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#11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

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#11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 27. Jun 2011, 12:16

Hallo liebe Abenteurer,

ich hatte vor einiger Zeit mal den Beitrag #6 Die verschleierte Quantenwelt hier eingestellt. Ich wollte nochmal auf das Thema zurückkommen und diskutieren, wieso wir denn überhaupt die uns vertraute klassische Welt wahrnehmen (können), wenn doch die zugrundeliegende Welt der Quanten derartig fremdartig ist.

Zunächst möchte ich einige Punkte aus dem o.g. Beitrag #6 wiederholen, damit klar wird, über was wir reden.

Es geht zunächst darum, zu zeigen, was denn an dieser QM so radikal anders ist als an den bis dahin bekannten physikalischen Theorien. Zur Auswahl stehen viele Phänomene (Photo- und Comptoneffekt, Radioaktivität, Schrödingers Katze, verschränkte Zustände und Bellsche Ungleichung) und da muss ich mich auf eines davon konzentrieren. Ich wähle – wie in #6 – den Doppelspalt!

Man betrachte zwei eng benachbarte spaltenförmige Blenden, durch die Laserlicht bzw. Elektronen auf einen Schirm bzw. eine Photoplatte treffen. Man erkennt ein typisches Interferenzmuster, das man auch erzeugen kann, indem man knapp nebeneinander zwei Steine in einen Teich wirft.

1) auf der Photoplatte sieht man einzelne Punkte, die in Summe ein Schwärzungsmuster ergeben; auf der Photoplatte treffen also sicherlich teilchenartige, lokalisierte Elektronen auf.
2) andererseits sieht man eben auch dieses Interferenzmuster, d.h. irgendetwas muss sich da wellenartig ausbreiten und interferieren
3) reduziert man die Intensität der Elektronenquelle soweit, dass sich immer nur ein einziges Elektron zwischen Quelle und Photoplatte befindet, so ergeben sich über einen sehr langen Zeitraum tatsächlich aus den einzelnen Punkten wieder die bekannten Interferenzstreifen; da jetzt jedoch nie mehr als ein Elektron unterwegs war, ist die logische Schlussfolgerung, dass dieses eine Elektron jeweils mit sich selbst interferiert
4) bringt man eine Vorrichtung an um festzustellen, durch welchen der beiden Spalten das Elektron geht, verschwindet das Interferenzmuster
5) deckt man einen Spalt ab (und zwingt so die Elektronen durch den anderen zu gehen) verschwindet es ebenfalls
6) öffnet man nun den zweiten Spalt wieder, erscheint auch das Interferenzmuster wieder; das bedeutet aber, dass das Öffnen eines zusätzlichen Spaltes die Anzahl der Elektronen an bestimmten Stellen der Photoplatte vermindert, d.h. dass ein Elektron dergestalt mit sich selbst interferiert, dass es sich sozusagen bestimmte Gebiete „verbietet“
7) misst man wie in 4) beschrieben, welchen Spalt das Elektron wählt, vernichtet diese Information jedoch nach dem Passieren des Spalten jedoch vor dem Auftreffen auf die Photoplatte, so entsteht doch wieder ein Interferenzmuster

Im Beitrag #6 sowie der folgenden Diskussion haben wir zunächst festgestellt, dass die klassische Vorstellung, das Elektron „hat“ – nachdem es den Doppelspalt durchquert hat – die Eigenschaft, dass es entweder rechts oder links durch den jeweiligen Spalt geflogen ist und dass man dies lediglich nicht „weiß“ und dass somit auch die Interferenz erklärbar wird. Dem ist aber nicht so, wie die Aussage 7) zeigt. Sie steht im expliziten Widerspruch dazu, dass das Elektron diese Eigenschaft „hat“.

Inzwischen sind die Physiker in der Lage, sowohl theoretisch zu berechnen, als auch experimentell zu verifizieren, dass die Idee, ein Quantenobjekt „habe“ eine bestimmte Eigenschaft, die wir nur nicht kennen, zu einem experimentellen Widerspruch führt. Allein die Annahme, das Quantenobjekt „wüsste etwas über sich selbst, das es lediglich vor uns verborgen hält“, ist nachweisbar falsch.

In der Diskussion zu Beitrag #6 habe ich auch auf den Feynmanschen Pfadintegralformalismus hingewiesen, demzufolge folgende explizite Rechnung möglich ist: das einzelne Elektron existiert in „unendlich vielen geisterhaften Kopien“ seiner selbst; diese geisterhaften Kopien durchlaufen alle denkbaren Pfade (auch die klassisch unmöglichen bzw. verbotenen!) von der Quelle zur Photoplatte. Auf der Photoplatte interferieren diese geisterhaften Kopien miteinander und bilden letztlich wieder ein einzelnes physikalisches Elektron, das als Punkt (Schwärzung) an genau einer Stelle auf der Photoplatte in Erscheinung tritt.

Soviel als Wiederholung bzw. „Warm-up“.

Nun möchte ich die folgenden Fragen diskutieren, die sich auf den Übergang zwischen der geisterhaften Quantenwelt und der klassischen Welt beziehen: wenn wir die „unendlich vielen geisterhaften Kopien“ als „die Realität der Quantenwelt“ akzeptieren, weil sie uns eine mathematisch Konsistente Beschreibung sowie korrekte Vorhersagen liefern
A) wieso erscheinen dann dennoch die vertrauten, teilchenartigen Elektronen immer an jeweils genau einer Stelle auf der Photoplatte?
B) warum erscheint ein bestimmtes Elektron genau an dieser Stelle auf der Photoplatte und nicht an einer anderen?

Es geht also darum, zwei Dinge auseinanderzuhalten, nämlich das Entstehen einer klassischen Welt aus der Quantenwelt sowie das Entstehen genau dieser klassischen Welt – obwohl doch auch andere klassischen Welten möglich wären.

Nehmen wir an, wir könnten eine quantenmechanische Überlagerung zweier (gleichwahrscheinlicher) Zustände eines Fußballs präparieren, nämlich „Fußball ist im Tor A oder Fußball ist im Tor B“. Klassisch haben wir diesen Zustand noch nie gesehen, sondern immer nur entweder den Zustand „Fußball ist im Tor A“ oder alternativ den Zustand „Fußball ist im Tor B“. Es geht also - um die obige Fragestellung nochmal auf den Fußball statt des Elektrons anzuwenden – um die konkrete Situation eines Fußballs im Tor A und die zwei Fragen
A) wieso sehen wir einen Fußball immer an genau einer Stelle lokalisiert und nie die geisterhafte Überlagerung zweier Fußbälle?
B) wieso sehen wir in der hier betrachteten konkreten Situation den Fußball in Tor A und nicht in Tor B?
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 28. Jun 2011, 00:37

Danke für dieses spannende Thema!

