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Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 01:14
von Herr5Senf
Diese dämlichen reellen Zahlen und immer wieder.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 01:17
von Pippen
ralfkannenberg hat geschrieben:
7. Aug 2017, 14:39
kannst Du mir einen konkreten Zeitpunkt nennen, der mit Tom's Axiomensystem nicht erfasst wird ?
Nein. Toms System ist einfach zu ausdrucksschwach, um mein Problem erfassen zu können. Tom benutzt die Zeit ausschließlich eindimensional von einem Zeitpunkt t aus betrachtet. Das ist ziemlich genau so, wie man in der Mathematik Folgen definiert, nämlich explizit oder rekursiv von einem Ausgangspunkt aus. Doch mir geht es darum, ob man diese Folgen umkehren kann, weil ich Zeit als eine Folge sehe, auf der man Hin aber genauso Zurück abzählen kann! Und bei unendlichen Folgen geht das nicht, weshalb es für mich auch keine Ewigkeiten geben darf. Toms System ist für mich schlecht, weil zu ausdrucksschwach. So könnte er und sein System folgende Aufgabe nicht meistern: Schildere die Abfolge der Zeit bis zum heutigen Tage! Er kann immer nur erklären, was vom heutigen Tage aus passiert ist oder passieren wird. Und hier zeigt sich dann die Ausdrucksschwäche seines Systems, weil es einfache Aufgaben nicht bewerkstelligen kann, die es bewerkstelligen sollen könnte. Im System selbst kann ich ihm keinen Fehler oder Widerspruch nachweisen, ganz klar.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 07:26
von tomS
seeker hat geschrieben:
7. Aug 2017, 23:35
... wir könnten in einem Universum ohne Singularitäten leben und Pippen hätte immer noch ein Problem, weil er einen Anfang will.
Das habe ich schon im Juni geschrieben:
tomS hat geschrieben:
18. Jun 2017, 15:13
Wenn man zuerst gedanklich einen Anfang setzt und anschließend logisch überlegt, wie man von einer unendlich fernen Vergangenheit zur Gegenwart gelangt, erscheint letzteres unter der zuerst getroffenen Annahme unlogisch. Wenn man umgekehrt zunächst gedanklich eine unendlich ferne Vergangenheit zulässt und anschließend logisch über einen Anfang nachdenkt, von dem aus man zur Gegenwart gelangt, erscheint wiederum letzteres unter der zuerst getroffenen Annahme unlogisch.
tomS hat geschrieben:
24. Jun 2017, 08:20
Was spricht logisch gegen das flache Minkowski-Universum als einfachste Lösung der ART? In diesem Universum reicht die Zeit bis in die unendlich ferne Vergangenheit. Zu jedem Zeitpunkt, zu jedem Ereignis und zu jeder Beobachtung lässt sich eine Vergangenheit finden. Wenn du deine Forderung "und weil dies Gegenwart aus der Vergangenheit erreicht in endlicher Zeit erreicht worden ist ..." fallen lässt, dann ist dieses Weltmodell wunderbar logisch konsistent. Es handelt sich also um deine Forderung, die im Kontext dieses Weltmodells problematisch bzw. nicht mit ihm verträglich ist. Deine Forderung alleine, jedoch auch das Weltmodell für sich genommen sind logisch (letzteres auch mathematisch) konsistent

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 07:28
von tomS
Pippen hat geschrieben:
8. Aug 2017, 01:17
Im System selbst kann ich ihm keinen Fehler oder Widerspruch nachweisen, ganz klar.
Gut, dann sind wir uns da ja einig.
Pippen hat geschrieben:
8. Aug 2017, 01:17
Toms System ist einfach zu ausdrucksschwach, um mein Problem erfassen zu können ... sein System [könnte] folgende Aufgabe nicht meistern: Schildere die Abfolge der Zeit [aus dem negativ Unendlichen] bis zum heutigen Tage! Er kann immer nur erklären, was vom heutigen Tage aus passiert ist oder passieren wird. Und hier zeigt sich dann die Ausdrucksschwäche seines Systems, weil es einfache Aufgaben nicht bewerkstelligen kann, die es [nach Pippens Meinung] bewerkstelligen sollen könnte.
Wie ich oben schon sagte: es ist deine Grundhaltung die Aufgabe gemäß Pippens Meinung, die mit meinem System nicht zusammenpasst. Mein System alleine funktioniert wunderbar, in der QM, der RT, ...

Deswegen bin ich auch nicht der Meinung, mein System sei zu schwach. Es liefert einen konsistenten Rahmen für erfolgreiche physikalische Theorien, und es erlaubt die Lösung der Aufgabe Schildere die Abfolge der Zeit von einem beliebigen, endlichen Zeitpunkt bis zum heutigen Tage.
tomS hat geschrieben:
23. Jul 2017, 13:53
Mein Modell löst dieses Problem nicht, es enthält dieses Problem nicht einmal.

...

Nun zu dem, was das Axiomensystem nicht leistet:

Das Problem des absoluten Anfangs entsteht erst dadurch, dass du es hineininterpretierst, weil du gerne einen absoluten Anfang hättest, aus philosophischen Gründen o.ä. Wenn dies so ist, dann hast du mit meinem Axiomensystem ein Problem, das Axiomensystem selbst hat dieses Problem nicht, es kann einfach nichts über einen absoluten Anfang sagen. Das mag dir als Defizit erscheinen, weil das Axiomensystem deiner Meinung nach zu schwach ist, aber es ist kein inhärentes Problem des Axiomensystems.
Mein System vermeidet dein Problem des absoluten Anfangs, d.h, es ist ist tatsächlich schwächer, jedoch gerade daher besser.

Mein System erlaubt unmittelbar die Diskussion des absoluten Anfangs bei endlicher Zeit (in der ART).

Es vermeidet das Problem des absoluten Anfangs bei negativ unendlicher Zeit, weil dies bereits mathematisch in sich problematisch ist:
ralfkannenberg hat geschrieben:
24. Jul 2017, 01:10
... was Du schreibst ist unzutreffend. Die Peano-Axiome ... liefern Dir unendlich viele Elemente, aber diese sind alle endlich. Ein unendliches Element liefern die Peano-Axiome nicht.
Mein System erlaubt die Einführung einer neuen Zeitvariable T = f(t), bei der ein gedachter Anfang für negativ unendliches t einem endlichen T entspricht. D.h. es ermöglicht die Diskussion eines absoluten Anfangs bei endlichem T, der dem von dir gewünschten absoluten Anfang bei negativ unendlichem t entspricht. Der absolute Anfang ist dabei nicht von vorneherein im Axiomensystem festgeschrieben, kann allerdings mittels T = f(t) auf Basis des Axiomensystems formuliert werden.

