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Anselm's Gottesbeweis

Entstehung und Entwicklung von Leben, Wahrscheinlichkeit für extraterrestrisches Leben
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seeker
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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 26. Jun 2022, 20:32

Mich überzeugt das inzwischen alles nicht mehr wirklich...
Das Absolute (von lat. absolutum, „das Losgelöste“) ist ein Begriff, der in vielen Bereichen der Theologie und Philosophie Verwendung findet und das völlige Enthobensein von allen (einschränkenden) Bedingungen oder Beziehungen bezeichnet.
Was soll das sein, ein "völliges Enthobensein"? Kann man das denken? Man kann es nicht.
Das wäre genauso wie (ein) Nichts zu denken, das geht auch nicht, man kann maximal nicht denken, das ist aber nicht dasselbe.
Und warum sagen wir nicht ehrlicherweise gleich: "Das Absolute ist ein absolutes Enthobensein!", damit die Tautologie auch offen zutage tritt... ?
Diagnostiker hat geschrieben:
26. Jun 2022, 13:57
Wir können zwar auf kein Ding zeigen und sagen: "Sieh hin, das hier ist das Absolute.", aber wir können auf beschränkte Dinge zeigen und unter Verweis auf die Beschränkungen die Denkmöglichkeit eines unbeschränkten Dinges aufzeigen, ohne damit etwas Sinnloses zu sagen.
Diagnostiker hat geschrieben:
26. Jun 2022, 13:57
Nein, nicht unsinnig, aber dafür nicht erfüllbar, weil empirisch nicht prüfbar. Empirisch ist nur das prüfbar, was beschränkt ist, was daran liegt, dass die Empirie selber Beschränkungen unterliegt und das Denken, welches dann die Abstraktionsleistung vollbringt, seinerseits Beschränkungen unterworfen ist, so dass etwas Absolutes zwar als Abstraktion denkbar, aber als konkretes Objekt nicht vorstellbar ist.
Es geht nicht nur um Empirie. Es geht mir um die Behauptung, dass ein Absolutes denkbar sei.
Und das bezweifle ich. Hast du so etwas schon einmal gedacht? Ich nicht.
Durch keine Abstraktion kann man ein Absolutes denken, denn dazu müsste die Abstraktion selber absolut sein.

Und übrigens:
Das Wort Abstraktion (lateinisch abstractus ‚abgezogen‘, Partizip Perfekt Passiv von abs-trahere ‚abziehen‘, ‚entfernen‘, ‚trennen‘) bezeichnet meist den induktiven Denkprozess des erforderlichen Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres.
https://de.wikipedia.org/wiki/Abstraktion
Nun, wenn man das auf die Spitze treibt, was bleibt dann übrig, nach diesem Entfernen, wenn am Ende alles entfernt wurde?
Notwendigerweise Nichts!

Und dann hat man zwar ein Wort und einen Verweis "irgendwie, irgendwo halt, über alle Grenzen und Beschränkungen und Bedingungen hinaus", "irgendwo jenseits von dem, was gedacht werden kann" oder so ähnlich, aber hat man es damit dann tatsächlich gedacht, erfasst, begriffen?
Hat man damit schon wirklich einen Begriff?
Ich glaube es nicht mehr.
Man hat nur ein nebelhaftes "halt das und das und das NICHT mehr... jenseits davon!".
Nur irgendeinen Versuch einer negativen Begriffsbildung, der das denkend fassen soll, was ja eben nicht-denkbar ist.
Ich halte "das Absolute" daher inzwischen für einen Scheinbegriff, der nur vorgibt ein echter Begriff zu sein, aber in Wahrheit gar keiner ist und damit unsinnig ist, eine leere Worthülse.
Diagnostiker hat geschrieben:
26. Jun 2022, 13:57
Der Superlativ von "gut" ist "am besten". Was also ein Gut ist, ist steigerbar, denn es gibt möglicherweise Besseres.
Im Endlichen und Überschaubaren und Denkbaren funktioniert das: Wenn ich 5 Gerichte vor mir habe, dann kann ich feststellen, welches mir davon am besten schmeckt.
Aber jenseits davon, im Unbegrenzten, im Absoluten... da sollten wir mangels echten Begriffen besser schweigen, meine ich.
Grüße
seeker


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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 27. Jun 2022, 04:36

seeker hat geschrieben:
25. Jun 2022, 10:35

Problem:
WELCHE Logik, WELCHE Sprache, WELCHE Wahrnehmung?
Haben wir da wirklich eine Wahl?

Wir haben nur die klass. (zweiwertige) Logik. Nichtklass. Logiken setzen die klass. Logik immer als Metasprache voraus und sind damit verkappte klass. Logik mit „komischen“ Prädikaten. Wenn du zB neben w und f noch einen dritten Wahrheitswert u(nbestimmt) willst, dann musst du bei der Aussage „p ist u“ annehmen, dass „‚p ist u’ ist wahr“, sonst bedeutet es nichts.

Bei der Sprache haben wir ebensowenig eine Wahl. Ja, wir können die Namen wählen, wie wir wollen, aber die Funktion: Name -> Gegenstand bleibt, da scheint es keine Alternative zu geben.

Und die Wahrnehmung? Kannst du da wählen oder - wie ich - nur nehmen, was dir gerade vor deinem Auge hingesetzt wird?

Kurzum: Etwas in uns scheint uns gewisse Prämissen vorzusetzen ohne die wir nicht können. Wir kennen die Prämissen, aber wir können sie nicht mehr manipulieren, so wie wenn wir uns innerhalb unserer mentalen Simulationswelt bewegen und zB problemlos einen Wal wegzaubern und dafür einen Tisch hinstellen können. Viele Philosophen haben einst gedacht, dass weil diese Prämissen unabänderbar in uns wirken, sie unfehlbar sind, doch das ist ein Trugschluss, den wir sogar aufdecken können, weil wir die Prämissen problemlos selbst zum Objekt ihrer selbst machen können. Mehr als unsere Ahnungslosigkeit einzusehen, können wir damit aber nicht. Wir bleiben wie die Fliege hinter dem Fensterglas, zunehmend skeptisch, ob man raus kommt, weiter hoffend und staunend, was wohl dahinter kommt.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 27. Jun 2022, 04:58

Diagnostiker hat geschrieben:
26. Jun 2022, 13:57

Wir können zwar auf kein Ding zeigen und sagen: "Sieh hin, das hier ist das Absolute.", aber wir können auf beschränkte Dinge zeigen und unter Verweis auf die Beschränkungen die Denkmöglichkeit eines unbeschränkten Dinges aufzeigen, ohne damit etwas Sinnloses zu sagen.
Zu sagen bedeutet, mit Worten darauf zu zeigen. Kannst du nicht darauf zeigen, dann kannst du es nicht sagen.

