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Mikroskopische schwarze Löcher

Schwarze Löcher, wohl die mysteriösesten Objekte im All: Entstehung, Geometrie, Dynamik, Quantenaspekte
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Mikroskopische schwarze Löcher

Beitrag von tomS » 3. Jan 2008, 14:41

Aus einigen Versionen der Superstring-Theorie / M-Theorie folgt, dass es schwarze Löcher mit vergleichsweise geringer Masse geben könnte. Üblicherweise geht man davon aus, dass ein Objekt sich dann in schwarzes Loch verwandelt, wenn man seine gesamte Masse auf einen Raum konzentriert, der kleiner als eine durch den Schwarzschildradius definierte Kugel ist. Nimmt man als kleinstmögliche Masse die Planckmasse, so findet man den Schwarzschildradius gleich der Plancklänge.

Betrachtet man nun Theorien, in denen zusätzliche Dimensionen existieren (z.B. die Stringtheorie: 3+1 dimensionale bekannte Raumzeit + 6 kompaktifizierte räumliche Extradimensionen), so ändert sich das Verhalten der Gravitationskraft. Man geht davon aus, dass sich die Gravitationskraft auch in die Extradimensionen hinein ausbreiten kann und dass dies für genügend kurze Wellenlängen der Gravitonen geschieht (diese müssen quasi in die kleinen Extradimensionen hineinpassen).

In einem vereinfachten Bild wird das Verhalten der Gravitation durch eine Änderung des Newtonschen Gesetzes modifiziert. In drei Raumdimensionen ist die Oberfläche eine Kugel proportional zum Quadrat des Radius, daher ist die Gravitationskraft umgekehrt proportional zum Quadrat des Radius. Für mehr Raumdimensionen ist die Oberfläche der Kugel jedoch proportional zum Radius hoch 2 + n (n ist die Zahl der zusätzlichen Dimensionen), das Verhalten der Gravitationskraft ist dann umgekehrt proportional zu 2 + n, d.h. sie wird abgeschwächt. Diesen Effekt sieht man jedoch nur, wenn die beiden gravitierenden Körper sich so nahe kommen, dass sich die Extradimensionen bemerkbar machen, d.h. die beiden Körper müssen ca. einen Abstand von der Größenordnung der Extradimensionen haben.

Aus den Theorien ergibt sich dann eine neue effektive Massenskala, die von der Größe der Extradimensionen abhängt. Damit wird das Verhalten der Mini-Black-Holes nicht mehr durch die Planckmasse sondern durch diese neue Massenskala bestimmt. Nimmt man an, dass die Extradimensionen ca. die Größe von Protonen haben, so findet man eine effektive Massenskala von der Größe TeV, d.h. durchaus im Bereich des Beschleunigers LHC.

Die Mini-Black-Holes können (bei genügend großen Extradimensionen) sowohl am LHC als auch in atmosphärischen Kollisionen erzeugt werden. Ihr Nachweis ist über ihren Zerfall möglich. Zunächst erwartet man, dass sie über thermische Hawking-Strahlung (Strahlung eines schwarzen Körpers) zerfallen, d.h. dass alle möglichen Teilchen in den Zerfallsprozessen nachgewiesen werden können und dass keine Richtung (z.B. die ursprüngliche Flugrichtung) ausgezeichnet ist. Allerdings führt eine genauere Betrachtung zu einer Reihe von Korrekturen des Strahlungsspektrums des schwarzen Körpers (sog. grey-body factor): Zunächst können Gravitationswellen produziert werden, die nicht direkt nachweisbar sind. Dann kann die Hawking-Strahlung quasi in die Extradimensionen entweichen und macht sich ausschließlich durch fehlende Energie bemerkbar (dies gilt für Modelle, in denen unser Universum einer im 9-dimensionalen Raum eingebetteten 3-dimensionalen Membran entspricht). Zuletzt hängt die Temperatur des Mini-Black-Holes ebenfalls von den Zusatzdimensionen ab, i.A. ist die Temperatur gegenüber der Hawking-Temperatur geringer und die Lebensdauer deutlich höher.

In jedem Fall hängen Temperatur, Lebensdauer, Strahlungsspektrum etc. von der Zahl und der Größe der Extradimensionen ab. Über Mini-Black-Hole Ereignisse bzw. deren exakte Vermessung könnten so bestimmte Modelle (Stringtheorie mit Kompaktifizierung, Brane-Worlds insbs. Randall-Sundrum Modelle) bestätigt oder widerlegt werden.
Gruß
Tom

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Beitrag von Ray Light » 3. Jan 2008, 15:42

Das hast Du gut und richtig zusammengefasst, Tom.

Daher sehe ich mit Spannung den ersten LHC-Daten entgegen. Es wird sicher nicht einfach sein, den gemessenen Sekundärereignissen eindeutig ein evaporiertes mini black hole zuzuordnen.

Gruß,
Ray
Wir haben verlernt uns zu wundern.

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Beitrag von tomS » 3. Jan 2008, 15:50

Hi,

hab' vergessen, einen Link zu posten:
http://arxiv.org/abs/hep-ph/0402168
(viel Mathematik, für die Experten)
Gruß
Tom

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Beitrag von gravi » 3. Jan 2008, 17:49

Eine sehr umfassende und informative Darstellung, Tom.

Es wird wohl ungemein schwierig sein, die Minilöcher nachzuweisen, wenn sie der LHC erzeugt hat. Immerhin würde das aber einen Riesenschritt vorwärts bedeuten. Bis dahin müssen wir jedoch bestimmt eine Menge Geduld aufbringen...

Gruß
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Beitrag von Zausel » 6. Jan 2008, 06:11

Lacht mich jetzt nicht aus,
aber durch Toms Zusammenfassung habe ich erfaßt wie schwer es ist das Thema Singularitäten zu vermeiden.
Irgendwie versuchen Naturwissenschaftler durch mathematische Formeln Dinge zu erklären, die vielleicht gar nicht zu erklären sind.

Einstein sagte mal: Das Unverständlichste am Universum ist, das wir es verstehen können.

Ist das so? Wußte er mehr als er damit gesagt hat?

Ich persönlich glaube das Einstein ein Philosoph war, der gut rechnen konnte.
Seine spukhafte Fernwirkung war (theoretisch) keine Eselei, aber vielleicht hat er damit eine Autosuggestion ausgelöst, die jeden Naturwissenschaftler dieser Welt dazu bewegte die Weltformel zu finden.

Ich persönlich glaube auch das Einstein uns mit seinen Theorien eine Verantwortung übergeben hat die schwer zu tragen ist. Wir müssen immer weiter gehen um diese Theorien entweder zu widerlegen oder zu beweisen.

Und vielleicht hat er uns Menschen damit schon erklärt was der Sinn des Lebens ist.

Gruß Zausel

P.S. Ich weiß das mein Text nicht wirklich in ein naturwissenschaftliches Forum paßt, aber irgendwie mußte ich das loswerden.

