seeker hat geschrieben: ↑28. Jul 2020, 09:00
@Skeltek:
Wenn man eine Relation, einen Bezug A <-> B hat (und B können durchaus auch die Naturgesetze oder Naturkonstanten selbst sein), dann gibt es immer zwei grundsätzliche Möglichkeiten, das darzustellen:
1) A(B)
2) B(A)
Die Frage ist doch aber: Hat man etwas zusätzliches über die Natur gelernt, wenn man nun 2) statt 1) wählt?
Anders: Ich würde hier das bevorzugen, das für mich am brauchbarsten ist, mit dem ich also am besten rechnen kann, wo es leichter geht zu verallgemeinern, brauchbare Modelle zu erstellen und treffende Vorhersagen zu machen. Es ist ja auch so schon schwer genug.
Für mich sind beide äquivalent. Die Problematik, die ich betone, ist, daß die meisten Wissenschaftler das anscheinend nicht so sehen. Bei Ersterem sehen sie B als kausalen Verursacher von A, bei Letzterem sehen die B als von A verursacht. Wenn man schon mit Ockhams Rasiermesser herumwütet wie ein Gestörter, dann sollte man dich doch wenigstens eine gleichmäßig ansteigende Rampe zurechtschneiden und sich nicht einen flachen Wanderweg schnitzen und dann wundern, wenn das Erreichen des Gipfels nur noch über einen senkrechten Abhang oder Umwege erreichbar ist.
Ich denke der zwanghafte Versuch die DE auf intrinsische Eigenschaften des Raumes zurückzuführen sind wohl mehr als ein Indiz, daß zu viele bereit sind, das Äquivalenzprinzip zu Gunsten einer einfacheren Erklärung aufzugeben.
Aber ich denke man kennt hier inzwischen meine Meinung über Ockhams Rasiermesser... ich frage mich, wie es Einstein geschafft hat dagegen vorzugehen. Ich halte das Prinzip grundsätzlich für richtig... die Frage ist nur, ob man das bei A oder bei B ansetzt. Man kann ab einer gewissen Komplexität eines Systems nicht jeden Teil auf die simpelste Form bringen. Man kann es entweder so umformen, daß A so simpel wie möglich ist, oder eben B. Es ist doch finde ich unsinnig, das Messer wegen besserer Handhabbarkeit bei A anzusetzen, wenn doch die erfahrungsentferntere Welt B tiefer in der kausalen Kette liegt. Komplexe Zusammenhänge ergeben sich in der Regel durch ein Zusammenspiel einfacherer Ursachen bzw Systeme und nicht anders herum.
seeker hat geschrieben: ↑28. Jul 2020, 09:00
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Jul 2020, 20:02
Durch Beschleunigung bzw Lorenztransformation verändern sich die Atome selbst (einschließlich dem physischen Aufbau der Lichtuhr) und ändern ihre Metrik relativ zu den räumlichen Entfernungen.
Und diese räumlichen Entfernungen wären dann absolut?
Es gibt nur relative Entfernungen. Entfernungen sind immer materieabhängig, weil es der Beobachter auch ist.
seeker hat geschrieben:
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Jul 2020, 20:02
Das heißt, daß der Altersunterschied der Zwillinge nicht von der Geschwindigkeit direkt abhängt, sondern indirekt vom Wechsel der Bewegungsgeschwindigkeit, die dann die optische Weglänge bzw raumzeitliche Distanz zu einem Ort verkürzt oder verlängert (mit dem Interefometer gemessen).
Das ist so nicht richtig. Natürlich muss irgendwann beschleunigt werden, wenn sich zu Anfang beide Beobachter ruhend an demselben RZ-Punkt befinden, damit überhaupt unterschiedliche Bewegung sein kann. Die quantitative Zeitdifferenz auf den Uhren, wenn sich A und B wieder treffen hängt aber auch davon ab, wie lange sie sich unterschiedlich bewegt haben, in deinem Bild also, wie lange die Beobachter selbst lorenztransformiert sind.