Ich gehe zunächst direkt auf deine Fragen ein:
tomS hat geschrieben:wenn wir die „unendlich vielen geisterhaften Kopien“ als „die Realität der Quantenwelt“ akzeptieren, weil sie uns eine mathematisch Konsistente Beschreibung sowie korrekte Vorhersagen liefern
A) wieso erscheinen dann dennoch die vertrauten, teilchenartigen Elektronen immer an jeweils genau einer Stelle auf der Photoplatte?
B) warum erscheint ein bestimmtes Elektron genau an dieser Stelle auf der Photoplatte und nicht an einer anderen?
Keiner weiß es genau. Es gibt dazu jedoch einige Erklärungsmodelle.
Meine am wenigsten radikale Antwort lautet:

A) Weil EIN Elektron nur EIN Elektron ist. Es MUSS seine Wirkung an genau einer Stelle entfalten, da diese Wirkung nicht beliebig teilbar ist.
Da ist in etwa so, wie wenn man auf alle Tasten der PC-Tastatur genau gleichzeitig drückt (und vorher programmiert, dass nur genau ein Zeichen erscheinen darf): Welches Zeichen erscheint auf dem Bildschirm? Klar ist jedoch, dass irgendein Zeichen, genau ein Zeichen erscheinen muss.
Ein Elektron, welches noch unterwegs ist, ist nicht wirklich hier oder dort, sondern nur potentiell hier oder dort. Es hat keinen Ort bzw. viele Orte gleichzeitig - was eigentlich dasselbe ist. Es gibt keinen Grund für das Elektron "wirklich" hier oder dort zu sein, so lange keine Wechselwirkung diese Festlegung fordert, dem Elektron aufzwingt.
Man unterteilt die Welt also in eine potentielle Welt, die nicht wirklich ist und in eine wirkliche, klassische Welt, die daraus hervorgeht. Festgelegte "Wirklichkeit" wäre demnach nicht etwas, das in den Dingen selbst liegt, sondern eher etwas, das in den Wechselwirkungen zwischen den Dingen zu suchen ist.

B) Es gibt dafür keinen genau determinierten Grund. Das Elektron folgt einer Wahrscheinlichkeit. Aus allen Möglichkeiten wird eine zufällig ausgewählt.
Dieser Zufall ist nicht völlig regellos, sondern gehorcht einer Wahrscheinlichkeit, die berechenbar ist.

Ich glaube, dass man Elektronen inzwischen mit einem Trick quasi an zwei Positionen gleichzeitig "fotografieren" konnte. Das ist aber nicht wichtig...

Ich meine, dass man behaupten kann: Die grundlegende Natur von allem ist nicht teilchenartig sondern wellenartig.
Dann formuliert sich die Frage so: Warum sehen wir überhaupt einzelne Dinge an konkreten Orten?

Darauf willst du vermutlich hier hinaus:
tomS hat geschrieben:A) wieso sehen wir einen Fußball immer an genau einer Stelle lokalisiert und nie die geisterhafte Überlagerung zweier Fußbälle?
B) wieso sehen wir in der hier betrachteten konkreten Situation den Fußball in Tor A und nicht in Tor B?
A) Die Antwort ist dieselbe wie oben - es sei denn, wir berücksichtigen die makroskopische Größe des Fußballs und die zahllosen Wechselwirkungen mit der Umgebung, die deshalb ständig stattfinden. Dann wird hier noch klarer, dass der Fußball deshalb seine genau definierte, "wirkliche" Position hält, weil er ständig wechselwirkt. Die Zeit, die ihm zwischen zwei Wechselwirkungen zum "potentiell werden" bleibt ist hier deshalb sehr, sehr kurz. Man kann sagen: Er wird deshalb scharf.

B) Da der Fußball scharf ist, gelten die klassischen Gesetze der Physik.

Meine radikaleren Antworten stelle ich später zur Diskussion.

Beste Grüße
seeker
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 28. Jun 2011, 08:33

Hier mal eine kurze Zwischenbemerkung zu A) und B) damit klar wird, worauf ich hinauswill.

Mit A) ist sozusagen eine Lokalisierung der geisterhaften Kopien gemeint. Diesen Effekt kann man - auch und insbs. für makroskopische Objekte wie Fußbälle - mittels der sogenannten Dekohärenztheorie erklären. Dazu später mehr.
Mit B) ist eine Lokalisierung der geisterhaften Kopien bei Tor A gemeint. Dies kann die Dekohärenztheorie nicht erklären.

D.h. man kann beschrieben, warum man immer nur einen klassischen Fußball z.B. genau bei x[down]1[/down], x[down]2[/down], ... oder x[down]n[/down] sieht, aber nicht, warum er gerade bei x[down]1[/down] ist und eben nicht an einem anderen Ort x[down]2[/down], ... Ist der Unterschied jetzt klar?
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 28. Jun 2011, 08:36

Kann es nicht sein, dass die Elektronen durch die Messung justiert werden?

Wenn der Gedankansatz richtig ist, kann ich das ja noch mal später erläutern.

@ seeker

Fußball ist nur dann scharf, wenn Borussia Dortmund Deutscher Meister geworden ist.

UND DAS SIND WIR MOMENTAN:

Gruß

Peter

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 28. Jun 2011, 09:43

Nun, die Dekohärenzinterpretation ist meines Wissens nach nicht die einzig mögliche Interpretation des Sachverhalts - obgleich heutige Standardfolklore.
Wenn du auf die Dekohärenztheorie hinaus willst und "Dekohärenz" mit ihren Implikationen erklären kannst, dann würde mich das sehr freuen und interessieren. Mir ist nämlich nicht klar, wie damit die Probleme einer QM-Interpretation vollständig gelöst werden können.

Ich behaupte immer noch, dass eine Lokalisierung nicht einem Schema folgt: "genau Ursache A -> genau Wirkung B", sondern eher dem Schema: "ungefähre Ursache A -> ungefähre Wirkung B". Es gibt keine exakt festgelegte Ursache-Wirkungs-Kette, keine exakte Kausalität. Festgelegt sind nur Wahrscheinlichkeiten. Somit ist z.B. der genaue Ort an dem eine Lokalisierung stattfinden wird nicht von vornherein ursächlich festgelegt.
Damit wäre meine Antwort auf die Frage nach der Lokalisierung immer noch: Es existiert kein "Warum", kein Grund dafür, es ist eben zufällig.

@Peter:
Ich verstehe leider nicht, was du mit "Justierung" meinst.
Lass uns aber zuerst zuhören, was Dekohärenz bedeutet, ja?

Grüße
seeker
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von gravi » 28. Jun 2011, 20:33

Ich denke, dem Elektron lässt sich eine "reelle" Welle zuordnen - da es ein Quantenteilchen ist, kann es sich auch so verhalten.
Einem Fußball kann man zwar auch eine Wellenlänge zuordnen, diese deBroglie- Welle ist jedoch in unserem Makrobereich eher unsinnig.
So vermute ich, dass es sich hier äquivalent wie mit dem Tunneleffekt verhält. Ein Quantenteilchen kann eine Energiebarriere durchtunneln. Eine Betonmauer ist zwar auch eine Energiebarriere, aber ich muss schon etliche Versuche mehr unternehmen als ein Teilchen, um mit dem Kopf durch die Mauer zu kommen. Die Birne gehorcht halt nur selten den Quantenregeln...es sei denn, ich wende genügend hohe (kinetische) Energie auf. Dann klappt das durchaus. Nur möchte ich nicht diese Kopfschmerzen ertragen :mrgreen:

Gruß
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 28. Jun 2011, 21:45

seeker hat geschrieben:Nun, die Dekohärenzinterpretation ist meines Wissens nach nicht die einzig mögliche Interpretation des Sachverhalts - obgleich heutige Standardfolklore.
Wenn du auf die Dekohärenztheorie hinaus willst und "Dekohärenz" mit ihren Implikationen erklären kannst, dann würde mich das sehr freuen und interessieren. Mir ist nämlich nicht klar, wie damit die Probleme einer QM-Interpretation vollständig gelöst werden können.
Die Dekohärenztheorie ist für sich betrachtet keine Interpretation, sondern ein mathematischer Formalismus zur Lösung des Problems A) d.h. des Auftretens klassischer = lokalisierter Zustände. Sie ist keine Lösung für B) im Sinne eines bestimmten lokalisierten Zustandes.

