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Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches ?

Schwarze Löcher, wohl die mysteriösesten Objekte im All: Entstehung, Geometrie, Dynamik, Quantenaspekte
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 1. Jun 2015, 09:24

Job hat geschrieben:Bleibt die Atomuhr im Raumschiff beim Erreichen des Ereignishorizontes dann stehen?
Nein, tut sie nicht! Sie geht völlig normal.
So wie ich es verstehe beschreibt die ART keine Eigenzeiten, sondern setzt sie voraus! D.h.: ZUERST kommen die Eigenzeiten, DANN erst greift die ART!
Eigenzeiten sind dabei IMMER absolut (=unveränderlich) - und gelten genau genommen NUR für punktförmige Objekte. Eine Eigenzeit ist ein Ding an sich, Zeit an sich, Zeit für sich, also als eine intrinistische Eigenschaft zu sehen.
Die ART beschreibt Relationen zwischen verschiedenen Eigenzeiten. Das ist alles! Sie sagt uns nicht woher diese Eigenzeiten herkommen.
Das Problem und damit eine Grenze der ART liegt darin, dass ein punktförmiges Objekt real keine Eigenzeit mehr haben/definieren kann, denn zum Bau irgendeiner Uhr braucht es Ausdehnung.

Die Sache mit den Relationen zwischen verschiedenen Eigenzeiten ist die, dass es Relationen gibt, die relativ sind (gewisse Aussagen sind vom Bezugssystem abhängig und können sich je nach dem widersprechen, wobei keine Aussage bevorzugt ist). Das ist i.d.R. bei unbeschleunigten Bewegungen der Fall.
Dann gibt es noch Relationen, die absolut sind (gewisse Aussagen gelten in jedem möglichen Bezugssystem). Das ist bei beschleunigten Bewegungen der Fall.
Job hat geschrieben:es geht mir in dem Beispiel wie gesagt nicht darum, was ein Beobachter auf der Erde oder sonst wo sieht, sondern, was wirklich mit der Uhr im Raumschiff passiert.
Das mit dem "wirklich" ist glaube ich dein Knackpunkt. Was ist wirklich??
In Raum und Zeit gedacht gedacht wirst du kein "wirklich" finden, das für alle Beobachter gilt, dort ist alles relativ und du findest dort auch kein "wirklich" ohne Beobachter.
Raumzeitlich gedacht bekommst du (wenn du möchtest) einen prinzipiell unbeobachtbaren, statischen Raumzeitblock, in dem sich nichts verändert, in dem alle Vergangenheit und alle Zukunft völlig gleichberechtigt schon da ist, absolut, unveränderlich.
Nur: Dort gibt es keinen Beobachter mehr und eigentlich in dem Sinn auch keine Physik mehr, wenn man "Physik" als etwas verstehen möchte, das Vorgänge beschreiben soll.
Ist DAS dann "wirklich" zu nennen?
Das ist das Problem...
Hinzu kommt dann noch, dass die Annahme eines Blockuniversums (http://de.wikipedia.org/wiki/Blockuniversum) ja nicht zwingend ist...
Was nun?

Hier noch Links zum Nachdenken über das Blockuniversum bzw. den Eternalismus:
http://scienceblogs.de/hier-wohnen-drac ... t-vergeht/
http://www.dgphil2008.de/fileadmin/down ... Friebe.pdf

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 1. Jun 2015, 09:32

Job hat geschrieben:Bleibt die Atomuhr im Raumschiff beim Erreichen des Ereignishorizontes dann stehen?
Aus der Sicht des Entfernten Beobachters ja, aus der des Raumschiff Piloten nein.
Hatte ich aber schon geschrieben.
Das Thema Eigenzeit vs. Koordinatenzeit ist offenbar noch nicht durch.
Wenn die Uhr des Piloten aus seiner eigenen Sicht stehen bleiben würde, könnte er nicht fallen. Denn Fallen bedeutet, daß Zeit vergeht. Dieser Widerspruch sollte eigentlich klar sein.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 1. Jun 2015, 10:02

seeker hat geschrieben:
Job hat geschrieben:es geht mir in dem Beispiel wie gesagt nicht darum, was ein Beobachter auf der Erde oder sonst wo sieht, sondern, was wirklich mit der Uhr im Raumschiff passiert.
Das mit dem "wirklich" ist glaube ich dein Knackpunkt. Was ist wirklich??
Job meint mit "wirklich", ob die Uhr im Raumschiff (also vor Ort) wirklich langsamer geht. Er weiß, daß der entfernte Beobachter sie langsamer gehen sieht.

Der Begriff "wirklich" kommt in der Physik nicht vor. Am treffendsten ist das gemeint, was man im seinem eigenen Bezugssystem wahrnimmt, z.B. die Eigenzeit, oder die Zeit, die eine Uhr anzeigt, nachdem sie zum SL abgeseilt und wieder hochgezogen wurde.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von deltaxp » 1. Jun 2015, 16:32

Job hat geschrieben: Bleibt die Atomuhr im Raumschiff beim Erreichen des Ereignishorizontes dann stehen?
Für den Beobachter im Raumschiff: Nein.
Für den ruhenden Beobachter ausserhalb des schwarzen Lochs: Ja.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Gepakulix » 1. Jun 2015, 18:45

seeker hat geschrieben:Die ART beschreibt Relationen zwischen verschiedenen Eigenzeiten
Das erlaubt es also fuer den Beobachter im Raumschiff zu berechnen, wie viel schneller die Zeit für einen anderen Beobachter im Off (weit weg von der Gravitationsquelle) vergeht.
Für den Fall, dass das Raumschiff den Ereignishorizont erreicht, ergibt das entsprechende Resultat "unendlich".

Wenn fuer den Beobachter im Raumschiff die Zeit normal weitergeht (wenn er den Ereignishorizont erreicht), dann muss das uns bekannte Universum nicht nur 13Mia Jahre, sondern unendlich alt werden.
Ich bezweifle, dass die ART fuer diesen Fall gedacht ist (Weil man aus der ART nicht ableiten kann, dass das Universum auf irgend einer Skala unendlich alt sein wird).

Somit ergibt sich eigentlich nur, dass man nicht sagen kann, was aus Sicht des Beobachters im Raumschiff passiert, wenn es den Ereignishorizont erreicht.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Job » 1. Jun 2015, 19:03

Hallo zusammen,

zunächst einmal vielen Dank für Eure Geduld. Ich weiß das sehr zu schätzen. Ich sehe aber immer noch einen logischen Bruch, den ich nicht selber auflösen kann. Ich möchte daher doch noch einen weiteren Versuch starten, um diesen (meinen) logischen Bruch deutlich zu machen. Vielleicht könnt Ihr mir dann ja explizit sagen, was daran falsch ist.

Wir platzieren auf dem Kölner Dom eine Atomuhr in einem Glockenturm und gleichzeitig unten eine am Eingang und lassen beide bei 0 starten. Dann fahren wir 1 Jahr lang in die Südsee zum Urlaub. Wenn wir zurückkommen, holen wir die Uhr vom Glockenturm und stellen sie neben die Uhr am Boden. Wir vergleichen die Stände der beiden Uhren und stellen fest, dass sie unterschiedlich sind. Die Uhr am Boden hat einen geringeren Stand als die vom Glockenturm. Das ist Fakt und in Experimenten nachgewiesen. Seeker, das meine ich, wenn ich sage, dass die Uhren wirklich unterschiedliche Stände anzeigen. Wenn Du ein anderes Wort für wirklich nehmen willst, gerne. Dabei stimmt die Differenz der Stände mit dem überein, was die ART voraussagt, (die anderen Effekte wie die unterschiedliche Geschwindigkeit der Uhr im Glockenturm haben wir vorher heraus gerechnet), so dass sie dadurch bestätigt wird. Ohne diese physische Differenz könnten wir die ART in diesem Fall aus meiner Sicht gar nicht bestätigen.

