@Skeltek:
Passt schon. Ich denke, du solltest bei deinen Gedankengängen nur auf eines aufpassen:
Der Wunsch und die Gewohnheit etwas per Reduktion zu erklären, sollte dich nicht verleiten auch so etwas wie "Leben" allzu sehr reduzieren zu wollen, also etwas, das womöglich ab einem gewissen Punkt gar nicht weiter reduzierbar
ist.
"Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben, sucht erst den Geist herauszutreiben, dann hat er die Teile in seiner Hand, fehlt, leider, nur das geistige Band."
Goethe
Wenn du "lebendig sein" als einen komplexen Prozess begreifst, aus dem aufgrund seiner Komplexität dieses Phänomen erst emergiert, und erst wenn eine bestimmte Komplexitätsstufe erreicht ist, dann wird jede Reduktion ab einem gewissen Punkt scheitern müssen, weil dann sozusagen Wesentliches unvermeidlich wegreduziert wird, weil das Phänomen gerade nicht in den Teilen und den isolierten Grundstrukturen (incl. den dynamischen) liegt, sondern im Ganzen und den komplexen Wechselbeziehungen und Vorgängen in ihrer Gänze.
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Lebewesen würde ich daher grundsätzlich als prozesshafte Dinge bezeichnen, wobei die Art des Prozesses, über den sich ein Lebewesen konstituiert, dasselbe als lebend ausweist, während andere prozesshafte Dinge, die diese spezielle Art von Prozess nicht aufweisen, nicht lebend sind.
Selbstverständlich! Ich würde daher präzisieren, dass "lebendig sein" nicht irgendeinen Prozess benennt, sondern ganz besondere Prozesse, die ganz bestimmte Eigenschaften haben und andere ebenso bestimmbare Eigenschaften nicht. Einige wurden schon genannt, auch von dir, treffend.
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Andere Dinge hingegen sind keine Prozesse, wie zum Beispiel Gesteinsbrocken, weil hier die Kräfte des Kristallgitters in den Mineralien keine gegenwirkenden Kräfte benötigen, um die Form und den Zustand des Steines festzulegen.
Tatsächlich? Gibt es statische Dinge? Fliegen da nicht auch Elektronen um Atomkerne umher und wabert nicht auch dort alles und wandelt sich ständig, zerfällt, bildet etwas anderes, wenn auch manchmal auf Zeitskalen, die der menschlichen fern sind, in beiden Richtungen?
Aber ich will das nur als Pointe anmerken und die Diskussion jetzt nicht auch noch dahin ausweiten: Es ist äußerst fraglich, ob es überhaupt "Dinge" in dem (statisch gedachten) Sinne gibt, ob nicht stattdessen
alles Existierende letztendlich nichts anderes als Prozess ist.
Allerdings gibt es natürlich Dinge in unserer Anschauung. Das ist wohl auch notwendig, weil unser Denken und Begreifen so ist, wie es ist.
Und klar, man läuft damit in die Schwierigkeit hinein, erklären zu müssen, worauf denn die Prozesse laufen sollen, wenn alles Prozess ist?
Dieses Problem ist m.W.n. ungelöst, allerdings ist es auch von der Seite der Gegenposition ungelöst. Niemand weiß, was die elementarsten Bausteine sind und ob es sie gibt, es gibt nur Konzepte, Vermutungen, Spekulationen (Strings, Quanten-Loops, reine Information, ...).
Das aber nur nebenbei...
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Bereits die Substantivierung von "leben" zu "Leben" ist eine sinnverzerrende grammatische Operation unseres Sprachgebrauchs, da "Leben" selber keinerlei Substanz hat, sondern etwas ist, was sich über das Vorhandensein von Substanz ereignet, also etwas ist, was geschieht und nicht etwas, was man mit dem (ebenso sinnverzerrend substantivierten) Begriff "Sein" charakterisieren kann.
Das stimmt!
Bis auf das "Sein", da kommt es denke ich darauf an, was man darunter versteht. Wenn man "statisches Sein" darunter verstehen möchte, dann ja.
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Man kann sich ja über Metaphysik austauschen, aber hinter das Faktum der Wirklichkeit kann man dabei nicht gehen, was das Faktum der eigenen Existenz als Wirklichkeit, der ich mich als phänomenologisch-reale Manifestation subjektiv sich selbst erfahrender Wirklichkeit ausgesetzt sehe, einschließt. Von daher ist die Frage, ob es mich in Wirklichkeit gar nicht geben könne, aufgrund des rein phänomenologischen Faktums sich manifestierender Wirklichkeit ein intrinsischer Widerspruch.