Rein technisch ist es so, dass wir immer gewisse Grundannahmen (Logik, Sprache, Wahrnehmung) brauchen, um überhaupt etwas Bedeutungsvolles sagen/denken zu können. Damit hast du also immer die Grundannahmen als Beschränkung/Relativierung deiner Sätze und Gedanken und darüber hinaus kannst du nichts sagen - und tust du es doch, dann sagst du nur wieder etwas unter Geltung deiner Grundannahmen, die du ja eigentlich außen vor lassen wolltest (um vom Absoluten reden zu können), also Widersprüchliches, also Sinnloses.

Das Absolute ist entweder falsch oder unsagbar.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 27. Jun 2022, 08:35

Pippen hat geschrieben:
27. Jun 2022, 04:36
Haben wir da wirklich eine Wahl?
Eine interessante Frage, klar!
Ich meine, es gibt eine Wahl. Selbst wenn es für den Homo Sapiens heute keine gäbe, so wäre es doch sehr anthropozentrisch und bestimmt auch überheblich zu glauben, dass alle unsere Vorfahren und Nachkommen und auch alle Aliens und KIs...

Und auch wenn wir nur den Sapiens heute betrachten:
Auch bei den zweiwertigen Logiken steckt der Teufel im Detail. Und der Bezug zwischen Logik und Welt ist auch stets nicht ganz klar.
Und was Sprache und Wahrnehmung angeht... versuche dich ein wenig mit ganz anderen Kulturen zu beschäftigen, dann scheint es dir vielleicht durch, dass dort anders gesprochen und tatsächlich auch anders wahrgenommen wird und wurde, Z.T. deutlich anders. Es gibt beispielsweise Kulturen, die nicht einmal einen Begriff für "Zeit" haben. Kennst du den Film "Arrival"?

Ja, wir müssen uns immer einen Boden breiten, um sprechen zu können, sogar einen gemeinsamen Boden, um miteinander sprechen zu können.
Aber zu glauben, es gäbe nur einen einzigen möglichen Boden, sozusagen einen "allein seligmachenden"... nein, das wäre m.E. Hybris.
Grüße
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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Frank » 27. Jun 2022, 09:58

seeker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 08:35

Es gibt beispielsweise Kulturen, die nicht einmal einen Begriff für "Zeit" haben.
Meinst du das Beispiel hier?
Glücklich ohne Zeit und Zahlen
https://science.orf.at/v2/stories/2899422/

Das sind keine "Kulturen", im Sinne von "Kulturen", sondern isolierte Homo Sapiens, die Aufgrund ihrer einmaligen Lage auf dem Planeten Erde, keine Begriffe wie Zeit, oder vorausschauende (und zurückliegende ) Ereignisse erahnen mussten und müssen.

Man sollte aufpassen, dass man aus der Situation geborene Verhaltensweisen und Entwicklungen nicht zu hoch hängt und darin Glück vermutet, "nur" weil es diese Menschen nicht anders wissen.
Allerdings ist die Beweispflicht, die sie dem Vortragenden aufbürden bemerkenswert. (Würde in unseren Kulturen sehr nützlich sein)
Mit freundlichen Grüßen

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 27. Jun 2022, 13:53

Schönes Beispiel, in dem Link.
Frank hat geschrieben:
27. Jun 2022, 09:58
Das sind keine "Kulturen", im Sinne von "Kulturen",
Doch, es sind Kulturen. Was denn sonst?
Menschengruppen leben immer in einer Kultur.

Hier noch ein lesenswerter Artikel, wie weit das geht:

Das Wir im Ich
Wie Kultur unser Denken und Fühlen prägt
Vetternwirtschaft oder individuelle Qualifikation? Offene Gefühle oder verschlossene Miene? Schuld oder Scham? Jede Gesellschaft ist anders, denn es gibt viele menschliche Psychologien. Die Wissenschaft hat das lange übersehen. „Wir“ Westler sind meist die Ausnahme, nicht das Maß aller Dinge.

https://www.deutschlandfunk.de/psycholo ... m-100.html

Daraus:
„Die psychologischen Daten zeigen: es gibt eine große Vielfalt auf der Welt, auf allen möglichen Ebenen. Beim analytischen Denken, der Individualität, dem Selbstbild. Auch wie wir ein Problem angehen, unsere Instinkte, unsere Sinneseindrücke, all das variiert. Kultur ist psychologisch, weil sie unsere Erinnerungen formt, unsere Wahrnehmungen, unsere kognitiven Fähigkeiten.“