Betrachten wir zunächst die Problematik der Lokalisierung durch die Messung, die Peter vorgeschlagen hat. Nehmen wir an, wir haben einen Zustand "Elektron ist bei a oder bei b". Nehmen wir an, wir konstruieren ein Messgerät, das immer wenn das Elektron bei a ist, den Fußball bei A lokalisiert, wenn es bei b ist, dagegen den Fußball bei B lokalisiert. Der Fußball entspricht einem klassischen Messgerät mit einem Zeiger, der die klassischen Positionen A oder B annehmen kann, um die (für uns direkt unbeobachtbare) Positionen a oder b des Elektrons anzuzeigen.

Nun haben wir dadurch eine Zerlegung des Gesamtsystems "Elektron + Messgerät +Fußball" konstruiert. Zu Beginn war das isolierte Elektron im Zustand "Elektron ist bei a oder bei b". Nun haben wir ein erweitertes System im Zustand "(Elektron und Fußball sind bei a bzw. A) oder (Elektron und Fußball sind bei b bzw. B)". Betrachten wir wiederum einen weiteren Messprozess, den die Zuschauer im Stadion am Fußball durchführen, ohne sich um das Elektron zu kümmern (können sie ja auch nicht). Gegenstand dieses Messprozesses ist der rein makroskopische Zustand "Fußball ist bei A oder Fußball ist bei B". Wir haben also einen makroskopischen Zustand, den wir so eben gerade nicht beobachten.

Die Lokalisierung des Elektrons mittels des Messprozesses angezeigt durch den Fußball führt also auf das neue Problem der Lokalisierung des Fußballs durch eine weitere Messung, z.B. durch die Zuschauer. Aber das ist ein infiniter Regress, denn dadurch geraten jetzt die Zuschauer in den Zustand "(Fußball ist bei A und Fans der Mannschaft X jubeln) oder (Fußball ist bei B und Fans der Mannschaft Y jubeln)". Die Fernsehzuschauer, die z.B. nur eine Totale des Stadions sehen (d.h. zwar die Fanmassen aber nicht den Fußball erkennen können) nehmen also einen Zustand " (Fans der Mannschaft X jubeln) oder (Fans der Mannschaft Y jubeln)" wahr – was wiederum kein jemals beobachteter makroskopischer Zustand ist.

Wir müssen also zuerst überhaupt verstehen, wie denn die makroskopischen Zustände mit lokalisierten Fußbällen entstehen. Das leistet die Dekohärenztheorie. Die wesentliche Aussage ist die folgende: Betrachten wir das Systems „Quantenobjekt + klassischer Zeiger + Rest“, wobei Rest alles andere, insbs. auch die Luftmoleküle, Photonen usw. umfasst. Nun konstruieren wir einen Zustand „(Quantenobjekt hat Eigenschaft a und Zeiger hat Eigenschaft A und Rest hat Zustand XXX) oder (Quantenobjekt hat Eigenschaft b und Zeiger hat Eigenschaft B und Rest hat Zustand YYY)“.

Die Dekohärenztheorie besagt nun, dass die klassischen Zeiger auch klassische Zustände ohne das problematische „oder“ einnehmen werden, während das problematische „oder“, also die quantenmechananische Interferenz selbst, in den unbeobachteten „Rest“ abwandert.

Das ist mathematisch aufwändig zu beschreiben, weswegen die Theorie auch erst in den 80igern entwickelt wurde. Insbs. benötigt man dazu Dichteoperatoren, d.h. verallgemeinerte quantenmechanische Zustände statt einfacher Wellenfunktionen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_decoherence (die deutsche Seite ist leider nicht gut)
http://en.wikipedia.org/wiki/Consistent_histories
http://en.wikipedia.org/wiki/Density_matrix
http://arxiv.org/abs/quant-ph/0312059

Die Dekohärenztheorie beschreibt also gerade nicht, warum gerade "Fußball ist bei A" beobachtet wird, oder wie und warum der Gesamtzustand genau in diesen Zustand kollabiert. Die Dekohärenztheorie beschreibt lediglich, warum nur einer der beiden Zustände "Fußball ist bei A“ oder „Fußball ist bei B" beobachtet wird, während eben gerade kein Kollaps eintritt. Das problematische „oder“ verschwindet nicht einfach, sondern es existiert weiter, jedoch im „Rest“, und dort ist es prinzipiell unbeobachtbar.

Somit haben wir das Problem A) gelöst, nicht jedoch das Problem B) Letzteres ist weiterhin nicht Gegenstand eines exakten Formalismus, sondern einer zusätzlichen Interpretation, z.B. einer Abart der Kopenhagener Interpretation oder der Many-World-Interpretation.
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 29. Jun 2011, 00:43

tomS hat geschrieben:Somit haben wir das Problem A) gelöst...
Nicht so schnell! Das müssen wir erst noch näher beleuchten!

Ich will zuerst versuchen den Sachverhalt nochmals in eigenen Worten darzustellen, soweit ich ihn bisher verstehe:
(Detailfehler bitte ich mir nachzusehen, solange das Prinzip richtig verstanden ist.)

Ein klassisches Problem der QM stellt sich so dar:
Klassisch (bevor die QM gefunden wurde) gesehen können wir jedem klassischen, makroskopischen Objekt zu jedem Zeitpunkt einen Ort und einen Impuls (= Masse x Geschwindigkeit) zuordnen. Damit können wir im Prinzip für jedes Objekt zu jedem beliebigen Zeitpunkt einen exakten Ort und eine Geschwindigkeit (incl. Richtung) angeben. Wir können also gleichzeitig und genau wissen, wo ein Objekt ist und wohin (und wie) es sich bewegt.

Gehen wir in die Quantenwelt:

Nun nehmen wir beispielsweise ein einzelnes, völlig isoliertes Elektron (=keinerlei Wechselwirkung mit der Umgebung).
Die QM sagt uns nun, dass wir für dieses Objekt keinen genauen Ort und Impuls gleichzeitig angeben können.
Konzentrieren wir uns auf den Ort: Wir können für ein solches Objekt nach der QM eine wellenförmige Orts-Aufenthaltswahrscheinlichkeit (=Wellenfunktion) angeben, aber keinen exakten Ort. Man sagt: Das Elektron befindet sich in einer Superposition, ist auf einen Raumbereich "verschmiert" bzw. "verteilt", ist "unscharf".
Nun könnte man meinen, dass das ja klar ist! Woher sollen wir auch wissen, wo das Elektron IST, wenn wir keine Messung (=Wechselwirkung) vorgenommen haben?