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Stephen
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Beitrag von Stephen » 6. Jan 2008, 18:55

@Zausel:

Wenn man Begriffe wie "unendliche Gravitation", "unendliche Dichte" oder "Null Volumen" benutzt, muss man wahrscheinlich über eine gewisse philosophische Ader verfügen - trotz allem war Albert Einstein in erster Linie sicherlich kein Philosoph :wink:

Dass Schwarze Löcher nicht ausschließlich durch Implosion eines Sterns sondern z.B. in der Frühzeit des Universums durch den Kollaps gravitativ extrem komprimierter Gebiete entstanden sein könnten - eben zu den angesprochenen mikroskopischen SLs - tja...

Ich kenne die Befürchtungen von heutigen Zeitgenossen, die eine Gefahr darin sehen, dass man - z.B. im CERN - eines Tages ein künstliches Mikro-SL erzeugen könne. Ich persönlich halte das für Humbug aber scheinbar ist die Diskrepanz zwischen Wissenschaftlern auf der einen und einem Normalbürger auf der anderen Seite inzw. so groß geworden, dass da keine vernünftige Konversation mehr möglich ist...

Gruß, Steffen
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Beitrag von wilfried » 6. Jan 2008, 22:43

Hallo zusammen

Tom schrieb:
Die Mini-Black-Holes können (bei genügend großen Extradimensionen) sowohl am LHC als auch in atmosphärischen Kollisionen erzeugt werden.
Das letztere, die atmosphärischen BHs machen mich kirre. Soll das bedeuten, dass durch hochenergetische Strahlung solche BHs entstehen und was bedeutet dies denn eigentlich?
Immrhin haben wir es ja hier mit extrem relativistischen Objekten zu tun, wie verhält sich denn die Singularität, wie verhält sich die Akkretion von solch enorm kleinen Löchern?

Welchen Einfluss täten, wäre diese Wirklichkeit, diese BHs auf unsere Umgebung (ich meine hier nicht die tagtägliche Umweldiskussion mit Luftverpestung etc!!!) haben?

Gruß

Wilfried
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Beitrag von tomS » 7. Jan 2008, 23:54

Hallo Wilfried, Steffen,

guter Punkt, wie wirken sich die entstehenden BHs auf die Erde und die Menschen aus?

Zunächst zu den Massen der schwarzen Löcher: am LHC (Proton-Proton-Kollision) ist die maximale Masse des entstehenden schwarzen Lochs gleich der Schwerpunktsenergie von ca. 14 TeV. Die kosmische Strahlung mit hochenergetischen Protononen oder Antiprotonen von ca. 10^7 TeV führt auf nur ca. eine Größenordnung mehr, d.h. ca. 100 bis 200 TeV Schwerpunktsenergie, da die Kollision mit einem ruhenden Proton aus Lufthülle erfolgt.
(Zur Berechnung habe ich die relativistische Energie-Impuls-Beziehung für die Proton-Proton-Kollision benutzt. Strahlung höherer Energie als ca. 10^7 TeV sollte durch Streuung an der Hintergrundstrahlung unterdrückt sein).
Damit sind die Massen der BHs für beide Fälle nicht so unterschiedlich wie zunächst vermutet.

Die Energie von 10^7 TeV wird in Folge der Zerstrahlug des BHs über Hawking-Strahlung vollständig freigesetzt. Sie entspricht aber natürlich exakt der Energie, die in Form von Teilchenschauern aus der kosmischen Strahlung sowieso freigesetzt würde, also wenn der Schauer direkt entsteht und nicht aus einem BH resultiert.
Da die Zerstrahlung eines BH-Zwischenzustandes nach der Hawking-Strahlung rein thermisch erfolgt, sind die dabei entstehenden einzelnen Teilchen wohl weniger energiereich als die Teilchen aus normalen Schauern. Insbs. sollte sich für höhere Energien nicht die Energie der einzelnen Teilchen erhöhen, sondern lediglich deren Anzahl.

Zum von dir angesprochene Effekt der Akkretion. Dazu folgende Abschätzung: die Gravitationskraft eines Mini-BHs der Größenordnung TeV auf ein Proton von ca. 1 GeV kann man gegenüber der elektrischen Kraft oder der starken Kraft immer noch vernachlässigen. Wir sind ja noch viele Zehnerpotenzen von der Planckmasse (ca. 10^19 GeV) entfernt. Da die Akkretionsscheibe ja dadurch entsteht, dass Materie außerhalb des Schwarzschildradius eingefangen wird, gibt es diesen Effekt natürlich nur, wenn sich genügend viel Materie innerhalb des Bereiches befindet, wo die Gravitationskraft "stark" ist. Dies ist für das Mini-BH aber aber eben nicht der Fall.

Es verbleibt die Möglichkeit, dass die Materie über zentrale Stöße (mit Kernen der Luftmoleküle) sofort eingefangen wird, ohne erst aus einer Akkretionsscheibe heraus Strahlungsenergie abzugeben. Dann würde das BH zum einen Energie über die Hawkingstrahlung verlieren, zum anderen Energie über die Stöße aufnehmen. Man kann die Obergrenze wie folgt abschätzen: Das BH nimmt eine maximale Masse über zentrale Stöße auf und gibt seine ursprüngliche Masse plus die eingefangene Masse vollständig über Hawkingstrahlung wieder ab.
Die zusätzlich eingefangene Masse schätzt man über den sog. geometrischen Wirkungsquerschnitt ab, d.h. man stellt sich das BH als Kugel vor, die die Lufthülle und die Erde durchquert; die innerhalb des durchquerten Zylinders befindliche Materie wird eingefangen. Den Kugelradius schätzt man zunächst als den Schwarzschildradius ab. Da die Masse des BHs jedoch deutlich unter der Planckmasse liegt, wäre der Radius wiederum deutlich kleiner als die Plancklänge (Schwarzsschildradius eines BHs mit Planckmasse = Plancklänge) und somit unphysikalisch. Nimmt man einen deutlich größeren geometrischen Wirkungsquerschnitt an, z.B. den aus der Proton-Antiproton-Streuung, so erhält man eine "sichtbare Querschnittsfläche" in der Größenordnung 10^-29 m^2. Berechnet man das durchquerte Volumen (das BH durchquere der Einfachheit halber die gesamte Erde), so erhält man 10^-22 m^3. Nimmt man die Dichte von Eisen an, so würde das BH eine Masse von 10^-17 kg einfangen, das wären ca. 10^10 Protonen. Demnach entspräche die gesamte eingefangenen Masse ca. 10^10 Protonenmassen oder 10^10 GeV = 10^7 TeV.
D.h. die eingefangene Masse ist nur ca. gleich der ursprünglichen Masse des BHs!
Beachte: für den großen geometrischen Streuquerschnitt, der auch elastische Streuung mit einbezieht, gibt es überhaupt keine Grundlage!

