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Künstliche Intelligenz

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 13. Apr 2024, 15:37

Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Dennetts These, dass das Bewusstsein eine Illusion ist, kann ich hingegen nicht nachvollziehen.
Es stellen sich mir dabei auch zwei Fragen:

1) Was soll im obigen Zusammenhang mit "Illusion" gemeint sein?

Gewöhnlich meint "Illusion" ja das hier:
Im engeren Wortsinn ist eine Illusion eine falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit. In einem weiteren Wortsinn werden auch falsche Interpretationen und Urteile als Illusion bezeichnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Illusion
Auch eine falsche Wahrnehmung ist immer noch eine Wahrnehmung und nicht etwa nichts. Es kann also hier mit "Illusion" nicht gemeint sein, dass es keine Wahrnehmungen mit Inhalten gibt, sondern nur, dass die Inhalte von Wahrnehmungen im obigen Sinne falsch/ unzutreffend sind.
Festzustellen ist: "Illusion" meint in keinem Falle dasselbe wie "nicht-existent".

2) Gegeben den Fall, dass es tatsächlich ein Illusion wäre, dann fragt sich: WESSEN Illusion??

Eine Illusion meines Gehirns?
Damit löst man das Problem nicht, man verschiebt es nur: Dann hätte eben nicht "Ich" ein Bewusstsein, sondern "mein Gehirn" hätte eines, auf ebenso unerklärte Weise. Es stellt sich dann immer noch dieselbe harte-Nuss-Frage: "Wie zum Teufel..."

Wobei ich bei Dennett sogar noch mitgehe, dass das, was wir gewöhnlich "Ich" nennen, wahrscheinlich eine Konstruktion bzw. Illusion ist, zumindest sein könnte.
Das ist aber nicht das eigentliche Problem! Das darf man nicht verwechseln und eben das scheint mir Dennet zu verwechseln: "Ich" und "die Existenz von Empfindungen" sind nicht dasselbe!

Das eigentliche Kernproblem ist, wie und warum es überhaupt Wahrnehmungen/ Empfindungen gibt, gleich, ob dabei auch eine Ich-Empfindung auftaucht oder nicht.

Deshalb finde ich Dennett unbefriedigend, sogar teilweise irreführend und verbohrt.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Auf welche Art und Weise kann Bewusstsein deiner Meinung nach auf künstlichem Wege entstehen?
Ich weiß zunächst einmal nicht, ob es in einer Einheit "erzeugt" oder "entsteht" oder "empfangen" (so wie ein Radio das macht) oder "eingefangen" oder "konzentriert" oder sonstwas wird. Ich weiß nur, dass es bei uns irgendwie mit Prozessen auf unserer Materie korreliert, scheints darauf oder damit "lebt".
Und im Übrigen: Was macht eigentlich eine Einheit zu einer Einheit?

Ich würde aber erwarten, dass es nicht auf die bekannten biologischen Strukturen beschränkt sein wird, sondern mit beliebigen Struktureinheiten korrelieren kann, die in ihrer logischen Struktur und damit auch Reizverarbeitung und Prozesshaftigkeit dasselbe oder etwas ähnliches darstellen oder tun, wie unser Gehirn-Körper-Umwelt-Verbundnetzwerk.
Mir fällt jedenfalls kein Grund ein, warum Bewusstsein ausschießlich nur in biologisch gewachsenen Kohlenwasserstoffeinheiten auftreten können sollte, weil ich nicht daran glaube, dass an diesen chemischen Elementen dahingehend irgendetwas "Magisches" und in diesem Sinne Besonderes ist.