Also gut! Machen wir eine Wechselwirkung:
Dazu nehmen wir ein zweites isoliertes Elektron und lassen das 2. per Austauschphoton mit dem 1. Elektron wechselwirken.
So, jetzt wird die Superposition ja wohl kollabiert sein, da Wechselwirkung stattgefunden hat!
Aber: NEIN! Die QM sagt uns, dass in diesem Fall die Superposition nicht verschwindet, sondern sich nur ausweitet: Das System aus Elektron 1 und Elektron 2 bilden nun gemeinsam eine neue Superposition: sie sind nun verschränkt, als eine einzige Wellenfunktion darstellbar.

Also gut! Dann nehmen wir halt ein weiteres Elektron und messen mit ihm die beiden anderen... Pech gehabt! Nach der erneuten Wechselwirkung (Messung) haben wir wieder nur ein neues System aus nun 3 Elektronen, die wieder gemeinsam eine neue Superposition bilden, unscharf sind. Die Unschärfe verschwindet nicht! Es findet kein Kollaps (zu einem klassischen System) statt. Im Prinzip kann man nun dieses Spiel immer weiter treiben, bis die gesamte Materie des Kosmos beteiligt ist und eine einzige riesige (unscharfe) Superposition bildet, die als eine einzige Wellenfunktion darstellbar ist.

Wie kommt man da heraus?

Der Vorschlag der Dekohärenztheorie besagt nun folgendes (soweit ich das bis jetzt verstanden habe):

Wenn man mit einem makroskopischen Messgerät ein Elektron beobachtet, also eine Messung (Wechselwirkung) vornimmt, dann ist dieses Messgerät (in der Realität) eben nicht von seiner Umgebung isoliert (obwohl unser umgebungsisoliertes Elektron selbst vielleicht nur eine einzige WW mit dem Messgerät macht). Das bedeutet, dass es in diesem Fall zwangsläufig nicht nur zur Wechselwirkung Elektron-Messgerät kommt, sondern auch zu einer Vielzahl von fremden/weiteren Wechselwirkungen Messgerät-Umgebung. Diese vielen Wechselwirkungen/Messungen überlagern sich gegenseitig am Messgerät so, dass die eine winzige Wechselwirkung Elektron-Messgerät darin untergeht, wie ein Wassertropfen in einem Ozean. Daher ist das makroskopische Messgerät (nach allerkürzester Zeit) nicht mehr in einer Superposition mit dem Elektron. Die Superposition kollabiert zu unserer klassischen Welt, die wir jeden Tag beobachten.

Passt das im Prinzip so?

Grüße
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 29. Jun 2011, 01:16

Ja, im Prinzip passt das so.

Wichtig ist nur die Unterscheidung zwischen A) und B), dass nämlich nur generell irgendein Kollaps, d.h. einer von vielen möglichen, in der Messung in Erscheinung treten wird, nicht jedoch, dass ein ganz bestimmter Kollaps dynamisch herbeigeführt wird, d.h. tatsächlich existiert.

Betrachten wir ein anderes System, nämlich einen Würfel.

Dabei haben wir eine klassisceh Wahrscheinlichkeit von 1/6, dass eine bestimmte Augenzahl oben liegt. Das ist etwas anderes als eine quantenmechanische lineare Superposition der sechs möglichen Zustände. Letztere sind sozusagen "interferenzfähig", erstere nicht. In einem quantenmechanischen System können nun prinzipiell beide Wahrscheinlichkeiten vorliegen, eine intrinsisch quantenmechanische, die im Zustand wirklich "existiert", sowie eine klassische, die lediglich unserer beschränkten Kenntnis des Systems zuzuschreiben ist (klassisch: wenn wir Position und Geschwindigkeit des Würfels exakt kennen würden, können wir auch die später realisierte Augenzahl exakt berechen).

In der Dekohärenztheorie zeigt sich nun, dass wenn man über bestimmte Zustände des Systems mittelt (nämlich über die Umgebung, z.B. über die Luftmoleküle), und man dadurch ein "einfacheres" ode reduziertes System erzeugt, in diesem einfacheren System die ursprünglich intrinsisch quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten sozusagen wie klassische Wahrscheinlichkeiten in Erscheinung treten. Unsere Unkenntnis der Umgebung wird durch einen Mittelungsprozess beschrieben, der die quantenmechanischen Wahrscheinlichkeiten und ihre Interferenzen "wegmittelt" und in dem vereinfachten System sozusagen nur noch die klassischen Wahrscheinlichkeiten in Erscheinung treten lässt.

Angewandt auf das System Elektron und Fußball hat man zunächst das isolierte System des Elektrons mit dem quantenmechanischen Zustand "Elektron ist bei a oder bei b". Im Gesamtsystem unter Einbeziehung des Fußballs liegt der quantenmechanischen Zustand "(Elektron und Fußball sind bei a bzw. A) oder (Elektron und Fußball sind bei b bzw. B)" vor. Nun mittelt man über die Umgebung und findet einen klassischen Zustand der Form ' "Fußball ist bei A" oder "Fußball ist bei B" '. In allen drei Fällen liegt eine 50% Wahrscheinlichkeit vor, nur die Natur der Wahrscheinlichkeit ist jeweils eine andere.
Gruß
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 29. Jun 2011, 09:32

OK. Ich bin mit A) aber noch nicht zu Ende:
(Es geht ja in der Dekohärenztheorie u. a. auch darum zu zeigen, dass für das Entstehen einer klassischen Welt kein bewusster Beobachter vonnöten ist.)

Wenn ich das richtig verstehe, dann sagt uns diese Theorie nicht warum eine klassische Welt wirklich existiert, sondern nur, warum wir eine klassische Welt beobachten.
Das ist ein wichtiger Unterschied!
Wenn unsere (echte) QM-Wahrscheinlichkeit wie ein Wassertropfen ist (um auf dieses Bild zurückzukommen) und dieser Tropfen quasi in ein Meer von vielen (Umgebungs-) WW fällt, dann ist es zwar so, dass wir den einzelnen Tropfen nicht mehr beobachten können (weil er auf undurchschaubare Weise mit dem restlichen Wasser überlagert) - jedoch ist es nicht so, dass wir sagen dürften, dass das Wasser des Tropfens nicht mehr existieren würde.

Außerdem bestehen diese vielen externen WW (das "Meer") ja auch alle bei genauer Betrachtung aus (jeweils unterschiedlichen) Superpositionen, die erst bei ihrer komplexen Überlagerung als eine klassische Welt erscheinen.

Man müsste dann doch sagen: Unsere klassische Welt emergiert aus der Quantenwelt.

Außerdem müsste man m. E. genauer sagen: Die klassische Welt emergiert auf PRINZIPIELL undurchschaubare Weise aus der Quantenwelt!
Denn: Wenn dieser Entstehungsprozess durchschaubar wäre, dann würden wir ja eben wieder eine (makroskopische) Quantenwelt beobachten (können) -und keine klassische Welt.
Insofern schließen sich klassische Welt und vollständige Durchschaubarkeit automatisch aus.

