Anselm's Gottesbeweis

Entstehung und Entwicklung von Leben, Wahrscheinlichkeit für extraterrestrisches Leben
Pippen
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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von Pippen » 30. Apr 2024, 02:21

@seeker: Die Sache mit den natürlichen Zahlen dient mir nur als Veranschaulichung, nicht mehr. Formal macht Anselm nichts weiter als:

X := bla.
An so einer Definition ist nichts auszusetzen, Definitionen sind wahre Sätze. Die Frage ist aber, ob X wahr ist, also existiert, und dafür muss "bla" wahr sein und daran scheitert es doch, ob man nun mit dir meint, dass "bla" undenkbar ist oder ob man mit mir meint, dass "bla" einfach nie wahr sein kann, denn wäre es wahr, so könnte man leicht ein Gegenbeispiel konstruieren. Ich sehe da keine Interpretationsschwammigkeit, ich sehe da nur den Satz "Etwas, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann", der auf jeden Fall falsch sein muss...und damit verfällt Anselm's Beweis bereits mit seinem Anfang. Niemand der zahlreichen Kommentatoren des Beweises scheint auszusprechen, dass Anselm's Definiens unmöglich ist. Und das ist verstörend. Denn wenn ich beweisen will, dass es Kreise gibt und anfange zu definieren, dass Kreis := eckig, dann würde sofort jeder einhaken und den Beweis aufgrund dieser Definition verwerfen und nicht erst, weil ich angeblich Existenz nicht von Definition trenne (was natürlich auch richtg ist).

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Re: Anselm's Gottesbeweis

Beitrag von seeker » 30. Apr 2024, 08:57

Warum müssen wir denn alles wieder und wieder wiederkäuen?
Kannst du mir das einmal erklären?
Muss ich denn nun wirklich den gesamten Thread nochmal durchgehen?

Schau einfach nach, was ab hier geschrieben wurde:
viewtopic.php?f=81&t=4748&start=25

Insbesondere hier, wenn du mich fragst:
viewtopic.php?f=81&t=4748&start=29

Ich zeige hier, dass schon Anselms 1. Satz unsinnig ist:

"1. Annahme des Gegenteils: Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann [d. i. Gott], existiert nicht in Wirklichkeit, sondern nur im Verstand."

Anselms 1. behauptet nämlich in seiner ersten Annahme, zwar etwas versteckt ober eben doch eindeutig, dass "Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann" auf alle Fälle im Verstand existieren würde.
Tut es aber nicht, wie ich zeigen kann.*
Und damit bin ich fertig!
Weil aus unsinnigen (wie auch falschen) Sätzen nichts folgt und weil Anselms gesamte Argumentation auf 1. aufbaut.
Aber dann ist sein 1. eben nicht falsch, sondern unsinnig, in dem Sinne, dass nicht klar wird, was damit überhaupt ausgesagt werden soll: Sein 1. ist "nicht einmal falsch", "not even wrong", schlimmer als falsch!
Unsinnige Sätze
Als unsinnig bezeichnet der Tractatus alle Sätze, die weder sinnvoll noch sinnlos sind. Ein Satz wie etwa „Was ich hiermit schreibe, ist falsch“, der sich nur auf sich selbst und auf nichts außer ihm in der Welt bezieht (eine Anspielung auf das Paradoxon des Epimenides), erlangt infolgedessen nie Bedeutung. Ein Satz wird unsinnig, wenn einem seiner Bestandteile, Namen oder Elementarsatz, keine Bedeutung, kein von ihm unterschiedenes Sachliches, das er (seinerseits nur) abbildet, gegenübersteht (5.4733): „Der Name bedeutet den Gegenstand. Der Gegenstand ist seine Bedeutung“ (3.203).
https://de.wikipedia.org/wiki/Tractatus ... S%C3%A4tze

Und dann muss ich mich nicht damit abarbeiten, so wie du seitenlang hier im Thread, dass Anselms Beweisführung nicht zeigt, dass Gott außerhalb des Verstandes existiert.

So lange du diesen Unterschied jedenfalls nicht klar herausstellst, ist deine Widerlegung lückenhaft.
Und warum müssen wir 2 Jahre danach das alles immer noch wiederkäuen?
Pippen hat geschrieben:
30. Apr 2024, 02:21
Niemand der zahlreichen Kommentatoren des Beweises scheint auszusprechen, dass Anselm's Definiens unmöglich ist. Und das ist verstörend.
Das stimmt doch nicht! Ich habe es getan.
Und schon Anselms Zeitgenossen haben es getan und auch Thomas von Aquin:
Thomas von Aquin versucht, den ontologischen Gottesbeweis in seiner Summa contra gentiles (Buch I, Kapitel 11) und in der Summa theologica (1. Buch, 2. Untersuchung, 2. Artikel) zu widerlegen, ohne Anselm explizit als Urheber dieses Gottesbeweises zu nennen. Nach Thomas von Aquin ist der Begriff von Gott als etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, nicht unmittelbar einleuchtend. Daraus, dass dieser verstanden wird, folge lediglich, dass Gott im Verstande ist, nicht aber, dass er tatsächlich existiert. Zudem habe Anselm nicht unterschieden zwischen dem, was schlechthin einleuchtend (per se notum simpliciter) und dem, was für den Menschen unmittelbar einleuchtend (per se notum quoad nos) ist. Da der Mensch das Wesen (essentia) Gottes mit seinem menschlichen Verstand gar nicht ergreifen kann, kann man nicht argumentieren, dass Gottes Existenz unmittelbar einleuchtend ist, da sein Sein sein Wesen ist (esse est essentia).
https://de.wikipedia.org/wiki/Gottesbew ... ttesbeweis

*: Und hinzu kommt da dann noch, dass man noch untersuchen kann, ob man "Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann", obwohl es nicht konkret gedacht werden kann (so wie eine Zahl), aber vielleicht wenigstens indirekt gedacht werden kann, so wie ein Satz, wie:

"Die Menge der natürlichen Zahlen hat unendlich viele Elemente!"

Und diese Aussage ist ja sinnvoll, verständlich, klar definiert und wahr.
Man weiß und kann bei diesem Satz verstehen, wovon die Rede ist.
Es gilt hier dann also noch zu untersuchen, ob Anselms Satz 1. genauso gelesen werden kann oder nicht.
Da kommt dann aber heraus, dass auch das nicht möglich ist.

All das muss man tun, wenn man sauber-lückenlos untersuchen will.
Und das hast du, soweit ich sehe, eben bisher nicht getan oder akzeptiert. Du stützt dich allein darauf , dass "Das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann" nicht konkret gedacht werden kann und meinst, damit seist du fertig.
Und das ist dann eben eine lückenhafte Analyse.
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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