Skeltek hat geschrieben: ↑9. Jan 2021, 04:41
Nur um es nebenher kurz einzuschieben, aber nicht zwangsläufig zu diskutieren:
Man kann das Ganze auch anders anpacken und auch zunächst beschreiben, was ein toter Zustand ist. Auch führt der Tod eines Teiles des Orgnaismus nicht automatisch zum Tod der Gesamtorganismus.
Aber nur mal so:
https://www.youtube.com/watch?v=ibpdNqrtar0
Das im Video läuft wieder auf die entropische Betrachtung heraus, die man sieht, wenn man die Sache mit der rosaroten Physikerbrille anschaut.
Ich werde da aber nicht müde zu wiederholen, was ich schon gesagt habe: Durchaus richtig, aber unzureichend und nicht den Kern betreffend!
Denn, noch einmal: Mein Kühlschrank erfüllt die Entropie-Definition auch: Stoffdurchflüsse (Elektronen, Luft), innen geringere Entropie als außen, selbtregulierend diesen Zustand haltend. Und doch wollen wir nicht, dass Kühlschränke als lebendig gelten - oder?
Ich würde "Leben" versuchen anders definieren:
1. "Leben" ist ein selbsterhaltender, relativ störungsunempfindlicher Prozess, der auf einem selbstbezüglichen und komplexen System läuft und somit eine emergente Eigenschaft des komplexen Gesamtprozesses auf oberer Systemebene ist, der somit eine "Lebenseinheit" bildet.
"System" beinhaltet dabei auch, dass es eine Abgrenzung zur Umwelt gibt und dass die Systemelemente und Prozesselemente ab einer gewissen Stufe selbst nicht leben. Dies bedeutet auch, dass "Leben" nicht vollständig auf seine Elemente/Teile reduzierbar ist (weder Teilchen-physikalisch, noch chemisch, noch nano-mechanisch, ...), auch deshalb, weil sich die Funktion und Bedeutung von Teilprozessen erst durch den Kontext des Gesamtsystems in selbstbezüglicher Weise (Teil<->Ganzes) ergibt und nicht etwa in irgendeiner "objektiven-nicht-selbstbezüglichen-kontextlosen" Weise.
2. Wesentlich für natürlich entstandene lebende Systeme ist außerdem, dass es sich um selbstreplizierende, Einheiten-bildende Systeme handelt, die zur Evolution fähig sind (zumindest im Kontext einer Gesamtpopulation). Leben ist immer in Ökosysteme bzw. Kontexte eingebettet. Leben ist in diesem Sinne immer ein Ökosystem.
3. Leben braucht als Prozess einen geeigneten Träger, auf dem der Prozess läuft. Als Träger von Leben kommen gewiss bestimmte abgegrenzte chemische Systeme in Betracht, auf denen molekulare Maschinen laufen; "Leben" muss aber nicht prinzipiell auf nur diesen einen Weg beschränkt sein. (Man kann z.B. nicht sagen, dass "Leben" in allen denkbaren Universen notwendig auf der uns bekannten Chemie oder überhaupt auf Chemie aufbauen müsste.)
4. In physikalischen Umgebungen, insbesondere bei Systemen, die auf Chemie basieren, können solche Prozesse nur dann "von alleine" entstehen, evolvieren und dauerhaft existieren, wenn sie die Entropiebedingung erfüllen. Dies ist damit aber etwas, das sich in unserer Welt als Folge aus dem Punkt 1. ergibt und nicht etwa dessen Ursache bzw. Grund bzw. innerer, wesentlicher Kern.
(
Wenn Punkt 1. erfüllt ist,
dann ist in physikalischen Umgebungen auch die Entropiebedingung erfüllt. Aber
nicht:
Wenn die Entropiebedingung erfüllt ist,
dann ist auch Punkt 1. erfüllt.)
Und Nicht-Leben ergibt sich daraus zwanglos:
Nicht-lebendig sind alle Systeme, auf die 1. und 2. nicht zutrifft, insbesondere sind nicht-selbstbezügliche, nicht-komplexe und statisch zu verstehende Systeme/Einheiten, die zur Selbsterhaltung, Selbstreplikation und Evolution prinzipiell nicht fähig sind (auch nicht als Population) nicht lebendig.