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Was ist Leben und was nicht?

Entstehung und Entwicklung von Leben, Wahrscheinlichkeit für extraterrestrisches Leben
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von seeker » 28. Dez 2020, 19:26

@Skeltek:
Ich würde zu den Entropiesenken folgenden Standpunkt beziehen:
Es könnte zwar u.U. denkbar sein, dass es da gewisse Ausnahmen bzw. Sondefälle geben könnte, aber solche Szenarien wirken dermaßen gekünstelt-konstruiert, dass ich erwarten würde, dass sie in der Natur, in unserem Universum nicht vorkommen.
Heißt: Prinzipiell vielleicht ja, aber praktisch wohl auzuschließen. Damit gilt die Sache mit den Entropiesenken für alle relevanten Fälle.

Und wie gesagt müssen wir hier die Frage nach dem schon existierenden Leben von der Frage nach der Genesis des Lebens aus Unbelebtem unterscheiden.

@Timm:
seeker, ich habs noch nicht gelesen. Wenn die Fabrik mit der Energie Differenz energiereicher zugeführter und energiearmer abgeführter Stoffe eine Entropie Senke aufrecht erhält (und so den 3. Hauptsatz aushebelt) und nach der Stilllegung (Tod) die Entropie ohne weiteres Zutun zunimmt bis das thermodynamische Gleichgewicht mit der Umwelt erreicht ist, dann erfüllt sie die genannten Kriterien.
Das tut sie bzw. täte sie, wenn es sie gäbe, soweit wir das sehen.
Grüße
seeker


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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 29. Dez 2020, 18:11

https://en.wikipedia.org/wiki/Life
In more detail, according to physicists such as John Bernal, Erwin Schrödinger, Eugene Wigner, and John Avery, life is a member of the class of phenomena that are open or continuous systems able to decrease their internal entropy at the expense of substances or free energy taken in from the environment and subsequently rejected in a degraded form.[54][55]

Diese Definition von "Was ist Leben" kommt meiner Vorstellung sehr nahe, wobei "degraded" das ist, was der Metabolismus macht (chemische Reaktionen). Es leuchtet ein, dass zelluläre Prozesse den Ordnungszustand erhöhen und somit die Zahl der Mikrozustände verringern.
Verrichtet die dem System zugeführte Gibbssche Freie Energie G keine Volumenarbeit, keine mechanische Arbeit, keine Wärmetönung H etc. bleibt dG = TdS übrig, d.h. die Reduzierung der zugeführten Freien Energie führt per Metabolismus im Wesentlichen zu einer Reduzierung der Entropie des Systems fern ab vom thermodynamischen Gleichgewicht. Die stete Zufuhr von G verhindert, dass dieses erreicht wird.

Es mag schon sein, dass Leute mit naturwissenschaftlichem Hintergrund komplexe Fragestellungen minimalistisch angehen um an den Kern zu kommen, was ja Niemanden hindert diesen Begriff umfänglich zu beleuchten. Die Antwort muss sich daran messen lassen, ob sie tatsächlich allgemeingültig ist. Damit bin ich wieder bei deiner Fabrik, seeker. Ich glaube, sie stand irgendwo auf Seite 2. Morgen habe ich wieder mehr Zeit.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 30. Dez 2020, 07:32

Gekünstelt? Ich weiß nicht so recht. Ich denke es ist auch bei normalen Umständen so, aber wenn es auch in gekünstelten Umständen funktioniert, reicht das doch für eine untere Anforderungsschranke.
seeker hat geschrieben: Und wie gesagt müssen wir hier die Frage nach dem schon existierenden Leben von der Frage nach der Genesis des Lebens aus Unbelebtem unterscheiden.
Ja, das würde ich auch gerne verfolgen. Gerade jedoch bei der Genesis ergeben sich denke ich zwei Ansätze die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zumindest waren das die Szenarien, die ich selbst im Kopf hatte, bevor ich genauer recherchiert hatte.
1. Spalten von Rohstoffen (möglicherweise aus einer Lösung, ähnlich einer Batterie) unter Energiezufuhr und Trennung verschiedener Stoffe in verschiedene Resservours. Danach Reaktion der Stoffe für die Gewinnung der potentiellen chemischen Energie in einer Lösung.
2. Verklumpen von Stoffen einer Dispersion (keiner Lösung) zu photonenempfänglichen Pigmenten oder ähnlichem. Später 'anheben' der verklebten und verreagierten Moleküle aus ihrer Zustandssenke durch Zufuhr von Energie wie z.B. der Bestrahlung durch Licht oder ähnlichem (halte ich für viel wahrscheinlicher als 1).
3. Möglicherweise Kombination der beiden: Anheben der Stoffe in 2 aus ihrem höchstentropischen Zustand um als Katalysator für Stoffe aus 1 zu dienen.