Daraus schliesse ich, dass Atomuhren in einem Gravitationsfeld "wirklich" langsamer laufen. Wenn wir nun das Gravitationfeld erhöhen, werden sie dann "wirklich" immer langsamer werden. Das könnten wir durch weitere Experimente leicht bestätigen. Wir kommen dann bei einem riesigen Schwarzen Loch irgendwann an einen Punkt (Ereignishorizont) , wo sie "unendlich" langsam werden, was gleichbedeutend damit ist, dass sie stehen geblieben sind. Sie ticken nicht mehr.

Für mich ist das die logische Konsequenz aus den Experimenten in Verbindung mit den Vorhersagen der ART.

Wenn Ihr jetzt sagt, es passiert nichts, die Uhren ticken ganz normal weiter, müsstet Ihr dann nicht eigentlich auch sagen, dass die Uhren vom Kölner Dom die gleichen Stände haben müssten?

Irgendwelche Beobachter spielen in diesem Beispiel keine Rolle. Es geht lediglich um die Frage, was physisch mit der Uhr passiert. Die Experimente sagen für mich eindeutig, dass sie in einem immer grösser werdenden Gravitationsfeld immer langsamer gehen, sonst könnte ich keine Differenzen feststellen.

Ich hoffe, dies macht es etwas klarer, warum ich es nicht verstehe, dass die Uhren "normal" weiter ticken sollen. Es passt für mich irgendwie mit den Experimenten nicht zusammen.

Viele Grüße
Job
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von positronium » 1. Jun 2015, 19:30

Du hast hier etwas falsch verstanden (Aber Vorsicht; ich habe die ART auch noch nicht verstanden.): Der EH ist nicht eine Fläche, auf der Uhren durch Gravitation zum Stehen gebracht werden. Gravitative Zeitdilatation findet dort genau so wie hier statt, nur halt stärker.
Der EH ist die Fläche, ab der dem SL nichts mehr entkommen kann. Ein Beobachter am EH kriegt davon nichts mit (lokal erscheint alles normal - Relativität eben), aber wenn man auf einen EH zufliegt, und immer die aktuelle Uhrzeit zu einem weit entfernten Beobachter funkt, brauchen die Funksignale immer länger zum aussenstehenden Beobachter - die kommen soz. immer tiefer/schwerer aus dem Gravitationsfeld/der Raumzeitkrümmung. Deshalb sieht es für den aussenstehenden so aus, als würden die Zeitsignale zeitlich immer länger voneinander entfernt eintreffen, je näher der Funker dem EH kommt.
Sobald ein Objekt den EH erreicht oder überschreitet, ist es von der Aussenwelt abgeschnitten, und es ist auch nicht mehr möglich, die dortige Realität nach aussen zu bringen.
Vielleicht kann man auch sagen: Am EH wird für den aussenstehenden Beobachter eine zeitliche Singularität erreicht. In etwa -1/x mit x=0 am EH.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 1. Jun 2015, 22:44

Job hat geschrieben: Wenn Ihr jetzt sagt, es passiert nichts, die Uhren ticken ganz normal weiter, müsstet Ihr dann nicht eigentlich auch sagen, dass die Uhren vom Kölner Dom die gleichen Stände haben müssten?
Nein, beim Vergleich der Uhren zeigen sie unterschiedliche Stände. Die gravitative Zeitdilatation ist ein realer Effekt. Synchronisiert ein statischer Beobachter in weiter Entfernung von einem SL 2 Uhren, seilt eine der beiden ab bis knapp über den EH, holt sie nach einer Weile wieder zurück, dann geht diese Uhr verglichen mit der beim Beobachter verbliebenen Uhr nach. Prinzipiell wie beim Kölner Dom, nur mit entsprechend größerer Zeitdifferenz. Dein Denkfehler ist offenbar zu glauben, die Eigenzeit der abgeseilten Uhr sei diejenige, die der statische Beobachter sieht. Für diesen bleibt die Uhr am EH tatsächlich stehen, obwohl sie dort 'normal' tickt. Der Vollständigkeit halber: Am EH gibt es keine statischen materiellen Objekte, die fallen durch bis zur Singularität (wobei die mitgeführte Uhr tickt).

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 2. Jun 2015, 02:16

Gepakulix hat geschrieben:Das erlaubt es also fuer den Beobachter im Raumschiff zu berechnen, wie viel schneller die Zeit für einen anderen Beobachter im Off (weit weg von der Gravitationsquelle) vergeht. Für den Fall, dass das Raumschiff den Ereignishorizont erreicht, ergibt das entsprechende Resultat "unendlich".
Nur für ein stationäres Raumschiff am EH!
Ein solches ist aber am EH physikalisch unmöglich.
Für ein einfallendes Raumschiff gilt dies nicht! In dem Fall wird die Zeitdehnung nicht unendlich, das einfallende Raumschiff sieht das Universum zwar auch schneller altern, aber nicht unendlich schnell. Für den entfernten Beobachter wiederum überquert das Raumschiff den EH in endlicher Zeit.
Wäre dem nicht so, so könnte ein SL weder wachsen noch sich überhaupt (in endlicher Zeit, von außen gesehen) bilden, denn dann würde alle einfallende Masse für immer am EH "festkleben".
Job hat geschrieben:Wir platzieren auf dem Kölner Dom eine Atomuhr in einem Glockenturm und gleichzeitig unten eine am Eingang und lassen beide bei 0 starten. Dann fahren wir 1 Jahr lang in die Südsee zum Urlaub. Wenn wir zurückkommen, holen wir die Uhr vom Glockenturm und stellen sie neben die Uhr am Boden. Wir vergleichen die Stände der beiden Uhren und stellen fest, dass sie unterschiedlich sind. Die Uhr am Boden hat einen geringeren Stand als die vom Glockenturm. Das ist Fakt und in Experimenten nachgewiesen. Seeker, das meine ich, wenn ich sage, dass die Uhren wirklich unterschiedliche Stände anzeigen. Wenn Du ein anderes Wort für wirklich nehmen willst, gerne. Dabei stimmt die Differenz der Stände mit dem überein, was die ART voraussagt, (die anderen Effekte wie die unterschiedliche Geschwindigkeit der Uhr im Glockenturm haben wir vorher heraus gerechnet), so dass sie dadurch bestätigt wird. Ohne diese physische Differenz könnten wir die ART in diesem Fall aus meiner Sicht gar nicht bestätigen.

Daraus schliesse ich, dass Atomuhren in einem Gravitationsfeld "wirklich" langsamer laufen. Wenn wir nun das Gravitationfeld erhöhen, werden sie dann "wirklich" immer langsamer werden. Das könnten wir durch weitere Experimente leicht bestätigen. Wir kommen dann bei einem riesigen Schwarzen Loch irgendwann an einen Punkt (Ereignishorizont) , wo sie "unendlich" langsam werden, was gleichbedeutend damit ist, dass sie stehen geblieben sind. Sie ticken nicht mehr.