Unterschiedliche Wahrnehmung, unterschiedliches Handeln

Gruppenzugehörigkeit war wichtiger als Qualifikation. Das stand so nicht in den Psychologielehrbüchern. Ein Einzelfall, dachte Henrich. Aber in Gesprächen mit anderen Forscherinnen und Forschern hörte er von ähnlichen Widersprüchen. Zusammen mit zwei Universitätskollegen aus dem kanadischen Vancouver begann Henrich in den 2000er-Jahren, systematisch psychologische Experimente aus verschiedenen Ländern zu vergleichen.
Angefangen bei der Wahrnehmung. Die testet man mit optischen Illusionen, etwa Linien, an deren Ende Pfeilspitzen entweder nach außen oder innen weisen. “Leute aus Chicago oder Berlin nehmen Linien mit Pfeilspitzen nach außen um 20 Prozent länger wahr. Aber Jäger und Sammler aus der Kalahari sehen sie, wie sie sind. Für sie ist es keine optische Illusion.“
Die San sehen die Welt tatsächlich anders. Und es ist nur ein Beispiel von vielen.
Auswahl der Probanden hat Studienergebnisse verzerrt
Und trotzdem scheint das Wesen des Menschen in den Psychologie-Lehrbüchern ziemlich klar umrissen. Die Befunde gelten durch Experimente mit unzähligen Teilnehmenden als solide bestätigt. Wie kann das sein?
„Ich benutze gerne den Begriff WEIRD. Die Buchstaben stehen für westlich, educated, also gebildet, industrialisiert, reich und demokratisch. Das soll darauf aufmerksam machen, dass es hier um eine einzelne Untergruppe einer bestimmten Gesellschaft geht, die in globaler und historischer Perspektive eher ungewöhnlich ist.“
Joseph Henrich und seine Kollegen veröffentlichten ihre Ergebnisse 2010 in einem einflussreichen Artikel. Darin prägten sie das Schlagwort: „Weird“ – seltsam. Die Wissenschaft glaubte, „den Menschen“ zu erforschen, und stützte sich in Wahrheit nur auf eine kleine Gruppe, nämlich auf Studierende von US-Hochschulen. Denn mit ihnen wurden die meisten Experimente durchgeführt. Die vermeintlich allgemeingültigen Aussagen der Psychologie sind gar keine und haben uns viel zu lange in die Irre geführt.
„Wenn wir uns indigene Gruppen im Amazonas Boliviens ansehen, haben sie nicht die ‚normale‘ Persönlichkeitsstruktur. Also nicht das, was Psychologen von ‚weirden‘ Menschen kennen.“
Noch ein Artikel:

Andere Kulturen denken anders
Wie arbeitet der menschliche Geist? Hirnforscher beanspruchen zunehmend, diese Frage beantworten zu können, wobei sie vor allem auf exakte Laborexperimente pochen. Eine Initiative deutscher Psychologen und Ethnologen kritisiert diese Vorgehensweise.
https://www.deutschlandfunk.de/andere-k ... s-100.html

Ich finde das eine interessante Sache. Und es kann vielleicht auch heilsam sein, zu erkennen, dass wir WEIRD-Leute (westlich, educated, industrialisiert, reich und demokratisch) nicht unbedingt das Maß der Menschheit oder gar aller Dinge oder sind... und auch nicht das Maß aller Dinge bei der Wahrnehmung, der Sprache und der Logik oder des Denkens.
Grüße
seeker


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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 27. Jun 2022, 16:14

@seeker:
Und warum sagen wir nicht ehrlicherweise gleich: "Das Absolute ist ein absolutes Enthobensein!", damit die Tautologie auch offen zutage tritt... ?
Weil es keine Tautologie ist. Das Absolute ist frei von jeglichen Beschränkungen. Da passt dann das Attribut nicht hin. Es würde dann nicht "losgelöst" bedeuten, sondern im Sinne von "völlig" oder "vollkommen" gebraucht werden, was man dann aber nicht mit "absolut" ausdrückt. Darum ist es keine Tautologie. Die Umschreibung in der Wikipedia iat auch nicht besonders glücklich gewählt, denn das Absolute ist dadurch gekennzeichnet, dass es jeglicher Beschränkungen enthoben ist. Die Substantivierung von enthoben zu Enthobensein verfälscht hier den Sinn.
Hast du so etwas schon einmal gedacht?
Ja.
Durch keine Abstraktion kann man ein Absolutes denken, denn dazu müsste die Abstraktion selber absolut sein.
So, wie die Vorstellung von Gott selber Gott ist? Ich denke nicht, dass das richtig ist.
Notwendigerweise Nichts!
Nein. Dann bleibt das übrig, wovon man nichts mehr abziehen kann, weil es dann verschwinden würde. Das wäre dann aber selber nicht "Nichts" (was über die Substantivierung in sich widersprüchlich wäre!), sondern ein Etwas - in diesem Fall dann das abstraktest Denkbare und damit immer noch ein Etwas.
Hat man damit schon wirklich einen Begriff?
Ja. Der Begriff bezeichnet dann das, worüber hinaus man dann sinnvollerweise nichts mehr denken kann - analog zum Nordpol und dem Versuch, etwas zu finden, was sich nördlich vom Nordpol befindet. Einen Endpunkt des Denkens halt, der sich aus dem Vorgang des Abstrahierens ergibt.
Nur irgendeinen Versuch einer negativen Begriffsbildung, der das denkend fassen soll, was ja eben nicht-denkbar ist.
Ja, auch hier gibt es eine Analogie zur negativen Theologie: Man kann nur sagen, was oder wie Gott nicht ist, aber nicht, was oder wie er ist.
Ich halte "das Absolute" daher inzwischen für einen Scheinbegriff ...
Ich nicht, aber es handelt sich um einen Begriff, dessen Inhalt nicht konkret sinnlich vorstellbar ist.
Aber jenseits davon, im Unbegrenzten, im Absoluten...
So weit muss man gar nicht gehen, denn Aristoteles bezeichnet in seiner Nikomachischen Ethik die Eudaimonia als das höchste Gut, was bereits im Endlichen - also innerhalb eines menschlichen Lebens - gefunden und verwirklicht werden kann. Aber natürlich ist in der Theologie Gott als das Absolute zugleich der Inbegriff des Guten, was seine Parallele im Platonismus findet, wo das Absolute als das Eine über Emanation die Idee des Guten hervorbringt, an dem über die Methexis auch der Mensch Anteil hat.

@Pippen:
Zu sagen bedeutet, mit Worten darauf zu zeigen.
Zu sagen, bedeutet, etwas über etwas auszusagen, indem man es beschreibt und damit dann bezeichnet, ohne eigens darauf zu zeigen.
Damit hast du also immer die Grundannahmen als Beschränkung/Relativierung deiner Sätze und Gedanken und darüber hinaus kannst du nichts sagen ...
Das besagt lediglich, dass Sprache nicht absolut ist, sondern beschränkt, aber nicht, dass man mit Sprache das, was als absolut begriffen werden soll, nicht so beschreiben kann, dass man es als Absolutes verstehen kann, ohne es als konkrete Vorstellung veranschaulichen zu müssen. Die Abstraktionsleistung findet dann im Geist statt und bedarf dann keiner sprachlichen Begleitung mehr.
Das Absolute ist entweder falsch oder unsagbar.
Das Absolute selbst ist aber bezeichenbar. Das ist hier relevant, wenn es um Begriffsbildung geht.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 28. Jun 2022, 08:02

