Weichenstellung im Gehirn

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Frank
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Weichenstellung im Gehirn

Beitrag von Frank » 27. Mär 2024, 10:20

Nervenzellen sind ein Paradebeispiel für verflochtene Familienbeziehungen. Die Zellen, aus denen das Gehirn besteht, gibt es in Hunderten von verschiedenen Typen, die sich alle aus einer begrenzten Anzahl allgemeiner Vorläuferzellen – ihren unreifen "Eltern" – entwickeln. Während der Entwicklung wird jeweils nur ein bestimmter Satz von Genen in einer einzelnen Vorläuferzelle aktiviert. Der genaue Zeitpunkt und die Kombination der aktivierten Gene entscheiden darüber, welchen Entwicklungsweg die Zelle einschlagen wird. In einigen Fällen entwickeln sich scheinbar identische Vorläuferzellen zu auffallend unterschiedlichen Neuronen.

Diese Komplexität ist nicht nur verblüffend, sondern methodisch auch nicht leicht zu entschlüsseln. Christian Mayer und sein Team haben sich dennoch an diese Aufgabe gewagt ( Diversitätsforschung im Gehirn). Gemeinsam mit Kolleg*innen aus München und Madrid haben sie nun ein weiteres Puzzlestück zum Verständnis der Entwicklung von Nervenzellen hinzugefügt.
Der komplexe Steuermechanismus der Gene
Fasziniert von dieser Entdeckung, widmeten sich die Forscher*innen dem Mechanismus, durch den MEIS2 die Gene aktiviert, die für die Projektionsneurone benötigten werden. „Patienten mit MEIS2-Mutationen zeigen sehr unterschiedliche Auswirkungen, wie zum Beispiel Unregelmäßigkeiten bei den Zehen, gestörte Lungen- und Gehirnentwicklung oder auch geistige Behinderungen. Auf den ersten Blick haben diese Symptome nichts miteinander zu tun“, so Christian Mayer. „Dies zeigt, wie wichtig es ist, zu verstehen, dass Gene oft sehr unterschiedliche Aufgaben in verschiedenen Teilen des Körpers haben.“

Das Genom eines Organismus verfügt über Millionen von nicht-kodierenden, regulatorischen Elementen. Diese Elemente kodieren nicht selbst für Proteine, sondern wirken wie Schalter, die steuern, wann und wo Gene ein- und ausgeschaltet werden. „Sogenannte Enhancer fungieren als Dolmetscher für Proteinsignale in der Zelle. Wenn MEIS2 und DLX5 zusammenkommen, werden bestimmte Enhancer aktiviert. Diese spezielle Gruppe von Enhancern aktiviert wiederum Gene für Projektionsneuronen im Gehirn. In anderen Teilen des Körpers interagiert MEIS2 mit anderen Proteinen, was zur Aktivierung anderer Gruppen von Enhancern führt”, erklärt Christian Mayer.
https://www.mpg.de/21731192/weichenstellung-im-gehirn

Das ist absolut :sp:

Eine Frage stellt sich mir aber.
Kann das Gehirn Zellen nach belieben bilden? Patienten mit MEIS2 Mutationen zeigen ja an den unterschiedlichsten Körperteilen Auswirkungen. (Zehen, Lunge, Gehirn).
Kann man sich diesen Mechanismus zu nutze machen, um z.B. geschädigte Körperpartien sich regenerieren oder gar neu bilden zu lassen?
Oder ist das nur auf den sich entwickelten Neugeboren im Mutterleib zu beziehen?

Das würde ja Möglichkeiten eröffnen, die noch gar nicht absehbar währen... :shock:
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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