Für mich ist das die logische Konsequenz aus den Experimenten in Verbindung mit den Vorhersagen der ART.
Ja, im Prinzip schon, mit einer wichtigen Ergänzung: Atomuhren in einem Gravitationsfeld laufen wirklich langsamer als in einem gravitationsfreien Raum.
Du musst hier ein paar Feinheiten berücksichtigen:
Du hast die Uhr im Turm am Ende auf den Boden gestellt und vergleichst dort, d.h. du misst, also quantisierst eine Zeitdifferenz.
Würdest du umgekehrt vorgehen und die Uhr am Boden hoch in den Turm tragen und dort vergleichen, kämst du zu dem Schluss, dass nicht die Zeit am Boden langsamer vergeht, sondern umgekehrt, dass die Zeit im Turm schneller vergeht.
Nun hast du also je nach Vorgehen zwei widersprüchliche Ergebnisse. Welchem davon ist der Vorzug zu geben, welches ist "wirklich"? Darum ging es mir, denn das sagt dir die ART nicht.

Um es noch klarer zu machen:
Du hast zwei stationäre Uhren A und B. A befindet sich in einem Gravitationsfeld, B nicht, wodurch bei A die Zeit halb so schnell wie bei B vergeht.

Betrachten wir zwei Fälle, die es uns ermöglichen einen Uhrenvergleich, also eine Messung zu erhalten:
1. Du wartest bei A bis 1 h vergangen ist und gehst dann zu B, um zu sehen, was die dortige Uhr anzeigt. Du stellst fest: B zeigt 2 h an. Schlussfolgerung: Die Zeit bei B läuft schneller als normal ab!
2. Du wartest bei B bis 1 h vergangen ist und gehst dann zu A, um zu sehen, was die dortige Uhr anzeigt. Du stellst fest: A zeigt 1/2 h an. Schlussfolgerung: Die Zeit bei A läuft langsamer als normal ab!

Welche Schlussfolgerung ist die richtige und wie viel Zeit ist tatsächlich bei 1. und 2. vergangen?? Um diese Frage zu beantworten brauchst du Zusatzannahmen, die die ART nicht hergibt.


Deshalb stimmt das hier nicht:
Job hat geschrieben:Irgendwelche Beobachter spielen in diesem Beispiel keine Rolle.
Du kannst den Beobachter in einer empirischen Wissenschaft nicht völlig eliminieren, denn ohne ihn hast du keine Messergebnisse. In der ART bestimmt der Beobachter das Bezugssystem und damit eine bestimmte Perspektive, die die Messergebnisse, die man erhalten wird, mit-determiniert,
"Beobachter" kann dabei auch die Uhr selbst sein oder irgendein anderes physikalisches System an dem sich eine zeitliche Veränderung definieren/prinzipiell ablesen lässt, z.B. ein radioaktiver Stoff mit bekannter Zerfallsrate, etc.

Und wie oben gesagt: Stationäre Uhren am EH gibt es nicht.
Und selbst wenn es sie gäbe, würde das hier dennoch nicht gelten:
Job hat geschrieben:Wir kommen dann bei einem riesigen Schwarzen Loch irgendwann an einen Punkt (Ereignishorizont) , wo sie "unendlich" langsam werden, was gleichbedeutend damit ist, dass sie stehen geblieben sind. Sie ticken nicht mehr.
...denn die Uhr am EH würde mit gleichem Recht behaupten, dass sie ganz normal tickt und dass umgekehrt die Uhren im restlichen Universum unendlich schnell ticken, also sozusagen nicht mehr ticken. Das liegt daran, dass die (reine) ART kein bevorzugtes Bezugssystem kennt.


"Zeit ist das, was man an der Uhr abliest."
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von tomS » 2. Jun 2015, 08:19

Ich versuche mal ein paar wesentliche Aspekte zusammenzufassen:

1) Man kann prinzipiell nicht die Effekte der kinematischen und der gravitativen Zeitdilatation trennen! Bei letzterer meint man irgendwie, sie käme ohne Beobachter aus, während erstere sozusagen ausschließlich den Effekt relativ zueinander bewegter Beobachter kodiert. Das ist falsch! Beide Effekte sind letztlich nicht voneinander zu trennen, da in jede Messung einer Zeit immer ein Beobachter und dessen Geschwindigkeit eingeht.

2) Man muss Koordinaten- und Eigenzeit strikt trennen! Erstere ist letztlich nur eine (zunächst unphysikalische, nicht messbare) Hilfsgröße, während letztere die einzige konkret messbare Zeit darstellt. Nun kann man oft einen Beobachter finden, dessen Eigenzeit gerade mit einer Koordinatenzeit übereinstimmt, aber das ist streng genommen nicht notwendig, und in vielen Fällen ist der Beobachter recht "künstlich" gewählt (z.B. ist die Koordinatenzeit in der Schwarzschildmetrik die Eigenzeit eines ruhenden Beobachters im Unendlichen)

3a) Man kann nicht so einfach sagen "Uhren im Gravitationsfeld gehen langsamer". Als was? Als wo? Eine andere Uhr, die sich nicht im Gravitationsfeld befindet, befindet sich offensichtlich an einem anderen Ort. Wie kann man den Gang beider Uhren vergleichen?

3b) Messung von Zeitdilatation ist offensichtlich immer eine nicht-lokale Messung! Man muss zwei Uhren synchronisieren, voneinander trennen, später wieder zusammenbringen und den Gang vergleichen. Auch die Beobachtung des Zeigers einer entfernten Uhr ist nicht-lokal.

Nun kann man ein einfaches Experiment ersinnen, um den reinen Effekt der gravitativen Zeitdilatation von der kinematischen zu trennen:
A) Ein Beobachter B1 befinde sich im Abstand R1 von einem Himmelskörper (Planet, SL, ...). Ein Beobachter B2 mit zunächst mit B1 synchronisierter Uhr t1 = t2 = 0 bewegt (*) sich zu einem Abstand R2, bleibt dort für eine gewisse Zeit T2, gemessen auf seiner Uhr, und bewegt (**) sich dann wieder zu B1 zurück. Nun vergleiche man die Zeit t1 mit t2.
B) Man wiederhole das Experiment für verschiedene T2, jedoch immer identischer Bewegung (*) und (**). Dadurch lassen sich die Effekte der Bewegung herausrechnen und man erhält statt t1 eine fiktive (!) Zeit T1, die gerade der Zeit T2 entspricht, während der B2 sich statisch bei R2 befunden hat. Man beachte, dass T1 keiner tatsächlich bei B1 gemessenen Zeit, keiner Eigenzeit entspricht1 Dennoch entspricht die Differenz von T1 und T2 sozusagen dem Nettoeffekt der gravitativen Zeitdilatation.

Zur Beachtung: beim Herausrechnen von (*) und (**) wird eine stationäre Raumzeit vorausgesetzt, also sozusagen zwei Beobachter, die zwar räumlich getrennt jedoch relativ zueinander in Ruhe sind. Dies funktioniert nicht für nicht-stationäre Raumzeiten!! D.h. dieses Herausrechnen ist z.B. prinzipiell unmöglich, wenn man den Beobachter B2 zu einer sehr weit entfernten Galaxie schickt, für die die kosmologische Expansion berücksichtigt werden muss.

