Hallo zusammen
Es handelt sich bei dem Neutronen-Experiment nicht um den Nachweis einer quantisierten Gravitation, sondern um den Test von Extradimensionen. Das Experiment involviert schöne Standard-Quantenmechanik, nämlich das Schrödinger-Problem, also eine Wellenfunktion (die das Neutron beschreibt) in einem Kasten (zu berücksichtigen mit Randbedingungen). Erschwerend - im wahrsten Sinne des Wortes - kommt bei der Beschreibung die Schwerkraft dazu, aber dennoch ist es eine verhältnismäßig leichte Mathematik für einen Physikstudenten im 5. Semester.
Ein Theoretiker kann das Newton-Gesetz für eine beliebige Zahl räumlicher Dimensionen aufschreiben. Der charakteristische Abfall der Gravitationskraft mit dem Abstandsquadrat gilt nur bei exakt drei Raumdimensionen. Sollte es weitere Raumdimensionen geben, so würde das Kraftgesetz stärker abfallen (z.B. mit dem Abstand in der 4. Potenz). Das liegt anschaulich daran, weil die Feldlinien des Gravitationsfeldes sich in weitere Raumdimensionen "ausdünnen".
Interessant ist die Frage, weil welchen Längenskalen dieses modifizierte Schwerkraftgesetz denn tatsächlich auftreten könnte. Offenbar kann das nicht im Meterbereich passieren, denn da beobachten wir ja das klassische Newton-Gesetz und können es präzise bestätigen (in der Baustatik, mit Raketen etc.). Aber gilt das auch im Millimeter-, Mikrometer- Nanometer-Bereich? Und wie sieht es auf Skalen von Lichtjahren und Gigaparsec aus? Das muss man dann eben testen. Mit diversen Experimenten, auf der kleinen Skala mit Table-top-Experimenten, die sozusagen in ein Wohnzimmer passt; auf der großen Skala dann eben mit der Himmelsmechanik im Sonnensystem oder mit dem Wachstum großräumiger Struktur auf der Skala von Mrd. Lichtjahren.
Die ART ist bislang über jeden Zweifel erhaben, und es gibt keine Hinweise auf mehr als drei Raumdimensionen. Aber ganz ausschließen kann man sie nicht - aber eine Evidenz gibt es eben auch nicht (bis auf einen schwachen Hinweis in Gestalt des Hierarchie-Problems, siehe
http://www.wissenschaft-online.de/astro ... .html#hier ).
Damals, bei Abeles 1. nature paper, war das Experiment Aufsehen erregend, weil es ein Fenster in den Mikrometerbereich geöffnet hat, um bei diesen kleinen Längenskalen das klassische Newtonsche Gravitationsgesetz zu testen. Das war bis dato nicht gemacht worden - daher das nature paper.
Abele war damals in Heidelberg und kam danach zu uns (TU München; Exzellenzcluster Universe). Wir haben die neuen Experimente mitfinanziert und es ist wieder ein nature paper dabei herausgekommen (April 2011;
http://www.nature.com/nphys/journal/v7/ ... s1970.html), weil das Experiment verfeinert werden konnte. Damit kann man neben dem Newton-Gesetz auch die Lorentz-Invarianz (eine Symmetrie in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie) testen. Mittlerweile hat Abele den Ruf an die TU Wien angenommen.
Siehe dazu auch meinen Kurzbericht zu den ersten Experimenten:
http://www.wissenschaft-online.de/astro ... html#exdim
(unter "Tabletop-Experimente & Mega-Projekte")
Beste Grüße,
Ray Light