Diagnostiker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 16:14
Weil es keine Tautologie ist. Das Absolute ist frei von jeglichen Beschränkungen. Da passt dann das Attribut nicht hin. Es würde dann nicht "losgelöst" bedeuten, sondern im Sinne von "völlig" oder "vollkommen" gebraucht werden, was man dann aber nicht mit "absolut" ausdrückt. Darum ist es keine Tautologie. Die Umschreibung in der Wikipedia iat auch nicht besonders glücklich gewählt, denn das Absolute ist dadurch gekennzeichnet, dass es jeglicher Beschränkungen enthoben ist. Die Substantivierung von enthoben zu Enthobensein verfälscht hier den Sinn.
Es sind doch aber in gewisser Weise Synonyme.
"das Absolute ist dadurch gekennzeichnet, dass es jeglicher Beschränkungen enthoben ist" -> "das Absolute ist dadurch gekennzeichnet, dass es absolut aller Beschränkungen enthoben ist"

Das "jeglicher" meint hier genau das, eben sehr strikt, "wirklich wirklich jeglicher", eben "absolut jeglicher".
Und "völlig" oder "vollkommen" meinen dasselbe, sie meinen ein nicht mehr Steigerbares, eben ein Absolutes.

Ich denke, wir können mindestens feststellen, dass wir hier in einen Bereich kommen, wo es sehr schwierig wird.
So lange es sich um endliche Mengen oder endlich ausgeprägte Qualitäten handelt, ist noch alles leicht und klar sinnvoll, wenn ich z.B. sage: "Absolut alle Menschen", dann kann ich mir darunter noch etwas vorstellen. Das macht Sinn.
Schon aber, wenn ich sage "absolut alle natürlichen Zahlen", dann wird es schwierig, weil ich mir darunter nichts mehr vorstellen kann.
Ich kann das nicht wirklich begreifen.
Und es wird schwierig, weil ich nicht sicher weiß, ob es das überhaupt gibt! Umgekehrt weiß ich es auch nicht.

Ich kann zwar versuchen zu sagen: "Dasjenige, was man am Ende hat, wenn man immer weiter zählt und nie aufhört", aber ich kann auch das "nie" nicht wirklich begreifen, ich begreife nur "sehr viel" oder "sehr lange", aber nicht "unendlich lange". Und "nie aufhören" und "Ende" widersprechen sich ja auch.
Das ist auch der Grund, warum es um die aktualen Unendlichkeiten Uneinigkeit, schon ob ihrer Existenz gibt, potentielle Unendlichkeiten dagegen sind allgemein akzeptiert.

Was ist denn der Fall, wenn es ein solches Absolutes gibt, was wenn nicht?

Wittgenstein sagt:
„Einen Satz verstehen, heißt, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist. (Man kann ihn also verstehen, ohne zu wissen, ob er wahr ist.) Man versteht ihn, wenn man seine Bestandteile versteht.“
Diagnostiker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 16:14
Durch keine Abstraktion kann man ein Absolutes denken, denn dazu müsste die Abstraktion selber absolut sein.
So, wie die Vorstellung von Gott selber Gott ist? Ich denke nicht, dass das richtig ist.
Deshalb kann man Gott, als ein solches Absoltes, nicht denken. Der tatsächlich gedachte "Gott" ist nie Gott.
Diagnostiker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 16:14
Nein. Dann bleibt das übrig, wovon man nichts mehr abziehen kann, weil es dann verschwinden würde.
Und wenn man das dann doch noch abzieht, dann verschwindet es eben. Wenn man es nicht tut, dann hat man nicht absolut abstrahiert.
Was bleibt, wenn man immer weiter abstrahiert? Doch nicht mehr als pure Existenz?
Nur ist "zu existieren" leider keine echte Eigenschaft mehr.
Diagnostiker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 16:14
Ja, auch hier gibt es eine Analogie zur negativen Theologie: Man kann nur sagen, was oder wie Gott nicht ist, aber nicht, was oder wie er ist.
Ja. Und damit sozusagen auf etwas zeigen, das man selber nicht mehr denkend erfassen kann und von dem man nicht wissen kann, ob es existiert oder nicht. Die Frage ist halt auch, da man denkend stets im Endlichen operieren muss, ob der Zeiger dahin zeigt, wohin er zeigen soll? Und das ist leider auch unsicher.
Diagnostiker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 16:14
Ich halte "das Absolute" daher inzwischen für einen Scheinbegriff ...
Ich nicht, aber es handelt sich um einen Begriff, dessen Inhalt nicht konkret sinnlich vorstellbar ist.
Soweit ich das sehe, kann man sich ihn darüber hinaus auch nicht denkend vorstellen, auch nicht abstrakt. Es handelt sich hier sozusagen um das, was hinter dem Horizont des Denken ist, hinter dem Denkbaren und Sagbaren.
Man kann nur versuchen darauf zu zeigen, ohne sicher zu wissen, ob man richtig zeigt - und auf was.
Ich glaube, es ist tatsächlich so, wie wenn ich auf den Horizont zeige und sage:
"Es ist nicht das vor dem Horizont. Es ist auch nicht der Horizont selber. Da, dahinter ist es!"
Und nur, weil ich nun ein Wort für dasjenige erfunden habe, z.B. "Gott" oder "das Absolute", ist ja noch nicht klar, über was ich da überhaupt rede und auf was ich da zeige. Und soll ich nach Norden oder nach Westen zum Horizont zeigen? Was ist richtig? Das ist das Problem, soweit ich das sehe.
Grüße
seeker


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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Frank » 28. Jun 2022, 10:38

seeker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 13:53

Doch, es sind Kulturen. Was denn sonst?
Menschengruppen leben immer in einer Kultur.
Für mich sind kleine Menschengruppen keine "Kulturen" und ich lege das eine etwas andere Messlatte an.


seeker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 13:53
Wie Kultur unser Denken und Fühlen prägt
Vetternwirtschaft oder individuelle Qualifikation? Offene Gefühle oder verschlossene Miene? Schuld oder Scham? Jede Gesellschaft ist anders, denn es gibt viele menschliche Psychologien. Die Wissenschaft hat das lange übersehen. „Wir“ Westler sind meist die Ausnahme, nicht das Maß aller Dinge.

