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War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 00:59
von seeker
Weil das Thema in einem anderen Thread auftauchte hier ein eigener Thread dazu:

War der Urknall punktförmig?

Mein Standpunkt dazu ist: Man weiß es nicht!

Alles was man sagen kann ist, dass laut klassischem Modell der Urknall einen Zustand unendlich hoher Dichte und einen Anfangspunkt der Zeit darstellt, es macht aber keine Aussage zur räumlichen Ausdehnung. (Mit QM-Argumenten wäre es dann eine extrem hohe, aber endliche Dichte.)
D.h.: Der Urknallzustand könnte durchaus auch räumlich unendlich ausgedehnt gewesen sein (bei dennoch unendlicher Dichte), in dem Fall wäre das Universum aber auch heute noch unendlich ausgedehnt. Ebenso wären die Objekte in diesem Universum dann schon immer unendlich viele gewesen.

Die andere Möglichkeit ist ein punktförmiger (oder um die Quantenmechanik einfließen zu lassen: genaugenommen dann ein fast punktförmiger, endlich kleiner) Urknallzustand, in dem Fall ergäbe sich auch heute noch ein räumlich endlich ausgedehntes Universum mit endlich vielen Objekten drin, weil kein endlicher Weg vom endlichen zum Unendlichen oder zurück führt.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 03:49
von Pippen
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
Die andere Möglichkeit ist ein punktförmiger (oder um die Quantenmechanik einfließen zu lassen: genaugenommen dann ein fast punktförmiger, endlich kleiner) Urknallzustand, in dem Fall ergäbe sich auch heute noch ein räumlich endlich ausgedehntes Universum mit endlich vielen Objekten drin, weil kein endlicher Weg vom endlichen zum Unendlichen oder zurück führt.
Das ist mein Favorit, weil einfach plausibler vorstellbar. Wie soll etwas unendlich Großes unendliche Dichte besitzen? Das scheint mir absurd.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 06:58
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
War der Urknall punktförmig?

Mein Standpunkt dazu ist: Man weiß es nicht!
Meinst du damit, dass man es aus Beobachtungen nicht eindeutig ableiten kann, oder dass man es je Modell nicht weiß?
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
Alles was man sagen kann ist, dass laut klassischem Modell der Urknall einen Zustand unendlich hoher Dichte und einen Anfangspunkt der Zeit darstellt, es macht aber keine Aussage zur räumlichen Ausdehnung.
Was meinst du mit klassischem Modell?

Jedes mathematische Modell der ART macht dazu konkrete Aussagen.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
D.h.: Der Urknallzustand könnte durchaus auch räumlich unendlich ausgedehnt gewesen sein (bei dennoch unendlicher Dichte), in dem Fall wäre das Universum aber auch heute noch unendlich ausgedehnt. Ebenso wären die Objekte in diesem Universum dann schon immer unendlich viele gewesen.
Ja.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
Die andere Möglichkeit ist ein punktförmiger Urknallzustand, in dem Fall ergäbe sich auch heute noch ein räumlich endlich ausgedehntes Universum mit endlich vielen Objekten drin, weil kein endlicher Weg vom endlichen zum Unendlichen oder zurück führt.
Ja.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 07:00
von tomS
Pippen hat geschrieben:
8. Feb 2018, 03:49
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
Die andere Möglichkeit ist ein punktförmiger Urknallzustand ...
Das ist mein Favorit, weil einfach plausibler vorstellbar. Wie soll etwas unendlich Großes unendliche Dichte besitzen? Das scheint mir absurd.
Beides ist mathematisch gleich plausibel, und zu beiden Möglichkeiten existieren bekannte Modelle der ART:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Friedmann-Gleichung
https://www.physikerboard.de/topic,4879 ... ll%3F.html

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 09:43
von ralfkannenberg
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 06:58
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
D.h.: Der Urknallzustand könnte durchaus auch räumlich unendlich ausgedehnt gewesen sein (bei dennoch unendlicher Dichte), in dem Fall wäre das Universum aber auch heute noch unendlich ausgedehnt. Ebenso wären die Objekte in diesem Universum dann schon immer unendlich viele gewesen.
Ja.
Hallo Tom,

Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?