Wenn das stimmt, dann können prinzipiell mindestens auch folgende Einheiten ein Bewusstsein haben:

- ein Mensch aus Antimaterie, der in einer Antimaterieumwelt lebt
- ein Alien in einem anderen Universum, in dem es grundsätzlich andersartige Materie gibt
- eine KI auf Basis von Halbleitertechnik
- eine KI auf Basis von Zahnrädern!
- eine KI auf Basis eines Schwarms (wie ein Ameisenhaufen)
- eine virtuelle KI, die in einer virtuellen, künstlich erzeugten Welt lebt
- eine KI auf Basis irgendeines anderen Netzwerks (im Prinzip könnten das auch genügend und richtig vernetzte PCs oder Smartphones sein)

Wichtig scheint mir immer nur die richtige und genügend stark ausgeprägte Art der Vernetzung, die richtige Art der Reiz-Reaktion bzw. "Informationsverarbeitung" (mit dem Begriff "Information" habe ich dabei so meine Probleme, weil er in dem Zusammenhang hier nicht klar definiert ist, daher hier in Anführungszeichen).

Um deine Frage konkreter zu beantworten:
Man müsste halt genau schauen, was im Gehirn in Interaktion mit Körper und Umwelt passiert und diese Netzwerkstruktur versuchen nachzubauen. Keine leichte Aufgabe.
Das wird dann auch nicht die einzige Möglichkeit sein, wie es gehen kann, aber die eine, wo wir durch uns selber immerhin schon wissen, dass es geht. Ein Schlüssel werden wohl auch dezentrale Strukturen sein, die ein Stück weit holographisch, "informationsintegrierend" arbeiten.
Was dabei nicht funktionieren wird, ist "anschalten und dann ist Bewusstsein da". Bewusstsein muss wie schon erwähnt gelernt werden, es muss wachsen. Davon bin ich jedenfalls überzeugt. Bauen kann man im Prinzip also zunächst nur Einheiten, die die Fähigkeit haben, ein Bewusstsein zu entwickeln.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Chalmers äußert ja den Gedanken, dass es aus moralischer Sicht notwendig wäre, dass die KI-Systeme der Zukunft ein Bewusstsein besitzen, insofern sich die Dinge dahingehend entwickeln sollten, dass die Menschen künftig körperlich mit Informationstechnologie verschmelzen.
Interessant, dass du das ansprichst... Ich habe das Video noch einmal angeschaut und bin gerade an diesem Punkt auch mit Chalmers uneinig.
Denn so, wie ich es verstanden habe, meint Chalmers, dass nur mit Bewusstheit Moralität einhergehen könne.
Das sehe ich nicht ein. Hier kann ich nämlich Chalmers Zombie-Argument gegen ihn selber anwenden und fragen: Warum sollte eine KI nicht auch nur so tun können, als ob? Warum solle sie nicht auch als Zombie ohne Bewusstsein moralisch handeln können? Wo genau wäre der Unterschied?
Ok, er glaubt ja nicht, dass es (philosophische) Zombies in unserer Welt geben kann. Insofern hätte er den Widerspruch dann vermieden, müsste dann aber immer noch erklären, warum das in unserer Welt so ein sollte?
Bewiesen oder schlüssig gezeigt ist das bisher jedenfalls nicht, also kann er auch nicht wirklich damit argumentieren.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Meinst du das sogenannte „hard problem of consciousness“? Dieser von Chalmers geprägte Begriff bezieht sich ja auf die Frage, warum die Verarbeitung von Sinneseindrücken mit der subjektiven Empfindung des Wahrgenommenen einhergeht.
Ja.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Dass alle Dinge Bewusstsein enthalten und dass der Grad des Bewusstseins in Abhängigkeit von der Komplexität der materiellen bzw. organischen Strukturen zunimmt, wäre eine elegante Erklärung, finde ich.
Etwas in der Art ist möglich. Und ich neige dem zu. Es kann aber nicht an der (statisch gedachten) Komplexität der Strukturen hängen, sondern an dem, was da prozesshaft darauf läuft. Denn sonst wäre es unerklärlich, warum wir auch Bewusstslosigkeit kennen, obwohl in diesem Zustand unser Gehirn ja organisch-materiell dasselbe ist. Und die Art der Komplexität, der Vernetzung wird wohl auch alles andere als egal sein.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Wie eine panspychistische Theorie aussehen kann, die sich experimentell überprüfen lässt, wäre natürlich die Frage...
Ich bin da leider nicht sehr optimistisch. Ein Stück weit werden wir vielleicht vorankommen, aber wir werden das Rätsel wohl nie ganz auflösen können, auf keinem Weg.
Beim Panpsychismus haben wir das Kombinationsproblem und außerdem das grundsätzliche Problem, dass Bewusstsein prinzipiell nicht direkt messbar ist - schon gar nicht bei Elementarteilchen.
Und beim Materialismus haben wir das Problem, dass wir nicht wissen, was Materie eigentlich ist.

