Interessante Fragestellung!
Dass sich der radioaktive Zerfall (im Fall von Zerfall durch Elektroneneinfang) durch äußere Bedingungen und sogar durch die Chemie beeinflussen lässt war mir nicht bekannt und hätte ich nicht gedacht. Danke für die Info!
Dass das aber die Fragestellung hier vollständig erklärt (Verständnis des verlinkten Textes) glaube ich eher nicht.
Was ich mir stattdessen noch vorstellen könnte:
Wenn wir von Druck und Temperatur sprechen, dann sprechen wir auch von Teilchengeschwindigkeiten und Stoßprozessen.
Wenn wir uns nun einen Stern anschauen, der geringe Anteile schwerer Elemente hat (nicht selbst erbrütete, sondern aus der Gaswolke von der letzten Supernaovaexplosion, aus der er hervorgegangen ist!), dann wäre es doch evtl. einleuchtend, dass diese Elemente z.T. bei den dortigen Verhältnissen z.B. durch freie Neutronen, die bei der Wasserstoff-Fusion im Stern entstehen, geknackt werden, sich also in andere Elemente umwandeln - und zwar viel schneller als normal?
Diese Halbwertszeit wäre dann freilich keine radioaktive Halbwertszeit im eigentlichen Sinn. Vielleicht war aber genau das im verlinkten Text (
http://www.muk.uni-frankfurt.de/50438324/108) gemeint?
Halbwertszeiten sind ja bei weitem nicht immer radioaktiv, müssen nicht einmal physikalisch sein (z.B. biol. und chem. HWZ)...
Wie lange ist z.B. die Halbwertszeit von Wasserstoff in einem Stern?
Insofern ist es korrekt den Begriff in einem weiteren Sinn zu verstehen, wenn nicht konkret "
radioaktive Halbwertszeit" geschrieben steht.
Ich glaube daher, dass im dortigen Text mit HWZ einfach die Zeit gemeint ist, bis die Hälfte eines Elements verschwunden ist - und das könnte dort durch eine Kombination von Zerfalls- und Bildungsprozessen geschehen, die mit normaler Radioaktivität nichts direkt zu tun haben müssen, jedoch stark von Druck und Temperatur im Stern abhängig sind.
Hinzu kommt, dass die Zeit wegen der ART in Sternen anders tickt, also aus unserer Sicht langsamer vergeht.
Bei den meisten Sternen dürfte dieser Effekt aber von meinem Bauchgefühl her nicht primär sein.
Drittens muss es natürlich Druck- und Temperaturverhältnisse geben, bei denen Atomkerne nicht mehr stabil sind (auch wegen Stoßprozessen).
Solche Verhältnisse hatten wir kurz nach dem Urknall. In gewöhnlichen Sternen werden diese aber wohl eher nicht in relevantem Ausmaß auftreten.
Interessant finde ich dennoch die Frage, in welchem Temperatur- und Druckbereich (vom Elektroneneinfang abgesehen) man von der Konstanz der HWZ des radioaktiven Zerfalls sprechen kann?
Grüße
seeker