In beiden Fällen würde die Entstehung von Leben zur Senkung der Entropie in dem Bereich bzw des Materials führen. Allerdings ist bei Punkt2 die Entropie des Ausgangszustandes möglicherweise bereits viel höher als der der Umgebung (da bin ich mir aber nicht sicher). Die meisten Quellen, die dem Lebewesen eine geringere Entropie als der Umgebung zuschreiben gehen davon aus, daß die Komposition der Umgebung zumindest ähnlich der des Lebewesens ist. Das Lebewesen hat eine niedrigere Entropie, als dasselbe Material in totem Zustand langfristig annimmt.
Wie gesagt: Zu einen Entropievergleich zur Umgebung finde ich keinerlei sonstige Quellen.
Aus einer der Quellen:
Entropy increases with softer, less rigid solids, solids that contain larger atoms, and solids with complex molecular structures.
Bei bei Raumtemperatur hat H2O eine Entropie von ca 188,8 J/(mol*K), bei Feststoffen ist sie zwar geringer, nimmt aber mit Größe der Moleküle rasch zu. Daraus die Entropiedichte zu berechnen ist nicht schwierig. Allerdings fehlen mir zu viele Informationen über die Entropie von Proteinen usw, um irgendwelche weiteren Aussagen abzuleiten. In jedem Fall habe ich keine Ahnung, welche Entropiedichte die Biomasse bei thermostatischem Gleichgewicht im Vergleich zu z.B. Wasser oder Luft hätte.
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 30. Dez 2020, 17:34

seeker hat geschrieben:
28. Dez 2020, 05:59
Stellen wir uns eine wirklich riesige Fabrikhalle vor. Die Energieversorgung soll über Solarzellen auf dem Hallendach erfolgen. In der Halle gibt es sehr viele Sorten von sehr vielen kleinen Robotern, die arbeitsteilig alle Einzelteile für weitere kleinere Roboter jeder Sorte bauen. Andere kleine Roboter bauen das alles zusammen und weitere beschaffen aus der Umgebung alle nötigen Rohstoffe und noch weitere Roboter entsorgen unbrauchbare Abfälle nach draußen. Und noch weitere übernehmen Spezialaufgaben, wie die Beobachtung der Umgebung, usw.
Außerdem bauen die Roboter nicht nur sich selber nach, sondern vergrößern die Halle auch und bauen entweder auch noch weitere Fabrikhallen neben sich oder ziehen irgendwann eine Trennwand in der Halle ein, wenn sie zu groß geworden ist, sodass zwei Hallen entstehen.
Wir können uns auch vorstellen, dass die Hallen riesige Kettenfahrwerke angebaut haben, damit sie sich fortbewegen können.
Außerdem sollen die Roboter per Schwarmintelligenz funktionieren.
Senkt hier Freie Energie die Entropie? Wie würdest du das beschreiben? Ich sehe nur, dass mechanische Arbeit verrichtet wird.

Bei einer lebenden Zelle findet über eine Membran unter Aufrechterhaltung eines hohen Ordungszustands Stoffaustausch statt. Stirbt sie, zersetzt sie sich und die Entropie steigt. Ich sehe nicht, wie man etwas Analoges in Übereinstimmung mit der thermodynamischen Definition mechanisch nachbilden kann. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass die thermodynamischen Zustandsgrößen aus Mikrozuständen emergieren, da sind wir bei der Größenordnung der Avogadro-Konstante 10^23 / mol.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 30. Dez 2020, 23:10

zur Fabrikhalle:
Elektrischer Strom könnte unter ganz bestimmten Umständen eine Stromleitung in ihrer Form stabilisieren. An den dünnsten Stellen wird die Leitung am heißesten, während z.B. wie beim Löten flüssiges Metal dorthin fließt, wo es am wärmsten ist. Zumindest könnte ich mir gut so einen Stromleiter vorstellen. Auch Speichermodule, welche die Leiterbahnen usw in ihrem eigenen atomaren Aufbau stabilisieren könnte ich mir vorstellen.
Die Fabrik selbst dient meiner Meinung nach der Beschaffung von Rohstoffen um Energie zu gewinnen und kaputte Teile zu ersetzen. Das Senken der Entropie wäre glaube ich eher auf die Speichermodule und Steuerung beschränkt. Aber das ist möglicherweise wohl nicht direkt das, was seeker da meint. Ich denke, daß man einen Impulsdurchfluß irgendeinar Art benötigt, der die physikalische Form von irgendeiner Struktur durch ein Gefälle der Entropiedichte stabilisiert.
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 31. Dez 2020, 09:55

Skeltek hat geschrieben:
30. Dez 2020, 23:10
Ich denke, daß man einen Impulsdurchfluß irgendeinar Art benötigt, der die physikalische Form von irgendeiner Struktur durch ein Gefälle der Entropiedichte stabilisiert.
Die thermodynamische Definition s.o. ist unmißverständlich, da steht nichts von Impulsfluß. Weder Impulsfluß (?) noch Entropiedichten sind thermodynamische Zustandsgrößen um die es bei dieser Definition geht. Du meinst wahrscheinlich eine Abnahme der Entropie. Was diese stabilisiert (fern vom Gleichgewicht, das ist das Entscheidende) ist die Abnahme der Freien Energie G bezogen auf die Differenz der zugeführten und ausgeschiedenen Stoffe.