Ich habe hierbei auch Gedanken von Markus Gabriel im Hinterkopf, mit seinen Sinnfeldern...
Man könnte es wohl genausogut auch Perspektiven oder Rahmen nennen, jedenfalls geht es darum, dass es keinen Weg geben kann, mit dem die Welt vollständig erfassbar oder beschreibbar wäre. (Gabriel findet dabei noch, dass es "die Welt" eh gar nicht gibt.)

Die Sache ist die:

- die Beschreibung einer Sache oder eines Dings ist nicht dasselbe, wie die Sache oder das Ding selber!

Ein Bild von einem Menschen (egal wie detailliert es ist) ist z.B. nicht dasselbe, wie derjenige Mensch selber. Die mathematische Beschreibung eines Elektrons ist nicht dasselbe wie ein wirkliches Elektron.
D.h. auch: Die "messbare Seite der Welt" ist nicht dasselbe wie "die Welt"!

- Bei einer jeden Theorie gibt es einen Theorierahmen (und eine Theoriesprache mit speziellen Theoriebegriffen, die nur innerhalb des Theorierahmens, erst durch diesen eine klare Bedeutung haben), der nicht durch die Theorie selber verlassen werden kann! Denn jenseits dieses Rahmens haben diese Begriffe eine andere oder gar keine Bedeutung mehr.

- Jeder Theorierahmen, der IN der Welt von uns geschaffen wird, um etwas in der Welt zu erfassen, muss notwendig immer kleiner und beschränkter sein, als die Welt: Der Rahmen ist notwendig in der Welt, die Welt kann nicht in dem Rahmen sein!

D.h., z.B.: Selbst wenn ich physikalisch gesehen lückenlos alles gesagt und beschrieben hätte, was es so überhaupt zu sagen und zu beschreiben gibt, so wäre damit eben immer noch lange nicht alles gesagt und beschrieben, was es (unter allen anderen möglichen "Theoriebrillen") ingesamt zu sagen und zu beschreiben gäbe, nämlich alles außerhalb des Theorie- und Begriffsrahmens "Physik".

Ergo: Es kann prinzipiell keine Theorie geben, die die Welt lückenlos und vollständig beschreibt!

