seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
@ralfkannenberg:
Damit es klar wird, worum es geht:
Extrapolationen können mathematisch richtig ausgeführt sein (auch unter korrekter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen!), aber als Modellierung der Realität dennoch völlig daneben gehen.
Hallo seeker,
das bestreitet ja auch niemand, es ist einfach so, dass das in der Natur einer Extrapolation liegt.
Denn sonst bräuchte man nicht zu extrapolieren
Eine Funtion vom Typ:
f(n) = 1 für n < N mit n, N in IN
f(n) = 0 für n >= N
ist nunmal ohne Zusatzkenntnisse "schwierig" zu extrapolieren, wenn man nur die ersten n < N Funktionswerte kennt.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Der Irrtum besteht darin am Tag 364 auf den Tag 365 zu extrapolieren, in der Annahme, es bliebe alles so wie bisher und es gäbe wieder Futter.
(Wobei die Sicherheit der Richtigkeit der Extrapolation von Anfang an von Tag zu Tag größer wurde, mathematisch exakt fassbar: am Tag 364 war die Vorhersage von Tag 365 die mathematisch sicherste Vorhersage in der gesamten Modellierung!)
Korrekt, dennoch sehe ich den Irrtum ganz woanders: wie definierst Du "mathematisch sicherste Vorhersage" ? Bei der von Dir genannten Vorgehensweise läuft das auf eine oo/oo-Situation hinaus, und nicht darauf, dass man sich darauf verlassen kann, dass eine im Intervall [0, N] konstante Funktion auch für n >= N konstant bleibt. Das einzige, was man tun kann, ist, dass man eine im oben offenen Intervall [0,x) definierte stetige Funktion nach x
stetig fortsetzen kann. Aber schon für x+ɛ (ɛ>0) klappt das nicht mehr.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Extrapolationen gehen dann daneben, wenn man annimmt, dass die Randbedinungen immer dieselben bleiben würden, das aber nicht der Fall ist oder wenn wesentliche Informationen fehlen, es also Ungewissheit gibt.
Die Ungewissheit ist bei Extrapolationen der
Normallfall.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Das be
deutet selbstverständlich nicht, dass Extrapolationen immer daneben gehen und es nicht viele gute und sinnvolle gäbe (wer würde so etwas auch glauben?).
Bemerkung: kleiner Schreibfehler von mir korrigiert
Es ist alles richtig, was Du schreibst, ich denke nur, dass der "Defaultwert" ein anderer ist: normalerweise liefert eine Extrapolation einen schlechten Wert, nur in Ausnahmefällen liefert sie einen guten Wert. Es gibt Möglichkeiten, das zu optimieren, dennoch ist man beispielsweise gegen "Phasenübergänge" dabei nicht gefeit, die dann im Allgemeinen zu völlig falsch-extrapolierten Werten führen.
Funktionen, die sich aufschwingen, lassen sich auch sehr schlecht extrapolieren, es sei denn, man weiss, auf welche Art und Weise sie sich aufschwingen, d.h. man hat Zusatzkenntnisse.
Funktionen, die indes "so halbwegs linear" weitergehen, lassen sich zumindest in das Intervall [N, 2N] ohne allzugrossen Fehler extrapolieren, was natürlich oftmals schon sehr hilfreich ist. Aber schon bei Polynomen höheren Grades (d.h. n >=2) muss man aufpassen, weil die (mindestens) ein Extremum im zu extrapolierenden Bereich haben können und dann dort "die Richtung" ändern.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Und deshalb IST das Zitat auch witzig. (Wenn man es versteht und auch wenn wie immer nicht jeder lacht.
)
Ja, es ist deswegen witzig, weil man die Extrapolation falsch anwendet und dabei eine Situationskomik auftritt, statt einfach nur o.g. Funktion f(n)=1 für n<N und f(n)=0 für n>=N zu betrachten. Vorteil der witzigen Situation ist natürlich, dass der Sachverhalt anschaulich wird.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Bei Extrapolationen in Singularitäten hinein haben wir eben dasselbe Problem, wenn man annimmt, es bliebe bis in die mathematische Singularität hinein auch in der abzubildenden Realität "alles beim alten": Dann führt die Extrapolation zu falschen Ergebnissen.
Auch das ist letztlich so eine "f(n)=1 für n<N und f(n)=0 für n>=N"-Situation.
seeker hat geschrieben: ↑14. Mär 2021, 18:37
Ich denke allgemein kann man sagen:
Man kann bei Modellierungen niemals beliebig weit extrapolieren und dann noch erwarten ein richtiges Ergebnis zu erhalten! Es gibt immer irgendwo eine Grenze, ab der es nicht mehr funktioniert.
Ich wiederhole mich: es ist alles richtig, was Du schreibst, aber es muss einem bewusst sein, dass eine Extrapolation nur in wohldefinierten Ausnahmesituationen ein innerhalb einer
vorher festgelegten Toleranz richtiges Ergebnis liefern kann.
Freundliche Grüsse, Ralf