und das mathematisch beweisen, allerdings kann von uns im Forum keiner nachprüfen, ob die uns unbekannten Anfangsbedingungen physikalisch überhaupt möglich sind.
Immerhin müsste sämmtliche an der Masse der nackten Singularität beteiligte Materie es schaffen, diesen Punkt in der Mitte zu erreichen, ob dies in einem spiralförmigen Sturz in endlicher Zeit überhaupt möglich ist, halte ich immer noch für fragwürdig.(Egal wie wenig transversale Geschwindigkeit etwas zum Mittelpunkt hat, diese wird niemals absolut Null, ausser man verwendet ein zeitliches Bezugssystem ausserhalb des SLs?)

ps: Ein immer schneller kleiner werdender rotierender Ring, strebt vielleicht gegen eine Ausdehnung von null, man kann ihm aber eine Ausdehnung nicht abstreiten. Wird bei einer Ringsingularität der punktförmige Zustand überhaupt in endlicher Zeit erreicht?
Jetzt les ich mir mal deinen Link erstmal durch.


------------

So, durchgelesen. Die nackte Ringsingularität besitzt keinen Ereignisshorizont sondern lediglich eine Ergosphäre wenn ich das richtig verstanden habe? Was mir nun in den Sinn kommt ist, dass zwei Bedingungen erfüllt sein müssen, damit etwas in eine nackte Ringsingularität fällt:
Bei einer normalen Ringsingularität ist der Fall hinein davon abhängig, in welcher Richtung man das SL umkreist. Bei der nackten Ringsigularität liegt der innere Horizont bei r=0. Man muss also einerseits mit der inneren Masse/Ergosphäre mitrotieren, andererseits stellt sich die Frage mit welcher Geschwindigkeit dies zu erfolgen hat.

Irgendwie scheint es, als würde man um in die Singularität fallen zu können immer weiter beschleunigt werden müssen, bis die eigene Orbitalgeschwindigkeit gleich der des Ringes ist? Mit welcher Geschwindigkeit rotiert eigentlich ein unendlich kleiner Ring?
Der Ring kann eigentlich nur durch Materieaufnahme eigenes Drehmoment verlieren. Ist das Drehmoment zu groß rotiert er mit annähernd 1/2 c und hat eine Ausdehnung. Verliert er Drehmoment kann seine Ausdehnung schrumpfen?

Wenn der unendlich kleine Ring wirklich mit 1/2c rotiert(selbst wenn er sich nur mit einem Bruchteil von c bewegt), dann ist doch seine Rotationsfrequenz unendlich klein! So gesehen wird egal was sich dem Ring annähert in egal welcher Entfernung und Richtung es sich bewegt niemals seine Geschwindigkeit der des Ringes anpassen können? Das Materieteilchen wird immer weiter beschleunigt und kann niemals die Rotationsgeschwindigkeit erreichen, die das SL hat?
Bin mal gespannt ob mir da jemand was zu sagen kann...

achja: Wie viel Drehmoment müsste ein unendlich kleiner Ring mit Durchmesser=0 verlieren, um seinen Durchmesser zu halbieren?
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 6. Dez 2009, 14:40

Ich denke, das mit der Eigenzeit ist eine wichtige Aussage. Nach Hawking enthält eine Raumzeit Singularitäten, wenn ihre Geodäten "unvollständig" sind, d.h. ein "Ende" haben. Das bedeutet, dass man entlang einer Geodäten = einer Linie freien Falls die dabei vergehende Eigenzeit misst und feststellt, dass die Eigenzeit entweder nicht unendlich in die Vergangenheit oder nicht unendlich in die Zukunft verlängerbar ist. In beiden Fällen "endet" die Weltlinie des Beobachters. Ersteres trifft auf den Urknall, letzteres auf ein Schwarzes Loch oder den Endknall zu.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von gravi » 6. Dez 2009, 19:31

Eigentlich sollten wir an dieser Stelle auch in Betracht ziehen, dass Singularitäten - ob punkt- oder ringförmig - noch nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Ihre tatsächliche Existenz ist nicht bewiesen und sie wird es auch so lange nicht sein, bis man eine reell existierende nachte Singularität beobachtet hat.

