Pippen hat geschrieben:So ist zB tomS' Begründung, man könne das kopernikanische Prinzip heranziehen, mE falsch: Denn ob wir keine Sonderstellung haben ist völlig offen, dazu müsste man mind. einen Punkt außerhalb des Sonnensystems haben, weil das eine relationale Frage ist, weshalb man zwei Datenpunkte braucht, während o.g. Überlegung nur abzählt, wieviel Evidenzen wir für was haben.
Es geht nach Popper nicht um die Evidenzen
für eine Hypothese, sondern um die
Widerlegung einer Hypothese. Nach Ockham geht es um eine möglichst
einfache Hypothese mit möglichst
vielen konkreten Vorhersagen. Insgesamt geht es
überhaupt um eine konkrete Hypothese.
Das kopernikanische Prinzip
ist zunächst mal eine konkrete Hypothese. Es ist
einfach: "die bei uns mathematisch formulierten und experimentell bestätigten bzw. nicht widerlegten Naturgesetze gelten an beliebigen Orten des Universums". Daraus folgen u.a. hier überprüfbare Vorhersagen bzgl. Phänomenen an anderen Orten. Es ist - im Rahmen unserer Möglichkeiten -
nicht widerlegt. Das ist nicht perfekt, aber besser geht es nicht, solange wir nicht in andere Gakaxien reisen können.
Das pippensche Prinzip ist wenig konkret und nicht einfach: "an anderen Orten des Universums gelten möglicherweise andere Naturgesetze; trotzdem sieht vieles so aus, als ob dort auch die selben gelten könnten; oder wir werden kontinuierlich getäuscht". Es macht keinerlei konkrete Vorhersagen, d.h. es ist prinzipiell nicht widerlegbar, weil es ein "könnte sein, könnte auch nicht sein" enthält.
Damit ist es unwissenschaftlich (nicht unmöglich).
Ein konkretes Beispiel: aus unseren Theorien folgt, dass die Rotverschiebung nicht abhängig ist von der betrachteten Frequenz, d.h. sie ist universell. Eine Strahlungsquelle A irgendwo im Universum emittiere Frequenzen f
(A)k wobei k irgendwelche Spektrallinien nummeriert. Ein Empfänger B irgendwo anders im Universum registriere die Frequenzen f
(B)k. Die Rotverschiebung z, die die Astronomen definieren und messen, ist nun definiert über den Quotienten
f(B)k / f(A)k
Unsere Theorien sagen nun konkret vorher, dass dieser Quotient
unabhängig ist von k.
Nehmen wir an, es handelt sich um das Wasserstoffspektrum. Dann gilt für jede Frequenz f
k mit k = 1,2,3,... dass
fk = ak f0
f
0 sei dabei eine ausgezeichnete Frequenz für einen ausgezeichneten Strahlungsübergang. a
k beschreibe alle anderen Frequenzen bezogen auf diese eine ausgezeichnete Frequenz; für das Wasserstoffspektrum mit den Energieniveaus m,n = 1,2,... ist a
k(m,n) eine Funktion des jeweiligen Übergangs von m nach n.
Mit dem kopernikanischen Prinzip muss ich annehmen, dass a
k(m,n) für Sender und Empfänger
identisch ist, d.h.
aAk(m,n) = aBk(m,n)
für alle k,m,n.
Damit kürzen sich diese Funktionen heraus und ich erhalte für den o.g. Quotienten
f(B)k / f(A)k = f(B)0 / f(A)0
d.h. die Abhängigkeit von k,m,n verschwindet.
Das ist eine konkrete Vorhersage auf Basis des kopernikanischen Prinzips für die universelle Gültigkeit der Quantenmechanik.
Die Astronomen sortieren die Frequenzen nicht nach m,n sondern nach k, also einfach nach der Frequenz. Sie identifizieren in den Linienspektren von entfernten Sternen ein Muster, das dem Linienspektren hier auf der Erde oder von der Sonne gleicht; es ist lediglich um einen konstanten,
für alle Linien k identischen Faktor gestreckt.
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Wenn du nun das kopernikanische Prinzip anzweifelst, dann musst du uns hier etwas besseres präsentieren! Eine wissenschaftliche Theorie kann dann angezweifelt werden, wenn sie
entweder widerlegt ist, oder wenn eine andere,
konkrete, mindestens
gleich mächtige und z.B. einfachere Theorie an ihre Stelle treten kann. Beides hast du nicht anzubieten. Eine Widerlegung kann ich nicht erkennen. Und eine Alternative, aus der du konkret die nach deiner Hypothese für Sender und Empfängern
unterschiedlichen Funktionen a
k(m,n) bei weiterhin
identischem gemessenen Quotienten berechnen kannst, kannst du nicht präsentieren. Du müsstest dazu die QM und die ART so modifizieren, dass deine QM (oder was auch immer) zunächst unterschiedliche Funktionen (oder was auch immer) vorhersagt, und dass deine ART (oder was auch immer) trotzdem auf identische gemessene Rotverschiebung z führt. Außerdem müssten aus deiner Theorie auch alle anderen Vorhersagen der QM, QED, QCD, ... ART folgen.
Du musst das leisten, denn die etablierten Theorien unter den o.g. einfachen Annahmen sind einfach, konkret, nicht falsifiziert, auch für Beobachtungen bzgl. verschiedener Orte, wie ich oben dargelegt habe. Sie werden also erst dann ersetzt, wenn
du eine konkrete Alternative anzubieten hast. Solange diese nicht wirklich überzeugend ist, halten wir unsere Annahmen für plausibel, deine für unplausibel.