https://www.deutschlandfunk.de/psycholo ... m-100.html
Deswegen sind Nationalstaaten auch so immens wichtig und darum wird es eine globalisierte Welt auch nur unter Zwang geben, aber niemals Freiwillig.

seeker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 13:53
Angefangen bei der Wahrnehmung. Die testet man mit optischen Illusionen, etwa Linien, an deren Ende Pfeilspitzen entweder nach außen oder innen weisen. “Leute aus Chicago oder Berlin nehmen Linien mit Pfeilspitzen nach außen um 20 Prozent länger wahr. Aber Jäger und Sammler aus der Kalahari sehen sie, wie sie sind. Für sie ist es keine optische Illusion.“
Die San sehen die Welt tatsächlich anders. Und es ist nur ein Beispiel von vielen.
Ein Mensch aus der Kalahari hat auch fundamental andere Probleme, als der Großstädter aus Chicago oder Berlin, seinen Alltag zu meisten.
Verhalten, Denkweisen, Fertigkeiten, oder eben die Sicht auf Dinge, hängen zum allergrößten Teil davon ab, in welcher Lebenssituation sich ein Mensch befindet.
Es gibt Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sprechen in diesem Zusammenhang von Anpassung und nicht von grundverschiedenen Persönlichkeitsbildern, die sich wie gesagt aus der Lebenssituation ergeben.
Darum hatte ich meinem ersten Post auch geschrieben, man sollte die Sache nicht so hoch hängen.....



seeker hat geschrieben:
27. Jun 2022, 13:53
Ich finde das eine interessante Sache. Und es kann vielleicht auch heilsam sein, zu erkennen, dass wir WEIRD-Leute (westlich, educated, industrialisiert, reich und demokratisch) nicht unbedingt das Maß der Menschheit oder gar aller Dinge oder sind... und auch nicht das Maß aller Dinge bei der Wahrnehmung, der Sprache und der Logik oder des Denkens.
Ich denke das hat auch nie jemand ernsthaft behauptet.

Zunächst deine aufgezählten Thesen eine Ohrfeige für alle "Gleichmacher", die sich in der westlichen Welt zuletzt ausgebreitet haben wie eine Krankheit.
Es ist eben nicht damit getan, irgendwelche Söhnchen und Töchterchen aus gutem (westlichen ) Hause, gemeint sind die Hochschulabsolventen, intensiven Tests auszusetzen, um an Ihnen die "Psyche der Menschheit erklären zu wollen." Probanden, die in der erwähnten Kalahari keine 24 Stunden überleben würden.
Genauso aber geht ein Mensch, den man direkt aus der Kalahari nach Chicago verfrachtet auf seine Weise genauso unter, weil er zum größten Teil gar nicht versteht, was hier los ist und was für Gefahren in der Großstadt auf ihn warten.
Und auch in der westlichen Welt gibt es sehr viele glückliche Menschen und nur weil ein Einheimischer aus dem Regenwald keinen Terminkalender kennt, da er selbstverständlich zu keinem Meeting am nächsten Tag schon wieder in Frankfurt, also 5-6000 KM entfernt sein muss und am Wochenende die Schwiegermutter in England besuchen, der wird das sicherlich nicht vermissen und braucht es nicht.
Allerdings darf am Schluss auch nicht vergessen werden, dass die Wissenschaftler udn Wissenschaftlerinnen ohne "westliches Modell" mit Terminkalender gar nicht bei den Einheimischen im Regenwald gelandet wären, um diese zu erforschen.
Und welche ERSTAUNLICHE Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die eben ganz anders ticken als wir........ :roll:
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 28. Jun 2022, 16:52

@seeker:

Wir können jetzt noch eine Weile hin und her schreiben, ohne zu einem Resultat zu gelangen, darum beende ich das jetzt einfach mal, um Raum und Gelegenheit zur Diskussion über andere Sachverhalte zu geben.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 28. Jun 2022, 19:01

@Diagnostiker:
Das ist in Ordnung für mich, machen wir erstmal einen Punkt. Jeder hat ja nun seine Sicht der Dinge wahrscheinlich ausreichend dargestellt.
Und wenn noch Fragen offen wären oder noch aufkämen... kann man das jederzeit noch später besprechen.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Für mich sind kleine Menschengruppen keine "Kulturen" und ich lege das eine etwas andere Messlatte an.
Ok, es ist nicht unbedingt das, was wir im Westen vielleicht "Hochkultur" nennen würden, aber es ist Kultur.
Kultur "an sich" ist die Gesamtheit aller Sitten und Bräche einer Menschgruppe. Plus die spezielle Sprache, Denkweise, Handlungsweise und Wahrnehmungsweise und das in der Gruppe verankerte Wissen, die Glaubensvorstellungen, die Moralvorstellungen, die Gestaltungen und die Kunst, uvm.