Es gibt ja auch die bekannten Alternativen zu den SL's, wie Grava- oder Holosterne, die eine Singularität von vornherein ausschließen.
Doch auch beim SL ist es denkbar, dass eine wirklich singulärer Zustand erst gar nicht erreicht wird, die diversen Parameter also keine unendlichen Werte annehmen. Es genügt doch schon, wenn die Ausdehnung des Zentrums im SL im Bereich der Plancklänge liegt, um alle Unendlichkeiten zu vermeiden.

Jetzt möchte ich aber einmal die Frage stellen, was man denn überhaupt bei einer nackten Singularität zu beobachten erhofft?
Egal ob singulär oder Plancklängenausdehnung, punkt- oder ringförmig, ein solches Gebilde wäre derart klein, dass es absolut unbeochtbar wäre! Wenn ich etwas beobachten möchte benötige ich ein "Werkzeug" (wie z.B. Elektronen oder Photonen), dass höchtens die Größe des zu beobachtenden Gegenstandes hat oder besser noch kleiner ist. Kleiner als unendlich klein oder Plancklänge geht schon mal nicht, und selbst wenn ich die Singularität mit der kürzest möglichen Wellenlänge abtasten wollte, so wäre das wohl in etwa so, als wenn ich ein Elektron durch Bestrahlung mit lauter Watzmännern darstellen wollte.

Wozu also die ganze Aufregung :wink: :wink:

Netten Gruß
gravi
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von Skeltek » 7. Dez 2009, 01:41

tensor hat geschrieben: Etwas mit Durchmesser 0 kann im Durchmesser nicht halbiert werden. Was nicht vorhanden ist, kann nicht halbiert werden.

Gruß
tensor

Das halt ich aber echt für ne seeehr strittige Behauptung ^^ Vermutlich ist es genau das Kernproblem der ganzen Sache...
Einerseits soll das Ding an der Stelle Singulär sein, und dann soll man null nicht durch zwei dividieren dürfen?
Dass gerade du das abstreitest verblüfft mich grade bissl. lim(1/x) und lim(1/2x) geben für x->0 beide Null, trotzdem seh ich da nen Unterschied...

Ein Beobachter ausserhalb der Singularität wird natürlich sagen, daß Materie in endlicher Eigenzeit da rein rauscht; das Materieteilchen sieht dies ja vielleicht anders...
---> Wenn der Radius des Ringes beim Kolaps schneller gegen Null geht als der Abstand eines hinein fallenden Teilchens, wird es nie den Ringradius unterschreiten... <---

Man muss beachten, ob der Ring beim Kolabieren zur Singularität wirklich jemals unendlich klein wird. Man kann nicht vom Endzustand eines Objektes ausgehen, das es vermutlich so nicht gibt, und dann erst Formeln, Hypothesen und numerische Rechenmodelle postulieren, die zu seiner Bildung führen könnten. -> Wenn man nach Jahre langer Forschung endlich ein Rechenmodell mit gemutmaßten Naturgesetzen findet, wo der Computer eine Möglichkeit findet, eine Singularität zu bilden, hat man trotzdem das Problem, dass man ursprünglich von einem hypothetischen, vermutlich nicht existenten Objekt ausgegangen ist...

Die Trickserei mit der Eigenzeit des aussen stehenden Beobachters is ne Mogelpackung imho.
Wenn ich den Abstand zu etwas immer halbiere, erreich ich ihn nicht. Der ausserhalb der unendlichen Zeitachse stehende Beobachter, nennen wir ihn mal "Ttog" wird vielleicht sagen, es sei in endlicher Zeit geschehen, aber das is net wirklich aussagekräftig... =)
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 7. Dez 2009, 02:29

gravi hat geschrieben:... Ihre tatsächliche Existenz ist nicht bewiesen und sie wird es auch so lange nicht sein, bis man eine reell existierende nachte Singularität beobachtet hat.
Ich halte - wie bereits gesagt - die Singularitäten nicht erst dann für problematisch, wenn sie denn nachgewiesen sind; was letztlich nie funktionieren kann, da man experimentell wohl nie ausschließen wird, dass es sich eben doch nur um einer einer Singularität "ähnlichen" Zustand handelt. Ich halte bereits die theoretische Möglichkeit einer Singularität in der ART für problematisch - und die ist mathematisch bewiesen.
Gruß
Tom

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 7. Dez 2009, 11:21

Bzgl. der Eigenzeit kann ich Tensor nur voll zustimmen: die Charakterisierung einer Singularität kann gerade durch die "geodätische Unvollständigkeit" der Raumzeit durchgeführt werden. Das ist ein "lokales" Konzept, d.h. man muss eben nicht die gesamte Raumzeit "kennen"; es reicht aus, eine Geodäte zu identifizieren, entlang derer ein Beobachter in endlicher Eigenzeit in die Sinularität gelangt. Dies ist auch eine "physikalische" Charakterisierung; eine Singularität, die von allen Beobachtern nur in unendlicher Eigenzeit erreicht würde, wäre auch physikalisch und mathematisch harmlos.

