Danke euch dreien.
Zuletzt wollte ich zum eigentlichen Problem der Schwarzen Löcher zurückkehren. Wer sich eng an Hawkings Originalarbeit orientieren möchte, dem sei
Hawking-Strahlung - Erläuterungen zu Hawkings Originalarbeit empfohlen.
Zur o.g. Problematik,
dass vor dem Kollaps ein quantenmechanisch reiner Zustand existiert, während und nach dem Zerstrahlen jedoch ein gemischter Zustand, ist mit den fundamentalen Regeln der Quantenmechanik zur unitären Zeitentwicklung nicht verträglich muss man verstehen, was mit einem reinen und einem gemischten Zustand gemeint ist.
Betrachten wir zunächst ein Ensemble von Photonen - eine Photonengas einer bestimmten inneren Energie U und Temperatur T - wobei die Photonen konzentrisch nach innen laufen und zu einem Schwarzen Loch kollabieren.
Dieses Photonengas hat eine Entropie
S ~ U / T
Bei festem U und wachsendem T - das entspricht schrumpfendem Volumen der Wolke - haben wir auch sinkendes S. Andererseits hat das finale Schwarze Loch eine Bekenstein-Hawking-Entropie
S’ ~ A ~ U²
unabhängig von der initialen Temperatur des Photonengases. D.h. wir können mit einer Wolke niedriger Entropie S starten und mit einem Schwarzen Loch höherer Entropie S’ enden - nach dem Zerstrahlen mit einem entsprechenden Photonengas mit Entropie S’’ ≥ S’.
Diese Entropiezunahme ist ein rein
thermodynamisches Phänomen eines irreversiblen Prozesses; sie hat
nichts mit dem o.g. Problem zu tun.
Nun betrachten wir stattdessen eine endliche Anzahl n Photonen jeweils mit Frequenz f und Energie hf in einem kohärenten Superpositionszustand |E> mit E = nhf. Da ein kohärenten = reiner Superpositionszustand vorliegt, hat dieser die Entropie S = 0. Bei einer großen Anzahl von Photonen u und unterschiedlichen Photonenfrequenzen und -energien kann immer noch ein derartiger Superpositionszustand |E> mit Entropie S = 0 vorliegen.
Falls wir diesen Zustand
nicht kennen, werden wir ihm jedoch eine Entropie S > 0
zuschreiben. Dies liegt an unserer
Unkenntnis des tatsächlichen Mikrozustandes |E> und ist
keine intrinsische Eigenschaft von |E>; demnach hat auch dies
nichts mit dem o.g. Problem zu tun.
Nun zur Hawkingstrahlung: wenn wir einen reinen Mikrozustand |E> mit Entropie S = 0 zu einem Schwarzen Loch der Energie U = E kollabieren lassen, dann kommt diesem bzw. seiner Strahlung die Entropie S’ bzw. S’’ mit
S’’ ≥ S’ ~ A ~ U² > S = 0
zu.
Dies können wir nun auf folgende Weisen verstehen:
1) die Entropien S’ bzw. S’’ stammen aus unserer
Unkenntnis der Mikrozustände; das funktioniert jedoch nicht, denn wir kennen nach dem no-hair-theorem prinzipiell keine Mikrozustände eines Schwarzen Lochs!
2) die Entropie Entropie S’ bzw. S’’ stammt aus einem
irreversiblen thermodynamischen Prozess; das funktioniert ebenfalls nicht, denn gemäß der Gesetze der Quantenmechanik sind alle Prozesse immer reversibel!
(letzteres steht im Widerspruch zur Thermodynamik und führt auf das Problem des Zeitpfeils: wie können aus fundamental reversiblen Prozessen der Quantenmechanik irreversible thermodynamische Prozesse folgen?)
Im vorliegenden Fall liegt die Lösung jedoch im Prozess der Hawkingstrahlung und dem Schwarzen Loch selbst begründet: Hawking berechnet explizit, dass - unabhängig vom initialen Zustand, d.h. unserem obigen |E> - immer ein thermischer finaler Zustand entsteht. D.h. Hawking findet einen Prozess, für den er explizit beweist, dass ein initialer reiner Zustand in einen finalen gemischten Zustand übergeht.
Nach den Regeln der Quantenmechanik wäre dies mittels des Streuoperators bzw. des sogenannten unitären Zeitentwicklungsoperators Û zu berechnen.
Für
beliebige initiale Zustände |i> und finale Zustände |f> in
beliebigen quantenmechanischen Systemen gilt für das jeweilige Û
immer
|f> = Û |i>
Daraus berechnen sich die Dichteoperatoren
ρ(i) = |i><i|
ρ(f) = |f><f|
sowie die Entropien
S(ρ) = -tr ρ ln(ρ) = 0
sowohl für |i> als auch für |f>.
D.h.
alle Prozesse der Quantenmechanik für bekannte Mikrozustände gehorchen der unitären Zeitentwicklung Û und erfüllen damit ausnahmslos
S(i) = S(f) = 0
Die Hawkingstrahlung überführt jedoch den initialen reinen Zustand |E>
mit
ρ(i) = |i><i| = |E><E|
S(i) = 0
in ein Schwarzes Loch, und dieses wiederum in einen thermischen Zustand
ρ(f) = ρ(black hole + Hawking radiation)
mit Entropie
S(f) ~ E² > S(i) = 0
Hawking zeigt somit, dass für den Prozess des Kollapses einer beliebigen Materieverteilung und der später resultierenden thermischen Strahlung
kein unitärer Zeitentwicklungsoperators Û existieren kann.
Damit ist für diesen Prozess keine Beschreibung bzw. kein Modell im Rahmen der Quantenmechanik möglich - unabhängig davon, wie dieses Modell im Detail aussehen könnte.
Die Quantenmechanik ist hier explizit ungültig! Das ist die eigentliche Problematik, an die keiner glauben will. Und deswegen wird untersucht, welche Lücken in Hawkings Argumentation bestehen, und wie die Quantenmechanik zu retten ist.