Evtl. lohnt es sich, dass du dir das mal anschaust.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 09:46
von seeker
Pippen hat geschrieben:
8. Aug 2017, 01:17
ralfkannenberg hat geschrieben:
7. Aug 2017, 14:39
kannst Du mir einen konkreten Zeitpunkt nennen, der mit Tom's Axiomensystem nicht erfasst wird ?
Nein. Toms System ist einfach zu ausdrucksschwach, um mein Problem erfassen zu können. Tom benutzt die Zeit ausschließlich eindimensional von einem Zeitpunkt t aus betrachtet. Das ist ziemlich genau so, wie man in der Mathematik Folgen definiert, nämlich explizit oder rekursiv von einem Ausgangspunkt aus. Doch mir geht es darum, ob man diese Folgen umkehren kann, weil ich Zeit als eine Folge sehe, auf der man Hin aber genauso Zurück abzählen kann! Und bei unendlichen Folgen geht das nicht, weshalb es für mich auch keine Ewigkeiten geben darf. Toms System ist für mich schlecht, weil zu ausdrucksschwach. So könnte er und sein System folgende Aufgabe nicht meistern: Schildere die Abfolge der Zeit bis zum heutigen Tage! Er kann immer nur erklären, was vom heutigen Tage aus passiert ist oder passieren wird. Und hier zeigt sich dann die Ausdrucksschwäche seines Systems, weil es einfache Aufgaben nicht bewerkstelligen kann, die es bewerkstelligen sollen könnte. Im System selbst kann ich ihm keinen Fehler oder Widerspruch nachweisen, ganz klar.
Wie wäre deine Forderung denn in der Mathematik umsetzbar?

Müsste man nicht die natürlichen Zahlen (oder zumindest Q+ oder R+, aber das wäre schon problematisch) als Grundmenge annehmen?
(Und dann? Wie ginge es dann weiter, was könnte man darauf bauen, was nicht? Ist ein Problem nicht auch, dass wenn ich einen allgemeinen absoluten Anfangspunkt in der Vergangenheit setze, dass ich dann den Jetzt-Zeitpunkt nicht kenne? Welchen Zahlenwert hat "jetzt", wenn man in einem Universum ohne Singularitäten lebt, in dem die Zeit mit den nat. Zahlen und mit der 0 als Anfangspunkt modelliert wird?)

Das oder irgendeine Abbildung t(-unendlich) -> T(endlicher Wert), was aber nicht ganz dasselbe ist.
Oder fällt dir (euch) noch etwas anderes dazu ein?

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 8. Aug 2017, 10:32
von tomS
seeker hat geschrieben:
8. Aug 2017, 09:46
... oder irgendeine Abbildung t(-unendlich) -> T(endlicher Wert), was aber nicht ganz dasselbe ist.
Das war Ralfs und mein Vorschlag. Ich denke, das sollte man diskutieren, bevor man sich wieder was Neues anschaut.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 9. Aug 2017, 00:55
von Pippen
@tom: Aber deine Theorie kann folgende triviale Aufgabe nicht erklären: Modellieren Sie bitte die letzten 100s vor dem Aufprall des Kometen auf die Erde. Daran scheitert eine Physik mit deinem Zeitmodell, weil die immer nur in umgekehrter Richtung modellieren kann - einer Richtung, die gerade nicht dem Zeitfluß (und der o.g. Aufgabe) entspricht. Wie gesagt: Ich hätte da gern ein Modell, wo man die Folge beliebig "vor- und zurückspulen" (abzählen) kann und wo man das kann, da braucht man immer einen Anfang.

@seeker: ME muss man beweisen können, dass man keine unendliche Folge "vor- und zurückzählen" kann und ich lehne mich hier sogar mal weit heraus und postuliere, dass mit "zählen" eine Bijektion gemeint ist, also noch nichtmal das tatsächliche Abzählen, sondern das theoretische, also am Bsp.: Kann man die Folge 0,1,2,3,... umkehren in ...,3,2,1,0? Die erste Abzählvorschrift für die Folge 0,1,2,... lautet: ai = i (i € IN). Wie soll das umgekehrt aussehen? Da muss eine Funktionsvorschrift stehen, die für alle natürlichen Zahlen die Folge ...,3,2,1,0 erschafft. Kann man beweisen, dass das gar nicht geht, weil davon gehe ich erstmal nur gefühlsmäßig aus und für mich waren auch reelle Zahlen gefühlsmäßig lange abzählbar, soweit also dazu. :)

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 9. Aug 2017, 01:23
von Herr5Senf
In der Physik gibt es Phasenübergänge,
in der Mathematik kenne ich mich nicht aus :?

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 9. Aug 2017, 03:40
von Skeltek
Bin vor kurzem erst mit Arbeiten fertig geworden und dachte ich guck mir ein paar Threads noch grob durch.
Habe zwar nur die letzten beiden Seiten hier gelesen, aber falls ich das jetzt richtig verstehe...
Pippens Problem soweit ich es verstanden habe ist kniffig - müsste ich eigentlich erst gründlicher nachdenken, aber sagen würde ich gerne schonmal eines:
Sache ist teilweise auch, dass ein Universum mit einem Anfang und keinem Ende das Problem hat, daß die Gegenwart sich in endlicher Entfernung zum Anfang(/Urknall?) befindet (und das ist schon ein großer Zufall, obwohl sich jeder existente Zeitpunkt in endlicher zeitlicher Distanz zum Urknall befindet).
Logisch müsste man schlussfolgern, dass ein Universum mit einem Anfang und einer unendlich langen Zukunft zu einem beliebigen zufälligen(!) Zeitpunkt sich bereits unendlich weit vom Anfang weg entwickelt hat.
Aus Sicht eines beliebigen zufälligen Entwicklungsstandes des Universums, müsste die zeitliche Entfernung zu einem tatsächlich existierenden Anfang des Universums unendlich sein - somit wäre von diesem Zeitpunkt aus betrachtet nicht unterscheidbar, ob es einen Anfang tatsächlich gab oder nicht.