Am einfachsten macht man sich klar, dass die Eigenzeit eines Beobachters seine "Geschichte" entlang seiner Weltlinie durch die Raumzeit kodiert. Unterschiedliche Weltlinien entsprechen unterschiedlichen Eigenzeiten.

Ich habe die mathematische Vorgehensweise hier skizziert:

http://www.physikerboard.de/topic,37752 ... doxon.html
Gruß
Tom

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 2. Jun 2015, 09:07

tomS hat geschrieben:2) Man muss Koordinaten- und Eigenzeit strikt trennen!
Volle Zustimmung, solange man sich den Unterschied nicht klar macht, hat man kaum Chancen zu einem Verständnis des Phänomens der Zeitdilatation zu kommen.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 2. Jun 2015, 09:43

seeker hat geschrieben: Für den entfernten Beobachter wiederum überquert das Raumschiff den EH in endlicher Zeit.
Wäre dem nicht so, so könnte ein SL weder wachsen noch sich überhaupt (in endlicher Zeit, von außen gesehen) bilden, denn dann würde alle einfallende Masse für immer am EH "festkleben".
Nein, die Situation ist nicht symmetrisch. Der Freifaller sieht im Moment des Überquerens des EH die entfernte Außenwelt mit z = 1 rotverschoben, während der entfernte Beobachter ihn unendlich rotverschoben sieht. D.h. für den entfernten Beobachter überquert das Raumschiff den EH in unendlicher Zeit, wobei hier Koordinatenzeit gemeint ist. Wenn du hier von endlicher Zeit sprichst, kannnst du nur die Eigenzeit des Raumschiffs meinen.

Das SL wächst von außen gesehen tatsächlich nicht. Die einfallende Materie klebt in Koordinatenzeit am EH fest! Die sollte man aber, wie Tom geschrieben hat, als eine unphysikalische Hilfsgröße betrachten. Das SL wächst physikalisch, weil Materie einfällt und in kürzester Eigenzeit die Singularität erreicht.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 2. Jun 2015, 11:03

Timm hat geschrieben:Nein, die Situation ist nicht symmetrisch.
Danke für die Korrektur.
Wobei wir damit wieder an einem Knackpunkt sind, den ich noch nicht ganz verstehe.
Was man auf jeden Fall sagen kann ist: "Für den entfernten Beobachter wiederum verschwindet das Raumschiff in endlicher Zeit im SL bzw. aus seinem Blickfeld."
Timm hat geschrieben:D.h. für den entfernten Beobachter überquert das Raumschiff den EH in unendlicher Zeit, wobei hier Koordinatenzeit gemeint ist. Wenn du hier von endlicher Zeit sprichst, kannnst du nur die Eigenzeit des Raumschiffs meinen.
Jetzt wird es kompliziert:
A falle in ein SL, während sich B in einiger Entfernung zum SL stationär aufhält und A beim Einfall zusieht.
Nach 1 h sei A aus dem Blickfeld von B verschwunden, d.h. nicht mehr messtechnisch beobachtbar, wegen der gravitativen Rotverschiebung und der gravitativen Licht-Intensitätsabschwächung.
Nun gibt auch B seinen stationären Ort auf und lässt sich auch ins SL fallen.
Wir haben das vor längerer Zeit schon einmal untersucht... Wenn ich es noch recht weiß, wird B nach dem Überqueren des EH feststellen, dass sich A relativ zur Singularität gesehen hinter ihm befindet, womit B den Beobachter A sozusagen überholt hat.
Ich weiß, wir haben es hier mit Bezugssystemwechsel zu tun, aber es erscheint mir schwierig, dass B unter diesen Bedingungen noch die Ansicht aufrechterhalten kann, dass A den EH (aus seiner Sicht) nie überquert hätte, wenn er sein stationäres BS nicht verlassen hätte. (Man könnte die Geschichte auch so gestalten, dass 1000 Beobachter als Perlenkette nacheinander, in kurzem Zeitabstand anfangen sich ins SL fallen zu lassen. Was dann?)
Ich würde sagen, dass man daher sagen muss, dass A den EH physikalisch auf jeden Fall überschreitet, auch für B. Aber was ist damit genau gemeint?
Wie bekommt man da die Koordinatenzeit hineingeflickt? Sie erscheint mir hier für den stationären B auch als Messgröße...
Was passiert tatsächlich? (Ich tappe gerade selber in die Falle, nach "tatsächlich" zu fragen... :) )
Das verwirrt mich immer wieder.
Timm hat geschrieben:Das SL wächst von außen gesehen tatsächlich nicht. Die einfallende Materie klebt in Koordinatenzeit am EH fest! Die sollte man aber, wie Tom geschrieben hat, als eine unphysikalische Hilfsgröße betrachten.
Diese Ansicht scheint mir schwierig haltbar, denn der Bereich des EH, der Bereich/Radius, wo das SL schwarz ist, ist ja eine von außen messbare, also physikalische Größe.
Weiterhin hängt der momentane Schwarzschildradius eines SL mit der Intensität der Hawkingstrahlung zusammen (wächst das SL so vermindert sich diese Strahlung).
Wir haben hier also eine weitere aus der Ferne messbare physikalische Größe.
Daher scheint es mir nicht so sein zu können, dass SL für entfernte Beobachter (in endlicher Zeit) nicht wachsen können, denn ansonsten könnte es prinzipiell keine aus der Entfernung beobachtbaren SLs mit Schwarzschildradius > 0 geben.
Ein Widerspruch? Wie löst man das auf?

Könnte man vielleicht sagen (?):
"Von außen gesehen existiert gar keine Singularität und auch keine Masse hinter dem EH. Von außen gesehen ist das (nicht-rotierende) SL ein dunkles Objekt, wo sich alle Masse nahe außerhalb einer Kugelsphäre konzentriert hat. Der Radius dieser Kugelsphäre ist der EH."

Oder vielleicht (?):
"Einfallende Massen überqueren den EH (von außen gesehen) nicht indem sie ihn überqueren. Es ist umgekehrt: Der EH wächst durch die dem EH nahen Massen und überquert dann durch sein Wachstum diese (von außen gesehen) nahezu stationären Massen."