Und dass solche Menschen aus manchen Kulturen nicht einmal auf optische Täuschungen hereinfallen, auf die wir in unserer Wahrnehmung hereinfallen, ob wir wollen oder nicht, dass sie also auch tatsächlich anders wahrnehmen, objektiv messbar, dass die Unterschiede so weit gehen können, das finde ich schon überraschend und erstaunlich.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Ein Mensch aus der Kalahari hat auch fundamental andere Probleme, als der Großstädter aus Chicago oder Berlin, seinen Alltag zu meisten.
Verhalten, Denkweisen, Fertigkeiten, oder eben die Sicht auf Dinge, hängen zum allergrößten Teil davon ab, in welcher Lebenssituation sich ein Mensch befindet.
Und von der Kultur, die sich unter diesen Bedingungen entwickelt hat und in der er aufgewachsen ist.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Zunächst deine aufgezählten Thesen eine Ohrfeige für alle "Gleichmacher", die sich in der westlichen Welt zuletzt ausgebreitet haben wie eine Krankheit.
:) Zumindest stimmt es nachdenklich und macht vorsichtiger. Und das ist gut.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Genauso aber geht ein Mensch, den man direkt aus der Kalahari nach Chicago verfrachtet auf seine Weise genauso unter, weil er zum größten Teil gar nicht versteht, was hier los ist und was für Gefahren in der Großstadt auf ihn warten.
Und auch in der westlichen Welt gibt es sehr viele glückliche Menschen und nur weil ein Einheimischer aus dem Regenwald keinen Terminkalender kennt, da er selbstverständlich zu keinem Meeting am nächsten Tag schon wieder in Frankfurt, also 5-6000 KM entfernt sein muss und am Wochenende die Schwiegermutter in England besuchen, der wird das sicherlich nicht vermissen und braucht es nicht.
Ja.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Allerdings darf am Schluss auch nicht vergessen werden, dass die Wissenschaftler udn Wissenschaftlerinnen ohne "westliches Modell" mit Terminkalender gar nicht bei den Einheimischen im Regenwald gelandet wären, um diese zu erforschen.
Ja. Interessant ist hier noch, dass diese Art des "Forscherdrangs, alles unter immensem Aufwand zu bestimmen und zu vermessen" so nicht selbstverständlich oder irgendwie genetisch-natürlich ist, sondern ein Teil unserer eigenen Kultur und auch unserer Möglichkeiten in dieser Kultur.
Frank hat geschrieben:
28. Jun 2022, 10:38
Und welche ERSTAUNLICHE Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die eben ganz anders ticken als wir...
Siehe oben... dass das SO weit gehen kann, das "anders ticken" ist schon irgendwo erstaunlich.
Aber OK, es sind ja eigentlich auch schon länger Dinge in der Richtung bekannt, z.B. dass es Völker gibt, die über 100 verschiedene Wörter für "grün" haben, oder für "weiß". So viele Wörter bzw. Begriffe haben wir dafür nicht und ich denke, man kann sagen: Wir nehmen tatsächlich auch nicht so viele Grünschattierungen wahr.
Es gibt auch glaubhafte Berichte, dass die alten Griechen wahrscheinlich kein "blau" wahrgenommen haben:

So habt ihr Farben noch nie gesehen.
https://www.youtube.com/watch?v=r0jXfwPQW9k

...und im Allgemeinen habe ich auch manchmal den Eindruck, dass Frauen wohl mehr Farben wahrnehmen als Männer, obwohl sie ja anatomisch gesehen dieselben Augen haben. :) Oder kannst du mir vielleicht erklären, was ein lapislazuliblaufarbenes Kleid von einem marineblauen Kleid unterscheidet?
:wn:
Grüße
seeker


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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 30. Jun 2022, 06:20

Weil Wittgenstein erwähnt wurde: ist euch schon mal aufgefallen, dass Wittgenstein in seinem Tractatus einerseits sagt, dass alles was gesagt werden kann, klar gesagt werden kann, andererseits er zum Schluss schreibt, dass sein ganzer Tractatus im Grunde unsinnig ist und seine Sätze metaphorisch gemeint? So richtig kohärent ist das nicht.

@Diagnostiker: Wie willst du mit relativer (Menschen-) Sprache etwas Absolutes "einfangen"? Du kannst mit Menschensprache M das Absolute A höchstens als A-durch-M beschreiben, also gerade nicht A. Deshalb kann man auch nicht von Gott reden, sondern immer nur von Gott-wie-er-uns-zugänglich-ist.

@seeker: Mit Konzepten wie Sprache oder Raumzeit meine ich abstrakte Gebilde. Mit Sprache meine ich nur eine Funktion, die Zeichenketten (Namen) Objekten zuordnet. Mehr nicht. Mit Zeit meine ich nur eine Ordnungsrelation des vorher-jetzt-nachher. Die brauchen auch deine "zeitlosen" Kulturen, denn wenn dort einer sagt: "Ich will einen Kürbis essen", dann muss er voraussetzen, dass "Ich" zeitlich vor "will einen Kürbis essen" kommt, damit der Satz syntaktisch überhaupt korrekt ist.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 30. Jun 2022, 08:45

Pippen hat geschrieben:
30. Jun 2022, 06:20
Weil Wittgenstein erwähnt wurde: ist euch schon mal aufgefallen, dass Wittgenstein in seinem Tractatus einerseits sagt, dass alles was gesagt werden kann, klar gesagt werden kann, andererseits er zum Schluss schreibt, dass sein ganzer Tractatus im Grunde unsinnig ist und seine Sätze metaphorisch gemeint? So richtig kohärent ist das nicht.
Schon klar. Und der späte Wittgenstein sagt auch etwas anderes als der frühe. Dennoch kann man etwas mit ihm anfangen.
Pippen hat geschrieben:
30. Jun 2022, 06:20
@seeker: Mit Konzepten wie Sprache oder Raumzeit meine ich abstrakte Gebilde. Mit Sprache meine ich nur eine Funktion, die Zeichenketten (Namen) Objekten zuordnet. Mehr nicht. Mit Zeit meine ich nur eine Ordnungsrelation des vorher-jetzt-nachher. Die brauchen auch deine "zeitlosen" Kulturen, denn wenn dort einer sagt: "Ich will einen Kürbis essen", dann muss er voraussetzen, dass "Ich" zeitlich vor "will einen Kürbis essen" kommt, damit der Satz syntaktisch überhaupt korrekt ist.
Du versuchst die Dinge maximal zu einzudampfen, zu vereinfachen, zu abstrahieren und hoffst, dass dort dann sozusagen ein Anker gefunden werden kann, ein sicherer Boden, auf den man bauen kann. Schon klar...

Kant geht ja in gewisser Weise mit seinen a priori Anschauungen von Raum und Zeit auch in eine solche Richtung.

Bestimmt kann man hier einen sichereren Boden finden als der Narr, aber einen undiskutabel sichersten Boden?

Ich bezweifle, ob damit auch das nachgewiesen oder begründet werden kann, worauf du scheints hinaus willst, nämlich, dass es keine Wahl gäbe, zumindest keine praktikable Wahl, bei so etwas wie "Ursprache, Urwahnemung, Ur-Logik", wenn man es nur genügend herunterbricht.
Besonders bezweifle ich das für alle möglichen Wesen in allen möglichen Welten.
Ich denke, im Grunde suchst du hier auch nach etwas Absolutem.
Grüße
seeker


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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Frank » 3. Sep 2022, 11:56

Habe heute eine interessanten Artikel auf Spektrum gelesen.
Wie sich herausgestellt hat, sind Gödels logische Schlüsse alle korrekt – das konnten selbst Computer nachweisen. Dennoch gibt es Kritik. Neben den Axiomen, die man natürlich in Frage stellen kann (warum sollte sich eine Welt in »gut« und »böse« unterteilen lassen?), gibt Gödel beispielsweise keine näheren Details dazu an, was eine positive Eigenschaft ist.
https://www.spektrum.de/kolumne/ontolog ... ht/2052687

Wäre jetzt meine Frage in die Runde: Was ist eine positive Eigenschaft?