Deshalb ist es komisch, dass sich das Universum momentan auf einen ganz bestimmten Zustand hin entwickelt; die 'Gegenwart' an sich ist sein Problem?
Keine Ahnung ob ich das gerade richtig in Worte fassen konnte.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 9. Aug 2017, 03:47
von tomS
Pippen hat geschrieben:
9. Aug 2017, 00:55
@tom: Aber deine Theorie kann folgende triviale Aufgabe nicht erklären: Modellieren Sie bitte die letzten 100s vor dem Aufprall des Kometen auf die Erde. Daran scheitert eine Physik mit deinem Zeitmodell, weil die immer nur in umgekehrter Richtung modellieren kann ...
Das ist falsch; du hast mein Modell offensichtlich nicht verstanden.

Mein Modell bietet trivialerweise die Basis für die Lösung deiner Fragestellung im Rahmen der Newtonschen Mechanik.

1) Stelle eine Bewegungsgleichung auf
2) Setze Anfangsbedingungen an
3) Löse (1) unter Beachtung von (2)

Entweder setzt du Zeit, Ort und Geschwindigkeit für den Aufprall fest und rechnest zu den früheren Bewegungszuständen zurück. Oder du setzt zu einer früheren Zeit Ort und Geschwindigkeit fest und berechnest vorwärts, ob, wann, wo usw. der Aufprall erfolgt.

Das konnte schon Newton.

Wie kommst du darauf, dass das mit meinen System nicht ginge? Welches Axiom sagt dir das?

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 9. Aug 2017, 11:08
von seeker
Interessanter Gedanke, Skeltek!

Aber ich denke die Lösung liegt hierin...
Skeltek hat geschrieben:
9. Aug 2017, 03:40
Aus Sicht eines beliebigen zufälligen Entwicklungsstandes des Universums, müsste die zeitliche Entfernung zu einem tatsächlich existierenden Anfang des Universums unendlich sein

...dass man das nicht annehmen darf. Wir befinden uns hier und heute nicht an einem zufälligen Zeitpunkt in der Entwicklungsgeschichte des Universums.
Wir befinden uns an einem Zeitpunkt, wo Leben möglich ist. Es ist absehbar, dass das in ferner aber endlicher Zukunft nicht mehr gegebn sein wird.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 10. Aug 2017, 20:52
von Gepakulix
@Pippen
Ich bin völlig deiner Ansicht:
Basierend auf deinem Zeitmodell ergibt es einen logischen Widerspruch
- zwischen der Annahme, dass der Anfang der Zeit im negativen Unendlich war,
- und der Tatsache, dass wir im heutigen Zeitpunkt leben.

Es bleibt dann nichts anderes übrig, als dein Zeitmodell anzuschauen und entsprechend zu korrigieren.
Aber eigentlich ist es genau dieser Widerspruch (dieses "Unerklärbare"), welches dieses Zeitmodell dermassen interessant macht.

Die Situation erinnert mich an die heutige Suche mit erhöhten Energien am Cern:
Falls die laufenden Experimente Ergebnisse zeigen, welche mit dem bestehenden Modellen nicht erklärbar sind, dann ist das auch der Grundstein für weitere Fortschritte. Das begründet auch die heutige Hoffnung, dass man am Cern etwas findet, das noch nicht erklärbar ist.
Mit deinem Zeitmodell hast du solch einen Widerspruch fixiert. Das gibt einen guten Ansatz um weiterzukommen.


Im Gegensatz dazu hat das heuteige Zeit-Modell der Physik diesen Vorteil nicht. Es ist optimiert um jede Menge anderer Fragen zu beantworten.
Es ermöglicht aber keine Aussage über den Beginn der Zeit vor einer Unendlichkeit. Es ist somit nicht geeignet, entsprechende Fragen zu beantworten.

Und eine der Fragen, welche fast jeden Menschen einmal interessiert, ist:
"Wie hat alles angefangen, und was war vorher".

Eigentlich müsste die Beantwortung dieser Frage zum Zielgebiet der Physik gehören. Da genügt es nicht zu erklären, dass diese Frage (mit dem aktuellen Zeitmodell) nicht existiert.
Andernfalls wird die Frage halt von den Religionen beantwortet.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 11. Aug 2017, 01:44
von Skeltek
Man hat doch den Urknall aus der Expansion des Weltalls aus zurück extrapoliert...
Nehmen wir einmal an, der Verlauf wäre irgendwie anders, ohne eine rechnerische Singularität...
Nach einer Phase die nur lange genug sein muss, ist doch zu erwarten, dass sich das Expansionsgeschwindigkeitsdifferential bzw Expansionsrate bzw Hubblekonstante irgendwann auf einen längerfristig oder zeitweise auf einen relativ konstanten Wert einpendelt, welcher zumindest eine kosmische Zeitspanne/Weile bestehen bleibt.

Würde das Universum im Wechsel Phasen von Wechselhaftigkeit&Chaos und Phasen von Stabilität durchlaufen, ist doch womöglich zu erwarten, dass wir uns nur bilden konnten, wenn das Universum eine Zeit lang bereits eine konstante Expansionsrate hatte bzw stabil bleibt.
Von dem Punkt aus gesehen, ist es womöglich sogar wahrscheinlich, dass das was Lebewesen überhaupt beobachten können zum Zeitpunkt derer Existenz mindestens stabil zu sein scheinen muss - egal ob es das langfristig ist oder nicht.
Das erscheint mir zumindest wahrscheinlicher, als dass wir uns in einer ganz kurzen Phase befinden, in der Existenz überhaupt möglich ist, welche direkt nach der Entstehung des Universums liegt und von einer Ewigkeit gefolgt ist.

Man sollte zumindest nicht ausschließen, dass Leben möglicherweise nur zu den Zeitpunkten möglich ist, an denen das Universum expandiert - ein Naturgesetz/Mechanik/Systematik könnte dafür sorgen, dass stabile Strukturen nur in den Phasen überhaupt möglich ist, in denen Expansion vorherscht, da nur in Phasen der Expansion Entropie zunimmt und vielleicht nur so stabile Strukturen entstehen können.

So würde sich der scheinbare "Anfang" des Universums als Urknall relativieren, da in jeder Phase des Universums wo Leben möglich ist, ein scheibarer Anfang beobachtet bzw extrapoliert wird.

Alles andere würde die Frage nach dem "Wieso existiere ich gerade jetzt?" zu einem noch abstruseren "Wieso existiereich überhaupt" werden lassen.
Dass nur jetzt Leben möglich ist ist eine Sache, eine andere weshalb man nicht eine der leblosen Phasen des Universums "erwischt" hat und daher nie geboren wurde.

