Pippen hat geschrieben:Ich sehe das anders und wir mögen uns verabreden keine erkenntnistheoretischen Täuschungen zuzulassen, d.h. wenn dein Kollege dir aus den USA sagt, dass der Test mit X genauso verlaufen ist, wie bei dir, dann sind wir da auch sicher (und das Induktionsproblem gehört dazu, denn dann hätten wir gar keine Sicherheit, nicht nur 99,999%, weil wir eine Wahrscheinlichkeit gar nicht berechnen könnten!!!).
Ja, deshalb hab ich ja auch das Wort "Wahrscheinlichkeit" vermieden und vorsichtiger (auch nicht ganz sauber) von "Sicherheit" gesprochen, gemeint im Sinne von Bewährtheit oder von "Wie vertrauenswürdig?". Ja, das Induktionsproblem, das eh über allem schwebt, sollten wir hier mal etwas zurückstellen.
Pippen hat geschrieben:Ja. Du machst den Test mit Gas X in Deutschland, dann fliegst du mit der gleichen Gasflasche in die USA und machst den Test dort, das alles 100mal wiederholt und immer gleiche Ergebnisse und dann hast du Gewissheit (außerhalb von erkenntnistheoretischen Problemen, die wir hier nicht behandeln wollen).
Nein, ich habe so noch keine Gewissheit!
Ich meinte das so:
Ich sitze in den USA und finde ein mir unbekanntes Gas. Ich mache ein Emmisions-Spektrum davon und schicke das Spektrum zu dir in Deutschland und frage, was das für ein Gas ist?
Du sagst mir: "Ich habe hier Wasserstoff und dein Spektrum sieht genauso aus, wie das Spektrum hier bei mir von Wasserstoff, also ist es wahrscheinlich Wasserstoff. Wiederhole die Messungen bitte!"
Ich wiederhole die Messung 100x, immer dasselbe Ergebnis, immer dasselbe Spektrum.
Also schreibe ich dir:"Das ist Wasserstoff!"
Du sagst: "Vermutlich, aber ganz sicher ist das noch nicht! Es könnte ja irgendwelche Fehler geben!"
Ich nehme daher ein anderes Spektrometer und lasse auch andere Leute in den USA mein Gas vermessen, um Messfehler auszuschließen, ohne Ergebnis.
Ich rufe dich an: "Es kommt immer dasselbe heraus auch mit anderen Spektrometern! Jetzt überzeugt?"
Du sagst: Nö, leider noch nicht ganz, am Ende könnten bei dir sogar die NG so anders sein, dass dein Gas Wasserstoffspektren erzeugt obwohl es etwas anderes ist!"
"Gut" sage ich, "Was soll ich denn nun noch machen?"
(Und was jetzt kommt ist wichtig!)
Ich sage: "Ah, ich weiß!
Ich mache gänzlich andere Messungen!"
Ich weiß, wenn man Wasserstoff mit Sauerstoff im Verhältnis 2:1 reagieren lässt, dann erhält man Wasser. Also mache ich das.
Außerdem mache ich Röntgenbeugung, messe den Siede- und Schmelzpunkt meines Gases, seine temperaturabhängige Dichte, seine elektrischen und magnetischen Eigenschaften, und vieles mehr.
Ergebnis: Welche Messung ich auch mache, immer kommt genau das heraus, was man von Wasserstoff in Deutschland schon kennt.
Ich rufe dich wieder an: "Jetzt überzeugt?"
Du sagst: "Ja, jetzt bin ich überzeugt! Wenn es jetzt dennoch kein Wasserstoff wäre, dann wäre das völlig verrückt, dann müssten alle NG in den USA so anders sein, dass alle möglichen Messungen das nicht unterscheiden können. Und wo wäre dann eigentlich noch der Unterschied? Nach menschlichem Ermessen kann man das ausschließen."
Wo ist jetzt der Unterschied zum Wasserstoffgas in weiter Entfernung, viele Lichtjahre entfernt?
Der Unterschied ist: Man kann dort nicht so viele andere Messungen machen, deshalb bleibt das immer unsicherer.
ABER: Auch dort kann man gänzlich andere Messungen machen! Von fremden Sternen erreicht uns ja nicht nur Licht, sondern auch Materieteilchen, Neutrinos, Protonen, Elektronen, usw. und wir können ja auch beobachten, wie sich diese Objekte bewegen und verändern und vieles mehr!
Und wir gehen ja auch davon aus, dass die kleinen Lichtpunkte am Himmel wirklich Sonnen sind und nicht irgend etwas ganz anderes.
Wenn es Sonnen sind, dann wissen wir schon eine ganze Menge, dann kann das nicht beliebig sein, was dort vonstatten geht und aus was sie bestehen und was von ihnen bei uns ankommt, das wissen wir von unserer Sonne und das lässt sich prüfen. Und wenn die NG/Naturkonstanten nur ein winziges bißchen anders wären, gäbe es unsere Sonne nicht, das lässt sich ausrechnen.
Wenn es keine Sonnen sind, was ist es dann?? Dazu könnten wir rein gar nichts sagen.
Deshalb spielt die Entfernung eines Messobjektes keine prinzipielle Rolle, es ist nur eine andere Liga, aber genau dasselbe Spiel.
Gruß
seeker