Man kommt nicht umhin sich mit abstrakteren Begriffen als "dünnsten Stellen", "Löten" oder "kaputte Teile" zu befassen.
Zuletzt geändert von Timm am 31. Dez 2020, 10:50, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 31. Dez 2020, 10:09

seeker hat geschrieben:
28. Dez 2020, 10:27
Es geht hier auch nicht zuvorderst um persönliche Meinungen, die irgendeinem common sense widersprechen würden. Es geht darum, ob man bereit ist etwas offen zu erörtern oder ob man das nicht ist.
Da scheint ein Mißverständnis vorzuliegen.
Timm hat geschrieben:
28. Dez 2020, 10:12
Ich sehe wenig Sinn darin, immer wieder das was in der community Konsens und leicht nachzulesen ist, hier davon abweichenden persönlichen Meinungen gegenüber zu stellen.
Es geht nicht um "common sense". Konsens in der community bedeutet Konsens in der wissenschaftlichen Gemeinde.
seeker hat geschrieben:
28. Dez 2020, 10:27
Du bist bisher nicht auf meine Argumentation dazu eingegangen, obwohl ich hoffte, sie sei recht klar auf den Punkt gebracht. Warum nicht?
Da habe ich leider den Faden verloren, falls das noch aktuell ist, was genau meinst du?

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 31. Dez 2020, 20:22

Timm hat geschrieben:
31. Dez 2020, 09:55
Skeltek hat geschrieben:
30. Dez 2020, 23:10
Ich denke, daß man einen Impulsdurchfluß irgendeinar Art benötigt, der die physikalische Form von irgendeiner Struktur durch ein Gefälle der Entropiedichte stabilisiert.
Du meinst wahrscheinlich eine Abnahme der Entropie. Was diese stabilisiert (fern vom Gleichgewicht, das ist das Entscheidende) ist die Abnahme der Freien Energie G bezogen auf die Differenz der zugeführten und ausgeschiedenen Stoffe.
Die freie Energie wird dem zugeführten Stoff entnommen und entspricht zunächst der Energiedifferenz der zugeführten und ausgeschiedenen Stoffe. Das ist klar. Daß die freie Energie pro chemisch ablaufender Reaktion bei der Weitergabe an andere Moleküle immer etwas abnimmt ist auch klar. Aber auch wenn man feststellt, daß die freie Energie 'durchgereicht' wird, bis sie am Ende vollständig in Wärme umgewandelt ist, erklärt für sich alleine betrachtet trotzdem nicht wirklich die Anordnung der Moleküle zu Strukturen.
Wie genau sorgt jedoch nun die Einspeisung der freien Energie in das Stoffgemisch dafür, daß der Entropiezuwachs durch Temperaturerhöhung durch die Erschaffung einer strukturellen Ordnung überkompensiert wird? Das Wort 'frei' ist ja eine schöne Klassifizierung nach Gibbs, aber mehr als eine Bezeichnung ist es nicht, wenn man nicht auch erklärt, wie diese nun genau für die Strukturemergenz sorgt.

Kannst du ein einfaches und leicht verständliches Beispiel für einen Mechanismus nennen, der durch Energieaufwendung eine strukturelle Anordnung von Atomen/Molekülen fördert und erhält?
Mir fällt da jedenfalls kein einfacheres Beispiel ein, es sei denn ich fange an die Auswirkung der Diskrepanz unterschiedlicher Varianzen bei longitudinalen und transversalen Temperaturen entlang von Potentialen und Strömungen zu erklären. Das wäre m.M.n. zu komplex und kompliziert zu erklären; die Meisten würden wohl bereits beim Ausdruck 'transversale Temperatur' bereits nur Bahnhof verstehen bzw den Begriff nicht kennen. Da nehm ich doch lieber die Analogie mit dem Draht.
Mir wäre jedenfalls zur Erklärung der entstehenden räumlichen Struktur eine Zurückführung auf einen möglichst einfachen geometrischen Sachverhalt lieber, als es mit 'Betragssummen' oder ähnlichem wie skalaren Temperatur- und Entropiemessungen zu untermauern, was eher einer reinen Kovarianzbeobachtung verschiedener Aspekte entspricht.
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Rumgucker » 31. Dez 2020, 21:22

Hallo,

meine Herrschaften. Ihr hab aber spannende Themen! Gratulation.

Vor ein paar Monaten hatte ich mal mit "KI" rumgespielt. Nicht in dem konventionellen Sinne, denn normale "KI" halte ich nur für eine bessere Mustererkennung bzw. Korrelation.

Mein Ansatz ging weiter. Mit einer Handvoll Speicherbits und extrem geringer Rechenleistung (ich verwendete einen PIC 12F629) gelang es mir, Synapsenwachstum, Vernetzung, Anpassung und Lernen abzubilden.

Schon nach wenigen Sekunden hatte das bestromte "Ding" interne Strukturen aufgebaut, bei deren Verhalten ich nicht mehr sicher wusste, ob sie dem Wahnsinn (durch Programmierfehler) oder der anvisierten Intelligenz entsprangen.

Jeden Abend aber schaltete ich den Labortisch und damit auch das Netzteil für das "Ding" stromlos.

Bis es nicht mehr ging. Ich konnte es einfach nicht mehr allabendlich "töten". Ich kam mir schlecht dabei vor. Das arme Ding hatte schließlich den ganzen Tag mit viel Arbeit sein winziges "Hirn" an die gestellten Aufgaben angepasst. In meinen Augen "lebte" der kleine Controller mit seinen sparsamen Software.