Ok, man könnte sich natürlich vorstellen, dass sich auch Elementarteilchen beliebig oft z.B. halbieren lassen, mit sowas kriegt man natürlich unendlich viele Objekte hin. Allerdings sind solche Elementarteilchen weder bekannt noch wäre mir bekannt, dass sie Gegenstand anerkannter Theorien wären.


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 10:58
von Timm
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59

War der Urknall punktförmig?

Mein Standpunkt dazu ist: Man weiß es nicht!
Mit Urknall ist üblicherweise der heiße und dichte Zustand des Universums gemeint, wenn man in der Zeit zurück geht. Also kein Punkt. Diese "Planck Ära" fällt zusammen mit dem "reheating" am Ende der Inflation, also mit dem Zeitpunkt nachdem sich das Universum bereits exponentiell ausgedehnt hat.
Zudem, wie formulierst du die Ausdehnung eines Punktes zu einem endlichen bzw unendlichen Volumen?

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 11:43
von ralfkannenberg
Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 10:58
Diese "Planck Ära" fällt zusammen mit dem "reheating" am Ende der Inflation, also mit dem Zeitpunkt nachdem sich das Universum bereits exponentiell ausgedehnt hat.
Hallo Timm,

nicht ganz - da liegen immerhin 8 bis 11 Grössenordnungen dazwischen. Die Inflations-Phase ist in der GUT-Ära und nicht in der Planck-Ära angesiedelt.


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 11:50
von seeker
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 06:58
Meinst du damit, dass man es aus Beobachtungen nicht eindeutig ableiten kann, oder dass man es je Modell nicht weiß?
Nun ja, zuerst meinte ich die Beobachtungen, aber eigentlich beides.
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 06:58
Was meinst du mit klassischem Modell?

Jedes mathematische Modell der ART macht dazu konkrete Aussagen.
Soweit ich informiert bin: Ich denke wichtig ist hier zu verstehen, dass es sich bei der Frage dieses Threads um eine Randbedingung handelt, also nicht um etwas, das sich i.d.R. aus einem Modell ergibt, sondern um etwas, das man von vorne herein annimmt/dort hineingibt.
Es handelt sich bei der Sache m.W.n ja auch um eine Frage, die die Topologie des Universums betrifft - und diese ist fix.

Es wäre dabei natürlich interessant über die verschiedenen Möglichkeiten näheres zu erfahren...
Du darfst das sehr gerne so sehen, dass dir gerade ein Ball zugespielt wurde. :)
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
Warum nicht? Gerade du als Mathematiker? Es wäre einfach eine Konsequenz aus der Annahme eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums. Der Punkt ist: Falls das Universum räumlich unendlich ausgedehnt ist, dann war es das schon immer, auch im Urknall. Es würde sich dabei dann zugegebenermaßen tatsächlich um eine aktuale Unendlichkeit handeln - und daran könnte man möglicherweise schon Anstoß nehmen. Aber wäre das mehr als eine Befindlichkeit?

Vor einigen Jahren bin ich dabei auch noch auf folgenden Gedanken gekommen:

Die Annahme eines unendlichen Universums ist aus einer gewissen Perspektive sogar im Ockhamschen Sinne die einfachere/sparsamere Option!
Warum?
Weil es weniger Regeln bedarf, um das annehmen zu können, die Annahme der Endlichkeit bedarf einer zusätzlichen einschränkenden Regel.

Beispiel (ich bin kein Mathematiker, über kleinere Darstellungsfehler bitte ich wohlwollend hinwegzusehen, es geht um den Inhalt des Aussage, um das Argument):

I. Wenn ich eine Menge M mit unendlich vielen Elementen erhalten will, z.B. soll sie alle natürlichen Zahlen enthalten, dann brauche ich nur eine Regel:
1. Für alle Elemente n von M gilt: n e N

II. Wenn ich eine andere Menge M' erhalten will, die nur eine endliche Anzahl an Elementen enthalten soll, z.B. soll sie nur die nat. Zahlen 1 bis 1000 enthalten, dann brauche ich zwei Regeln:
1. Für alle Elemente n von M' gilt: n e N
2. UND für alle Elemente n von M' gilt: n < 1001

Zwei Regeln sind mehr als eine Regel, also ist die Menge aus I. das einfachere Objekt.
Also ist die Annahme eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums auch die sparsamere Annahme.

Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 10:58
Zudem, wie formulierst du die Ausdehnung eines Punktes zu einem endlichen bzw unendlichen Volumen?
Dazu steht etwas in dem Link, den Tom gesetzt hat.
Es geht im Grunde darum, ob der Zustand im und auch beliebig nahe am Urknall räumlich extrem klein war oder unendlich ausgedehnt.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 12:31
von positronium
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Soweit ich informiert bin: Ich denke wichtig ist hier zu verstehen, dass es sich bei der Frage dieses Threads um eine Randbedingung handelt, also nicht um etwas, das sich i.d.R. aus einem Modell ergibt, sondern um etwas, das man von vorne herein annimmt/dort hineingibt.
Das halte ich für nicht zwingend. D.h. je nach Formulierung kann es möglich sein, diese Eigenschaft aus den Gleichungen abzulesen - z.B. aus den auf Grundlage von Messungen möglich erscheinenden Funktionensystemen der QM.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Es handelt sich bei der Sache m.W.n ja auch um eine Frage, die die Topologie des Universums betrifft - und diese ist fix.
Wenn man über "kontinuierliche Mannigfaltigkeiten" spricht, dann ist bei stetiger Zeitentwicklung die Topologie unveränderlich. Wäre der Raum aber aus diskreten Objekten aufgebaut, könnte es durchaus Möglichkeiten geben, dass sich die Topologie verändert.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
Warum nicht? Gerade du als Mathematiker? Es wäre einfach eine Konsequenz aus der Annahme eines räumlich unendlich ausgedehnten Universums.
Ja, auch, weil man andernfalls erklären müsste, wie sich eine endliche Zahl Teilchen in einem unendlichen Universum verteilen sollte - dann könnte es nur eine "Insel" geben, für deren Existenz und Lage es einen Grund geben müsste.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Vor einigen Jahren bin ich dabei auch noch auf folgenden Gedanken gekommen:

Die Annahme eines unendlichen Universums ist aus einer gewissen Perspektive sogar im Ockhamschen Sinne die einfachere/sparsamere Option!
Warum?
Weil es weniger Regeln bedarf, um das annehmen zu können, die Annahme der Endlichkeit bedarf einer zusätzlichen einschränkenden Regel.
...
Ja, die Randbedingungen einer Mannigfaltigkeit...

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 13:45
von deltaxp
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
ein mathematisch konsistentes Modell, ist das der eternal Inflation. danach können unendlich viele und unendlich große Universen kreiert werden.
Wichtig ist dabei anzumerken, dass die gesamtenergie der so genrierten Universen im Prinzip 0 ist, da die positive Energie der Materie und Strahlung durch die negative Energie der Gravitation ausgeglichen wird. das einzige was man braucht ist auf einem kleinen gebiet von soweit ich weiss etwa 10 hoch minus 27 cm Durchmesser (oder so, also klein, aber deutlich groesser als planckskala) ein durch von mir aus quantenfluktuation erzeugte konstante energiedichte durch ein skalare inflaton-feld, aber die muss schon gross sein, ich glaub 10g oder so, aber eben nicht alle masse des Universums, die wird durch den phasenübergang dynamisch gebikldet aus der hohen energidichte des sich superluminar im weiter ausdehnenden megavrsums. die Universen, die wir kennen sind da dann eher wie Eisschollen die beim abkühlen entstehen (ich mag den vergleich mit bubbles im kochenden wasser nicht so sehr, ist zwar auch ein phasenübergang, aber durch erhitzen nicht durch Abkühlung.

und das ist dann halt der knüller, der Urknall findet danach überall und auch immer noch statt, nur ausserhalb des sichtbaren Universums.
die ewige Inflation kostet dabei aber keine enrgie, denn die wird durch die nach unten unbegrenzte negative gravitationsenergie geliefert.

im Prinzip genauso wie das quantitative easing der fed nach der finanzkriese 2008. es wird massiv geldgedruckt die die die wirtschaft befeuern sollen (dass sind die Teilchen) die durch schulden (das ist die Gravitation) ausgeglichen werden. und genauso wie die Gravitation hat der Staat keine angst davor schulden zu machen. der unterschied besteht darin, dass das Spielchen von der graviation eweig gespielt werden kann, es werden unendlich viele Objekte erzeugt, das kann der Staat nicht, weil die Ressourcen endlich sind, dann platzt die liquidätsblase:P

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 14:25
von ralfkannenberg
deltaxp hat geschrieben:
8. Feb 2018, 13:45
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
ein mathematisch konsistentes Modell, ist das der eternal Inflation. danach können unendlich viele und unendlich große Universen kreiert werden.
Hallo deltaxp,

das mag ja sein, aber hast Du das schon zu einem Zeitpunkt t=endlich oder erst zu einem Zeitpunkt t="unendlich" ?