Gibt es da noch andere Erkenntnisse als in dem Artikel?

Sorry, wenn das vielleicht schon mal im Thread besprochen wurde, aber ich mangels Kenntnisse nicht alles gelesen.
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Herr5Senf » 3. Sep 2022, 13:29

... der Artikel ist ja auch von "Bischoff" geschrieben ;a

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 24. Nov 2023, 19:59

Der wirklich finale Widerlegungsbeweis:
Anselm beginnt seinen Gottesbeweis mit folgender (P)rämisse: Gott ist das, über welches nichts Größeres gedacht werden kann.

Fall 1: P ist ein Postulat/Axiom. Dann wird Anselm‘s Beweis trivial, denn er postuliert damit in 1. bereits Gott, was überdies nichts beweist, weil man das Axiom - ebenso begründungslos wie es aufgestellt - ablehnen kann.

Fall 2: P ist eine Definition.
„Gott“ ist der Name für ein Objekt mit der Eigenschaft, dass darüber hinaus nichts Größeres gedacht werden können soll. Man kann aber zu jedem Objekt z noch eine Konjunktion mit z bilden (z & z), also immer etwas Größeres hinzudenken. Die Eigenschaft des Größtdenkbaren ist also unmöglich, „Gott“ mithin ein Name für (buchstäblich) nichts, also sogar widerlegt.
Zuletzt geändert von Pippen am 28. Nov 2023, 07:55, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 24. Nov 2023, 20:32

Wir hatten das schon mal ausführlich durchdiskutiert und sind zu einer Lösung gelangt. Anselms Ansatz wird nicht dadurch entkräftet, wenn Du nur das wiederholst, was bereits als unzureichend beweiskräftig hier aufgezeigt worden ist.
Demnach, Herr, bist Du nicht nur etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, sondern etwas Größeres, als gedacht werden kann. Da nämlich gedacht werden kann, dass es etwas Derartiges gibt: wenn Du dies nicht bist, dann kann man etwas denken, das größer ist als Du, was unmöglich ist.
Das ist ein Zitat aus Anselms Proslogion, der auch den Ansatz zum ontologischen Gottesbeweis enthält, welchen Du aufgegriffen hast. Und wenn das Zitierte gilt, passt Deine Schlussfolgerung nicht: Gott überschreitet die Grenzen des Denk- und Vorstellbaren und kann daher nur noch benannt werden, aber nicht mehr erkannt werden, wie man einen Gegenstand erkennt. Damit wird Deine Conclusio obsolet ...

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 24. Nov 2023, 22:44

Das ist jetzt der 2. Fall b) und damit zerfällt der Beweis erst recht, denn wenn Gott „die Grenzen des Denk- und Vorstellbaren überschreitet“ dann ist er für uns (mit rationalen Mitteln) nicht mehr zu beweisen noch zu widerlegen … und war das nicht der Anspruch von Anselm? Genau das war er und damit packt ihn meine Widerlegung, so oder so.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 25. Nov 2023, 07:11

Woran der ontologische Gottesbeweis scheitert, hatten wir ja damals erörtert, ebenso, dass und warum Deine Überlegungen hier unpassend sind, so dass ich mich hier nicht wiederholen muss.

Was das Transzendieren des menschlichen Denkvermögens betrifft: sofern ich denken kann, dass so etwas möglich sein kann und zugleich für wirklich erkenne, dass es Grenzen des menschlichen Denkvermögens gibt, hat Anselm mit der zitierten Stelle aufgezeigt, dass der möglichen Transzendenz eine wirkliche Transzendenz entspricht, so dass der mögliche Gott zugleich ein wirklicher Gott ist. Insofern also ein q.e.d. pro Anselm ...

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 25. Nov 2023, 18:03

Diagnostiker hat geschrieben:
25. Nov 2023, 07:11
Woran der ontologische Gottesbeweis scheitert, hatten wir ja damals erörtert, ebenso, dass und warum Deine Überlegungen hier unpassend sind, so dass ich mich hier nicht wiederholen muss.
Ich habe im Fall 2 b) diese Überlegungen nochmal aufgegriffen und gezeigt, dass sie Anselm nicht helfen. Der Clou wäre, dass der Beweis eben schon viel früher scheitert als gemeinhin angenommen.
Was das Transzendieren des menschlichen Denkvermögens betrifft: sofern ich denken kann, dass so etwas möglich sein kann und zugleich für wirklich erkenne, dass es Grenzen des menschlichen Denkvermögens gibt, hat Anselm mit der zitierten Stelle aufgezeigt, dass der möglichen Transzendenz eine wirkliche Transzendenz entspricht, so dass der mögliche Gott zugleich ein wirklicher Gott ist. Insofern also ein q.e.d. pro Anselm ...
Was unser Denkvermögen überschreitet ist per definitionem nicht denkbar. Anselm will - wie du - die Quadratur des Kreises. Er will einen Gott, der maximale Eigenschaften hat und trotzdem als uns denkbares Objekt existiert. Das mag gehen, aber nicht für uns Menschen: entweder wir machen uns von einer Sache eine Vorstellung, dann können wir dieser Vorstellung sofort einen Namen geben und mit ihr im Geiste als Objekt hantieren und das heißt wir können sie pro forma verdoppeln, so dass sich die maximalen Eigenschaften als Trug herausstellen; oder Gott ist ein Name für ein Unding, ein bloßes Raunen, dem man maximale Eigenschaften zuschreibt und niemand weiß so recht wie das funktioniert, aber schlichtere Geister geben sich damit zufrieden, dass es irgendwie sinnvoll klingt. Ein absolut allmächtiger Gott, das absolute Nichts oder gar ein eckiger Kreis klingen ja auf den ersten Blick auch nicht so unmöglich, vor allem wenn man nicht genau nachdenkt. Das werfe ich Anselm nicht vor; er war trunken von Jesus und da sieht man schon mal Dinge, die es nicht gibt.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 25. Nov 2023, 18:45