Man kann das Ergebnis noch weiter nach unten korrigieren, da das BH niemals die gesamte Erde durchqueren wird, ohne vorher zu zerstrahlen:
Die am LHC produzierten Mini-BHs hätten eine Energie von ca. 14 TeV und eine Lebensdauer von ca. 10^-100 sek. Berechnet man für schwerere BHs die Geschwindigkeit und die zurückgelegte Wegstrecke, so kann man sich folgender einfacher Abschätzung bedienen: die Pionen, die aus der kosmischen Strahlung entstehen, müssten nach so kurzer Zeit zerfallen (10^-17 sek.), dass sie niemals die Erdoberfläche erreichen dürften. Dass man sie dennoch nachweisen kann, liegt an der relativistischen Zeitdilatation, sie zerfallen quasi langsamer. Dieser Effekt ist für BHs der genannten Größenordnung jedoch deutlich geringer, da sie wesentlich schwerer sind, somit bei gleicher Energie deutlich langsamer und somit wiederum die Zeitdilatation deutlich geringer ausgeprägt. Allerdings wird die Abschätzung der Lebensdauer durch Hawking-Zerstrahlung in Theorien mit Extradimensionen nochmals deutlich modifiziert.

Zur Erzeugung der BHs am LHC bzw. in der Lufthülle aufgrund hochenergetischer Protonen oder Antiprotonen:
Entweder gibt es die BHs aus der kosmischen Strahlung bereits heute, dann hat man sie noch nicht als solche entdeckt und somit sind sie als BHs selbst unkritisch. Demnach sind die BHs am LHC natürlich erst recht ungefährlich, da sie ja entsprechend weniger energiereich sind. (Es würde jedoch mehr davon geben, da die Strahlintensität am LHC höher ist).
Oder es gibt die BHs aus der kosmischen Strahlung nicht, weil die Energie zur Erzeugung nicht ausreicht - dann gibt es sie am LHC erst recht nicht. Soweit ich weiß sind im AUGER-Experiment bisher keine Hinweise auf BH-Produktion entdeckt worden.

Am CERN wurde eine Untersuchung durchgeführt, ob für die am LHC möglicherweise produzierten BHs aufgrund klassischer gravitativer Effekte das Wachstum durch Masseneinfang die Zerstrahlung über Hawkingstrahlung dominieren könnte: http://doc.cern.ch/yellowrep/2003/2003-001/p1.pdf
Das Ergebnis hängt wiederum von den Extradimensionen ab, ist aber auch im schlimmsten Fall harmlos. Das BH müsste ohne (mit) Extradimensionen mehr als 10^39 (10^21) hochenergetische Nukleonen einfangen, um stabil zu werden bzw. um zu wachsen, dies ist völlig unrealistisch (die Abschätzung oben hat ergeben, dass wenn die Erde aus massivem Eisen bestünde, das BH maximal 10^10 Protonen einfangen würde).

Also Entwarnung!

Außerdem hab' ich ja an einer anderen Stelle im Forum (Grenzbereiche => "2008 - Was gibt’s neues am LHC?") über meine Erwartungen für den LHC geschrieben:
- ...
- Mini-Black-Holes gibt's nicht (weil's auch keine Extradimensionen gibt)
Zum einen glaube ich, dass da etwas zu viel spekuliert wird, zum anderen denke ich, dass der LHC hier nichts produzieren kann, was wir nicht auch aus der kosmischen Strahlung kennen.
Gruß
Tom

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Beitrag von Zausel » 8. Jan 2008, 10:08

@stephen

das Einstein eher ein Philosoph war glaube ich natürlich nicht wirklich. Mir ging es tatsächlich darum, das man eine gewisse philosophische Ader haben muß um überhaupt auf solche Gedanken zu kommen wie du ja erwähnt hast.
Einsteins Wirkenszeit war vor meinem persönlichen Urknall, so das ich seinen Einfluß auf die Menschen nur erahnen kann. Aber es bringt mich immer wieder zum schmunzeln, mit welchem Humor er den Menschen seiner Zeit seine Erkenntnisse nahegebracht hat.
Würde er heute leben würde unsere Jugend sein Poster sicher direkt neben die Poster von Rihanna und Britney Spears hängen.
Dann gäbe es vielleicht eine Casting Show namens Deutschland sucht den Superwissenschaftler:-)

Tom´s Berechnungen kann ich leider nicht nachvollziehen, was nicht an seinen, sondern an meinen Fähigkeiten liegt. Aber für einen Laien der sich nur nebenbei mit schwarzen Löchern beschäftigt klngt es beruhigend und niederschmetternd zugleich. Eigentlich schaue ich mir die Ergebnisse im Cern hauptsächlich deshalb ab und zu an, weil ich die Entdeckung und damit den endgültigen Beweis für schwarze Löcher erwarte.

Gruß

Zausel

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Beitrag von Stephen » 8. Jan 2008, 17:01

Hallo,

wenn sich auch nur eines meiner Kinder ein Bild von Bridney ins Zimmer hängen würde, wäre mein nächster und einziger Weg der zum Vaterschaftstest: Wir sind uns eigentlich völlig einig darüber, dass Typen wie Hilton oder Spears Abfallprodukte unserer Wohlstandsgesellschaft sind...

Ist etwas blöd, auf Mini-BHs zurückzukommen, wenn man gerade an seine Töchter gedacht hat...

Was mich interessieren würde: Die Existenz von Mini-BHs ist umstritten, andererseits macht man sich Gedanken darüber, was beim Verdampfen (Tom nannte es "Zerstrahlung") derselben passieren könnte.

Gruß, Steffen
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Beitrag von tomS » 8. Jan 2008, 18:02

Hallo,

die Berechnungen könnte ich natürlich noch nachliefern, aber ich habe das nur so nebenher auf einem Blatt Papier gemacht und es ist halt aufwendig, es zu tippen; soll ich ???

Zur Existenz und der Verdampfung von Mini-BHs: Man hat kein echtes quantenmechanisches Modell für diese Mini-BHs, da man noch keine ausreichende Theorie der Quantengravitation hat.

Stringtheorie:
Die Stringtheorie sagt einem nur was über sogenannte extremale BHs, in denen sowohl Drehimpuls als auch Ladung die (bei gegebener Masse) maximal möglichen Werte haben. Diese Mini-BHs sind jedoch völlig unrealistisch, die Werte für Masse, Ladung und Drehimpuls sind unphysikalisch (nonsense), das ganze ist nur ein mathematisches Modell. Für diese extremalen Mini-BHs kann die Stringtheorie jedoch die Entropie vorhersagen (über die Zahl der Mikrozustände), und wenn man die Standardargumente der Thermodynamik nutzt, dann ergibt sich aus der Entropie eine zugehörige Temperatur, die mit der von Hawking berechneten Temperatur übereinstimmt (Hawking berechnet aber die Temperatur von realen, "großen" BHs und schließt daraus auf die Enrtropie, also andere BHs und andersrum gerechnet).
Eine echte Verdampfung der Mini-BHs kann man mit der Stringtheorie ebenfalls nicht berechnen. Für realistische Mini-BHs kann das die Theorie nicht, und für die extremalen Mini-BHs sagt die Theorie voraus, dass sie stabil sind, also nicht verdampfen. Demnach ist also der oben genannte Schluss von der Entropie auf die Temperatur streng genommen falsch.