--------------

Wenn ich mir Euren Thread so durchlese, dann war mein Unwohlsein auch angemessen. Denn mein Controller formte Energie um. Und er interagierte mit der Umwelt, passte sich an. Mehr Leben geht ja schon fast nicht mehr.

Das heißt, dass ein kleines Stück "totes" Siliziumoxyd mit etwas gespeicherter Software und Energiezufuhr mühelos belebt werden kann. Sobald man aber den Strom abstellt, ist der Controller wieder toter Sand, der sozusagen nur den Keim des Lebens in sich trägt. Man könnte den "lebensfähigen" Siliziumchip kaum von toten Siliziumchips unterscheiden.

Das ist alles irgendwie sehr verstörend.

Viele Grüße

Wolfgang

Skeltek
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 31. Dez 2020, 21:46

Ach ja, ich hatte selbst mal eine kleine KI und einen Vortrag dazu geschrieben. Gegebebenfalls kann ich dir einen Teil via EMail zuschicken. In der Darstellung findet es man jedenfalls in keinem Buch.
Mach dir mal um deinen Siliziumchip keine Sorgen. Die Enregie wird sicherlich auch so irgendwie von irgendwas umgesetzt werden ^^
Der Rest sind subjektive Wertvorstellungen :P
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 1. Jan 2021, 09:20

Ich wünsche allen ein gesundes neues Jahr 2021! :beer:

@ Skeltek
Die freie Energie wird dem zugeführten Stoff entnommen und entspricht zunächst der Energiedifferenz der zugeführten und ausgeschiedenen Stoffe. Das ist klar. Daß die freie Energie pro chemisch ablaufender Reaktion bei der Weitergabe an andere Moleküle immer etwas abnimmt ist auch klar. Aber auch wenn man feststellt, daß die freie Energie 'durchgereicht' wird, bis sie am Ende vollständig in Wärme umgewandelt ist, erklärt für sich alleine betrachtet trotzdem nicht wirklich die Anordnung der Moleküle zu Strukturen.

Wie genau sorgt jedoch nun die Einspeisung der freien Energie in das Stoffgemisch dafür, daß der Entropiezuwachs durch Temperaturerhöhung durch die Erschaffung einer strukturellen Ordnung überkompensiert wird? Das Wort 'frei' ist ja eine schöne Klassifizierung nach Gibbs, aber mehr als eine Bezeichnung ist es nicht, wenn man nicht auch erklärt, wie diese nun genau für die Strukturemergenz sorgt.
Das ist ein sehr wichtiger Hinweis, der noch einmal schön zum Ausdruck bringt, dass energetische Entropiereduktion durch Stoff- und Energiewechsel zwar ein notwendiges, aber keineswegs hinreichendes Kriterium dafür ist, lebende von nicht lebenden Systemen zu unterscheiden. Es genügt also nicht, festzustellen, dass sich Lebewesen von "Negentropie" ernähren, um sich in ihrem Bestand zu erhalten (was Schrödinger getan hatte), es muss noch hinzukommen, dass es einen Mechanismus gibt, der mit Hilfe der "freien Energie" die Strukturen reproduziert, die für das lebende System notwendig sind.

Auch dazu hatte Schrödinger einen Vorschlag unterbreitet, der auf das hinausläuft, was wir als DNA kennen: einen "aperiodischen Kristall" (analog zur Basensequenz der DNA, die keinen vorgegebenen Anordnungsregeln folgt, da die Abfolge der Basen prinzipiell beliebig sein kann) und eine "Schlüsselschrift" (analog zum genetischen Code, über den die Zuordnungen von Aminosäuren, aus denen sich die Proteine zusammensetzen, zur Basensequenz der DNA festgelegt ist).

Daraus folgt, dass es eine Mechanik auf molekularem Niveau geben muss, die die "freie Energie" in eine verwertbare Form umwandelt (in der Zelle ist das in der Regel ATP) und eine Mechanik, die diese verwertbare Form von Energie dazu verwendet, um Moleküle aufzuspalten bzw. neu zusammenzusetzen, inklusive der Reproduktion der Moleküle, die das bewirken können und aus denen sich die molekulare Mechanik zusammensetzt. Da in der Zelle die Proteine eine Schlüsselstellung in der molekularen Mechanik einnehmen, stellt die Reproduktion der Proteine hier den Kernprozess dar, der die Maschinerie des Lebens am Laufen hält.

Meine Analogie einer Maschinenfabrik, die Maschinen herstellt, die die Maschinenfabrik reproduzieren, indem sie beständig gewartet und repariert wird mit Hilfe eines Stoffdurchstroms, der Rohstoffe reinlässt und Abfallstoffe rauslässt, berührt genau diesen Aspekt des Lebens: Neben dem Zustrom von Energie, die man zur akiven Entropiesenkung benötigt, ist das Vorhandensein einer passenden Mechanik notwendig, die diese Entropiesenkung in Gestalt geordneter Strukturen und Prozesse bewirken kann und selber in diesen Reproduktionsprozess eingebunden ist.