Das intuitiv wahrscheinlichste (Intuition kann trügen) ist denke ich irgendwie auch, dass man sich in einem zeitlich unendlich ausgedehnten Universum "irgendwo mittendrin" befindet statt am Anfang oder einem sonstigen Rand.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 11. Aug 2017, 12:45
von seeker
Gepakulix hat geschrieben:
10. Aug 2017, 20:52
Ich bin völlig deiner Ansicht:
Basierend auf deinem Zeitmodell ergibt es einen logischen Widerspruch
- zwischen der Annahme, dass der Anfang der Zeit im negativen Unendlich war,
- und der Tatsache, dass wir im heutigen Zeitpunkt leben.
Durch die Annahme eines Anfangs löst man das Problem nicht, denn dann stellt sich die Frage: "Woher kommt der Anfang?"
Es handelt sich bei dem Problem eigentlich um das Münchhausen-Trilemma:
dass jegliche Versuche für eine Letztbegründung scheitern müssen bzw. ins Münchhausen-Trilemma führen. Das Münchhausen-Trilemma bedeutet, dass jeder Versuch des Beweises eines letzten Grundes zu einem von drei möglichen Ergebnissen führt:

1. zu einem Zirkelschluss, (die Conclusio soll die Prämisse beweisen, benötigt diese aber, um die Conclusio zu formulieren)
2. zu einem infiniten Regress (es wird immer wieder eine neue Hypothese über die Begründbarkeit eines letzten Grundes formuliert, die sich jedoch wiederum als unzureichend erweist oder wieder in einen Zirkel führt)
3. zum Abbruch des Verfahrens
https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchhausen-Trilemma

Pippen bevorzugt nun 3. gegen 1. und 2., denn die Annahme eines absoluten Anfangs bedeutet genau das: Abbruchs des Verfahrens!
Das Verfahren ist: "Ursache->Wirkung, wobei t(Ursache) < t(Wirkung)"

Hauptproblem bei 3. ist:
„Wenn es eine Letztbegründung gäbe (was glücklicherweise schlecht möglich ist), würde diese unweigerlich zu einem Dogma führen.“
und
Der von Popper begründete Kritische Rationalismus argumentiert mit dem Trilemma gegen das herkömmliche bzw. „klassische“ Vernunftverständnis, die Rechtfertigungsstrategie, die darauf abzielt, dass jeder Versuch einer unanzweifelbar gültigen Begründung einer Aussage, sei dieser deduktiv, induktiv, kausal, transzendental oder auf jedwede andere Weise geführt, daran scheitert, dass eine sichere Begründung wiederum sicher begründet werden muss.
D.h.: Das Verfahren (Ursache->Wirkung), das unter Ablehnung von 1. und 2. zu 3. führt, kann nicht sicher begründet werden und ist zudem in 1. außer Kraft gesetzt.
Daraus folgt: Auch 3. kann nicht sicher begründet werden (selbst dann nicht, wenn man 1. und 2. von vorne herein ausschließt).

und
Nicht zuletzt steckt hinter der Debatte folgende wesentliche Motivation: Kann und darf es ein irgendwie geartetes Dogma geben?
https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchhausen-Trilemma

Kurz: Pippens Vorschlag, konsequent umgesetzt, führt zwangsläufig zu einem Dogma!

Unterm Strich gilt m.M.n. folgendes:

Was wir nicht wissen, wissen wir nicht!

Und wenn wir nicht wissen, ob nun 1. oder 2. oder 3. gegeben ist oder ob das Trilemma vielleicht auch nur dadurch entsteht, dass wir in irgendeiner Weise falsch denken, falsche bzw. unzureichende gedankliche Ansätze/Konzepte verwenden, dass es sich also evtl. nur um ein Problem unseres Denkens handelt, nicht um ein Problem der Natur selbst, dann dürfen wir darauf auch keine Wissenschaft aufbauen, wir dürfen an dem Punkt nicht 1., 2. oder 3. bevorzugen, wir müssen diese Frage offenhalten, so lange wir es nicht wissen, wenn wir unsere naturwissenschaftlichen Prinzipien nicht aufgeben wollen. D.h.: Auch unsere wissenschaftlich-mathematischen Modelle müssen das offenhalten, alles andere wäre Dogmatismus.

Wir wissen ja nicht einmal, ob das gedankliche Konzept "Unendlichkeit" in der realen Welt überhaupt existiert oder nicht existiert - und falls ja, inwiefern, auf welche Art und Weise, auf welche nicht? Wir wissen auch nicht was "Zeit" genau ist und ob sie überhaupt wirklich existiert, noch wissen wir, ob das damit zuammenhängende Ursache-Wirkungs-Prinzip wirklich "da draußen" existiert oder ob es nicht vielmehr nur ein Ordnungskonzept unserer gedanklichen Anschauung ist, mithilfe dessen wir versuchen die Welt besser zu verstehen, ohne wirklich zu wissen, ob nicht andere Ordnungskonzepte ab einem gewissen Punkt des Verständnisses vielleicht besser geeignet wären.

Man kann da viel spekulieren bei dem Thema, aber wissen kann man nicht, das ist der eigentliche Punkt.
Gepakulix hat geschrieben:
10. Aug 2017, 20:52
Und eine der Fragen, welche fast jeden Menschen einmal interessiert, ist:
"Wie hat alles angefangen, und was war vorher".

Eigentlich müsste die Beantwortung dieser Frage zum Zielgebiet der Physik gehören. Da genügt es nicht zu erklären, dass diese Frage (mit dem aktuellen Zeitmodell) nicht existiert.
Andernfalls wird die Frage halt von den Religionen beantwortet.
Die Physik darf solche Fragen aber nur unter Befolgung ihrer Prinzipien, nur in den selbsgesetzten Grenzen der Wissenschaftlichkeit angehen. Und diese Frage liegt nunmal letztlich nicht in ihren Grenzen, das muss man akzeptieren, die Wissenschaft ist nicht in der Lage alle unsere Fragen zu beantworten!
Insbesondere darf sie keine letztgültigen Antworten liefern! Würde sie es dennoch versuchen/tun, wäre sie keine Wissenschaft mehr, sondern "Religioscience", wahrhaft eine neue Religion.
Ich möchte sowas nicht.
Die Frage kann, nein muss von der Philosophie und den Religionen angegangen werden - oder ganz unbeantwortet bleiben, es bleibt da leider keine Wahl.