Um noch einen Bogen zu schlagen:
Wenn ich recht habe, ist es prinzipiell unmöglich eine ToE zu finden, aus der unsere tatsächlich gegebene klassische Welt auf durchschaubare Weise vollständig abgeleitet werden kann.

Grüße
seeker
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 29. Jun 2011, 11:45

seeker hat geschrieben:Es geht ja in der Dekohärenztheorie u. a. auch darum zu zeigen, dass für das Entstehen einer klassischen Welt kein bewusster Beobachter vonnöten ist.
Ja!
seeker hat geschrieben:Wenn ich das richtig verstehe, dann sagt uns diese Theorie nicht warum eine klassische Welt wirklich existiert, sondern nur, warum wir eine klassische Welt beobachten.
Ja!

Bzw. genauer: sie sagt uns nicht warum gerade diese klassische Welt wirklich existiert, sondern nur, warum wir irgendeine klassische Welt beobachten.
seeker hat geschrieben:Man müsste dann doch sagen: Unsere klassische Welt emergiert aus der Quantenwelt.
Ja!

Die Theorie löst das Problem, dass es zwei unterschiedliche und unverbundene Weltsichten gibt; sie erklärt zumindest etwas besser, wie diese Emergenz prinzipiell funktioniert und wie die beiden Weltsichten zusammenhängen
seeker hat geschrieben:Die klassische Welt emergiert auf PRINZIPIELL undurchschaubare Weise aus der Quantenwelt!
Ja ...

... in gewisser Weise. Die Theorie sagt uns eben gerade nicht, warum genau diese eine klassische Welt entsteht - wenn es das ist, was du mit "prinzipiell undurchschaubar" meinst.

Man könnte auch sagen, die Theorie ist vollständig, wenn wir darauf verzichten, der Quantenmechanik eine Ontolgie bzgl. dem was "wirklich ist" zuzuschreiben und uns auf die Vorhersage von Messergebnissen und Wahrscheinlichkeitren, also beobachtbaren Phänomenen beschränken. Problem B) kommt erst ins Spiel, wenn wir einen irgendwie gearteten Begriff von Realität einführen wollen. Weil es sich dabei aber um eine philosophische und keine physikalische Problematik handelt, ist B) auch weiterhin kein formales mathematisches Problem, sondern weiterhin eine Frage der Interpretation.

Der eigentliche Wert der Diskussion liegt m.E. darin, dass man das Konglomerat (AB) sauber aufgetrennt hat und für den Teilaspekt (A) eine zufriedenstellende physikalische Lösung gefunden.
Gruß
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 29. Jun 2011, 19:20

Ihr habt jetzt natürlich eine Glanzleistung hingelegt. Alle Achtung.

Allerdings hat sie einen Schönheitsfehler, wie alles auf der Welt.

Ihr seid hier im Basisforum für Anfänger und da gehört das Thema, so wie ihr es weitergeführt habt, nicht hin. Das habt ihr übersehen. Und da sind wir bei dem Punkt, den ich immer wieder andeute. Selbst wenn wir glauben alles berücksichtigt zu haben, fehlt immer noch etwas und ist nicht ganz korrekt. Manchmal sind wir auch nur am falschen Ort.

@ seeker

Was ist denn jetzt Dekohärenz? Habt ihr das irgendwo mal ganz einfach erläutert? Wenn, dann mal eben nur zum Schluss. Bis dahin hält das aber kein Anfänger durch.

Ich versuche es mal mit meinen laienhaften Worten zu erklären:

Dekohärenz ist der Übergang von der Quantenwelt zur klassischen Welt, also die Welt in der wir leben. Das ist alles. Was ihr geführt habt ist wohl eher eine Grundsatzdiskussion im Bereich der Zusammenführung zweier Theorien liegt.

@ Tom

Ich bewerte mal den letzten zusammenfassenden Beitrag von dir und sehe diesen Beitrag als Ergebnis.

Du hast doch im entfernten Sinn das Sein und die Realität, bzw. den Übergang dahin beschrieben. Zumindest trifft es das, was ich unter Sein und Realität verstehe.

Eigentlich hast du geschrieben, dass etwas da ist. Und du hast geschrieben, dass das was wir wissen wollen, wir eigentlich immer noch nicht wissen. Das ist doch genau dass, was sich im Bereich unserer Wahrnehmung im makroskopischen Rahmen abspielt. Ich seid in andere Bereiche geflüchtet, um festzustellen dass es dort auch keine endgültigen Antworten gibt.
Was ist denn das Sein in unserer Realität? Das hat doch noch nie einer richtig erklärt.

Ich versuche es mal:

Das Sein und die Realität in unserer klassischen Welt ist doch die Veränderung. Die Veränderung zum Sein und wieder zum Nichtsein. Wenn das Sein nicht Veränderung wäre, könnte sich das Sein nicht zu dem entwickeln was es heute scheinbar ist. Alles was wir wahrnehmen fließt, und hört nicht auf zu fließen. Realität und Sein sind zeitlos. Realität und Sein unterliegen einer ständigen Veränderung.

Zeitlos und ewiglich, dass ist ja im gewissen Sinne die Quantenwelt. Zeitlos und ewiglich ist die Welt auch jetzt schon, man muss die Welt nur anders deuten. Wir haben doch Scheuklappen vor den Augen, die so groß sind wie Satteltaschen.

Somit ist das Grundlegende in der Philosophie, in der Physik als auch in der Mathematik die

VERÄNDERUNG.

Jeder beschreibt sie nur anders.

Auch ist der Ausgangspunkt vieler Wissenschaftler falsch, wenn sie behaupten, dass die Welt nicht so ist, wie wir sie sehen. Doch sie ist so, wie wir sie sehen. Wir sehen, dass sie sich verändert und verstehen nicht warum. So sollte man das korrekt formulieren. Eigentlich ist sie vollständig wenn wir auf weitere Erklärungen verzichten und nicht nach dem WIE und WARUM fragen. @ Tom, erkennst du was????

Aber eins fehlt wirklich bei allen. Keiner weiß, was sich da verändert. Wenn wir das wüssten, dann brauchten wir die Warum Frage gar nicht stellen. Der letzte kleinste Punkt der bleibt verschlossen, da kommt keiner rein. Zumindest nicht mit den derzeitigen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen. Letztlich werden es die Philosophen richten müssen. Da bin ich mir sicher. Es sei denn, die Wissenschaftler gehen an das Universum ganz anders ran.
Dazu muss aber auch eine Bereitschaft da sein umzudenken. Die sehe ich nicht.


Jetzt habe ich bei Eurer Diskussion meine Fragen zum Doppelspaltversuch vergessen. Na ja, ist halt die Veränderung bei mir Schuld.

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 29. Jun 2011, 21:30

Peter, du hast recht, das Thema wird unheimlch schnell kompliziert.