Ich habe im Fall 2 b) diese Überlegungen nochmal aufgegriffen und gezeigt, dass sie Anselm nicht helfen.
Wie mir scheint, hast Du das nicht, denn anderenfalls hätte hier der semantische Bruch zwischen intensionaler und extensionaler Deutung von "existiert im Verstand" auftauchen müssen.
Was unser Denkvermögen überschreitet ist per definitionem nicht denkbar. Anselm will - wie du - die Quadratur des Kreises.
Dann hast Du Anselm offenbar nicht verstanden. Er will keine Quadratur des Kreises - oder irgend eine andere Art von unmöglichen Konstrukten - sondern stattdessen zeigen, dass aus einer vorstellbaren und benennbaren Konstruktion des Verstandes, die nicht widersinnig ist, sondern verstehbar und einsehbar, zugleich die Existenz dieser Konstruktion auch außerhalb und unabhängig vom Verstand folgt.

Wenn Anselm also im Zitat darauf verweist, dass Gott etwas Größeres ist als gedacht werden kann, dann verweist er zugleich darauf, dass die naturgegebene Begrenztheit menschlichen Denkvermögens nicht hinreicht, um Gott in seiner Größe zu erfassen, nicht aber, Gott als Gott nicht denken zu können. Modern gesprochen stellt Gott eine Art Personifizierung der Unendlichkeit dar, die zwar benannt werden kann, aber als Unendlichkeit nicht gedacht werden kann, weil der Mensch nur endlich denken kann, nicht aber unendlich.

Das ist dann kein "Raunen", wie Du nahelegst, sondern ein sehr deutliches und konkretes Benennen, was in Bezug auf die Größe Gottes gesagt werden kann und was nicht. Anselm formuliert es im Schlussteil des Zitats so, dass es unmöglich ist, etwas zu denken, was größer ist als Gott. Folglich muss Gott größer sein als alles, was man sich als Größtes denken kann und was nicht Gott ist. Da Unendlichkeit jegliches Größtes überschreitet, was man sich denken kann, entspricht die Vorstellung von Gott als einer Art personifizierter Unendlichkeit der Aussage Anselms, dass Gott etwas Größeres ist als gedacht werden kann.

Na ja, und ein so verstandener Gott rutscht nun mal durch die Konklusionen Deiner Widerlegung als unwiderlegt hindurch ...

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 25. Nov 2023, 19:59

Diagnostiker hat geschrieben:
25. Nov 2023, 18:45
Modern gesprochen stellt Gott eine Art Personifizierung der Unendlichkeit dar, die zwar benannt werden kann, aber als Unendlichkeit nicht gedacht werden kann, weil der Mensch nur endlich denken kann, nicht aber unendlich.
Genau das meine ich mit Fall 2 b). Gott ist ein Name, ok, den kann man auch denken, aber er soll etwas bezeichnen, was wir uns nicht denken können, nämlich dass es ein Objekt gibt, worüberhinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Wir können uns das nicht vorstellen, weil wir jedes Objekt benennen und dann per Konjunktion („und“) vervielfachen können, so arbeitet nunmal unser Geist. Anselm wäre hier so als wenn ich definiere: Königskreis := eckiger Kreis und dann von meinen Lesern verlange, dass sie das akzeptieren und wenn jmd. kommt und sagt, es gäbe keine eckigen Kreise und damit auch keine „Königskreise“ dann werfe ich ihm einfach vor, ja was denn eigentlich? Dass er nicht über seinen eigenen Verstand springen kann/will?

Ich glaube eben, Anselm hat einfach den Fehler gemacht zu glauben, „dasjenige worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ ist so denkbar wie wenn ich eine Menge {1, 2, 3} habe, wo 3 in der Tat diese Eigenschaft zukäme, aber das funktioniert nicht beliebig.

Das überzeugt dich weiterhin nicht? Was müsste ich denn deiner Meinung nach zeigen, damit du glaubst, dass „dasjenige worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ falsch bzw. undenkbar ist?

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 25. Nov 2023, 21:12

Du machst wieder den Fehler, von einer größten Zahl auszugehen, aber das passt nun mal nicht zum Ansatz von Anselm. Anselm spricht nicht von einer größten denkbaren Quantität, sondern von einer größten denkbaren Qualität. Größe im Sinne von Großartigkeit oder Vollkommenheit. Und dieser Art von qualitativer Größe kommst Du mit mengentheoretischen Ansätzen nicht bei, um sie zu entkräften. Aber das hatten wir hier damals schon ausführlich diskutiert, so dass ich hier nichts wiederholen muss. Es ist alles hier nachlesbar, was bei einer Seitenzahl von 6 auch überschaubar und somit leicht auffindbar ist.

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 28. Nov 2023, 07:41

Du siehst mein Problem gar nicht, nämlich: wer irgendwas behauptet oder auch nur definiert, der legt sich nolens volens darauf fest, dieses irgendwas im menschlichen Geiste als ein Objekt abzulegen, d.h. als Name oder Vorstellungsbild. Wer also definiert, dass „Gott“ := blablabla, der kann nicht umhin „Gott“ als Objekt anzusehen und zu verwenden. Sobald du und Anselm das tut, seid ihr fällig, denn
„Gott“ ist der Name für ein Objekt mit der Eigenschaft, dass darüber hinaus nichts Größeres gedacht werden können soll. Man kann aber zu jedem Objekt z noch eine Konjunktion mit z bilden (z & z), also immer etwas Größeres hinzudenken. Die Eigenschaft des Größtdenkbarmöglichen ist also unmöglich, „Gott“ mithin ein Name für (buchstäblich) nichts, also sogar widerlegt.
Was soll „Gott“ sein, wenn nicht der Name für ein Objekt?

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Diagnostiker » 28. Nov 2023, 08:21

Das entkräftet aber nicht meinen Einwand, dass Größe als Qualität zu verstehen ist und nicht als Quantität, wie Du es tust. Du argumentierst am Sachverhalt vorbei, der für Anselms Gottesbeweis relevant ist. Nichts anderes möchte ich Dir mit meinen Einwänden vermitteln.

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