Schleifenquantengravitation:
Diese Theorie kann für bestimmte BHs eine Entropie berechnen, allerdings nur bis auf eine multiplikative Konstante. Diese kann mittels bestimmter verschiedener Argumente bestimmt werden. Ist dies erledigt, dann kann man für eine große Klasse von realistischen BHs deren Entropie berechnen und findet Übereinstimmung mit Hawking. Eine Verdampfung und eine echte Temperatur kann man jedoch nicht berechnen, man muss wieder aus der Entropie auf die Temperatur schließen. Zumindest ist Klasse der BHs jedoch identisch mit der von Hawking.

Hawking:
Er nutzt keine Quantentheorie der Gravitation sondern die bekannte Quantenelektrodynamik, allerdings auf dem durch ein schwarzes Loch gekrümmte Raumzeit. Das schwarze Loch wird "von Hand" vorgegeben. Dafür findet Hawking jedoch direkt seine Temperatur (über eine semiklassische Rechnung für das elektromagnetische Feld). Hawking kann die Temperatir aber nicht durch ein mikroskopisches Modell (Mikrozustände) erklären, er nimmt einfach an, dass "irgendetwas" die Entropie verursacht. Das "irgendetwas" wäre das Gravitationsfeld, aber das wird von Hawking nicht quantisiert und dafür hat er eben keine Quantentheorie).

Zusammenfassung (+ = GUT, - = SCHLECHT)

Stringtheorie:
+ Mini-BHs
+ mikroskopisches Modell
- extremale, keine realistischen BHs
- keine echte Verdampfung
- Temperatur nur indirekt aus Entropie

Schleifenquantengravitation:
+ Mini-BHs und große BHs
+ realistische BHs
+ mikroskopisches Modell
- keine echte Verdampfung
- Temperatur nur indirekt aus Entropie

Hawking:
+ realistische BHs
+ echte Verdampfung
+ Temperatur
- keine Mini-BHs
- kein mikroskopisches Modell
- keine Entropie

Alle drei Ansätze zusammen zeigen, dass man irgendwie auf dem richtigen Weg ist, jedoch ist keiner für sich alleine wirklich vollständig.

Ziel wäre es, ein mikroskopisches Modell für realistische BHs zu haben, und daraus die Entropie zu berechnen. Außerdem sollte man den echten Verdampfungsprozess berechnen können.

Es gibt außerdem noch das Problem, dass man bestimmte Aussagen für "große" BHs berechnet und diese dann auf kleine BHs extrapoliert - was sicherlich unterhalb einer bestimmten Masse falsch wird. Die Temperatur lässt sich nur für ein makroskopisches System im Gleichgewicht definieren, genauso wie der Zusammenhang zwischen Temperatur und Entropie; die Abzählung der Mikrozustände funktioniert aber natürlich auch für mikroskopische Systeme. Das gleiche gilt auch für Luft: man kann für die Luft in einem Raum die Zahl der Mikrozustände sowieTemperatur und Entropie berechnen. Für ein einzelnes Luftmolekül kann man die Zahl der Mikroszustände natürlich ebenfalls berechnen und formal daraus die Entropie ableiten; aber ein einzelnes Luftmolekül hat sicher keine Temperatur!

Zusammenfassend heißt dies, dass die Extrapolation von großen zu Mini-BHs sicherlich unterhalb einer bestimmten Masse zusammenbricht.

Die Existenz der Mini-BHs selbst ist für mich nicht so sehr der Knackpunkt, sondern eher die Frage nach
1) ihren Eigenschaften wie Temperatur und Strahlung (s.o.) und
2) ihrer Masse,also die Frage, was ist "Mini"
Geht man mal von der Gültigkeit der Hawkingstrahlung für große BHs aus, dann kann man ja mal schlussfolgern, dass BHs Energie verlieren und kleiner werden, dass also daraus Mini-BHs entstehen sollten.

Die Experimente am LHC sollen aber Mini-BHs im TeV Bereich durch Proton-Proton-Kollision erzeugen, also dadurch, dass Kernmaterie soweit verdichtet wird, dass sie zu einem BH kollabiert. D.h. dass zum einen der Erzeugungsprozess ein ganz andere ist (nicht Verdampfung von großen BHs) und dass die Mini-BHs die Masse von einigen TeV haben müssen.
Eben diese Masse von einigen TeV und damit weit unterhalb der Planckmasse setzt aber (neben all den oben diskutierten Unwägbarkeiten) dem ganzen die Krone auf, dass nämlich auch noch Extradimensionen vorhanden sein müssen, und dass diese eine bestimmte Größe haben müssen!

Am CERN wurden eben mal Überlegungen angestellt, wie weit man mit bisher "bekannten" Theorien herumspielen kann und was dies für Konsequenzen haben könnte. Dies tut man aber im Vorfeld zu jedem derartigen EXperiment. Die Physiker am CERN haben zig Modelle in der Schublade, um auf die verschiedensten Ergebnisse vorbereitet zu sein Mini-BHs - keine Mini-BHs, kleine - große Extradimensionen, 2 -3 - ... - 7 - ... Extradimensionen, Supersymmerie - keine Supersymmetrie, Higgs - kein Higgs, usw.)

Ach ja, noch eins zum Abschluss: Theorien der Quantengravitation werden immer wieder daran gemessen, ob sie den Effekt der Hawkingstrahlung reproduzieren. Man muss natürlich betonen, dass diese nicht experimentell bestätigt ist - und evtl. nie werden wird :-)
Also eine Quantengravitationstheorie, die keine Hawkingstrahlung voraussagen würde, würde wohl eher auf Ablehnung stoßen, ist aber noch nicht nachweislich falsch!
Gruß
Tom

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Beitrag von gravi » 8. Jan 2008, 18:54

Also das ist ja ein interessantes Thema geworden!

Was ich mich dabei gerade frage (ich kann es leider nicht selbst nachrechnen), bezieht sich auf die Hawkingstrahlung.

Angenommen, es würde diese Mini- BH's geben, egal ob im LHC erzeugt oder durch die kosmische Strahlung in der Erdatmosphäre. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein solches Miniloch imstande wäre, durch seine Gezeitenwirkung am Horizont ein virtuelles Teilchenpaar zu trennen - so wie es die Hawkingstrahlung verlangt. Die Gezeitenkraft wird aufgrund der vernachlässigbaren Gravitation doch verschwindend gering sein.

Hieraus könnte man ableiten, dass ein Mikroloch erst mal durch Akkretion zu einer bestimmten Masse anwachsen muss, damit die Strahlung überhaupt einsetzen kann.
Es müsste also eine minimale Masse geben, damit man ein SL als "erwachsen" bezeichnen könnte - alles andere wären schlafende Babys :wink:

Mich würde interessieren, was Ihr von diesem Gedanken haltet.

Gruß
gravi
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Beitrag von Stephen » 8. Jan 2008, 22:31

Hallo,

@Tom - vielen Dank für Deine Mühen und den Begriff "unphysikalisch" - der hat mir den heutigen miesen Abend irgendwie gerettet: Ich konnte immer wieder grinsen, wenn ich daran gedacht habe :wink:

@gravi: Mit der Idee des "schlafenden Babys" könnte ich mich anfreunden. Ist aber lediglich Ansichstsache: Also 0% Wissen und 100% Gefühl...