Das Problem, wenn man die Sache so aus Sicht eines Beobachter betrachtet ist: Sie ist nicht verallgemeinerbar! Denn jeder Beobachter kann ja anders 'verzerrt' sein. Um verallgemeinern zu können, muss man den umgekehrten Blick einnehmen, so kommt man dann zu einer globalen Raumzeit.
Wie lange? Wie schnell? Letztlich geht es doch nur um ihre relative Entfernung zueinander. Wenn sie 1 Lichtjahr Entfernung zueinander ruhen (und ein ruhender Beobachter mittig zwischen ihnen die Gleichzeitigkeit ihrer Uhren bestätigt), sind sie aus Sicht aller beteiligten gleichzeitig gleich alt.
Der Altersunterschied von maximal einem Jahr ist lediglich davon abhängig, wer von beiden sich dazu entscheidet zum jeweils anderen zu fliegen und ob er die Distanz mit v=c in das Maximum von 1 Jahr Altersunterschied umwandeln will oder ob er versucht seine Zeitdillatation zu minimieren.
Du versuchst das mit 'wie lange sie unterschiedlich schnell geflogen sind' zu erklären, während Zeitdauer so zunächst keinen Sinn ergibt. Die Zeit die vergangen ist ergibt sich aus der Anordnung des Experimentes, nicht anders herum. Der reisende Zwilling kann bei seiner Rückkehr nur 1/10 Sekunde gealtert bzw geflogen sein und einen Altersunterschied von 1000 Jahren aufgebaut haben. Es gibt auch Anordnungen, in denen er nur 1/100 Sekunde fliegt und trotzdem das 10.000-fache altert.
Aber ich will dir das Wort nicht im Mund umdrehen, zumal wir es denke ich beide nicht völlig korrekt ausdrücken. Ich denke nur, daß du mit 'wie lange' etwas meinst, daß sich eigentlich erst als Resultat des Experimentes definieren lässt (sobald man sich für ein Bezugssystem einigt; z.B. die Geodäte zwischen den beiden Zusammentreffen(Start/Ende des Fluges) der Zwillinge). Beide können tausende an Jahren voneinander weg fliegen... wer der ältere sein wird entscheidet sich nunmal erst in dem Moment in welchem einer der beiden sich beschließt, die Distanz zum anderen zu überbrücken und auf welche Weise er das tun möchte.
seeker hat geschrieben:
Diese Beschleunigungen haben auch einen Effekt, allerdings ist der vernachlässigbar klein, wenn man die Beschleunigungszeiten kurz wählt und die Zeiten unbeschleunigter Bewegung lange. Den Zeitunterschied, den die realen Zwillinge A und B am Ende feststellen, kann im Wesentlichen daher nicht auf Beschleunigungseffekte zurückgeführt werden (obwohl diese Meinung ja immer mal wieder vertreten wird, sie ist aber in dem Sinne falsch).
Die Beschleunigung wirkt sich nicht auf die Zeit aus, sondern auf die zurückzulegende Distanz. Wieso dann der Trugschluss? Ich sehe keinen Sinn darin, die Existenz der Lorenztransformation zwischen Reisendem und der Metrik seiner Umwelt zu leugnen.
Natürlich braucht man für eine verkürzte Strecke auch weniger Eigenzeit.
Willst du jetzt die Aufsummation der Zeitdillatation auf die Strecke zwischen den Zwillingen verteilen? Das ist kein kumulativer Efekt. Die Strecke verkürzt sich während der Beschleunigung und nicht erst während des Fluges.
Timm hat geschrieben:
Im Gedankenexperiment ist es zulässig, die Uhren beim Start, am Umkehrpunkt und bei der Rückkehr zu synchronisieren, fliegender Wechsel also jeweils. Die zurückkehrende Uhr zeigt exakt das SRT Resultat ohne dass beschleunigt wurde.
Nein, ist es nicht. Zumindest nicht, ohne vorher zu definieren, was synchron bedeuten soll.