Grüße
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 2. Jun 2015, 21:11

Hallo seeker, gute Fragen und ich habe volles Verständnis, daß dich so manches umtreibt.
seeker hat geschrieben: Wobei wir damit wieder an einem Knackpunkt sind, den ich noch nicht ganz verstehe.
Was man auf jeden Fall sagen kann ist: "Für den entfernten Beobachter wiederum verschwindet das Raumschiff in endlicher Zeit im SL bzw. aus seinem Blickfeld."
Ja, kann man so sagen. Physikalisch betrachtet ist das Raumschiff unendlich rotverschoben, so gefällt mir's besser.
seeker hat geschrieben: A falle in ein SL, während sich B in einiger Entfernung zum SL stationär aufhält und A beim Einfall zusieht.
Nach 1 h sei A aus dem Blickfeld von B verschwunden, d.h. nicht mehr messtechnisch beobachtbar, wegen der gravitativen Rotverschiebung und der gravitativen Licht-Intensitätsabschwächung.
Nun gibt auch B seinen stationären Ort auf und lässt sich auch ins SL fallen.
Wir haben das vor längerer Zeit schon einmal untersucht... Wenn ich es noch recht weiß, wird B nach dem Überqueren des EH feststellen, dass sich A relativ zur Singularität gesehen hinter ihm befindet, womit B den Beobachter A sozusagen überholt hat.
Ich weiß, wir haben es hier mit Bezugssystemwechsel zu tun, aber es erscheint mir schwierig, dass B unter diesen Bedingungen noch die Ansicht aufrechterhalten kann, dass A den EH (aus seiner Sicht) nie überquert hätte, wenn er sein stationäres BS nicht verlassen hätte. (Man könnte die Geschichte auch so gestalten, dass 1000 Beobachter als Perlenkette nacheinander, in kurzem Zeitabstand anfangen sich ins SL fallen zu lassen. Was dann?)
Ich würde sagen, dass man daher sagen muss, dass A den EH physikalisch auf jeden Fall überschreitet, auch für B. Aber was ist damit genau gemeint?
Wie bekommt man da die Koordinatenzeit hineingeflickt?
Ich hatte damals das Finkelstein Diagramm aus "General Relativity from A to B" gepostet. Das Buch ist äußerst empfehlenswert. B überholt A nicht, sieht aber beim Überqueren des EH den Lichtpuls, den A beim Überqueren des EH (also zu einem früheren Zeitpunkt) gesendet hat. Denn der breitet sich auf dem EH aus (Lichtkegel hier tangential), weshalb ihn ein später den EH überquerender Beobachter sehen kann. Auch danach erreicht B noch Licht von A bis zu einem Zeitpunkt, zu dem es in der Singularität verschwindet, bevor es B gerade nicht mehr erreicht. Auf dem Diagramm ist das sehr verständlich dargestellt.
Was heißt "hinter ihm"? A sendet den Puls bei R=R(A) zum Zeitpunkt t(A). B empfängt ihn bei R(B) < R(A) zum Zeitpunkt t(B) > t(A). A und B überqueren den EH, B später als A. Die Eddington-Finkelstein Koordinaten kommen nach meiner Meinung der Intuition entgegen, währen die Schwarzschildkoordinaten, wie wir hier erleben, eher verwirren.
seeker hat geschrieben:
Timm hat geschrieben:Das SL wächst von außen gesehen tatsächlich nicht. Die einfallende Materie klebt in Koordinatenzeit am EH fest! Die sollte man aber, wie Tom geschrieben hat, als eine unphysikalische Hilfsgröße betrachten.
Diese Ansicht scheint mir schwierig haltbar, denn der Bereich des EH, der Bereich/Radius, wo das SL schwarz ist, ist ja eine von außen messbare, also physikalische Größe.

Wir haben hier also eine weitere aus der Ferne messbare physikalische Größe.
Daher scheint es mir nicht so sein zu können, dass SL für entfernte Beobachter (in endlicher Zeit) nicht wachsen können, denn ansonsten könnte es prinzipiell keine aus der Entfernung beobachtbaren SLs mit Schwarzschildradius > 0 geben.
Ein Widerspruch? Wie löst man das auf?
Die Messung, z.b. die Analyse der sehr schneller Sternbewegungen im Zentrum der Michstraße, zeigt, daß innerhalb der Umlaufbahn dieser Sterne eine gewaltige Masse, höchstwahrscheinlich ein Schwarzes Loch, sein muß. Aus der Masse schließt man auf den Schwarzschildradius. Zu sagen, daß man ihn aus der Ferne mißt, geht insofern zu weit. Wenn laufend Materie in diesen inneren Bereich einfällt, wirkt sich das im Laufe der Zeit auf besagte Sternbewegungen aus. Aus der Koordinaten-Sicht dieser Sterne ist diese einfallende Materie zunehmend rotverschoben, bis sie bei unendlicher Rotverschiebung am EH "klebt". Dabei wissen wir, daß diese Vorstellung unphysikalisch ist, denn die Materie fällt ja durch den EH usw. Mehr fällt mir im Augenblick dazu nicht ein.

Noch ein kleines Beispiel: Angenommen eine Supernova dauert im Schnitt 1 Tag. Wenn uns ihr Licht aus weiter Ferne rotverschoben erreicht, dauert sie aus unserer Sicht 2 Tage. Niemand würde aber im Ernst behaupten, daß eine Supernova umso länger dauert, je weiter entfernt sie sich ereignet.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 3. Jun 2015, 04:00

Danke für die Antworten Leute.
Timm hat geschrieben:Die Messung, z.b. die Analyse der sehr schneller Sternbewegungen im Zentrum der Michstraße, zeigt, daß innerhalb der Umlaufbahn dieser Sterne eine gewaltige Masse, höchstwahrscheinlich ein Schwarzes Loch, sein muß. Aus der Masse schließt man auf den Schwarzschildradius. Zu sagen, daß man ihn aus der Ferne mißt, geht insofern zu weit.
Ja, im Moment mag das so sein. Das liegt aber m.E. nur daran, dass wir kein SL vor der Haustür haben. Es erscheint mir einleuchtend, dass man in einiger Nähe zu einem SL die EH-Ausdehnung direkt beobachten können muss: durch die Raumverzerrung, durch das Abdecken des Sternenhintergundlichts muss das Äußere des SL sichtbar werden und ist somit Messgröße.
Timm hat geschrieben:Noch ein kleines Beispiel: Angenommen eine Supernova dauert im Schnitt 1 Tag. Wenn uns ihr Licht aus weiter Ferne rotverschoben erreicht, dauert sie aus unserer Sicht 2 Tage. Niemand würde aber im Ernst behaupten, daß eine Supernova umso länger dauert, je weiter entfernt sie sich ereignet.
Auf den ersten Blick einleuchtend, aber auf den zweiten Blick muss ich doch die Frage stellen, ob man nicht genau das behaupten muss. Es ist verzwickt...

Yukterez, das was Susskind da sagt trifft doch recht genau, was ich zuletzt, nach der Korrektur von Timm vermutete?
seeker hat geschrieben:"Von außen gesehen existiert gar keine Singularität und auch keine Masse hinter dem EH. Von außen gesehen ist das (nicht-rotierende) SL ein dunkles Objekt, wo sich alle Masse nahe außerhalb einer Kugelsphäre konzentriert hat. Der Radius dieser Kugelsphäre ist der EH."
Yukterez hat geschrieben:Das macht nichts, der Schwarzschildradius wächst dabei trotzdem, da die Masse ja dennoch mehr wird. Schon bei Newton ist es egal ob die Masse als Punkt in der Mitte oder als Schale existiert.
Ja, das träfe meine zweite Vermutung...
Es stimmt aber nicht ganz, wenn du sagst es wäre egal ob eine Masse als Punkt oder als Kugelschale vorliegt (das ist nur für Beobachter außerhalb der Kugelschale so)... und jetzt wird es spannend und noch verwirrender:

Es ist nämlich so, dass die Gravitation innerhalb einer Kugelschale exakt Null ist!
Da komme ich dann direkt zu der Frage, ob da dann im Inneren eines SL überhaupt eine Singularität sein könnte, wenn es dort gar keine Gravitation und keine Masse gäbe?
Wenn es aber keine Masse innerhalb eines SL gäbe, gäbe es dann einen EH? Ich vermute es gäbe ihn nicht. Vertrackt...