Die Sache mit der Masse eines BHs scheint mir die grundlegendste zu sein. Was auf Basis der wieder neu eingebrachten Singularitäts-Theorien unmöglich sein dürfte...

Gruß, Steffen
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Beitrag von wilfried » 8. Jan 2008, 23:06

Liebe Freunde des nanoBHs

ich habe eine Assoziation bekommen, als ich diese Serie gerade nochmals las:

Gewitter - Blitze

es ist ja inzwischen bekannt, dass die Ladungstrennung in Wolken -auch bei tropischen Gewittern- keinesfalls ausreicht eine Blitzentladung zu bewerkstelligen. Es sind dazu hochenergetische, kosmische Partikel notwendig, welche eine Vorionisierung der späteren Blitzbahn bewirken.

Kann, wenn es wirklich solche SLs (ich variere hier mal BH) gibt, diese eventuell ebenfalls als Ionisierungsträger angesehen werden?

Im übrigen gesagt: mich verwirrt das ganze gewaltig

Gruß

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Beitrag von tomS » 9. Jan 2008, 00:58

Ja hallo,

das scheint ja wirklich interessant zu werden:

@Steffen: ja, meine Meinung, die Masse der Mini-BHs ist das eigentlich interessante.
Zunächst sehen BHs ja wie die stabilsten Objekte überhaupt aus. Instabil werden sie durch die Hawking-Strahlung. Da deren Temperatur nun umgekehrt proportional zur Masse ist, bedeutet dies, dass BHs um so stärker strahlen, je leichter sie werden, daher auch die Verdampfung in endlicher Zeit (wenn man zum einen annimmt, dass keine neue Materie eingefangen wird und wenn man außerdem annimmt, dass die Extrapolation auf mini-BHs zulässig ist - s.o.). Demnach "explodiert" ein BH gegen Ende seiner Lebensdauer geradezu.
Für "große" Extradimensionen erwartet man erhebliche Modifikationen dieser Gesetzmäßigkeiten: Mini-BHs können leichter (d.h. mit weniger Energie) erzeugt werden, Mini-BHs strahlen weniger stark und sind demnach langlebiger.
Also zurück zur Frage: wie "leicht" kann ein Mini-BH denn minimal sein, wieviel Energie benötigt man mindestens zur Erzeugung bzw. auf welches Volumen muss man diese Energie konzentrieren? Warten wir LHC und AUGER ab.

Du müsstest mir noch den Nachsatz
Was auf Basis der wieder neu eingebrachten Singularitäts-Theorien unmöglich sein dürfte...
erklären - was meinst du damit?

@Wilfried: Ich habe ja schon gesagt, dass sich die BHs im wesentlichen ähnliche Teilchenschauer produzieren, wie die kosmische Höhenstrahlung selbst (nur im Detail sehen die Schauer wohl anders aus). Daher sind sowohl BHs als auch die kosmische Höhenstrahlung Ursache der Vor-Ionisierung, allerdings eben nicht direkt sondern durch die erzeugten Sekundärteilchen.
Frage: was verwirrt dich: mein Geschreibsel? das täte mir leid und ich würde versuchen, es zu korrigieren; oder das Thema an sich? kann ich nachvollziehen :-)

@Gravi: Ich hab' ja schon versucht zu argumentieren, dass es wohl keine Akkretion geben wird, da das Mini-BH bzw. das durch Gravitation merklich beeinflusste Volumen insgesamt viel zu klein ist, als dass darin viel Materie sein könnte.
Dann: Die Temperatur der Hawkingstrahlung ist umgekehrt proportional zur Masse, der Schwarzschildradius ist proportional zur Masse, damit ist die Temperatur wiederum umgekehrt proportional zum Schwarzschildradius. Also: bei kleineren Löchern mit kleinerem Schwarzschildradius steigt die Temperatur an. Demnach ist die Trennung des virtuellen Teilchenpaares am Horizont um so stärker, je kleiner die Löcher sind. Klingt zunächst seltsam.

Um das alles zu verstehen, kann man die Kräfte am Horizont berechnen. Achtung: Nach der Rechnung von Hawking ist die Strahlung ein quantenmechanischer Effekt - der Begriff einer Kraft kommt nicht vor!
Anstelle der Gezeitenkraft, in die ja die "Größe" des virtuellen Teilchenpaars noch einginge, berechne ich zunächst die Gravitationskraft F auf eine Testmasse M am Schwarzsschildradius:
\fed\mixonF = GmM / R_S^2
Der Schwarzschildradius selbst ist gegeben durch
\fed\mixonR_S = 2GM/c^2
Einsetzen des Schwarzschildradius in die Gleichung für die Gravitationskraft ergibt
\fed\mixonF = 1/4 mc^2 / GM
Demnach ist die Gravitationskraft am Horizont umgekehrt proportional zur Masse und damit um so stärker, je leichter das Schwarze Loch tatsächlich ist. Es ist also plausibel, dass kleinere Löcher auch stärkere Gezeitenkräfte verursachen und somit stärker strahlen als große.

Man hat also keine schlafenden Babys, sondern schreiende, wie so oft :-)

Für große Schwarze Löcher ist die Newtonsche Näherung sicherlich auch nicht schlecht! Am Schwarzschildradius selbst ist die Gravitationskraft sehr schwach, und er ist weit von der Singularität entfernt. Für Mini-BHs ist die Newtonsche Abhätzung dagegen wohl unzureichend.
Frage: gibt es eine Kräftegleichung am Horizont auf Basis der ART?
Gruß
Tom

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Beitrag von wilfried » 9. Jan 2008, 08:32

Lieber Tom

beileibe nein, Dein "Geschribsel verwirrt mich nicht, im Gegenteil.
Frage: was verwirrt dich: mein Geschreibsel? das täte mir leid und ich würde versuchen, es zu korrigieren; oder das Thema an sich? kann ich nachvollziehen :-)
Das Letztere ist es, was mich verwirrt.
Konkret: Alles was ich -und das ist im Gegensatz zu den in diesen Gebieten arbeitenden Kollegen nicht allzuviel- über Schwarze Löcher weiss und auch etwas darüber "gemapled" habe -man beachte dass klassische GENGLISH dieses Ausdrucks in ""!!- nun angewandt auf solche Mikro BHs, das ist es, was meine Verwirrung auslöst:

Denn:
a) wie ich schon mal oben sagte: was passiert mit der Singularität,, die ja da ist
b) wie verhält sich am EH die Zeit. Da darf es doch keinen Unterschied geben, also müssten wir auch hier eine Zeitdilatation im Grenzwert von 0 haben
c) wie verhält es sich mit der gravitativen Charakteristik? Auch hier muss doch Materie ins BH eingezogen werden, da aber sehr vile Materie in der Atmosphäre vorhanden ist muss das BH sich ja ungeheuer schnell entwickeln.