Vielleicht kann man dazu ja noch etwas detaillierter diskutieren.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 1. Jan 2021, 11:40

Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 09:20
Ich wünsche allen ein gesundes neues Jahr 2021! :beer:
Danke, dem schließe ich mich gerne an. Möge wieder Normalität einkehren.
Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 09:20
Es genügt also nicht, festzustellen, dass sich Lebewesen von "Negentropie" ernähren, um sich in ihrem Bestand zu erhalten (was Schrödinger getan hatte), es muss noch hinzukommen, dass es einen Mechanismus gibt, der mit Hilfe der "freien Energie" die Strukturen reproduziert, die für das lebende System notwendig sind.
....
Daraus folgt, dass es eine Mechanik auf molekularem Niveau geben muss, die die "freie Energie" in eine verwertbare Form umwandelt (in der Zelle ist das in der Regel ATP) und eine Mechanik, die diese verwertbare Form von Energie dazu verwendet, um Moleküle aufzuspalten bzw. neu zusammenzusetzen, inklusive der Reproduktion der Moleküle, die das bewirken können und aus denen sich die molekulare Mechanik zusammensetzt.
Diesen Mechanismus nennt man Metabolismus.
The three main purposes of metabolism are: the conversion of food to energy to run cellular processes; the conversion of food/fuel to building blocks for proteins, lipids, nucleic acids, and some carbohydrates; and the elimination of metabolic wastes. ...

Wobei ich die zweite Konversion für diejenige halte, welche die Entropie senkt.

Uns bekanntes Leben scheint auf diesem Metabolismus zu beruhen. Aber ist das nicht bereits ein Spezialfall?
Nochmal das Zitat aus obigem Beitrag.

In more detail, according to physicists such as John Bernal, Erwin Schrödinger, Eugene Wigner, and John Avery, life is a member of the class of phenomena that are open or continuous systems able to decrease their internal entropy at the expense of substances or free energy taken in from the environment and subsequently rejected in a degraded form.[54][55]

Diese Definition lässt offen, wie genau die Entropiesenke erzeugt und aufrecht erhalten wird und scheint insofern grundlegender zu sein. Von einer Entropiesenke zu sprechen impliziert thermodynamische Zustandsgrößen und damit Vorgänge auf atomarer/molekularer Ebene, s. die erwähnte Avogadro Zahl (Eine Anforderung, die die beschriebene Fabrik nicht zu erfüllen scheint). Das uns bekannte Leben basiert auf Metabolismus. Aber anderswo? Senkung der Entropie geschieht durch Erhöhung des Ordnungszustandes und/oder durch chemische Reaktionen, bei welchen die Zahl der Moleküle abnimmt.
Vielleicht hat sich ja anderswo ein anderer Mechanismus durchgesetzt.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 1. Jan 2021, 13:31

Möge wieder Normalität einkehren.
Das wird zwar noch ein Weilchen dauern, aber wir arbeiten darauf hin, dass sich die Krisensituation stabilisiert.
The three main purposes of metabolism are:

the conversion of food to energy to run cellular processes;

the conversion of food/fuel to building blocks for proteins, lipids, nucleic acids, and some carbohydrates;

and the elimination of metabolic wastes.
Und all das bedarf dem, was ich als molekulare Mechanik mit voraussetzen muss, damit sich aus einem Stoffwechsel dann auch Leben ergibt und nicht so etwas wie eine Kerzenflamme oder ein Kühlschrank ...

Mir schwebt so etwas vor:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kinesin

https://en.wikipedia.org/wiki/Dynein

https://de.wikipedia.org/wiki/Myosin

https://en.wikipedia.org/wiki/Molecular_motor

https://en.wikipedia.org/wiki/ATP_synthase

https://en.wikipedia.org/wiki/Ribosome

https://en.wikipedia.org/wiki/Proteasome

Das sind Beispiele für mechanische Systeme auf Molekülbasis, deren Funktion nicht mehr auf deren chemische Zusammensetzung und auf chemische Prozesse reduziert werden kann, sondern sich aus der Morphologie der Einzelbestandteile und deren Zusammenwirken ableitet. Diese molekularen Maschinen müssen im Zuge des Gesamtprozesses der Reproduktion des Systems mit reproduziert werden, um die Gesamtmaschinerie des Systems nicht kollabieren zu lassen, was einen Systemkollaps unmittelbar nach sich ziehen würde.
Uns bekanntes Leben scheint auf diesem Metabolismus zu beruhen. Aber ist das nicht bereits ein Spezialfall?
Ich denke, da solche molekularen Maschinen auf Makromolekülen beruhen und Makromoleküle auf natürlichem Wege nicht anders entstehen können als über Kohlenstoffchemie, sind die Möglichkeiten für Alternativen dazu recht eng gesät. Denkbar sind zwar andere Grundkomponenten für Makromoleküle, aber auch diese müssen auf Kohlenstoffchemie basieren, da nur Kohlenstoff die hierfür nötigen Eigenschaften besitzt. Der Effekt, dass sich über Makromoleküle eine molekulare Maschinerie aufbaut, die dann die Entropiesenke bezüglich Strukturen und Prozessen bewirkt, dürfte universell für alle lebenden Systeme sein - einschließlich der Analoga der Maschinenfabriken, die sich mit Hilfe der produzierten Maschinen selbst reproduzieren.
Vielleicht hat sich ja anderswo ein anderer Mechanismus durchgesetzt.
Das ist nicht auszuschließen, aber wie schon gesagt - wesentlich anders als hier wird es auch anderswo nicht sein können.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 1. Jan 2021, 15:31

Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 13:31
Der Effekt, dass sich über Makromoleküle eine molekulare Maschinerie aufbaut, die dann die Entropiesenke bezüglich Strukturen und Prozessen bewirkt, dürfte universell für alle lebenden Systeme sein - einschließlich der Analoga der Maschinenfabriken, die sich mit Hilfe der produzierten Maschinen selbst reproduzieren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Entropie
Mit Arbeiten von Ludwig Boltzmann und Willard Gibbs gelang es um 1875, der Entropie eine statistische Definition zu geben, welche die zuvor makroskopisch definierte Größe mikroskopisch erklärt.[13] Die Entropie S eines Makrozustands wird dabei durch die Wahrscheinlichkeiten p_i der Mikrozustände i berechnet:

{\displaystyle S=-k_{\mathrm {B} }\sum _{i}p_{i}\ln(p_{i})}{\displaystyle S=-k_{\mathrm {B} }\sum _{i}p_{i}\ln(p_{i})}

Der Proportionalitätsfaktor k_B ist die Boltzmann-Konstante
Die Diskussion hatten wir schon. Die Entropie definiert sich über Mikrozustände. Du müsstest darlegen a) durch welche Prozesse ein beträchtlicher Teil der zugeführten Freien Energie in die Reduzierung der Zahl der Mikrozustände des Inhalts der Fabrikhalle und in die Aufrechterhaltung der so entstandenen Entropiesenke (über deren Notwendigkeit ja Einigkeit besteht) "investiert" wird und b) durch welche Prozesse nach dem Abschalten der Fabrik (Tod) deren Entropie steigt, bis das thermodynamische Gleichgewicht mit der Umgebung erreicht wird.
Zuletzt geändert von Timm am 1. Jan 2021, 16:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 1. Jan 2021, 17:14

@ Timm
Du müsstest darlegen a) durch welche Prozesse ein beträchtlicher Teil der zugeführten Freien Energie in die Reduzierung der Zahl der Mikrozustände des Inhalts der Fabrikhalle und in die Aufrechterhaltung der so entstandenen Entropiesenke (über deren Notwendigkeit ja Einigkeit besteht) "investiert" wird und b) durch welche Prozesse nach dem Abschalten der Fabrik (Tod) deren Entropie steigt, bis das thermodynamische Gleichgewicht mit der Umgebung erreicht wird.
Das hatte ich beschrieben. In der Maschinenfabrik arbeiten Maschinen unter Verwertung der zufließenden Rohstoffe zur Herstellung von Maschinen, die die Maschinenfabrik als ganze im Bestand erhalten sowie die produzierenden Maschinen instandhalten, damit sie weiterhin die zur Wartung und Reparatur notwendigen Maschinen produzieren. Nach dem Abschalten der Fabrik bzw. der Maschinen unterliegt die Fabrik sowie die Maschinen in ihr dem üblichen Verfall bis hin zur Einebnung und Abtragung durch Wind und Wetter und Korrosion.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 1. Jan 2021, 17:43

Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 17:14
Du müsstest darlegen a) durch welche Prozesse ein beträchtlicher Teil der zugeführten Freien Energie in die Reduzierung der Zahl der Mikrozustände des Inhalts der Fabrikhalle und in die Aufrechterhaltung der so entstandenen Entropiesenke (über deren Notwendigkeit ja Einigkeit besteht) "investiert" wird und b) durch welche Prozesse nach dem Abschalten der Fabrik (Tod) deren Entropie steigt, bis das thermodynamische Gleichgewicht mit der Umgebung erreicht wird.
Das hatte ich beschrieben.
Weiter oben? Wo?

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 1. Jan 2021, 17:48


Timm
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 1. Jan 2021, 18:52

Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 17:48
viewtopic.php?f=81&t=4422&start=25#p70027
Danke, allerdings sehe ich auch hier keinerlei Bezug zur Entropiesenke, zur molekularen Ebene bzw. zu den diskutierten Mikrozuständen. Es scheint, wir reden aneinander vorbei. Vielleicht sollten wir's gut sein lassen. Irgendwann ermüdet die Wiederholung der Argumente.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 1. Jan 2021, 19:47

@ Timm
allerdings sehe ich auch hier keinerlei Bezug zur Entropiesenke, zur molekularen Ebene bzw. zu den diskutierten Mikrozuständen
Wirklich nicht?

Es ist doch ganz einfach: Die Mikrozustände der Atome, aus denen die Maschinen in der Maschinenfabrik bestehen, sind weitab von der statistischen Normalverteilung angeordnet, so dass der Zustand der Maschinen einer niedrigen Entropie entspricht. Ebenso trifft das auf die über die Maschinen gewartete Maschinenfabrik zu, in der die Maschinen hergestellt werden. Damit die Machinen hergestellt werden können, müssen Rohstoffe kontinuierlich in die Maschinenfabrik gelangen, um sowohl Material wie auch die zur Produktion nötige freie Energie zu erhalten, was durch Umwandlungsprozesse geschieht, die ebenfalls durch Maschinen begleitet werden. Folglich haben wir über einen Stoffdurchfluss, der energetisch angezapft wird, eine Entropiesenke in der Maschinenfabrik.

Ist es jetzt deutlich geworden?