Damit komme ich zu einem weiteren Problem:
Ein SL muss sich bilden, d.h. es ensteht z.B. durch den Kollaps eines Sterns. Wir haben also vor dem Kollaps keinen EH bzw. könnte man auch sagen: "Der EH ist zu Beginn punktförmig und wächst dann beim Kollaps des Sterns zu einer Sphäre, nach außen". Wenn dem so ist, dann kann sich von Anfang an, beim Entstehen des SLs keine Materie hinter dem (noch punktförmigen) EH befinden.
Nun wächst er aber... d.h. er muss beim Wachsen die Materie überqueren, die sich zu diesem Zeitpunkt schon innerhalb seines sich später einstellenden Radiuses befindet (er wird diese ja beim Wachsen nicht nach außen drücken?).
Das hieße dann, dass sich doch eine Teil der Materie des fertigen SLs hinter dem EH befinden muss, während der Rest am EH festklebt.

(Nochmals erwähnt, damit keine Verwirrung aufkommt: In dem ganzen Bild bleibe ich strikt bei der Perspektive des entfernten Beobachters.)

Noch ein vielleicht wichtiger Gedanke:
Wenn man SL als Löcher in der Zeit (in Richtung Zukunft) betrachtet, dann verschwindet evtl. das "Singularitätsproblem", denn dann wäre die dortige Singularität keine aktuale Unendlichkeit sondern eine potentielle, denn sie befände sich (aus außenstehender Perspektive) zeitlich in unendlicher Ferne, in unendlicher Zukunft. Die Situation wäre im Grunde gleich wie bei der Frage ob ein heute endlich ausgedehntes Universum (nehmen wir die Sphäre, den Luftballon), das endlos expandiert nach einer unendlichen Zeitspanne eine unendliche Ausdehnung erreicht.
Kein größeres Problem, wie mir scheint...

Die ganze Geschichte hat noch einen weiteren Hintergrund:
Wenn man nämlich akzeptiert, dass die Zukunft eines SL-Inneren schon "jetzt" existiert, genauso wie alles andere, dann kommt man wahrscheinlich tatsächlich zu einem Blockuniversum.
Und diese Aussicht würde mich beunruhigen und ich möchte sie nicht akzeptieren, wenn ich nicht muss, denn sie würde bedeuten, dass alle Zukunft im Universum schon existiert, dass alles was gemals aus unserer Sicht geschehen wird, alles was wir jemals tun und erleben werden schon festzementiert wäre.


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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 3. Jun 2015, 08:43

seeker hat geschrieben:
Timm hat geschrieben:Noch ein kleines Beispiel: Angenommen eine Supernova dauert im Schnitt 1 Tag. Wenn uns ihr Licht aus weiter Ferne rotverschoben erreicht, dauert sie aus unserer Sicht 2 Tage. Niemand würde aber im Ernst behaupten, daß eine Supernova umso länger dauert, je weiter entfernt sie sich ereignet.
Auf den ersten Blick einleuchtend, aber auf den zweiten Blick muss ich doch die Frage stellen, ob man nicht genau das behaupten muss. Es ist verzwickt...
Weshalb verzwickt? Der zeitliche Verlauf (Eigenzeit, also im BS der Supernova) einer solchen Sternexplosion, hängt nicht davon ab, aus welcher Entfernung sie beobachtet wird. Genauso wenig wie das Ticken einer Uhr in der Nähe des EH.

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Job » 4. Jun 2015, 16:34

Ich glaube, wir reden immer noch etwas aneinander vorbei.
tomS hat geschrieben:
1) Man kann prinzipiell nicht die Effekte der kinematischen und der gravitativen Zeitdilatation trennen! Bei letzterer meint man irgendwie, sie käme ohne Beobachter aus, während erstere sozusagen ausschließlich den Effekt relativ zueinander bewegter Beobachter kodiert. Das ist falsch! Beide Effekte sind letztlich nicht voneinander zu trennen, da in jede Messung einer Zeit immer ein Beobachter und dessen Geschwindigkeit eingeht.

2) Man muss Koordinaten- und Eigenzeit strikt trennen! Erstere ist letztlich nur eine (zunächst unphysikalische, nicht messbare) Hilfsgröße, während letztere die einzige konkret messbare Zeit darstellt. Nun kann man oft einen Beobachter finden, dessen Eigenzeit gerade mit einer Koordinatenzeit übereinstimmt, aber das ist streng genommen nicht notwendig, und in vielen Fällen ist der Beobachter recht "künstlich" gewählt (z.B. ist die Koordinatenzeit in der Schwarzschildmetrik die Eigenzeit eines ruhenden Beobachters im Unendlichen)
Die Sicht eines 2. Beobachters und seiner Rahmenbedingungen ist absolut ok und für viele Aspekte interessant und wichtig. Hier muss man zwangsläufig diese Unterscheidung einführen. Das ist ok. In meinem Beispiel gibt es aber keinen 2. Beobachter. Es gibt nur das Raumschiff (das 2. können wir hier weglassen), die Atomuhr im Raumschiff und die Insassen (wir), die die Atomuhr unablässig beobachten. Sonst nichts. Wir stellen uns also vor, dass wir uns in einem Raumschiff einem Schwarzen Loch nähern und fragen danach, was uns dabei widerfährt. Was andere davon sehen oder nicht und was wir von anderen sehen oder nicht, ist uns völlig egal. Uns interessiert nur, was mit uns, der Atomuhr und dem Raumschiff geschieht. Nur aus unserer Sicht.
tomS hat geschrieben:
3a) Man kann nicht so einfach sagen "Uhren im Gravitationsfeld gehen langsamer". Als was? Als wo? Eine andere Uhr, die sich nicht im Gravitationsfeld befindet, befindet sich offensichtlich an einem anderen Ort. Wie kann man den Gang beider Uhren vergleichen?
Man kann das sagen, was die Experimente mit den Atomuhren belegen. Eine Atomuhr läuft in einem höheren Gravitationsfeld langsamer als in einem geringeren. Ich vergleiche einfach die beiden Stände der Uhren wie oben beschrieben. Und diese sagen genau das aus. Wir wissen zwar nicht genau, warum das so ist, aber an den Messungen ist nicht zu rütteln. Die Atomuhren verhalten sich damit physikalisch gesehen anders. Die am Boden tickt langsamer, z.B. weil ihre Atome in einem stärkeren Graivitationsfeld nicht mehr so stark schwingen wie in einem schwächeren.
tomS hat geschrieben: 3b) Messung von Zeitdilatation ist offensichtlich immer eine nicht-lokale Messung! Man muss zwei Uhren synchronisieren, voneinander trennen, später wieder zusammenbringen und den Gang vergleichen. Auch die Beobachtung des Zeigers einer entfernten Uhr ist nicht-lokal.
Es geht mir hier nicht um die Messung einer Zeitdilatation zwischen zwei Uhren. Ich habe hier keine zwei Uhren, sondern nur die eine Atomuhr im Raumschiff. Und wenn ich die Experimente, die wir mit den Atomuhren gemacht haben, und die rein rechnerisch die Vorhersagen der ART glänzend bestätigen, auf unseren Fall übertrage, komme ich zu dem Schluss, dass die Atomuhr im Raumschiff bei Annäherung an das Schwarze Loch immer langsamer tickt und schliesslich ganz aufhört zu ticken. Sie stellt ihren Dienst ein.
Gepakulix hat geschrieben:
Das Gehirn des Insassen arbeitet im Prinzip gleich schnell wie die dortige Atomuhr: Je langsamer die Atomuhr tickt, desto langsamer arbeitet das Gehirn.
Deshalb kann das Gehirn des Insassen nie bemerken, wenn die Atomuhr langsamer tickt.
Dies wäre eine logische Konsequenz, denn die Ursachen (im atomaren Bereich), die die Atomuhr langsamer laufen lassen, sollten auch Auswirkungen auf die Prozesse in unserem Körper haben. In letzter Konsequenz könnte es dann bedeuten, dass wir die Annäherung an den EH nicht überleben würden. Nicht nur die Atomuhr würde ihren Dienst einstellen, auch unser Körper.
Seeker hat geschrieben: "Zeit ist das, was man an der Uhr abliest."
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von tomS » 4. Jun 2015, 22:54

Was du hier schreibst ist völlig unlogisch. Einerseits sagst du, du hättest nur eine Uhr, und du würdest keinen Vergleich durchführen. Andererseits beziehst du dich auf Experimente mit Atomuhren - und dabei handelt es sich immer um mehrere, und um Vergleiche.