Gruß

Wilfried
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Beitrag von gravi » 9. Jan 2008, 19:10

@Tom:

Danke für Deine Argumentation, der ich selbstverständlich wohlwollend zustimme :wink:

Ich habe es auch so gelernt und verstanden, dass z.B. die primordialen Löcher laut Hawking's Voraussage jetzt verdampfen müssten, da sie eine Masse etwa eines Gebirges aufweisen.

Bei diesen Minilöchern kann man aber wenigstens noch von Masse sprechen und es ist leicht einzusehen, dass sie - zur Singularität komprimiert - am Horizont durch ihre Gravitation auch eine Gezeitenwirkung auf die virtuellen Teilchen ausüben kann.

Mir fehlt leider Dein oder Wilfrieds mathematisches Verständnis, so dass ich mich hierzu nur prosaisch ausdrücken kann. Doch von den Mikrolöchern, von denen wir hier sprechen, kann doch im Grunde keine "Gravitation" ausgehen. Nehme ich z.B. mal die Masse eines Protons an, das sind rund 1,6 x 10^-27 Kg, dann ergibt sich daraus ein Schwarzschildradius von etwa 2,3 x 10^-54 m!

Ich meine, jetzt wird die Geschichte unglaubwürdig, weil wir uns auf Längen weit unterhalb der Plancklänge bewegen. Virtuelle Teilchen werden gegenüber diesem Horizont wie Riesen "aussehen".

Selbst wenn sich ein Loch aus einem hochenergetischen Teilchen im TeV- Bereich bildet, wäre der Horizont auch nicht viel größer (müsste man mal nachrechnen). Also ich glaube fast, die Kameraden können gar nicht entstehen...jedenfalls hänge ich jetzt irgendwie fest :wink:

Netten Gruß
gravi
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Beitrag von Stephen » 9. Jan 2008, 22:00

Hallo!

@Tom:
Gravi hat mir die Erläuterung für meinen Nachsatz in seinem vorstehenden Beitrag bereits vollständig abgenommen.

Die Sache mit den Singularitäten ist mir irgendwie nicht geheuer und ich bin auch ein wenig verwundert darüber, dass man wieder verstärkt zu diesen Theorien zurückkehrt. Ich habe scheinbar ein ernsthaftes Problem mit der abstrakten Denkerei :wink:

Gruß, Steffen
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Beitrag von tomS » 9. Jan 2008, 22:40

Hi,

erst mal Danke an Wilfried, dass er die Verwirrung nicht meinem Geschreibsel zuschreibt. Trotzdem muss ich's wohl nochmal versuchen:

@Wilfried:
was passiert mit der Singularität,, die ja da ist
Nach der klassischen Theorie und nach der semiklassischen Näherung von Hawking ist die Singularität da, nach der Schleifenquantengravitation wohl nicht!
Diese Theorie kann zwar das BH auch nur näherungsweise beschreiben, aber aus dieser Näherung folgt, dass es keine Singularität gibt. Konkret: alle physikalischen Größen wie Volumina, Energiedichten etc., die man prinzipiell messen könnte (sogenannte Observable in einer Quantengravitation) und für die es Berechnungsmethoden gibt, bleiben endlich! Was verbleibt dann noch von dem BH, was unterscheidet es von anderen Masseansammlungen, Raumbereichen etc., bzw. warum spricht man überhaupt noch von einem BH? Weil bestimmte geometrische Eigenschaften von schwarzen Löchern, u.a. die Struktur des Lichtkegels am Horizont, erhalten bleiben. D.h. das Konzept der BHs in der Quantengravitation enthält Horizonte, Lichtkegel etc., aber keine Singularitäten mehr.
Genauer gesagt hat die Nicht-Existenz von Singularitäten in der Schleifenquantengravitation nichts mit einem bestimmten BH, dem genauen Prozess der Entstehung o.ä. zu tun, sondern ist wohl eine generelle mathematische Eigenschaft der Theorie.
wie verhält sich am EH die Zeit. Da darf es doch keinen Unterschied geben ...
Leider ist es noch viel schlimmer! In der Schleifenquantengravitation gibt es überhaupt nichts, was man mikroskopisch als Zeit interpretieren könnte. Es gibt eine Art diskreter Änderungen an diskreten Objekten (an den sogenannten Spin-Netzwerken), aber diese diskrete Änderung hat nicht den Charakter einer globalen Zeit.
Dies hat wiederum nichts mit BHs zu tun, sondern gilt generell! Eine Zeit lässt sich aus bestimmten Gründen in der Quantengravitation nur für makroskopische Objekte, Materieverteilungen o.ä. definieren, d.h. nach dieser Theorie ergibt der Zeitbegriff nur für derartige Objekte Sinn.
Dies gilt in der ART bereits klassisch! Um den Begriff der Zeit, genauer der Eigenzeit eines Körpers oder Teilchens zu definieren, muss man eine Trajektorie durch die Raum-Zeit haben, entlang derer "die Zeit vergeht". D.h. man muss "von Hand" etwas in die ansonsten leere Raum-Zeit einführen. In einer absolut leeren Raum-Zeit gibt es einfach nichts, für das Zeit vergehen könnte. Für die absolut leere Raum-Zeit gibt es zar einen Satz vierdimensionaler Koordinaten, aber keine davon ist physikalisch eine Zeit - es ist einfach ein mathematisches Konstrukt.
In der Quantengravitation ist das Problem nun, dass dieses "von Hand etwas einführen" auf mikroskopischen Skalen einfach nicht mehr sinnvoll definierbar ist.
Nachdem es aber mikroskopisch den Begriff der Zeit nicht mehr gibt, gibt es auch keine Zeitdilatation mehr
da aber sehr vile Materie in der Atmosphäre vorhanden ist muss das BH sich ja ungeheuer schnell entwickeln.
Hab ich schon mehrfach versucht zu erklären; es wird nur die Materie ins schwarze Loch gesogen, die nahe genug rankommt, um eine starke Gravitationskraft zu spüren. Da die Löcher aber von der Größenordnung der Planck-Länge sind und der Bereich, innerhalb dessen die Gravitationskraft stark ist, ebenfalls winzig klein ist, gibt es innerhalb nichts, was hineingesogen werden könnte.
Ein Beispiel: betrachte zwei Mini-BHs mit jeweils einer elektrischen Elementarladung und bringe sie so nahe zusammen wie Protonen in einem Atomkern: Die elektrische Kraft dominiert die Gravitationskraft um viele Größenordnungen.