Vorläufige Teilantworten wiederum kann die Physik liefern, z.B. sagt sie uns im Urknallmodell, dass dort auch der Anfang unserer Zeit, der Zeit unseres Universums zu finden ist.
Sie sagt uns aber nicht (sicher), was vor dem Urknall war und was dessen kausale Ursache war, falls er eine hatte, ob es andere Zeit jenseits der Zeit in unserem Universum gibt/gab, usw., das ist alles hochspekulatives Gebiet.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 11. Aug 2017, 15:35
von Analytiker
seeker hat geschrieben:
11. Aug 2017, 12:45
]
Die Physik darf solche Fragen aber nur unter Befolgung ihrer Prinzipien, nur in den selbsgesetzten Grenzen der Wissenschaftlichkeit angehen. Und diese Frage liegt nunmal letztlich nicht in ihren Grenzen, das muss man akzeptieren, die Wissenschaft ist nicht in der Lage alle unsere Fragen zu beantworten!
Da hat seeker recht!

Auch die Logik und die Mathematik hat ihre Grenzen!

Die beiden Gödelschen Unvollständigkeitssätze besagen das eindeutig.

Selbst in hinreichend widerspruchsfreien Systemen gibt es unbeweisbare Aussagen und hinreichend starke widerspruchsfreie Systeme können ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen.

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6de ... gkeitssatz

Wenn man das nicht akzeptiert und nach anderen Wahrheiten sucht, begibt man sich in das Reich der Phantasterei.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 11. Aug 2017, 19:27
von Gepakulix
seeker hat geschrieben:
11. Aug 2017, 12:45
Durch die Annahme eines Anfangs löst man das Problem nicht, denn dann stellt sich die Frage: "Woher kommt der Anfang?"
Aus meiner Sicht sind hier 2 Probleme vergraben:
- Missverständnis
- Logik-Problem


Misverständnis:
Mit der Bezeichnung "Der Anfang war im Unendlichen" verstehe ich dasselbe wie: Es war immer so, ohne jeden Anfang

Logik-Problem
Die meisten Logik-Probleme liegen in Annahmen, welche man unbewusst macht, jedenfalls nicht erwähnt hat und welche möglicherweise nicht zutreffen.
Aus meiner Sicht ist das auch hier der Fall.

Die im Zitat hinterlegte Annahme scheint zu sein, dass der ursprüngliche Default-Zustand von allem (vom Universum oder wie man das auch immer bezeichnen mag) das "Nichts" ist/war.
Wenn man diese unbewusste Annahme macht, dann benoetigt es tatsächlich einen Anfang, bei dem es zu einem Uebergang vom "Nichts" zum "Existieren" kommt.

Nur gibt es keinerlei Hinweise, dass das "Nichts" je mehr als ein abstrakter Gedankengang des Menschen ist.
Jedenfalls gibt es meines Wissens kein anerkanntes Experiment in der Physik, wo das "Nichts" nachgewiesen würde. Man kann aber nicht einfach jedem abstrakten Gedanken eine physikalische Existenz zuweisen. Wir kennen zwar das bekannte Wort "Aus Staub sind wir, zu Staub werden wir". Im Hinterkopf wird das aber übersetzt mit "Aus dem Nichts kommen wir, ins Nichts gehen wir". Man kann zwar so eine Annahme machen, dann muss man sie aber auch deklarieren und begruenden.

Aus meiner Sicht ist es recht gewagt anzunehmen, dass unser Universum einen Anfang hat.

seeker hat geschrieben:
11. Aug 2017, 12:45
ie Physik darf solche Fragen aber nur unter Befolgung ihrer Prinzipien, nur in den selbsgesetzten Grenzen der Wissenschaftlichkeit angehen.
Mich irritiert hier das Wort "angehen".
Angehen kann ich im Prinzip jedes Thema. Aber ich kann keine abschliessende Aussage machen, wenn die eigenen Prinzipien etc nicht erfüllt ist.
Auch "Brainstorming" wird in der Physik angewandt. Und "Brainstorming" befolgt keinesfalls diese Prinzipien.
Wenn man auch das "chaotische Herangehen" an ein Thema unterbindet, dann ist das schon etwas nahe an selbst auferlegter Zensur.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 11. Aug 2017, 20:23
von Analytiker
Gepakulix hat geschrieben:
11. Aug 2017, 19:27
seeker hat geschrieben:
11. Aug 2017, 12:45
ie Physik darf solche Fragen aber nur unter Befolgung ihrer Prinzipien, nur in den selbsgesetzten Grenzen der Wissenschaftlichkeit angehen.
Mich irritiert hier das Wort "angehen".
Angehen kann ich im Prinzip jedes Thema. Aber ich kann keine abschliessende Aussage machen, wenn die eigenen Prinzipien etc nicht erfüllt ist.
Auch "Brainstorming" wird in der Physik angewandt. Und "Brainstorming" befolgt keinesfalls diese Prinzipien.
Wenn man auch das "chaotische Herangehen" an ein Thema unterbindet, dann ist das schon etwas nahe an selbst auferlegter Zensur.
Die Physik hat sich an die Regeln der Logik zu halten. Der Logik sind klar Grenzen gesetzt, siehe Gödel. Phantasterei und Physik sollte man nicht vermischen. Das macht man höchstens in der Science Fiction. Wer meint die bekannten Naturgesetze meint widerlegen zu können, der trete hervor.

Natürlich ist anzunehmen, dass die Physik noch nicht am Ende ihrer Erkenntnis ist. Es wird aber zunehmen schwieriger noch mehr an Erkenntnis zu gewinnen. Es gibt Grenzen der Erkenntnis.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 12. Aug 2017, 10:58
von seeker
Skeltek hat geschrieben:
11. Aug 2017, 01:44
Würde das Universum im Wechsel Phasen von Wechselhaftigkeit&Chaos und Phasen von Stabilität durchlaufen, ist doch womöglich zu erwarten, dass wir uns nur bilden konnten, wenn das Universum eine Zeit lang bereits eine konstante Expansionsrate hatte bzw stabil bleibt.
Von dem Punkt aus gesehen, ist es womöglich sogar wahrscheinlich, dass das was Lebewesen überhaupt beobachten können zum Zeitpunkt derer Existenz mindestens stabil zu sein scheinen muss - egal ob es das langfristig ist oder nicht.
Das erscheint mir zumindest wahrscheinlicher, als dass wir uns in einer ganz kurzen Phase befinden, in der Existenz überhaupt möglich ist, welche direkt nach der Entstehung des Universums liegt und von einer Ewigkeit gefolgt ist.