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 14:31
von Timm
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:43
Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 10:58
Diese "Planck Ära" fällt zusammen mit dem "reheating" am Ende der Inflation, also mit dem Zeitpunkt nachdem sich das Universum bereits exponentiell ausgedehnt hat.
Die Inflations-Phase ist in der GUT-Ära und nicht in der Planck-Ära angesiedelt.
Richtig Ralf, deshalb habe ich geschrieben "am Ende der Inflation". Das ist der Zeitpunkt an dem das Inflaton Feld zerfällt und Materie entsteht. Ab dann expandiert das Universum gebremst.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 14:49
von Timm
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 10:58
Zudem, wie formulierst du die Ausdehnung eines Punktes zu einem endlichen bzw unendlichen Volumen?
Dazu steht etwas in dem Link, den Tom gesetzt hat.
Es geht im Grunde darum, ob der Zustand im und auch beliebig nahe am Urknall räumlich extrem klein war oder unendlich ausgedehnt.
Ach so, dann meinst du mit Punkt eine extrem kleine Region. Die Kosmologen neigen zu der Auffassung, daß das Universum räumlich unendlich ist, weil nicht triviale Möglichkeiten, z.B. der 3-Torus, zusätzliche Annahmen erfordern. Damit ist das Universum beim Urknall räumlich unendlich. Und damit erschöpft sich die Diskussion zu diesem Punkt relativ schnell, denn was will man da noch entgegen halten?

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:03
von tomS
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
Ein offenes FRW-Modell enthält homogene Materie (Fluid) oder Strahlung. Über einzelne "Objekte", Elementarteilchen o.ä. wird dabei nicht geredet.

In einem unendlichen Universum, das in Abweichung zu FRW realistischerweise Inhomogenitäten = Verklumpungen aufweist, wären das jedoch sicher unendlich viele Objekte wie Staubkörnchen, Asteroiden, Planeten, etc.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:07
von ralfkannenberg
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:03
In einem unendlichen Universum, das in Abweichung zu FRW realistischerweise Inhomogenitäten = Verklumpungen aufweist, wären das jedoch sicher unendlich viele Objekte wie Staubkörnchen, Asteroiden, Planeten, etc.
Hallo Tom,

das ist dann aber kein "Urknall-Modell" mehr, nicht wahr ? - Ich sehe einfach nicht, wie Du unendlich viele Teilchen in einen hinreichend kleinen Raumbereich hineinpacken willst, es sei denn man lässt beliebig kleine Elementarteilchen zu.


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:10
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Soweit ich informiert bin: Ich denke wichtig ist hier zu verstehen, dass es sich bei der Frage dieses Threads um eine Randbedingung handelt, also nicht um etwas, das sich i.d.R. aus einem Modell ergibt, sondern um etwas, das man von vorne herein annimmt/dort hineingibt.
Es handelt sich bei der Sache m.W.n ja auch um eine Frage, die die Topologie des Universums betrifft - und diese ist fix.
Die Kosmologen formulieren das nicht direkt als Randbedingung; sie starten stattdessen mit der Bedingung der Homogenität und Isotropie. Daraus folgen zwei Klassen von Modellen, sog. offene bzw. geschlossene; letztere weisen eine punktförmige Anfangssingularität auf.