Aber: wir haben uns nicht vergallopiert, denn du hast die wesentlichen Punkte verstanden! Das ist ein Lob an uns alle gemeinsam - und das darf auch mal sein :-)

Der wicjtigste Punkt ist, dass wir auf Grund der Erfahrung mit der Klassischen Welt uns angwöhnt haben, Wahrnehmung und Realität gleichzusetzen. Der Sportreporter sagt "der Ball ist im Tor, Mannschaft A führt mit 1:0". Nie imLeben würde er sagen "wir nehmen den Ball imTor war, deswegen beschreiben wir unsere Erkenntnis mit dem Zustand 1:0". Ein Großteil der Problematik der quantenmechanischen Interpretationen liegt darin begründet, dass uns die Quantenmechanik dazu zwingt, den Beriff "Realität" aufzugeben und uns ganz der "Wahrnehmung", "Messung", ... zu widmen. Dann können wir versuchen, zu rekonstruieren, was denn Realität sein könnte. Sehr oft erhalten wir leider nur negative Resultate, das heißt Ergebnisse, wie die quantenmechanische Welt gerade nicht ist (das Elektron hat keine festen Ort, das Elektron geht nicht durch genau einen Spalt, ...)

D.h. dass das Rekonstruieren von Realität und damit der Realitätsbegriff, das was "wirklich ist", ständig an Grenzen stößt. Wir kennen diese Grenzen im Bereich der Klassischen Physik nicht, bzw. wir trennen nicht Realität von Erscheinung (und wenn die Philosophen es tun, erscheint es uns künstlich). In der Quantenmechnaik werden wir gezwungen, genau das zu tun, da wir sinst unweigerlich falsche Resultate erhalten!

Die Dekohärenztheorie erklärt, warum die klassische Welt so erscheint, wie wir es gewohnt sind. Lokalisierte Fußbälle, scharf definierte Werte von Ort und Geschwindigkeit, keine geisterhaften Superpositionen usw. Die Dekohärenztheorie erklärt jedoch nicht, warum genau eine bestimmte Realität auftritt und keine andere, d.h. sie bewegt sich immer noch imBereich des Möglichen, nicht des Wirklichen.Diesen zweiten Schritt (B) schafft sie nicht - und sie kann es auch gar nicht.

Du sagtst etwas sehr Interessantes: "Auch ist der Ausgangspunkt vieler Wissenschaftler falsch, wenn sie behaupten, dass die Welt nicht so ist, wie wir sie sehen. Doch sie ist so, wie wir sie sehen". Man könnte meinen, du übernimmst die phänomenologische Sichtweise von Husserls, auch Sartre schreibt teilw. Ähnliches, Wittgenstein ebenfalls: "Die Welt ist alles, was der Fall ist" bzw. die Realität ist nichts weiter als die Gesamtheit aller Erscheinungen - es gibt kein (im kantschen Sinne) unerkennbares Ding an sich hinter den Erscheinungen. Die meisten Physiker vertreten inzwischen diese eher positivistische Haltung, dass sie über Phänomene, Erscheinungen, Messergebnisse usw. sprechen können, aber nicht über das, was diese Messergebnisse verursacht (Gleichungen, Objekte, Quanten, Realität, das was wirklich ist, ...)

Dennoch schleppt jeder für sich seinen Realitätsbegriff mit sich herum und glaubt letztlich daran, dass "da etwas ist". Wenn du früh den Kühlschrank aufmachst, um die Butter herauszuholen, dann glaubst du felsenfest daran, dass es dieselbe Butter ist wie die, die du am Abend hineingestellt hast. Nie im Leben würdest du darüber nachdenken, ob diese Feststellung evtl. sinnlos ist und die Butter nur genauso erscheint wie am Abend.

Feynman hatte eine eigene Interpretation der Quantenmechanik: "shut up and calculate". OK, das funktioniert, seit nunmehr fast 100 Jahren. Aber es ist ein Wunder, dass es funktioniert; es ist ein Wunder, dass wir zwar ganz grundsätzlich nicht wissen - und nicht wissen können, "was wirklich ist", dass wir dies aber nahezu perfekt berechnen können. Genau diese Erkenntnis ist der Antrieb für einige Physiker, den Schleier der Quantenwelt noch mehr lüften zu wollen, auch wenn sie sich dabei teilw. auf das dünne Eis der Philosophie begegen.

Die Frage nach dem "warum" ist im engeren Sinne keine physikalsiche Frage, aber sie ist dennoch die Frage, die immer wieder die großen Geister umgetrieben und vorangebracht hat.
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 30. Jun 2011, 09:15

@Peter:
Du hast recht. Das hier ist ja das Basisforum. Das hatte ich in der Tat vergessen...
Das Thema ist halt an sich schon sehr kompliziert... und es ist ja sogar ein "Aufbauthema", da dieser Thread einen Vorläufer hat.
Ich glaube, wir haben versucht es dennoch in einfache Worte zu fassen.
Z.B. ich hier:

viewtopic.php?f=76&t=1875&start=7

Wenn du dazu noch konkrete Fragen hast, dann los!

Ist dir das hier jetzt klarer geworden:
"Kann es nicht sein, dass die Elektronen durch die Messung justiert werden?"
Falls nein, können wir das gerne besprechen.

Ansonsten brauche ich an dem Punkt, an dem wir jetzt angekommen sind, noch ein wenig Zeit zum Nachdenken, Tom.
Ich bitte um etwas Geduld.

Grüße
seeker
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 30. Jun 2011, 10:07

Das hört sich ja so an, als ob wir uns wie Quanten verhalten. Wenn wir denken, haben wir kein Ergebnis bewegen uns aber geistig. Wenn wir durch das Denken ein Ergebnis haben, denken wir nicht mehr, haben aber einen Standpunkt. Standpunkt und denken zusammen geht irgendwie nicht. Denken zwischen einem Standpunkt zum nächsten Standpunkt geht.
Wir betrachten das Ergebnis als Realität und Sein und merken nicht, dass alles nur ….?? Ja was?

Ich weiß immer noch nicht was Quanten sind. Quanten sind doch eigentlich auch nichts.

Eigentlich sagst ihr doch, dass es keine Werte geben kann, auch nicht im makroskopischen Bereich.

Andererseits entsteht durch Messung im Quantenbereich ein Ort, der eine Statik hat, die nicht da sein dürfte.

Etwas ähnliches habe ich am Meer beobachtet. Es entsteht durch Wellen eine Statik im Sand, die mich tragen kann. Alles ohne Zement.
In der Weiterführung verlagern sich die Wellen dann quer, wenn sie auf Anpflanzungen treffen.

Zum Doppelspaltversuch

Ich habe anfangs etwas von Justierung geschrieben, ich glaube das war falsch. Ich meinte wohl, dass sich die Wellen bei Messung verlagern und zwar seitlich. Wenn seitlich dann ein Schirm aufgestellt würde, müssten dort das Interferenzmuster wieder auftauchen, was ja bei der Messung verschwunden ist. Ist das verständlich.

Wenn ich das richtig verstehe, dann entwickeln Quanten aus dem Nichts eine Realität, die wir als Eigenschaften wahrnehmen.

Ihr verulkt mich nicht. Oder??

Das ist doch irgendwie Quatsch, was ich denke.