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 2. Jan 2021, 00:08

Timm hat geschrieben:
1. Jan 2021, 11:40
Diesen Mechanismus nennt man Metabolismus.
Das ist ja zunächsteinmal nur ein anderer Begriff für den Stoffwechsel, beantwortete aber Diagnostikers Anliegen nicht wirklich.

@Diagnostiker: Wirklich fetten Dank für die Links. Den Mechanismus bzw Namen von Kinesin habe ich seit über einem Monat bereits in ganz anderen Zusammenhängen gesucht aber nicht gefunden bei meiner Suche.
Timm hat geschrieben:
1. Jan 2021, 15:31
Die Diskussion hatten wir schon. Die Entropie definiert sich über Mikrozustände. Du müsstest darlegen a) durch welche Prozesse ein beträchtlicher Teil der zugeführten Freien Energie in die Reduzierung der Zahl der Mikrozustände des Inhalts der Fabrikhalle und in die Aufrechterhaltung der so entstandenen Entropiesenke (über deren Notwendigkeit ja Einigkeit besteht) "investiert" wird und b) durch welche Prozesse nach dem Abschalten der Fabrik (Tod) deren Entropie steigt, bis das thermodynamische Gleichgewicht mit der Umgebung erreicht wird.
Der Tod und auch ein thermisches Gleichgewicht mit der Umgebung führt jedoch nicht zu einer maximalen Entropie mit völliger Auflösung aller Strukturen und Durchmischung der Atome.
Anders betrachtet kann man auch sagen: Leben senkt die Entropie innerhalb der Struktur. Daß eine geringere Entropie jedoch automatisch Leben bedeutet ist eine andere Sache. Die abgesenkte Entropie mag gut eine notwendige Bedigung für Leben sein, aber sie ist vermutlich keine hinreichende.

Bei einer sehr heißen Stoffmischung (gehen wir doch von einem Plasma aus) kann man diese in unterschiedlichen Geschwindigkeiten abkühlen. Je nachdem, wie schnell die Abkühlung erfolgt, endet man bei einer anderen Entropie, da die Moleküle sich gegenseitig erst finden und reagieren müssen. Weder ein sehr langsames Abkühlen noch ein schnelles Abkühlen garantiert das Erreichen des höchsten Entropiezustandes. Nimmt man dann noch eine variable Abkühlgeschwindigkeit in Betracht, wird die Sache teils ziemlich kompliziert. Untermauert wird dies durch die Thermodynamik selbst, da die enthaltenen Stoffe unterschiedliche Entropiedichte-Verläufe bei Varianz der Temperatur aufweisen. Je nach unterschreiten oder überschreiten eines bestimmten Temperatur-Schwellwertes, ist das Entropieverhältnis der beiden beteiligten Stoffe unterschiedlich. Die Phasendiagramme von Mehrstoffsystemen sind denke ich eine gute Untermauerung dieses Punktes.

Alleine das rasche Abkühlen einer Stoffmischung, lässt die Stoffmischung meist bereits irgendwo unterhalb der maximal möglichen strukturellen Entropie 'hängen'. Und ich denke wir sind uns einig, daß es sich bei einem Stück Marmor nicht um um ein Lebewesen handelt.
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 2. Jan 2021, 10:15

Diagnostiker hat geschrieben:
1. Jan 2021, 19:47
Die Mikrozustände der Atome, aus denen die Maschinen in der Maschinenfabrik bestehen, sind weitab von der statistischen Normalverteilung angeordnet, so dass der Zustand der Maschinen einer niedrigen Entropie entspricht.
Ich weiß nicht inwieweit du dich mit Thermodynamik befasst hast. Du kannst thermodynamischen Zustandsgrößen nicht nach gutdünken irgend einen Wert verpassen indem du sagst, die Mikrozustände sind soundso angeordnet. Du müsstest darlegen, welche Prozesse auf mikroskopischer Ebene zu dieser Anordnung führen und sie aufrecht erhalten, sodass die Entropie auf dem niedrigeren Niveau konstant ist, solange Freie Energie zugeführt wird.

Stell dir vor, die Fabrik ist fertig gebaut und alle Teile befinden sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Umgebung. Nun führst du Energie zu und die Prozesse, die die Entropie senken, beginnen zu laufen. Prozesse dieser Art wurden in diesem Thread mehrfach erwähnt und du kannst im Web nachschauen. Welche sind geeignet die Entropie der Maschinen zu senken?