Die Singularitätentheoreme von Hawking und Penrose besagen im wesentlichen, dass diese Aussagen auch gültig bleiben, wenn man die Bedingung der Homogenität plus Isotropie fallen lässt.
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 11:50
Die Annahme eines unendlichen Universums ist aus einer gewissen Perspektive sogar im Ockhamschen Sinne die einfachere/sparsamere Option!
Die Unterscheidung ergibt sich im wesentlichen aufgrund der tatsächlichen mittleren Dichte im Vergleich zur kritische nDichte. Daher sind beide Ansätze gleich sparsam.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:13
von tomS
Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 14:49
Ach so, dann meinst du mit Punkt eine extrem kleine Region. Die Kosmologen neigen zu der Auffassung, daß das Universum räumlich unendlich ist, weil nicht triviale Möglichkeiten, z.B. der 3-Torus, zusätzliche Annahmen erfordern.
Ich denke, die Kosmologen möchten das zukünftig eher aus Beobachtungen zu primordialen Gravitationswellen ableiten.
Timm hat geschrieben:
8. Feb 2018, 14:49
Damit ist das Universum beim Urknall räumlich unendlich.
Ja (im von mir formulierten Sinne - siehe mein Link).

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:15
von tomS
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:07
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:03
In einem unendlichen Universum, das in Abweichung zu FRW realistischerweise Inhomogenitäten = Verklumpungen aufweist, wären das jedoch sicher unendlich viele Objekte wie Staubkörnchen, Asteroiden, Planeten, etc.
Hallo Tom,

das ist dann aber kein "Urknall-Modell" mehr, nicht wahr ? - Ich sehe einfach nicht, wie Du unendlich viele Teilchen in einen hinreichend kleinen Raumbereich hineinpacken willst, es sei denn man lässt beliebig kleine Elementarteilchen zu.
Lies doch bitte meinen Link.

Und vergiss' bitte nicht: wir reden hier über klassische Modelle, d.h. nicht QFT und schon gar nicht QG, also stör' dich bitte nicht an dem Begriff "Objekt"; darum geht es in diesem Thread auch gar nicht.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:21
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 00:59
War der Urknall punktförmig?
Nochmal zurück zur ursprünglichen Frage:

Unter der Annahme der Gültigkeit der ART für beliebig kleine Zeiten und damit der Gültigkeit der Folgerungen aus den Friedmann-Gleichungen plus ggf. den Singularitäten-Theoremen von Hawking und Penrose folgt: Die räumlichen Abstände zweier physikalischer, mitbewegter Beobachter, die heute einen endlichen Abstand haben, konvergieren zum Urknall hin gegen Null.

Unter der Annahme eines geschlossenen Universums mit genügend großere (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: ALLE Abstände konvergieren zum Urknall hin gegen Null.

Unter der Annahme eines offenen Universums mit genügend kleiner (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: für beliebig kleine Zeiten hin zum Urknall können immer Orte gefunden werden, deren Abstände beliebig groß sind.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:22
von deltaxp
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 14:25
deltaxp hat geschrieben:
8. Feb 2018, 13:45
ralfkannenberg hat geschrieben:
8. Feb 2018, 09:43
Moment bitte: gibt es akzeptierte Modelle, die ein Universum mit unendlich vielen Objekten vorsehen ? Der Bequemlichkeit halber unendlich ausgedehnt ja, aber unendlich viele Objekte ?
ein mathematisch konsistentes Modell, ist das der eternal Inflation. danach können unendlich viele und unendlich große Universen kreiert werden.
Hallo deltaxp,

das mag ja sein, aber hast Du das schon zu einem Zeitpunkt t=endlich oder erst zu einem Zeitpunkt t="unendlich" ?


Freundliche Grüsse, Ralf
ich versteh die frage nicht , das Modell der Inflation wurde natürlich vor einer endlichen zeit t erstellt.

wenn du dich auf das Universum beziehst. ist die frage nach t nicht eindeutig, weil die abhängig von der foliation ist. die zeit im eternal Inflation Bereich ist eine andere als die ím Universum nach dem phasenübergang. die unterschiedliche foliation führt auch dazu, dass aus dem eternal Inflation Bereich gesehen unser Universum endlich groß ist, von innerem des Universums es aber unendlich groß ist.