Wenn ein Astronaut lediglich eine mitbewegte Uhr abliest, wird er nie irgendeine Gangabweichung feststellen, und zwar aus zwei Gründen: seine Eigenzeit läuft für ihn immer exakt gleich schnell; und eine Gangabweichung kann er nur durch einen Vergleich feststellen, den du hier jedoch ablehnst.

Hast du meine mathematische Herleitung

http://www.physikerboard.de/topic,37752 ... doxon.html

gelesen?
Gruß
Tom

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 5. Jun 2015, 16:29

Es gibt immer wieder Leute, die auf angebotene Verständnishilfen nicht eingehen, weil sie einer Idee nachhängen, die damit nicht logisch vereinbar ist, hier der Idee des Herztods am EH.
Selbst Entwickler sind dagegen nicht immer gefeit, wenn sie mit Herzblut ihr Projekt verteidigen, obwohl sie es nach Lage der Befunde eigentlich aufgeben müßten. :)

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 6. Jun 2015, 12:21

Timm hat geschrieben:Weshalb verzwickt? Der zeitliche Verlauf (Eigenzeit, also im BS der Supernova) einer solchen Sternexplosion, hängt nicht davon ab, aus welcher Entfernung sie beobachtet wird. Genauso wenig wie das Ticken einer Uhr in der Nähe des EH.
Das Verzwickte ist folgendes:
Doch, das ist genau das, was wir messen: Der zeitliche Verlauf einer Sternexpolsion hängt davon ab, aus welcher Entfernung sie beobachtet wird!!
Das sind messtechnische Tatsachen, Fakten, die mit ganz realen physikalischen Wirkungen (auf uns) verbunden sind! Daran ist zunächst nicht zu rütteln!
Erst danach, nach der Messung werden diese Tatsachen durch die Theorie interpretiert.
Und hier kommen wir dann doch wieder mit dem ungeliebten Wörtchen "wirklich/real" in Berührung:
Dauert eine Sternexplosion "real" so lange, wie es uns die Messergebnisse sagen oder "real" so lange, wie es uns die Theorie sagt? Sind die Messergebnisse primär oder ist es die Theorie?
Am besten akzeptiert man daher m. E. auch hier, dass die Realität halt relativ ist und sagt einfach: Für den Stern dauert es x Zeiteinheiten und für uns eben y Zeiteinheiten, wobei beide Aussagen gleichwertig sind, gleich "real"!
Job hat geschrieben:Es geht mir hier nicht um die Messung einer Zeitdilatation zwischen zwei Uhren. Ich habe hier keine zwei Uhren, sondern nur die eine Atomuhr im Raumschiff. Und wenn ich die Experimente, die wir mit den Atomuhren gemacht haben, und die rein rechnerisch die Vorhersagen der ART glänzend bestätigen, auf unseren Fall übertrage, komme ich zu dem Schluss, dass die Atomuhr im Raumschiff bei Annäherung an das Schwarze Loch immer langsamer tickt und schliesslich ganz aufhört zu ticken. Sie stellt ihren Dienst ein.
Nochmals: Du kannst diese Aussage nur treffen, wenn du vorher schon durch Messungen herausgefunden hast, dass das so ist, dass Uhren im Gravitationsfeld langsdamer ticken.
Du hattest dann also zuvor doch 2 Uhren im Einsatz, denn sonst könntest du das nicht aussagen/wissen.
Damit hast du aber schon im Voraus eine bestimmte Perspektive eingenommen, ein bestimmtes Bezugssystem gewählt, nämlich das des entfernten Beobachters!
Und für ihn ist es genau so, wie du sagst: Die Uhr im Gravitationsfeld bleibt schließlich stehen (bzw. wird unmessbar langsam).
Das heißt aber nicht, dass die ins SL fallende Uhr davon irgendetwas mitbekommt. Sie hat ihr eigenes Bezugssystem, in dem es nunmal nicht so ist: sie tickt ganz normal weiter.
Nochmals:
Ich glaube dein Denkfehler besteht darin, dass du übersehen hast, dass du auch in deinem Beispiel von einem Bezugssystem zum anderen springst.
Und das darf man eben nicht, man kann nicht sagen:
"Weil es für mich hier so ist, ist es auch dort so", "weil für mich als entfernter Beobachter die Uhr stehen bleibt, bleibt sie auch für sich selbst oder für einen nahen Beobachter stehen."

Einziger Ausweg:
Man definiert bzw. behauptet ein bevorzugtes Bezugssystem und sagt: "Was in diesem Bezugssystem der Fall ist, das ist primär, das ist die (primäre) Realität!"
Z.B. kann man dafür die kosmische Hintergrundstrahlung nehmen aber eben auch jedes andere uns gefällige BS.
Das Problem dabei ist wie erwähnt, dass uns die ART nicht sagt, dass wir gerade dieses oder jenes BS bevorzugen sollen/müssen.
Also müsste das von woanders herkommen... Nur: woher?


Und dann gibt es noch die Fälle, wo eine Aussage für jeden physikalisch möglichen Beobachter gültig ist (z.B. "Ereignis A hat vor Ereignis B stattgefunden!"). Das ist aber bei deinem SL-Beispiel mit der Uhr nicht gegeben.


Grüße
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Timm » 6. Jun 2015, 14:19

seeker hat geschrieben:Das Verzwickte ist folgendes:
Doch, das ist genau das, was wir messen: Der zeitliche Verlauf einer Sternexpolsion hängt davon ab, aus welcher Entfernung sie beobachtet wird!! ...
Dauert eine Sternexplosion "real" so lange, wie es uns die Messergebnisse sagen oder "real" so lange, wie es uns die Theorie sagt? Sind die Messergebnisse primär oder ist es die Theorie?
Den Begriff "real" braucht man nicht unbedingt. Es könnte damit gemeint sein, daß real das ist, was in Eigenzeit passiert. Diesen Begriff braucht man tatsächlich. Denn das was in Eigenzeit passiert ist invariant, d.h. beobachterunabhängig, und deshalb könnte man sagen, es gibt nur eine Realität. Wenn du mit zunehmender Entfernung 1000 Beobachter aufstellt, mißt jeder etwas anderes. Wenn nun um auf deine Frage zu kommen eine Sternexplosion so lange dauert, "wie es uns die Messergebnisse sagen", hättest du 1000 Realitäten.
Das genau macht den Unterschied zwischen Eigenzeit und Koordinatenzeit aus. Ich wüßte nicht, was so verzwickt ist. Kann es sein daß du die Dinge komplzierter siehst als sie tatsächlich sind?