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 30. Jun 2011, 13:26

@ Tom

Danke für den Hinweis auf Wittgenstein.

Ich habe eine interessante Aussage von ihm gefunden:

Philosophische Probleme kann nur verstehen oder auflösen, wer begreift, welche Fehlanwendung von Sprache sie erzeugten. Ziel philosophischer Analysen ist die Unterscheidung von sinnvollen und unsinnigen Sätzen durch eine Klärung der Funktionsweise von Sprache: „Alle Philosophie ist 'Sprachkritik'.

Warum ist das nie weiterentwickelt worden? Dann würden wir Sprache ganz anders anwenden.

Solche Aussagen wie: Der nachfolgende Satz ist richtig, der vorherige Satz ist falsch, würden doch sofort zertrümmert.

Auch unsinnige Annahmen in Paradoxien würden sofort entschlüsselt werden können.

Ich verstehe nicht, warum Gedanken solcher genialer Menschen nicht als Basis für eine sprachliche Entwicklung genommen werden.

Gruß

Peter

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 30. Jun 2011, 17:44

Wittgenstein geht teilweise etwas zu weit, wenn er nämlich die Dinge, über die man nicht sinnvoll reden kann, als tabu erklärt, man darüber schweigen müsse. Dennoch kann ich mal - an einer anderen Stelle - erläutern, was ich an ihm schätze. Die rein sprachphilosophisch orientierte Philosophie ist m.E. in der Naturwissenschaft wenig nützlich, allenfalls um unser Aufmerksamkeitz bzgl. Fehlinterpretationen und Kategoriefehlern zu schärfen. Streng genommen müssten wir auch die Diskussion über Interpretationen der QM ganz bleiben lassen - aber eben gerade das wollen wir doch nicht, oder?

Zu deiner Frage, wie Realität quasi aus dem Nichts entsteht: nein wir wollen dich nicht verulken, ich würde es nur etwas umformulieren.

Quanten sind "Träger" von "potentiell realisierbaren Möglichkeiten", wobei die Wahrscheinlichkeit der jeweils einzelnen, konkreten Realisierung vorhersagbar d.h. berechenbar ist; das ist eine Aufgabe der Quantenmechanik. Die tatsächliche Realisierung genau einer konkreten (von potentiell vielen) Möglichkeiten ist nicht mehr Gegenstand der Quantenmechanik und der Berechenbarkeit, sondern (nach heutigem Kenntnisstand) der Interpretation der Quantenmechanik (Kopenhagen, Many-Worlds, deBroglie-Bohm, ...). Das Entstehen einer konkreten "klassischen" Realität ist also nicht komplett durch die QM erklärbar, es ist jedoch vollständig mit ihr verträglich.

Ein darüberhinausgehender Formalismus, der zum einen eine klassische und lokale Realität wieder einführt und zum anderen die Verträglichkeit mit der QM sicherstellt, ist unseres Wissens nach nicht möglich (Bellsches Theorem). D.h. man kennt keine Möglichkeit, die Quantenmechanik hier weiter zu vervollständigen (allenfalls um den Preis der Aufgabe der Lokalität) ohne gleichzeitig ihre Verträglichkeit mit dem Experiment zu zerstören. In diesem Sinne beschränkt man sich auf einen ontologisch unvollständigen, jedoch praktisch und phänomenologisch korrekten Formalismus.
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 30. Jun 2011, 19:15

Ihr habt ja jetzt den Übergang von der Quantenwelt zur klassischen Welt beschrieben.

Wenn ich ehrlich sein soll, stehe ich heute auf der Rolle. Ich habe das Gefühl, ich habe wieder einen Schritt zurück gemacht.

Wir brauchen die Quanten also um zu leben und zu sterben, so verstehe ich das. Die Frage ist doch, wann befreien sich die Quanten wieder. Sind sie Ursache für unser Anfang und unser Ende. Wenn wir dann nicht mehr da sind, machen sie dann fröhlich weiter. Ich weiß ja jetzt nicht mal mehr wie ich etwas vernünftig formulieren soll.

Da komme ich nicht weiter.

Ich würde sagen, wir warten mal ab, was seeker schreibt und bitte ihn, dies so einfach wie möglich zu tun.
------------------------
Ich habe aberspäter noch eine Fage zum DS-Experiment. Allerdings nicht zum Experiment selbst, sondern zum Aufbau der Apparaturen.

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 30. Jun 2011, 21:23

Quanten ist nur ein Begriff. Er bezieht sich lediglich auf die Tatsache, dass a) bestimmte Größen eben nur quantisierte bzw. diskrete Werte annehmen können, z.B. sind die erlaubten Energien von Licht einer bestimmten Frequenz f in Energiepakete = Photonen = Lichtquanten der Energie E=hf gequantelt, und dass b) diese Objekte (also z.B. LIchtquanten) eben andere Eigenschaften haben als (z.B.) Fußbälle.

Dein Körper besteht auch aus "Quanten", u.a. aus Elektronen und Quarks, wobei diese eben die Quanten des Elektron- bzw. Quarkfeldes sind und andere Eigenschaften haben als winzige Fußbälle. Das war's schon.
Gruß
Tom

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von Skeltek » 1. Jul 2011, 04:51

spekulier ich mal drauf los:
Wobei man sich ja auch streiten kann, ob ein Elementarteilchen sich tatsächlich in die geglaubte Richtung bewegt oder lediglich eine Störung im Raum ist, die sich in die genau entgegengesetzte Richtung ausbreitet. Wie bei einer Luftblase im Wasser, bewegt sich das Wasser nach unten, während die runde Blase eine Bewegung nach oben zu machen scheint.

Ein Teilchen könnte man denke ich als eine sonstwie geartete Dichteanomalie oder Störung im Hintergrundrauschen auffassen oder ähnliches: Ein benachbartes virtuelles Teilchenpaar wird gesplittet und das ursprüngliche Teilchen wird mit einem der virtuellen Teilchen annihiliert -> Bewegungsrichtung des entstandenen virtuellen Teilchens ist genau entgegengesetzt zur Ausbreitungsrichtung der Störung.

Geht man vom letzteren aus, wäre das Verhalten eines Teilchens im Experiment fast ausschließlich vom Quantenchaos drumherum bzw seinem Vergangenheitslichtkegel abhängig und nicht vom dem Teilchen selbst.
Nicht die Teilchen bewegen sich, sondern ihre Umgebung um sie herum.
Na langer Rede kurzer Sinn: es gibt Möglichkeiten alles so zu interpretieren, daß das anscheinend völlig zufällige Verhalten auf diesen Skalen zwar streng deterministisch ist, aber nicht durch lokale Variablen bestimmbar.

Die Sache ist die, daß nicht prüfbar ist, ob ein Teilchen immer noch dasselbe ist oder durch ein neues ersetzt wurde/was ein Teilchen genau ist.
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 1. Jul 2011, 09:00

@ Tom

Dann habe ich ja im Vorfeld nicht ganz so falsch gelegen, als ich folgendes geschrieben habe:

----Ich weiß immer noch nicht was Quanten sind. Quanten sind doch eigentlich auch nichts.----

Die Betonung lag auf ---auch---


Was bedeutet das jetzt in der Weiterführung(Dekohärenz). Will man aus etwas ZEITLOSEM etwas STERBLICHES machen.