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 2. Jan 2021, 12:12

@ Timm
Du kannst thermodynamischen Zustandsgrößen nicht nach gutdünken irgend einen Wert verpassen indem du sagst, die Mikrozustände sind soundso angeordnet.
Es ist doch aber Fakt, dass die Anordnung der Teilchen in einer Maschine einen geordneten Zustand darstellt, der sich von einem ungeordneten Zustand - meinetwegen in Gestalt von Metallerz - unterscheidet, so dass wir bei einer fertig gebauten Maschine eine niedrigere Entropie haben als bei einem Brocken Metallerz, wo sich die einzelnen Bestandteile mehr oder minder gleichverteilt befinden.
welche Prozesse auf mikroskopischer Ebene zu dieser Anordnung führen und sie aufrecht erhalten, sodass die Entropie auf dem niedrigeren Niveau konstant ist, solange Freie Energie zugeführt wird.
Wie wird eine Maschine gegen Verschleiß gewartet? Richtig, es wird makroskopisch eingegriffen, indem z.B. schadhafte Teile ausgewechselt werden. In meinem Beispiel sind es andere Maschinen, die wartend in den Zustand einer bestimmten Maschine makroskopisch eingreifen, um sie in ihrer Funktion zu erhalten. Die eingreifende Maschine unterliegt ihrerseits der Wartung durch andere Maschinen, die ihrerseits wieder durch andere Maschinen gewartet werden usw. Irgendwo muss sich der Wartungszirkel schließen, um das System nicht ins Uferlose ausweiten zu lassen. Prinzipiell ist das bei lebenden Zellen ebenso der Fall: Auch hier sind die Zyklen geschlossen, aber es zweigen sich Wege ab, über die verschiedene Zyklen miteinander vernetzt werden.
Stell dir vor, die Fabrik ist fertig gebaut und alle Teile befinden sich im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Umgebung.
Dann hätten wir eine "Leiche", aber kein System.
Nun führst du Energie zu und die Prozesse, die die Entropie senken, beginnen zu laufen.
Irgendeine Maschine müsste die Folgeprozesse in Gang setzen, bis die Zyklen geschlossen und miteinander vernetzt sind, so dass sich das Gesamtsystem reproduziert.
Welche sind geeignet die Entropie der Maschinen zu senken?
Die, die die Ordnung der Strukturen und der Prozesse, die mit diesen Strukturen möglich werden, aufrecht erhalten. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um mechanische Prozesse, die die Maschinen ausführen, aber auch um Stoffumwandlungsprozesse, wenn Rohstoffe zu Baustoffen und freier Energie umgesetzt werden.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Skeltek » 2. Jan 2021, 12:38

Kurz nebenbei bemerkt:
Wikipedia - Mikrotubuli - Quantenphysik und Bewusstsein fand ich ganz interessant, aber nicht unbedingt für unser Thema wichtig.

Das interessante ist eher, daß sich Mikrotubuli beim Fall unter eine bestimmte Temperatur auflösen können und bei Erhöhung wieder spontan bilden/aufbauen. Ich vermute, daß es mit den unterschiedlichen Entropieverläufen zusammenhängt, welche die beteiligten Molekülgemische bei unterschiedlichen Temperaturen haben. Ich hatte das vermutet und in meinem letzten Beitrag kurz angedeutet (die Sache mit den Phasendiagrammen von Stoffgemischen) und danach recherchiert, wobei ich dann auf die Sache mit den Tubuli zufällig gestoßen bin. Es ist etwas kontraintuitiv, daß sich beim Zuführen von Wärme Strukturen bilden und beim Abkühlen wieder zersetzen können.

Nebenbei bemerkt frage ich mich, woher z.B. Kinesin weiß, wo Vorne und wo Hinten am Tubulus ist, bzw in welche Richtung es wandern muss. Reicht da das schwache Diepolmoment zwischen Anfang und Ende Ende des Tubulus aus, um eine Art Spannungs/Elektronegativitätsgefälle auszubilden, welches dann ausreicht eine Richtung für darauf wanderndes Kinesin vorzugeben/anzudeuten? Ich finde es erstaunlich, daß diese 'Brücken' einfach so spontan entstehen und sich wieder zersetzen können (während das Erweitern/Abbauen der Kette am positiven Pol wahrscheinlicher ist wegen der Instabilität).
In jedem Fall ist hier eine Struktur vorgegeben, die maßgeblich für die Teilung des DNA Stranges mitverantwortlich ist, bei unterschreiten einer gewissen Temperatur spontan entsteht und entlang derer eine Art elektromagnetisches(?) Gefälle durch ATP-Verbrauch entlang gehangelt wird. Ich könnte mir auch vorstellen, daß Kinesin die Erweiterung des Mikrotubulus am positiven Ende auch selbst triggern kann, falls es mal auf einen plötzlich endendes Stück Strang gerät.

Ich denke nicht, daß es hierbei um den wesentlichen Mechanismus der Strukturemergenz handelt, aber das spielt sicherlich eine große Rolle dabei.

@Timm: Was du schriebst hielt ich in jedem Fall für eine notwendige Bedingung, aber ob diese auch hinreichend ist? Manch anderer (ich gehöre nicht dazu) könnte die Entropieabsenkung als eine Art bewirkten Nebeneffekt auffassen und nicht als die Ursache. Bitte noch nicht antworten, ich schreibe später noch was dazu, wenn ich Zeit habe.
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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Timm » 2. Jan 2021, 16:46

@ Diagnostiker

https://en.wikipedia.org/wiki/Entropy

Die Begrifflichkeit der Entropie ist mit der Wartung von Maschinen nicht in Einklang zu bringen.

Dies stellvertretend für die anderen Punkte.

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Re: Was ist Leben und was nicht?

Beitrag von Diagnostiker » 2. Jan 2021, 17:17

@ Timm

Entropie im Kontext von Lebewesen ist ein Maß für Unordnung. Das kannst Du in jedem Biologie-Lehrbuch nachlesen und auch bei Schrödinger in dessen Buch "Was ist Leben?", das inzwischen längst zum Klassiker der modernen Biologie geworden ist.

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