Und wie gesagt, dieses Konzept wird nicht erst dadurch interessant, dass man es für eine konkrete Situation experimentell verifiziert, sondern bereits dadurch, dass die theoretische Möglichkeit einer Singularität mathematisch beweisbar existiert.
1) wenn es darum geht, die Existenz einer Singularität zu beweisen, dann ist selbstverständlich das Experiment führend
2) wenn es aber darum geht, die Möglichkeit der Existenz einer Singularität zu grundsätzlich auszuschließen, dann ist ein Experiment irrelevant, da nie allgemeingültig, sondern die Theorie ist führend.
Gruß
Tom

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gravi
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von gravi » 7. Dez 2009, 18:04

@Tensor:
Richtig, es können lediglich Indizien für eine indirekte "Beweisführung" herangezogen werden.
Ich denke wir sind uns alle einig, dass ein experimenteller Nachweis einer Singularität völlig ausgeschlossen ist. Das gibt die Physik einfach nicht mehr her.

Gruß
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Ray Light
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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von Ray Light » 23. Dez 2009, 02:13

Hallo zusammen

Ich habe mich mal durch Euern Thread gekämpft – ein spannendes Thema!

Den SdW-Artikel von Pakaj Joshi (Ausgabe Dez 2009, Seite 24-31) über nackte Singularitäten empfinde ich als sehr unbefriedigend. Es wird viel spekuliert; viele Modelle werden knapp skizziert. Aber es wird weder gut erklärt, noch ausreichend motiviert. Die Modelle könnten ebenso gut Makulatur sein. Der Autor macht Werbung für die nackten Singularitäten, die uns neue Erkenntnisse bringen könnten, aber wie das bei der Vielzahl der Modelle (die ihrerseits noch zu verschiedenen Theorien gehören: ART, LQG etc.) geschehen soll, bleibt offen.

Ich bin da eher konservativ. Schwarze Löcher, die an kritische Werte für Drehimpuls oder elektrische Ladung herankommen, „werden es zu verhindern wissen“ zu einer nackten Singularität zu „mutieren“. Vgl. z.B. die kritischen Drehimpulszahlen a = 0,998 (Thorne-Limit) und a = 0,9953 (Aschenbach-Limit), die aus der Akkretionstheorie kommen, und deutlich unterhalb von dem kritischen Wert a = 1 liegen, der einer nackten Singularität zugeordnet ist.

[@gravi: Bitte aufpassen beim Eddington-Kriterium. In der Herleitung beruht es auf sphärischer Akkretion. Bei Akkretionsscheiben ist die Akkretion achsensymmetrisch und hier kann es vorkommen, dass die Eddington-Akkretionsrate überschritten wird. Das sind sog. Super-Eddington-Quellen, die auch astronomisch beobachtet werden.

Zur Jetentstehung: Hier gibt es im Wesentlichen zwei Prozesse, die den Jet treiben können: Blandford-Znajek-Prozess oder Blandford-Payne-Prozess, beide in meinem Weblexikon unter http://www.astronomiewissen.de beschrieben. Der erste braucht ein rotierendes Loch, der zweite nur einen magnetisierten Akkretionsfluss.]

Solange es keine guten physikalischen Argumente für nackte Singularitäten gibt und auch keine klaren Evidenzen aus der Beobachtung, sehe ich keinen Grund, etwas so Seltsames in mein naturwissenschaftliches Weltbild zu integrieren. Bislang kommen wir ganz gut ohne nackte Singularitäten aus. Interessant ist es sicherlich, über die Vermutung der Kosmischen Zensur nach Roger Penrose nachzudenken und zu versuchen, diese Vermutung zu beweisen. Diese Erkenntnis würde uns direkt Auskunft darüber geben, ob es Ereignishorizonte gibt, d.h. auch ob es Sinn macht, nach ihnen zu suchen. Denn bislang wurde die Existenz von Ereignishorizonten in der Natur nicht nachgewiesen.