@Gravi:
... jetzt wird die Geschichte unglaubwürdig, weil wir uns auf Längen weit unterhalb der Plancklänge bewegen. Virtuelle Teilchen werden gegenüber diesem Horizont wie Riesen "aussehen".
Stimmt, es wird wirklich unglaubwürdig. Das Verdampfen, die Gezeitenkraft, Gleichungen für Masse, Größe, Entropie usw. sind in diesem Bereich schlichtweg nicht mehr gültig. Siehe mein
Zusammenfassend heißt dies, dass die Extrapolation von großen zu Mini-BHs sicherlich unterhalb einer bestimmten Masse zusammenbricht.
Die bisher verfügbaren Methoden der Schleifenquantengravitation gestatten es, ein mathematisches Modell zu bauen, das in weiten Bereichen die selben Eigenschaften wie ein klassisches schwarzes Loch aus der ART hat, z.B. den Horizont . Außerdem ermöglichen sie es, ein quantenmechanisches Modell der Entropie zu formulieren, dass zu den Rechnungen von Hawking "passt". Im makroskopischen Bereich kann man also schlussfolgern, dass die beiden mathematisch zunächst völlig unterschiedlichen Theorien (nicht Äpfel und Birnen, sondern besser Äpfel und Mondraketen) das selbe Etwas beschreiben, weil sie zu ähnlichen physikalischen Schlussfolgerungen kommen. Was man nun tut ist, dass man diese Schlussfolgerungen auf Mini-BHs ausdeht. In der Schleifenquantengravitation funktioniert das für das Konzept der Entropie wahrscheinlich exakt, in dem Modell von Hawking kann das aber sicher nicht funktionieren, weil er eben keine echte Quantentheorie hat. D.h. irgendwann bricht das Bild des BHs mit thermischer Strahlung einer bestimmten Temperatur zusammen.
Ich (bzw. andere viel schlauere Leute, z.B. die vom CERN) habe bei meinen Rechnungen lediglich das gleiche getan und versucht, bestimmte Schlussfolgerungen zu motivieren, die noch nicht exakt mathematisch beschreibbar sind.
Also ich glaube fast, die Kameraden können gar nicht entstehen...
Sowohl für's Entstehen als auch für's Verdampfen gelten die o.g. Einschränkungen; das ganze ist natürlich solange Spekulation, solange man nichts konkretes in einem Experiment nachgewiesen hat. Aber man versucht eben ein Gefühl dafür zu entwickeln, was geschehen könnte.

Während der Entwicklung der Quantenmechanik (vor Pauli, Heißenberg usw) befand man sich in der selben Situation! Man hat Eigenschaften (Spektren) von Atomen anhand von elliptischen Elektronenbahnen berechnet, von denen man genau wusste, dass es sie in Wirklichkeit nicht gibt und dass sie nach den Maxwell-Gleichungen instabil sind. Man hat sich das trotzdem getraut und es ist was interessantes dabei herausgekommen: Viele Spektren konnte man qualitativ teilweise erklären, für manche Spektren war die Übereinstimmung mit den Ergebnissen der späteren Quantenmechanik und mit dem Experiment exakt!!!
Was Ähnliches findet gegenwärtig wieder statt.

@Steffen:
Ich hoffe, meine Erklärung (und Entschuldigung) ist jetzt auch klar. Ich hatte viel geschrieben und den zentralen Punkt einfach vergessen:
Man erwartet in einer Theorie der Quantengravitation (Loops oder Strings) Objekte, die sich mehr oder weniger wie "bekannte" schwarze Löcher verhalten - mit einem fundamentalen Unterschied: Es gibt keine Singularitäten mehr!

Noch einige neue Infos:
Es gibt einen relativ neuen Ansatz, BHs in der Schleifenquantengravitation zu beschreiben, die sog. Black Hole Spin Networks. Ohne auf die mathematischen Details einzugehen hier die wesentlichen Resultate:
- man kann die Dynamik des Horizontes (Fluktuationen) dynamisch beschreiben und daraus Masseänderungen (Fluktuationen) ableiten
- aus diesen Masseänderungen ergibt sich ein Strahlungsspektrum (entspr. Übergänge zwischen Energieniveaus wie in der Atomphysik)
- d.h. man ist nicht mehr auf die Entropie beschränkt, sondern findet tatsächlich "Strahlung" (deren "Temperatur" natürlich wieder zur Entropie passt)
- die Strahlung ist nun nicht mehr thermisch, sondern besteht aus diskreten Spektrallinien!
- thermisch wird die Strahlung erst, wenn man über sie mittelt; damit lässt sich wieder eine Temperatur definieren
- einige Spektrallinien sind bzgl. der Intensität deutlich verstärkt!
- man erhält also mikroskopisch (vor der Mittelung) ein von Hawking abweichendes Resultat!
- dieses Ergebnis stammt aus der Quantengravitation, ist jedoch auch für große BHs (wo man sie zunächst nicht erwartet hätte) vorhanden
- d.h. man hat ein Ergebnis der Quantengravitation, das prinzipiell mit rein klassischen Mitteln und im nicht-Planck-Bereich experimentell zugänglich wäre
- außerdem erhält man sowohl einen nicht-dynamischen als auch (erstmalig) einen dynamischen Zugang zur Singularitätenfreiheit
- der "quantenmechanische Operator" 1/R hat Eigenwerte und Erwartungswerte < unendlich
- dies entspricht meiner Aussage, dass Observable endlich bleiben

Link zu Mohammad H. Ansari: http://gaugeinvariance.blogspot.com/200 ... antum.html
Zusammenfassend: es gibt vielversprechende Ansätze, die o.g. spekulativen Ideen durch mathematisch gutbegründete Theorien zu untermauern.

Noch ein paar Anmerkung zur Stringtheorie: einige der diskutierten Punkte können auch aus der Stringtheorie abgeleitet werden, für andere ergeben sich abweichende Aussagen, wieder für andere liegen noch keine Erkenntnisse vor. Sie hat auch einige entscheidende Nachteile (über die ich an andere Stelle schon geschrieben habe). Es gibt aber noch einen Grund, warum ich hier nicht mittels Stringtheorie argumentiere: sie ist a) wesentlich komplexer und ich müsste viel viel weiter ausholen - und b) genau das kann ich nicht, weil ich mit da nicht gut genug auskenne.
Gruß
Tom

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Beitrag von gravi » 10. Jan 2008, 18:31

Vielen Dank für Deine ausführlichen Bemühungen, lieber Tom, uns "auf den rechten Weg" zu führen!

Die ganze Geschichte klingt wirklich sehr abenteuerlich und uns bleibt wohl nur abzuwarten, ob der LHC sie nachweisen kann.
Vielleicht sollten wir bis dahin Wetten auf die Existenz/Nichtexistenz abschließen? Eine Seite könnte dadurch auf jeden Fall reich werden... :wink:

Du schreibst:
Da die Löcher aber von der Größenordnung der Planck-Länge sind und der Bereich, innerhalb dessen die Gravitationskraft stark ist, ebenfalls winzig klein ist, gibt es innerhalb nichts, was hineingesogen werden könnte.
Genau so sehe ich das auch. Was aber, wenn in der Atmosphäre diese Mikro- BH's erzeugt werden. Sie müssten demnach eigentlich ungehindert durch die Erde fliegen? Akkretieren können sie ja nicht und verdampfen auch nicht.

Weiter schreibst Du in Bezug auf die Quantengravitation (die wir ja noch gar nicht haben):

Nachdem es aber mikroskopisch den Begriff der Zeit nicht mehr gibt, gibt es auch keine Zeitdilatation mehr
Hier komme ich auch ein wenig ins Stolpern. Immerhin ist die Zeitdilatation mehr als nachgewiesen - zumindest makroskopisch. Ich kann jedoch keinen Grund sehen, wieso das im mikroskopischen Bereich nicht mehr zutreffen sollte. Die Myonen beweisen uns doch Gegenteiliges?