Wer zurückkehrt ist davon abhängig, wer seine Bewegungsrichtung geändert hat. Wessen Uhr soll man nun verstellen, wenn man nicht weiß, wessen Bezugssystem das ruhende sein soll?
Nimm doch mal das Experiment hier:
Zwei Astronauten fliegen relativ zueinander mit v=1/2c ein Jahr lang von einander weg. Danach sieht Astronaut 1 den anderen ein Jahr lang mit Relativgeschwindigkeit v=1/2c auf ihn zu fliegen. Ohne zu wissen, welcher der beiden Astronauten umgedreht ist, kann man rein gar nichts über die Altersdifferenz sagen und auch ihre Uhren nicht synchronisieren.
Die zurückzulegende Strecke verändert sich ja selbst nicht; es ist doch offensichtlich ein phänomenologischer Effekt, der sich ausschließlich für den beschleunigenden Zwilling äußert. Die Zeitdillatation ist Effekt der veränderten Metrik und nicht deren Ursache.
Timm hat geschrieben:
Du machst dich nicht lächerlich, wenn du es bei der Definition einer Eigendistanz (geläufiger ist proper distance) sofern es um die SRT geht, bei der Lichtlaufzeit beläßt und alles andere wegläßt.
Ich weiß nicht, wie ich es noch einfacher ausdrücken soll, daß die Lichtlauf
zeit von der Eigen
zeit des Beobachters abhängt, weil ohne die materieabhängige
Zeitmessung der Begriff
Zeit völlig sinnfrei ist.
Wenn es trivial ist, wieso wird es dann bei jedem zweiten Gedanken anscheinend wieder vergessen?
seeker hat geschrieben:
Das ist so nicht richtig. Natürlich muss irgendwann beschleunigt werden, wenn sich zu Anfang beide Beobachter ruhend an demselben RZ-Punkt befinden, damit überhaupt unterschiedliche Bewegung sein kann. Die quantitative Zeitdifferenz auf den Uhren, wenn sich A und B wieder treffen hängt aber auch davon ab, wie lange sie sich unterschiedlich bewegt haben, in deinem Bild also, wie lange die Beobachter selbst lorenztransformiert sind.
Ich weiß nicht, was an dem Wort 'indirekt' so falsch sein soll. Es ist ja nicht die raumzeitliche Strecke selbst verkürzt (die existiert unabhängig vom Astronaut), sondern der Raumfahrer wird selbst transformiert und verändert sich während dem unbeschleunigten Abfliegen der Strecke nicht.
@Timm: Das ist halb richtig was du sagst mit dem Wechsel der Richtung. Kann es sein, daß du Geschwindigkeit als rein skalare Größe auffasst? Das halt ich höchstens für nichtrelativistische vereinfachte Modelbetrachtungen sinnig. Ein Wechsel der Richtung transversal zum anderen Astronauten/Zwilling macht rein gar nichts. Entscheidend ist immer, in welcher Richtung die Lorenztransformation durchgeführt wird.
Wenn die Planck-Konstante nicht für die absolute Ausdehnung eines Teilchens oder Atoms verantwortlich ist, was soll es denn sonst sein? Ich würde da gerne mal eine Idee von dir dazu hören. Es überascht mich etwas, daß das manche das nicht für offensichtlich richtig halten. Was hindert denn deiner Meinung nach ein Teilchen daran, einfach die doppelte Ausdehnung zu haben? Hier bitte keine Zirkelschlüsse. Man kann die Ausdehnung der Teilchen nicht mit den Eigenschaften begründen, welche erst daraus resultieren.
Siebenstein hat geschrieben:
Der Zeitunterschied, den die realen Zwillinge A und B am Ende feststellen, ist gerade eben ursächlich auf Beschleunigungseffekte zurückzuführen nach meinem Verständnis und auch entsprechenden Angaben in der einschlägigen Literatur.
Das sehe ich genauso. Allerdings sollte man es nicht mit gravitativ verursachter Zeitdillatation verwechseln, auch wenn beide über mehrere Ecken miteinander zusammenhängen.