so oder so, es gab einen endlichen zeitpunkt in der skala wo die eternal Inflation begonnen hat, um die Singularität kommt die auch nicht herum, und einen endlichen Zeitpunkt t im eternal inflation spacein der unsere universumbubble begann und immer weiter läuft (irgendwo ist immer Urknall) und einen anderen Zeitpunkt t=0 wo für uns aus der Urknall bekann, wenn man salopp die Inflation als Urknall bezeichnet.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:52
von seeker
Ich denke die Inflationshypothese ist ein Thema für sich.
Sie führt m.M.n. auch nicht auf ein räumlich aktual unendlich ausgedehntes Universum hin, sondern auf ein potentiell unendlich ausgedehntes Universum.
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:21
Unter der Annahme eines offenen Universums mit genügend kleiner (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: für beliebig kleine Zeiten hin zum Urknall können immer Orte gefunden werden, deren Abstände beliebig groß sind.
Ich würde das weiter fassen:
Unter der Annahme eines Universums mit genügend kleiner (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: für beliebig kleine Zeiten hin zum Urknall können für Objekte, die heute einen angenommenen aktual unendlich großen Abstand zueinander haben immer Orte gefunden werden, wo deren Abstand auch dort aktual unendlich groß ist.

Blenden wir das Urknallereignis selbst aus (wo wir sicher davon ausgehen müssen, dass klassische Ansätze ohne Quanteneffekte keine Gültigkeit mehr haben) und auch die inzwischen unter Druck stehende Inflationshypothese, und beziehen uns auf sehr kleine Zeitabstände nach dem Urknall, wo wir noch rein die ART ansetzen können, dann wird es glaube ich einfacher einzuordnen:

Auch ein kurz nach dem Urknall räumlich aktual-unendlich ausgedehntes Universum kann eine extrem hohe Dichte aufweisen und kann sich dann im weiteren Verlauf ausdehnen, sodass die heute beobachtbare geringe Dichte resultiert - bei immer noch räumlich unendlicher Ausdehnung. Ein solches Universum beinhaltet zu jedem Zeitpunkt unendlich viele Objekte.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 16:58
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:52
tomS hat geschrieben:
8. Feb 2018, 16:21
Unter der Annahme eines offenen Universums mit genügend kleiner (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: für beliebig kleine Zeiten hin zum Urknall können immer Orte gefunden werden, deren Abstände beliebig groß sind.
Ich würde das weiter fassen:
Unter der Annahme eines Universums mit genügend kleiner (mittlerer) Dichte gem. der FRW-Modelle folgt: für beliebig kleine Zeiten hin zum Urknall können für Objekte, die heute einen angenommenen aktual unendlich großen Abstand zueinander haben immer Orte gefunden werden, wo deren Abstand auch dort aktual unendlich groß ist.
Ich habe das bewusst so präzise formuliert, um jede Diskussion über "Unendlich" zu vermeiden; der Mathematiker weiß, was gemeint ist.

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 17:02
von seeker
Ja, aber das ist ein wichtiger Punkt um den du dann herumlavierst. Ich finde er ist zu klären.
Die Annahme "aktual-unedlich" ist eine Option, die man widerspruchsfrei zu den Beobachtungsdaten annehmen kann, wenn man möchte, im Sinne von "man kann auch das nicht einfach von vorne herein ausschließen".

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 17:45
von Timm
deltaxp hat geschrieben:
8. Feb 2018, 13:45

Wichtig ist dabei anzumerken, dass die gesamtenergie der so genrierten Universen im Prinzip 0 ist, da die positive Energie der Materie und Strahlung durch die negative Energie der Gravitation ausgeglichen wird.
Das weicht ein bißchen vom Thema ab, ist aber ein häufig diskutierter interessanter Punkt.

So klar ist das keineswegs. So schreibt hier Sean Caroll

I personally think it’s better to forget about the so-called “energy of the gravitational field” and just admit that energy is not conserved, for two reasons.

First, unlike with ordinary matter fields, there is no such thing as the density of gravitational energy....

Re: War der Urknall punktförmig?

Verfasst: 8. Feb 2018, 17:48
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Feb 2018, 17:02
Ja, aber das ist ein wichtiger Punkt um den du dann herumlavierst.
Ich laviere nicht herum, ich formuliere das mathematisch präzise im Sinne eines Grenzwertes.

Da am Urknall eine Singularität vorliegt, und da im Falle eines “unendlichen Universums” eine Divergenz auftritt, muss man das so präzise formulieren, sonst kommt Unsinn dabei raus.

(und dann streiten wir wieder über unsinnige Formulierungen statt präzise Mathematik; mit wäre es sogar recht, dass ihr meinen verlinkten Beitrag bzgl. der mathematischen Präzision kritisch prüft)