Gruß
gravi
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Beitrag von tomS » 11. Jan 2008, 00:26

Hallo Gravi,
... und verdampfen auch nicht
Warum nicht? Sie verdampfen sogar sehr schnell! Für die Mini-BHs am LHC mit 14 TeV ist die "Lebensdauer" ca. 10^-100 sek. Da das Ruhesystem gleich dem LHC-System ist, gilt diese Zeit aus Sicht des LHC.
Mini-BHs, die in der Atmosphäre erzeugt werden, bewegen sich relativ zur Erde, d.h. für sie muss man aus Sicht des ruhenden Beobachters die Zeitdilatation mit einbeziehen. Ich habe die genauen Werte für die Lebensdauer und die daraus resultierende Reichweite nicht ausgerechnet, aber ich gehe davon aus, dass die Mini-BHs relativ "langsam" sind und daher die Zeitdilataion nicht so stark zu Buche schlägt wie bei Teilchen direkt aus der kosmischen Strahlung (z.B. den Pionen). Ich glaube also nicht, dass sie die Erde durchqueren, sondern dass sie bereits innerhalb der Atmosphäre verdampfen (genaue Rechnung folgt - bald).
Immerhin ist die Zeitdilatation mehr als nachgewiesen ...
Da haben wir ein kleines Missverständnis.
Die Zeitdilatation für die Pionen, deine Myonen und die sich bewegenden Mini-BHs ist ein Effekt der speziellen Relativitätstheorie. Also keine Gravitation, keine ART, nichts dergleichen.
Wilfrieds Zeitdilatation für Objekte am Ereignishorizont eines BHs ist ein Effekt der ART - für Mini-BHs also (wenn überhaupt) der Quantengravitation.
D.h. dass die Kombination aus Quantenfeldtheorie und spezieller RT z.B. für Pionen durch Experimente hervorragend bestätigt ist, dass aber die Zeit bzw. die Zeitdiltataion in der Quantengravitation keine Bedeutung hat bzw. dass das noch Terra Incognita ist.

Zu deiner Wette: ich wette, dass keine Mini-BHs nachgewiesen werden - weder am LHC noch in Experimenten zur kosmischen Strahlung. Ich habe an anderer Stelle (unter Grenzbereiche => "2008 - Was gibt’s neues am LHC?") noch was dazu geschrieben. Abschluss war:
Ich geb' mal eine Prognose ab:
- das Standardmodell wird im bekannten Bereich weiter bestätigt
- das Higgs-Teilchen wird (in einer seiner Varianten) gefunden
- das Quark-Gluon-Plasma wird weiter besser untersucht und verstanden
- Supersymmetrie wird entdeckt (irgenwas muss ja passieren, sonst wär's langweilig)
- Mini-Black-Holes gibt's nicht (weil's auch keine Extradimensionen gibt)
Gruß
Tom

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Beitrag von wilfried » 11. Jan 2008, 09:35

Lieber Tom

auch mir hast Du das Licht etwas näher gebracht. Es ist schon erstaunlich, wie sich die Physik in diesen Bereich entwickelt.

Trotz meines wissenschaftlichen Hintergrunds fällt es mir ungeheru schwer meine Gedanken so zusammenzuhalten, dass ich dies wirklich verstehe.

Die mathematischen Formulierungen Ashtekars habe ich gerade vor mir. Das ist ein Skript von:
"The Erwin Schrödinger International", Institute of Mathematical Physics, April 28, 2003
"Mathematical Structure of Loop Quantum Cosmology", Abhay Ashtekar, Martin Bojowald, Jerezy Lewandowski

Ray hat mir den Tipp oder link gegeben. Es ist einfach phantastisch, wie diese Formulieren vollzogen werden, wie die Konsequenzen darin diskutiert werden.

Ich schau mal, ob ich dieses Skript dm gravi schon habe zukommen lassen zwecks "Einbau" in unsre Bibliothek.
Wenn nicht hole ich das nach.

Gruß und Dank für diese tolle Beitragsserie, die mir eine Menge an Wissen gebracht hat. Ich hoffe, ich kann mich auch mal revanchieren dafär.

Wilfried
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Beitrag von tomS » 11. Jan 2008, 16:37

Wilfried,

ich bin auch gerade dabei, einige Veröffentlichungen wieder zu lesen; ich werde dann ebenfalls einige geeignete aussuchen und unter den entsprechenden Link einhängen. Das ist aber nicht so einfach: nicht zu mathematisch; nicht zu "optimistisch" bzw. spekulativ - und wenn, dann sollte das klar formuliert sein.

Zu dem Papier von Abhay Ashtekar, Martin Bojowald, Jerezy Lewandowski: Zunächst mal sind das schon die "Päpste" - nur Rovelli und Thiemann fehlen noch.

Wichtig ist, dass es sich um Loop Quantum Cosmology handelt! D.h. die mathematische Struktur ist an gewissen Stellen einfacher als bei der vollen Loop Quantum Gravity. Im wesentlichen handelt es sich um die Forderung von Symmetrien und die Reduzierung von Freiheitsgraden, ist jedoch abgeleitet von der vollen Loop Quantum Gravity und berücksichtigt alle wesentlichen Erkenntnisse. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass es für die volle Loop Quantum Gravity noch nicht gelungen ist, akzeptable, semiklassische Näherungen für große (z.B. kosmologische Skalen) abzuleiten, also z.B. die flache Minkowski-Metrik, Schwarzschild-Lösung (wobei jedoch die Singularität verschwindet!), FRW (ohne Urknall-Singularität) o.ä. zu reproduzieren. Dies gelingt ggw. nur im Rahmen von vereinfachten Modellen.

Hast du Lust, das Papier hier zusammenzufassen?
Gruß
Tom

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Beitrag von wilfried » 11. Jan 2008, 18:02

Lieber Tom

in aller kürze: ja das mit der Zusammenfassung mache ich hier.
Wird ein paar Tage dauern, ich bin momentan etwas zu mit völlig anderen Dingen.

Gruß

Wilfried
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Beitrag von gravi » 11. Jan 2008, 18:33

Tom,

sorry, da habe ich in aller Flüchtigkeit die Pionen mit den Myonen verwechselt - soll nicht wieder vorkommen :wink:

Allerdings wer glaubt denn ernsthaft an eine Verdampfungszeit von 10^-100 , einem ungeheuren Vielfachen der Planckzeit? Zumal wir nun doch festgestellt hatten, dass der Horizont der Mikro- BH's derart winzig ist, dass virtuelle Teilchen gar nicht in den Genuss der Gezeitenkräfte kommen können, weil sie vermutlich selbst viel zu "groß" dazu sind.

Sie können also, wie wir schon feststellten, nicht akkretieren und auch deshalb nicht verdampfen, weil dazu ja auch das "Einverleiben" eines der virtuellen Partner vonnöten wäre.

Zur Wette: da schlage ich mich ganz auf Deine Seite! :wink:

Lieben Gruß
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