Ich bin da völlig bei dir. Ich weiß nur, dass es auch Leute gibt, die andere Positionen behaupten. Aber die haben Unrecht und erzählen Unsinn...
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Wenn man hier in die Tiefe gehen möchte, muss man die Frage nach dem Wesen von Wahrheit stellen und daran anschließend dann die Frage, ob ich in Wahrheit vielleicht etwas ganz anderes sein könnte als das, was sich mir phänomenologisch darbietet.
Sehr schön!
Ein sehr gutes Argument dazu geht so:
Würde es mich überraschen? Würde ich dabei etwas wesentlich Neues, Überraschendes lernen?
Wenn ich nicht wusste, dass z.B. ein Kupferdraht in Wirklichkeit aus Atomen besteht und du mich dann aufklärst, dass das so ist und dass es dort aufgrund der physikalischen Verhältnisse relativ freie Elektronen gibt, ein Leitungsband und dass Kupfer deshalb den elektrischen Strom so gut leitet, dann wäre das eine überraschende Neuigkeit für mich und ich hätte etwas Wichtiges und Neues über Kupfer gelernt, das meinen Begriff davon auch verändern würde.
Wenn du mich aber andererseits aufklärst, dass mein Bewusstsein in Wirklichkeit aus physikalisch-chemischen, neuronalen musterhaften Prozessen in dem Netzwerk "Gehirn" besteht, und dass z.B. eine Wahrnehmung "Schmerz" "in Wirklichkeit" nichts anderes sei als nur das neurophysikalische Muster X, was hätte ich dann Neues über meine Schmerzwahrnehmung gelernt, was sie in Wirklichkeit ist? Nichts! Gar nichts! Es würde noch ganz genauso weh tun, Schmerz wäre für mich noch genau dasselbe. Meine Schmerzwahrnehmung ist für mich nicht irgendein objektives X, sondern ganz primär genau das, was sie ist, genau das, was mir subjektiv erscheint und nichts anderes.
D.h.: Meine Schmerzwahnehmung ist
für mich nicht weiter auf etwas anderes reduzierbar. Das liegt an ihrem subjetiven Charakter, der
für mich nicht weiter reduzierbar oder auf irgendetwas Objektives rückführbar ist, d.h. sie ist bereits elementar. Und in diesem Fall ist eben das Subjektive wesentlich, daher kann das auch nicht objektiviert werden.
Man kann allerdings Korrelationen finden.
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Ich kann das verstehen, aber darin liegt eben auch die Gefahr, dass sich die zweite Welle sehr lange auf hohem Niveau hinziehen wird, was dann wieder das Gesundheitssystem in den Kollaps treiben wird, wie damals in Italien. Ich rechne für Anfang Januar mit einem dramatischen Anstieg der Fallzahlen und der Opferzahlen, weil das Bedürfnis nach Nähe zu Weihnachten und zum Jahreswechsel zu Leichtsinnigkeiten verleiten wird. Der Winter ist noch lang und er wird wohl sehr traurige Folgen zeitigen.
Das befürchte ich auch. Und bis genug geimpft sein wird... ich rechne damit, dass das wohl noch etwa 6 Monate dauern wird - wenn alles klappt.
Das werden noch spannende Monate. Und es wird hinterher auch nicht wieder alles so werden wie es vorher war.
Diagnostiker hat geschrieben: ↑19. Dez 2020, 16:16
Was wäre, wenn man dort in den Wolken tatsächlich mikrobisches Leben finden würde?
Aus wissenschaftlicher Sicht wäre das natürlich interessant. Warum? Na ja, man hätte einen konkreten Beleg dafür, dass es außerhalb der Erde Lebewesen gibt, welche eine eigenständige Entwicklung durchlaufen haben. Ob diese Mikroben ursprünglich von der Erde stammen und dorthin gelangt sind oder ob sie sich dort von selbst entwickelt haben, wäre eine Frage, die sich anschließen würde. Und auch hier ist die Antwort interessant, weil uns das etwas darüber verrät, ob Leben eher selten oder eher unkompliziert entsteht.
Ja. Aber warum kümmert uns das? Was ist der tiefe Grund?
Abgesehen vom allgemeinem wissenschaftlichen Interesse könnte es uns ja im Prinzip auch egal sein.
Was wäre interessanter, spannender für uns (?):
a) Die Entdeckung von außeridischen Mikroben
b) Die Entdeckung von außeridischen höheren Lebewesen
c) Die Entdeckung einer außerirdischen technischen Zivilisation