Man sollte zumindest nicht ausschließen, dass Leben möglicherweise nur zu den Zeitpunkten möglich ist, an denen das Universum expandiert - ein Naturgesetz/Mechanik/Systematik könnte dafür sorgen, dass stabile Strukturen nur in den Phasen überhaupt möglich ist, in denen Expansion vorherscht, da nur in Phasen der Expansion Entropie zunimmt und vielleicht nur so stabile Strukturen entstehen können.
Man könnte sich auch ein ewiges, zyklisches Universum vorstellen, das unaufhörlich aber abwechselnd einmal expandiert, dann wieder kontrahiert, dann wieder expandiert, usw., ohne zeitlichen Anfang und ohne Ende, ja.
Ob wir in einem solchen leben wissen wir nicht, also ist das Spekulation.

Ein Problem mit dieser Annahme in Kombination mit der Annahme "Wir leben zu einem zufälligen Zeitpunkt" oder besser noch "Wir leben zu einer zufälligen Expansionsphase" besteht auch darin, dass man aus einer solchen unendlichen Menge/Zeitspanne nicht gleichverteilt-zufällig einen Zeitpunkt bzw. eine Expansionsphase n auswählen kann. Aus N oder Z kann man auch nicht gleichverteilt-zufällig eine Zahl ziehen. (Gleichverteilt bedeutet hier, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit für jeden Zeitpunkt bzw, Zyklus exakt gleich ist.)
Nun würde ich eine gleichverteilt-zufällige Ziehung hier gerne "echten Zufall" nennen und eine nicht-gleichverteilt-zufällige Ziehung "eingeschränkten Zufall" nennen (weil dort irgendein Mechanismus oder eine Hintergrundstruktur, sozusagen eine Restkausalität noch so hineinwirken muss, dass nicht jedes Ereignis mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eintreten kann).

D.h. folgendes:
Nummerieren wir die Expansionsphasen mithilfe von Z: ...-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,... und geben wir unserer eigenen die Zahl "1".
Daraus folgt: In so einem zyklischen Universum ist es unmöglich, dass wir zu einer echt-zufällig gewählten Expansionsphase aufgetaucht sind!
Die Wahrscheinlichkeit dass mit uns die "1" gezogen wurde ist exakt Null. Das gilt für jede Zahl in Z und auch für jeden finiten Bereich in Z (z.B. {1,2,3,4,5}), gleich wie groß dieser Bereich ist, es gilt immer, dass die Wahrscheinlichkeit nicht in diesem Bereich zu landen 100% ist.

Daraus folgt:
Der Zeitpunkt unseres Auftauchens kann in so einem Universum nicht echt-zufällig sein (nicht gleichverteilt-zufällig).
(Einzige Ausnahme, die mir hier einfällt: p ist stets 1, wir tauchen in jedem Zyklus auf. Dann kann man aber nicht mehr von Zufall sprechen, bei p=1 spricht man von Naturgesetzlichkeit/Kausalität, unser Auftauchen wäre dann in jedem Zyklus notwendig/unvermeidbar.)

Dasselbe gilt für ein zyklisches Universum, das einen Anfang aber kein Ende hat (Expansionsphasen-Nummern darstellbar in N: 1,2,3,4,5,...)

Ich würde (etwas spekulativ) aus diesem Umstand heraus sogar im Umkehrschluss auch darüber nachdenken, ob man nicht sogar folgendes ableiten kann:

Fall wir in einem zyklischen Universum leben und doch zu einem echt-zufälligen Expansions-Zyklus aufgetaucht sind, dann muss dieser Zyklus zwangsläufig schon im (aktual) Unendlichen liegen, denn jeder endliche Zyklus (1,2,3,...) ist ausgeschlossen (p ist dort stets 0).
Mathematisch müsste man dazu wohl ein wenig in die Trickkiste greifen, man müsste z.B. N durch einen infiniten Zahlenbereich erweitern oder so etwas in der Art.
Wir würden uns dann in diesem erweiterten Bereich befinden.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 12. Aug 2017, 15:08
von tomS
Das Problem ist, dass die Argumentation der Physiker hier nicht verstanden wird und dass nicht einmal der Versuch gemacht wird, sie zu verstehen. Das Problem steckt nämlich überhaupt nicht in dem Modell der Zeit t selbst, sondern in der Dynamik - die ich mit U bezeichne - "auf" der Zeit.

Erst die Dynamik entscheidet nämlich, was die physikalische Zeit tatsächlich ist; diese ist i.A. von der naiv eingeführten Koordinate t verschieden.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 13. Aug 2017, 04:29
von Skeltek
seeker hat geschrieben: Nummerieren wir die Expansionsphasen mithilfe von Z: ...-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,... und geben wir unserer eigenen die Zahl "1".
Das ist nicht sinnig. Jeder Zeitpunkt befindet sich hier für sich gesehen bei seiner eigenen "0"

Habe auch irgendwie das Gefühl, dass die Problematik nicht im "wann" liegt - die Ansicht, dass schlicht jeder Zeitpunkt exakt einmal vorhanden ist wäre als Möglichkeit durchaus tragbar. Wir sind einfach irgendwo auf dem Zeitstrahl, und davor und dahinter ist unendlich viel!
Womit man eher nicht klar kommt ist denke ich das metrische, wie kam es jetzt gerade ausgerechnet zu dem Verlauf... eben weil jetzt Jetzt ist.

@tomS:
Da kann ich nur jedem einzelnen Wort zustimmen.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 14. Aug 2017, 09:42
von seeker
tomS hat geschrieben:
12. Aug 2017, 15:08
Das Problem steckt nämlich überhaupt nicht in dem Modell der Zeit t selbst, sondern in der Dynamik - die ich mit U bezeichne - "auf" der Zeit.