Wie im SdW-Artikel angedeutet wird, könnte es sogar sein, dass wir sowohl auf normale (gemeint: verhüllte), als auch auf nackte Singularitäten verzichten können, wenn wir nur eine geeignete Theorie der Quantengravitation finden. Derartige Resultate deuten sich schon jetzt in der Loop-Quantengravitation an. Noch viel grandioser wäre der Befund, dass im Gravitationskollaps Information und Masse/Energie abgestrahlt werden und dass das noch im Rahmen der Relativitätstheorie erklärbar wäre. Dann bräuchten wir weder Singularitäten, noch eine quantisierte Gravitationstheorie. Relativisten würde das sehr glücklich machen!

Diese letzten beiden nicht singulären Auswege – durch eine Quantengravitation oder noch im Rahmen der Relativitätstheorie - erachte ich als wesentlich wahrscheinlicher als die Existenz von nackten Singularitäten. Doch das sind vielleicht eher Geschmacks- oder Glaubensfragen.

Zur Nachweisbarkeit der Singularität:
Bitte bedenkt auch, dass Ereignishorizonte Schwarzer Löcher für einen externen Beobachter immer in der Zukunft liegen! Oder hochtrabend ausgedrückt: Eine raumartige Hyperfläche mit t=const schneidet niemals einen externen Beobachter und den Ereignishorizont (geschweige denn die Singularität) gleichermaßen. Extern meint hierbei einen Abstand des Beobachters vom Loch, der größer ist als der Horizontradius. Eine Schar solcher Hyperflächen legt sich um den Horizont herum, ohne ihn zu erreichen.

Dieser zeitliche Aspekt „Schwarze Löcher liegen in unserer Zukunft“ ist unglaublich wichtig und wird gerne vergessen – deshalb war es mir wichtig, das in meinem Buch „Schwarze Löcher – Die dunklen Fallen der Raumzeit“ (seit letzter Woche in den Läden) auszuführen.

Und wie weist man etwas im Hier und Jetzt nach, das in meiner persönlichen Zukunft liegt??? Das wird nix, Leute, aus Prinzip kann das nichts werden.

Beste Grüße,
Ray
Wir haben verlernt uns zu wundern.

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Re: nackte Singularitäten

Beitrag von tomS » 23. Dez 2009, 08:26

Hallo Ray,

schön, mal wieder was von dir zu hören. Nachdem dein Buch fertig im Laden liegt - evtl. lege ich's mir noch schnell unter den Christbaum - hast du jetzt ja wieder viel Zeit, dich hier zu engagieren :-)

Zu dem Artikel im Spektrum hatte ich ein ähnliches Bauchgefühl wie du, allerdings kann ich natürlich nicht auf meine Erfahrung zurückgreifen, sondern muss mich an die (teilweise dürftige) Fakten halten. Und da passt das nicht ganz zusammen:
- aus physikalischen Gründen erwartest du (Wilfried stimmt dir da zu) dass sich die Natur gegen nackte - evtl. sogar gegen alle - Singularitäten wehrt
- aus prinzipiellen Gründen erwarte ich, dass alles was erlaubt ist auch auftreten kann - zumindest in einer quantisierten Theorie (ich denke da an das Pfadintegral)

Um letzteres zu verhindern, gibt es m.E. folgende Möglichkeiten
- es wird bereits klassisch ein Theorem (kosmologische Zensur, superselection sector, ...) gefunden und kann auf die QG übertragen werden
- die QG schützt sich selbst

Interessant ist folgende Idee aus der LQC. Hier wird ja eine minimale Länge sowie Operatoren gemäß



eingeführt. Zunächst mal ist das nicht eindeutig; man könnte auch eine andere "Gitterregularisierung" wählen, die im "Kontinuumslimes" verschwindet (siehe z.B. Gitter-QCD). Es besteht die Vermutung, dass diese Nichteindeutigkeit etwas mit der prinzipiellen Möglichkeit von höheren Zusatztermen bzw. Countertermen zur Einstein-Hilbert-Wirkung zu tun hat. Und - hier besonders interessant - man kann das bereits klassisch tun (ohne LQG) und findet dann "FRW-Modelle mit Bounce"

D.h. letztlich könnte man die Ergebnisse der LQC zurück in die klassische Theorie übertragen und so eine erweiterte ART konstruieren, die ebenfalls (zumindest teilweise) singularitätenfrei ist.
Gruß
Tom

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