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von seeker » 6. Jun 2015, 14:30

Timm hat geschrieben:Kann es sein daß du die Dinge komplzierter siehst als sie tatsächlich sind?
Ja, kann sein. Vielleicht mache ich mir manchmal selbst das Leben schwer... :)
Die Sache, die ich sehe, ist ja nun die:
Eigenzeit, ja ok. Nur: Damit allein bekommst du kein zusammenhängendes Universum als EIN Gebilde, das so und nicht anders ist, sondern sozusagen nur eine Ansammlung voneinander isolierter Beobachter, also ein fragmentiertes Gebilde.
Wenn man die Dinge allerdings als 3+1-Raumzeit betrachtet (plus Weltlinien, usw.), dann ergeben sich die ganzen Probleme nicht, dann haben wir Eindeutigkeit.
Deshalb denke ich, dass diese Sicht vom praktischen und erklärungstechnischen Standpunkt die beste ist.
Allerdings ergeben sich damit evtl. die Probleme, die ich schon früher angesprochen habe (Blockuniversum).

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von tomS » 6. Jun 2015, 21:38

Letztlich gibt es in der ART unendlich viele, gleichwertige Bezugssysteme. Für viele Prozesse gibt es jedoch exakt ein "ausgezeichnetes" Bezugssystem, nämlich das lokale Ruhesyszem des betreffenden Ereignisses.
Gruß
Tom

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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von Job » 8. Jun 2015, 07:50

tomS hat geschrieben:Was du hier schreibst ist völlig unlogisch. Einerseits sagst du, du hättest nur eine Uhr, und du würdest keinen Vergleich durchführen. Andererseits beziehst du dich auf Experimente mit Atomuhren - und dabei handelt es sich immer um mehrere, und um Vergleiche.

Wenn ein Astronaut lediglich eine mitbewegte Uhr abliest, wird er nie irgendeine Gangabweichung feststellen, und zwar aus zwei Gründen: seine Eigenzeit läuft für ihn immer exakt gleich schnell; und eine Gangabweichung kann er nur durch einen Vergleich feststellen, den du hier jedoch ablehnst.
Timm hat geschrieben:Es gibt immer wieder Leute, die auf angebotene Verständnishilfen nicht eingehen, weil sie einer Idee nachhängen, die damit nicht logisch vereinbar ist, hier der Idee des Herztods am EH.
Selbst Entwickler sind dagegen nicht immer gefeit, wenn sie mit Herzblut ihr Projekt verteidigen, obwohl sie es nach Lage der Befunde eigentlich aufgeben müßten. :)

Hallo Tom, Timm,
ich kann und will nicht ausschliessen, dass Ihr damit recht habt. Dagegen ist wohl keiner gefeit. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass Ihr manchmal auf meine Argumente ebenso wenig eingeht wie ich aus Eurer Sicht auf Eure. Das kann daran liegen, dass ich an einer bestimmten Stelle einfach eine falsche Annahme mache. Nur kann ich dies aus Euren bisherigen Aussagen noch nicht erkennen. Ich werde daher meine Gedankenkette noch einmal auf das allernötigste beschränken und möchte Euch bitten, mir die Stelle(n) zu nennen, wo mein Fehler Eurer Meinung nach liegt. Ich bin wirklich daran interessiert, diesen zu erkennen und habe auch kein Problem, dies dann zu akzeptieren.

1. Ich beziehe mich auf die Darstellung der gravitativen Zeitdilatation im Wikipedia Artikel "Gravitational time dilation, http://en.wikipedia.org/w/index.php?tit ... =661227046 (last visited June 8, 2015)". Dieser passt für unser Ausgangsbeispiel sehr gut. Hier ein Auszug aus dem Link:
A common equation used to determine gravitational time dilation is derived from the Schwarzschild metric, which describes spacetime in the vicinity of a non-rotating massive spherically symmetric object. The equation is:




where

. t[down]0[/down] is the proper time between events A and B for a slow-ticking observer within the gravitational field,
. t[down]f[/down] is the coordinate time between events A and B for a fast-ticking observer at an arbitrarily large distance from the massive object (this assumes the fast-ticking observer is using Schwarzschild coordinates, a coordinate system where a clock at infinite distance from the massive sphere would tick at one second per second of coordinate time, while closer clocks would tick at less than that rate),
. G is the gravitational constant,
. M is the mass of the object creating the gravitational field,
. r is the radial coordinate of the observer (which is analogous to the classical distance from the center of the object, but is actually a Schwarzschild coordinate),
. c is the speed of light, and
. r[down]0[/down]= 2GM/c[up]2[/up] is the Schwarzschild radius of M.
To illustrate then, without accounting for the effects of rotation, proximity to the Earth's gravitational well will cause a clock on the planet's surface to accumulate around 0.0219 fewer seconds over a period of one year than would a distant observer's clock. In comparison, a clock on the surface of the sun will accumulate around 66.4 fewer seconds in one year.
2. Ich mache ein Experiment mit zwei Atomuhren am Kölner Dom wie beschrieben, bei dem am Schluss des Experimentes ein lokaler Beobachter die Stände der beiden nebeneinander stehenden Uhren aus unmittelbarer Nähe abliest.

3. Er stellt dabei fest, dass die Stände der Uhren unterschiedlich sind und notiert diese

4. Er berechnet dann das Verhältnis der beiden Uhrenstände und stellt fest, dass das Ergebnis dem entspricht, was sich aus der Formel in 1. ergibt.

5. Das Experiment belegt, dass die Uhren physikalisch unterschiedlich gelaufen sind. Die am Boden ist "wirklich" langsamer gelaufen.

6. Aus alldem schliesse ich, dass eine Atomuhr in einem höheren Gravitationfeld physikalisch langsamer läuft als in einem schwächeren und die Formel unter 1. die Entwicklung in Abhängigkeit von der Größe des Gravitationsfeldes angibt.

7. Wenn dem so ist, besagen die Formel und der Umstand, dass die Uhren (laut Experiment) physikalisch anders laufen, dass in unserem Fall bei Erreichen des Ereignishorizont die Uhr im Raumschiff stehen bleibt und ihren Dienst einstellt.

Viele Grüße
Job
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Re: Was passiert am Ereignishorizont eines Schwarzen Loches

Beitrag von tomS » 8. Jun 2015, 08:01

Die Schlussfolgerung ist im wesentlichen korrekt, allerdings musst du einige Subtilitäten beachten:

1) I.A. liegen drei Eigenzeiten vor, nämlich die der beiden Uhren U1 und U2 sowie die des Beobachters B (in der Nähe).
2) Die oben verwendete Zeit eines Beobachters "at an arbitrarily large distance" ist natürlich unbeobachtbar und muss aus der Gleichung eliminiert werden.
3) Beim Ablesen der beiden Uhren U1, U2 durch den Beobachter B musst du die Lichtlaufzeit mit einbeziehen - oder argumentieren, dass der "Transport der Zeitinformation von einer Uhr U1, U2 zum Beobachter B" entlang einer lichtartigen Kurve keinen weiteren Beitrag zur (beobachteten) Eigenzeit (der Uhr) liefert.
4) Die Eigenzeit des Beobachters B muss ebenfalls eliminiert werden, um U1 und U2 zu vergleichen.

Anyway, man kann die Rechnung exakt durchführen.

Offensichtlich sind wir uns jetzt aber zumindest einig, dass selbstverständlich ein Vergleich verschiedener Uhren durchgeführt werden muss (darauf bezog sich mein Einwand oben).
Gruß
Tom

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