Erst die Dynamik entscheidet nämlich, was die physikalische Zeit tatsächlich ist; diese ist i.A. von der naiv eingeführten Koordinate t verschieden.
Ich glaube, es ist ein zweigeteiltes Problem

1. Ein philosophisches Problem
2. Ein physikalisches Problem

Man muss das wohl sauber trennen, das ist richtig. Und dann kann man sich die "Nahtstelle" anschauen.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 14. Aug 2017, 13:20
von tomS
seeker hat geschrieben:
14. Aug 2017, 09:42
Ich glaube, es ist ein zweigeteiltes Problem

1. Ein philosophisches Problem
2. Ein physikalisches Problem

Man muss das wohl sauber trennen, das ist richtig. Und dann kann man sich die "Nahtstelle" anschauen.
Ich halte es in der Naturwissenschaft im Allgemeinen und in der Physik im Speziellen für falsch, philosophische Probleme "abgelöst" oder unabhängig von physikalischen Problemen zu betrachten. Die Physik und dabei insbs. das Experiment liefert uns nicht-hinterfragbare Randbedingungen. Ein Beispiel sind diverse no-go-Theoreme der QM, die uns noicht unbedingt sicher sagen, wie die Natur funktioniert, die uns aber mit absoluter Sicherheit sagen, wie sie sich uns nicht zeigt, und welche mathematischen Modelle daher sicher unzutreffend sind.

Außerdem: ich stelle überhaupt nicht in Frage, dass ggf. ein primär philosophisches Problem vorliegt. Allerdings ist es sinnvoll, sich einen vernünftigen, möglichst weit gefassten Rahmen zu überlegen, innerhalb dessen das Problem analysierbar ist. Der Rahmen ist dabei so gestaltet, dass er zumindest die Modellierung einiger etablierte Theorien gestattet; das ist ein vernünftiger Startpunkt. Bei der weiteren Diskussion kann sich natürlich zeigen, dass der Rahmen für eine spezifische Fragestellung zu eng gefasst wurde.

Im vorliegenden Fall habe ich versucht, einen derartigen Rahmen zu liefern, der aber immer noch teilweise missverstanden wird.

Zum ersten ist das Axiomensystem nicht zu schwach, sondern es ist möglichst schwach und damit möglichst umfassend. Zum zweiten enthält es weder eine Forderung nach einem Anfang noch das Gegenteil, sondern es erlaubt die Diskussion unterschiedlicher Modelle sowohl mit als auch ohne Anfang, wobei ein übergreifender Rahmen zur Verfügung steht; die Frage nach dem Anfang ist dann keine Frage an den Rahmen sondern an das konkrete Modell.

Wenn nun die philosophische Forderung nach einem Anfang gestellt wird, dann ist die Kritik, das Axiomensystem würde keinen enthalten, fehlgeleitet; es enthält keinen Anfang, es erfordert keinen Anfang, es verbietet ihn nicht sondern es lässt ihn zu. Zugleich kennen wir Modelle, die in dieses System passen, wobei sowohl Modelle mit als auch ohne Anfang vorliegen; damit sollte das Axiomensystem gut genug begründet sein.

Bevor ich nun philosophisch eine Anfang fordere oder ihn ablehne, sollte ich mich erst mal mit den physikalischen Modellen vertraut machen, die einen Anfang enthalten (oder auch nicht). Dann erkenne ich, welche Randbedingungen aus der Physik und der Mathematik selbst folgen und welche ich mir schon gar nicht mehr ausdenken muss (oder ich erkenne, welche Probleme aus den Modellen resultieren und kann sie fundiert kritisieren).

Das würde ich mir wünschen, aber das findet nicht statt. Stattdessen wird über Folgen von ganzen Zahlen diskutiert, ohne dass klar ist, ob und wie diese überhaupt in Beziehung zur Physik oder Naturphilosophie stehen. Das ist m.E. nicht zielführend - weder philosophsich noch physikalisch.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 14. Aug 2017, 15:59
von Skeltek
tomS hat geschrieben: Zum ersten ist das Axiomensystem nicht zu schwach, sondern es ist möglichst schwach und damit möglichst umfassend.
Das kann man sich ähnlich zu kontextfreien, linearen, linkslinearregulären usw Grammatiken vorstellen.
Umso weniger Regeln man einsetzt, umso größer wird die Anzahl der möglichen Wörter einer Spache.
Das Problem stellt sich erst bei der Rückrichtung bei der Eindeutigkeit, wenn man versucht aus Wörtern oder Sätzen auf die zugrunde liegende Bildungsvorschrift odergar Grammatik zu schließen - wo man dann mangels Ein-Eindeutigkeit nicht weiß, ob das Wort/Satz auf die eine oder andere Weise gebildet wurde.

Beim Universum ist das ähnlich, wir bekommen Worte in Form von existenten Zusammenhängen vor den Latz geknallt und sollen eine Grammatik in Form von Naturgesetzen oder einer Theorie finden, mit welcher sich alle beobachtbaren Wörter/Ereignisse bilden bzw erklären lassen.
Hier hat man dann ein ähnliches Problem, dass verschiedene Grammatiken dieselbe Sprache bilden bzw beinhalten können.

Phsikalische Experimente kann man auffassen als Suche nach noch nicht bekannten in der Sprache enthaltenen Worten, und Worten, welche in der Sprache nicht vorkommen.
Die Suche nach einem phsikalischen Model entspricht dabei der Suche nach einer passenden Grammatik zur Sprache, von welcher nur ein Teil der Worte bekannt ist.
Das halt jetzt so in Laiensprache erklärt...
Welche 'Worte' zur Zeit des Urknalls gesprochen wurden, kann man nur spekulieren. Manche sagen es beschränke sich auf 'Es werde Licht', aber gehört hat es keiner ^^


Dass die uns physikalisch bekannte Zeit irgendwann began, schließe ich nicht aus, trotzdem sollte man aucbh bedenken, dass in endlich viel Zeit auch unendlich viel passieren kann.
Vielleicht als schlechte Erklärung:
Angenommen alleTeilchen des Universums wären punktförmig und unzerstörbar, dann nimmt die Zahl der Teilchenkollisionen pro Sekunde bei Kontraktion des Universums immer weiter zu, bis wir unendlich viele Kollisionen pro Sekunde haben, wenn das Universum unendlich dicht wird.
Die Frage ist nun nicht unbedingt, ob das Univerum einen Anfang hatte, sondern ob seit diesem Anfang nicht womöglich bereits unendlich viele Wechselwirkungen stattfanden.