Will man den mikroskopischen Bereich entschärfen? Warum? Nur weil es besser in unsere falsche Weltanschaung passt?

Das gefällt mir auch nicht. Ich meine mit nicht GEFALLEN keine Geschmacksrichtung, sondern es ist einfach nur falsch zu kapitulieren.

Gruß

Peter
Zuletzt geändert von PeterM am 1. Jul 2011, 10:59, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von seeker » 1. Jul 2011, 09:09

PeterM hat geschrieben:Wenn ich das richtig verstehe, dann entwickeln Quanten aus dem Nichts eine Realität, die wir als Eigenschaften wahrnehmen.
Ihr verulkt mich nicht. Oder??
...
Wenn ich ehrlich sein soll, stehe ich heute auf der Rolle. Ich habe das Gefühl, ich habe wieder einen Schritt zurück gemacht.
Also ich habe eher den Eindruck, dass du vorankommst, da mir scheint, dass du die ungeheure Tragweite der Fragen langsam verstehst, die uns die QM aufzwingt.

Die Quantentheorie verändert unsere Idee von der Realität GRUNDSÄTZLICH.

(Auch Skelteks Vorschlag ändert an dieser Aussage nicht das Geringste.)
Wer von der QM nicht zunächst zutiefst verwirrt und erschrocken ist, der hat von ihr nicht das Mindeste verstanden.
Die QM ist noch viel radikaler als die ART.

Ich schlage vor dieses Video hier (Teil1-3) nochmals (oder mehrmals) genau anzuschauen:

Die Quantenphysik 1/3
http://www.youtube.com/watch?v=W1Lm9C78cOs&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=W1Lm9C78 ... re=related (Teil1)
http://www.youtube.com/watch?v=eOW0SWUc ... re=related (Teil 2)
http://www.youtube.com/watch?v=d7Zw51nE ... re=related (Teil 3)

Auch dieses Video hier empfehle ich:

Quantenphysik - Was wir noch nicht wissen - Existiert der Mond auch wenn keiner hinsieht
http://www.youtube.com/watch?v=zd44Wtx4mCg&feature=grec_index
http://www.youtube.com/watch?v=zd44Wtx4 ... grec_index

Anschließend könnten wir Details der Experimente oder einzelne Aussagen aus den Videos besprechen...
So könnten wir alle unser Verständnis etwas vertiefen.
Ist das OK oder eher keine gute Idee?

@Skeltek: Mir scheint du gehst da auf den Pfaden der Bohmschen Mechanik. Das sollte man natürlich auch beleuchten... ob das wirklich eine Lösungsmöglichkeit wäre - und zu welchem Preis?
Ich fürchte nur, dass die Verwirrung zu groß werden könnte und bin mir unsicher, ob man dies jetzt sofort oder vielleicht erst ein wenig später oder gesondert diskutieren sollte?
Was meint ihr?

Grüße
seeker
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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von PeterM » 1. Jul 2011, 11:08

@ seeker

Ich werde mir das alles noch mal in Ruhe ansehen.

Allerdings hinken in den Filmen die Vergleiche mit dem makroskopischen Rahmen.(Pistolenkugel)

Die Kugel ist justiert, sonst würde sie nicht ins Ziel treffen. Die Kugel ist so "gemessen" verändert, dass sie unter immer gleichen Voraussetzugen ins Ziel trifft.

Trifft sie allerdings ins Ziel, ist dieses Ziel von der Kugel besetzt. Das heißt, die Kugel kann nicht noch mal in dasselbe Ziel treffen, sondern höchstens auf sich selbst.

Jetzt weißich auch wieder, was ich mit Justierung meinte. Das Elektron wird möglicheriwese durch die Messung so justiert, dass es seine Welleneigenschaften verliert.

Lass mich noch mal in Ruhe überlegen und formulieren. Das klingt jetzt auf die Schnelle vielleicht etwas verworren. Vielleicht habe ich auch einen Denkfehler.

Es kann sein, dass ich erst morgen wieder etwas schreiben kann.

Gruß

Peter

Keplerfan

Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von Keplerfan » 1. Jul 2011, 14:59

Mich hat immer sehr verwirrt (und das tut es vielleicht im Moment immer noch) dass immer speziell von Messungen die Rede ist, wo doch eigentlich alle noch so kleinen Interaktionen gemeint sind, bei denen die gemessene Eigenschaft eine Rolle spielt. (Richtig?) Messungen sind dann zwangsläufig Interaktionen, aber solche Interaktionen sind nicht zwangsläufig Messungen. Im Video wird ja auch davon gesprochen, dass Luftmoleküle das Interferenzbild stören, weil sie im Prinzip ständig den Ort des Teilchens "messen". Diese "Messung" ist im Prinzip nur eine Interaktion, bei der der Aufenthaltsort des Teilchens eine Rolle spielt. Wenn es aber für die Physik egal ist, ob eine Interaktion eine Messung ist, dann sollte man das vielleicht erst einmal klar sagen, bevor man über Aspekte wie "Realität" diskutiert und den "Messungscharakter" auch nicht ständig so betonen.
(Bitte nicht als harsche Kritik auffassen, nur eine Anmerkung, weil es mir persönlich das Verständnis erschwert hat und ich in dieser Hinsicht immer noch leicht verwirrt bin.)

Etwas wilde Spekulation über die Lokalisierung des Quants bei Interaktion bzw. Messung: Könnte es einfach daran liegen, dass es für das Quantenobjekt energetisch günstiger ist, bei einer Wechselwirkung "lokalisiert" zu interagieren als "delokalisiert" - dass es also bei einer Wechselwirkung "wieder punktförmig wird" (so sehr ein Elektron eben punktförmig wird; "seine Wellenfunktion kollabiert"), weil es dann mehr Energie übertragen kann? Bei Fulleren-Fußbällen könnte ich mir das vorstellen, bei Photonen sehe ich dafür keinen offensichtlichen Grund.
Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob sich das mit der Ort-Impuls-Unschärfe verträgt.
Welchen Grund hätte das Teilchen energetisch, bei einer Impulsmessung plötzlich seinen Impuls zu lokalisieren? Und wie könnte man überhaupt den Impuls messen, ohne den Ort zu bestimmen (da man im einfachsten Fall ja einfach eine Barriere in den Weg stellt, misst man dann natürlich auch den Ort).

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Re: #11 Geisterhafte Quantenphysik und klassische Welt

Beitrag von tomS » 1. Jul 2011, 17:21

Hallo Keplerfan, deine Anmerkung bzgl. der Messung ist sehr konstruktiv. Die Betonung der Messung als besondere Art der Interaktion mit der klassischen Welt stammt historisch aus der Kopenhagener Interpretation. In diesem Kontext ist sie auch ausgezeichnet (Stichwort: Kollaps der Wellenfunktion). Im Zuge anderer Interopretationen (z.B. Many-Worlds) gibt es dagegen keinen Unterschied zwischen Messung und anderer Interaktion mehr.
Gruß
Tom

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