Nehmen wir einmal einen Frosch, der insgesammt 2 Sekunden lebt.
Nach seiner ersten Sekunde fängt er eine Fliege. Pro Fliege die er frisst, wird er durch die Stärkung doppet so schnell und kann doppelt so schnell Fliegen fangen.
Er fängt so gesehen die erste Fliege nach 1 Sekunde, die zweite Fliege nach 1 1/2 Sekunden, die dritte Fliege nach 1 3/4 Sekunden, die vierte Fliege nach 1 7/8 Sekunden usw.
Man kann hier weder davon sprechen, dass der Frosch irgendwann aufhört Fliegen zu fangen, noch dass er für immer weiter Fliegen fangen wird.
Umso näher er seinem Lebensende kommt, umso schneller fängt er Fliegen und hat bei seinem Ableben unendlich viele Fliegen gefangen.

Beim Urknall wäre das ähnlich. Man kann nicht sagen, dass es einen physikalishc extrapolierten Anfang gab, wenn möglicherweise seit diesem Anfang unendlich viel passiert ist.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 14. Aug 2017, 22:03
von seeker
Tom, du und ich sind uns glaube ich in allen wesentlichen Punkten einig (das waren wir schon von Anfang an hier), ich stimme auch deinem letzten Beitrag im Wesentlichen zu.
Interessant ist für mich, dass meine Argumentation/Herangehensweise ganz anders war, ich kam von der philosophischen Seite - mit demselben Ergebnis wie du.
Ich finde das herausstellenswert.

Beispiel:
tomS hat geschrieben:
14. Aug 2017, 13:20
Bevor ich nun philosophisch eine Anfang fordere oder ihn ablehne, sollte ich mich erst mal mit den physikalischen Modellen vertraut machen, die einen Anfang enthalten (oder auch nicht).
Man kann logisch sauber begründen, hier noch ganz ohne Physik, dass es keinen Sinn macht diese Frage zu entscheiden bzw. sich dort festzulegen (ich habe das mit meinen Möglichkeiten auch versucht klar rüberzubringen).
Deshalb ist es sinnvoll den mathematisch-physikalischen Rahmen möglichst weit/frei zu fassen.
Das ist für mich die Nahtstelle.
Und dann kann ich mich mit den physikalischen Modellen vertraut machen, es geht auch so herum.
Es geht aber auch so, wie du vorgehst.

Interessant wäre bei dieser Diskussion für mich mit den Möglichkeiten und Grenzen der physikalischen Modellbildung weiterzumachen, darüber ein paar Worte zu verlieren.
Man sollte vielleicht auch noch einmal herausstellen, was physikalische Objekte/Entitäten/Strukturen sind und was nicht, wodurch das abzugrenzen ist.

Das hier sollte man vielleicht auch noch einmal näher erklären, es ist wichtig:
TomS hat geschrieben:Das Problem steckt nämlich überhaupt nicht in dem Modell der Zeit t selbst, sondern in der Dynamik - die ich mit U bezeichne - "auf" der Zeit.

Erst die Dynamik entscheidet nämlich, was die physikalische Zeit tatsächlich ist; diese ist i.A. von der naiv eingeführten Koordinate t verschieden.

Re: Wieder mal zum Anfang der Welt

Verfasst: 14. Aug 2017, 23:24
von tomS
seeker hat geschrieben:
14. Aug 2017, 22:03
Tom, du und ich sind uns glaube ich in allen wesentlichen Punkten einig (das waren wir schon von Anfang an hier), ich stimme auch deinem letzten Beitrag im Wesentlichen zu.
Interessant ist für mich, dass meine Argumentation/Herangehensweise ganz anders war, ich kam von der philosophischen Seite - mit demselben Ergebnis wie du.
Ich finde das herausstellenswert.
Ich war mir nicht sicher, ob du das so siehst. Aber so freut es mich natürlich.
seeker hat geschrieben:
14. Aug 2017, 22:03
Das hier sollte man vielleicht auch noch einmal näher erklären, es ist wichtig:
TomS hat geschrieben:Das Problem steckt nämlich überhaupt nicht in dem Modell der Zeit t selbst, sondern in der Dynamik - die ich mit U bezeichne - "auf" der Zeit.

Erst die Dynamik entscheidet nämlich, was die physikalische Zeit tatsächlich ist; diese ist i.A. von der naiv eingeführten Koordinate t verschieden.
Der Minimalkonsens bzgl. der theoretischen Physik ist ja wohl, dass sie einen instrumentalistischen Rahmen bereitstellt, um Modelle aufzustellen, die es ermöglichen, experimentell überprüfbare Vorhersagen zu machen, d.h. konkret experimentelle Ergebnisse vorherzusagen. Bzgl. der "Zeit" ist das so eine Sache, denn das, was wir in unseren Axiomensystemen als "Zeit" festlegen und bezeichen muss noch nicht mit dem übereinstimmen bzw. einen direkten Bezug zu dem haben, was wir später in unseren Experimenten mit unseren Uhren als "Zeit" messen.

Z.B. kann man die ART mittels des hamiltonschen Formalismus formulieren, wobei die Variable "Zeit" zunächst vollständig aus den Gleichungen verschwindet. Erst die Betrachtung eines "Prozesses", der eine "Prozesszeit" festlegt, die als Zeitmaßstab für alle anderen Vorgänge dient, erlaubt es, eine "physikalische Zeit" als Messgröße wiederzugewinnen; diese muss jedoch von der Zeitvariable unterschieden werden, die wir zu Beginn in die ART hineingesteckt haben. In diesem Zuge wird auch klar, dass die Frage nach einem Anfang der Zeit eben gerade nicht in den Axiomen festgelegt werden darf, da man der Theorie sonst die Freiheit nimmt, vorherzusagen, ob es einen derartigen Anfang gibt oder nicht, und wenn ja, welche Eigenschaften ihm zukommen.

Wenn wir Physik betreiben wollen, dann müssen wir uns von unseren Theorien und Modellen leiten lassen und diese anhand ihrer Vorhersagen mit der Realität vergleichen und überprüfen. Dies ist jedoch sicher nicht die einzige relevante Sichtweise: unsere Theorien erlauben uns auch ein Verständnis der Welt zu entwickeln, das tiefer geht als das Sammeln und Bewerten von Beobachtungsdaten (bereits die newtonsche Mechanik erklärt mehr als das Keplersche Modell, obwohl doch beide die selben Vorhersagen bzgl. der Planetenorbits machen).

Insofern ist es falsch, zu viele philosophische Vorurteile in unsere Axiomensysteme, Theorien und Modelle hineinzupacken - es sei denn, wir verabschieden uns von der physikalischen Methode.