Lückenlosigkeit und Vollständigkeit kann bestenfalls immer nur innerhalb eines Theorie-Rahmens erreicht werden, welcher immer nur einen Teil der Welt unter einer bestimmten Perspektive abbilden kann.
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Das, was er beschreibt, ist sehr abstrakt und sehr hypothetisch. Mit Alltagssprache lassen sich die postulierten Gegebenheiten schwer wiedergeben.
Ja, leider... Dennoch spannend! Und ich habe auch schon ein paar Artikel dazu gelesen, aber so ganz verstanden habe ich es leider noch nicht. Ich glaube, dazu müsste man wohl die dahinterliegende Mathematik lernen.
Klar scheint mir aber auch hier, dass das Gesamtsystem (Gehirn, usw.) sozusagen einen Bedeutungs-Rahmen bildet, wenn es genügend und richtig vernetzt ist. Und nur innerhalb dieses Rahmens haben dann die Vorgänge darin eine Bedeutung - bezüglich des Rahmens und für den Rahmen. Und dieses ergibt bzw. ist dann Bewusstheit... oder so ähnlich... :)
Spannend ist der Ansatz auch, weil damit Bewusstheit messbar werden können soll. Ganz zufrieden bin ich damit aber auch nicht, weil es eben (s.o.) dann auch wieder nur ein Rahmen, ein Sinnfeld unter sehr vielen möglichen sein wird.
Man wird also leider eh nie fertig werden, bei dieser Frage...
Und irgendwie bekomme ich leider auch bei dem integrierte-Information-Ansatz immer noch nicht das Bild vom Münchhausen aus dem Kopf, der sich selber, am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht...
Weserdampfer hat geschrieben:
12. Apr 2024, 22:29
Nachdem ich den YouTube-Kanal "Closer To Truth" entdeckt hatte, der sich mit metaphysischen Fragen und mit ungeklärten wissenschaftlichen Fragen beschäftigt (und von dem auch das oben verlinkte Interview mit Tononi stammt), habe ich mir viele Videos des Kanals angeschaut.
Danke für den Hinweis, ich schaue einmal... :)
Grüße
seeker


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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 14. Apr 2024, 21:04

seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Auch eine falsche Wahrnehmung ist immer noch eine Wahrnehmung und nicht etwa nichts.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Gegeben den Fall, dass es tatsächlich ein Illusion wäre, dann fragt sich: WESSEN Illusion??

Eine Illusion meines Gehirns?
Damit löst man das Problem nicht, man verschiebt es nur: Dann hätte eben nicht "Ich" ein Bewusstsein, sondern "mein Gehirn" hätte eines, auf ebenso unerklärte Weise. Es stellt sich dann immer noch dieselbe harte-Nuss-Frage: "Wie zum Teufel..."
Ja, die Existenz einer falschen Wahrnehmung x setzt immer die Existenz eines Bewusstseins voraus, das die falsche Wahrnehmung x macht.
Die Existenz einer Illusion lässt sich nicht von der Existenz eines Bewusstseins trennen, was Daniel Dennetts These, das Bewusstsein sei eine Illusion, widersprüchlich macht. Das ist ein Punkt, den David Chalmers in verschiedenen Interviews und Vorträgen anspricht.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
"Ich" und "die Existenz von Empfindungen" sind nicht dasselbe!
In dem Sinne, dass der Vorgang des Denkens bzw. der Vorgang der Selbstreflexion und die Wahrnehmung von Sinnesreizen zwei verschiedene Dinge sind?
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Wenn das stimmt, dann können prinzipiell mindestens auch folgende Einheiten ein Bewusstsein haben:

- ein Mensch aus Antimaterie, der in einer Antimaterieumwelt lebt
- ein Alien in einem anderen Universum, in dem es grundsätzlich andersartige Materie gibt
- eine KI auf Basis von Halbleitertechnik
- eine KI auf Basis von Zahnrädern!
- eine KI auf Basis eines Schwarms (wie ein Ameisenhaufen)
- eine virtuelle KI, die in einer virtuellen, künstlich erzeugten Welt lebt
- eine KI auf Basis irgendeines anderen Netzwerks (im Prinzip könnten das auch genügend und richtig vernetzte PCs oder Smartphones sein)
Danke für diese Übersicht, das regt zum Denken an :)
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Man müsste halt genau schauen, was im Gehirn in Interaktion mit Körper und Umwelt passiert und diese Netzwerkstruktur versuchen nachzubauen.
Ja, im Sinne des Panpsychismus kann man ja davon ausgehen, dass ein auf derartige Weise geschaffenes künstliches Netzwerk ein Bewusstsein besitzen dürfte, das dem menschlichen Bewusstsein gleicht.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Ein Schlüssel werden wohl auch dezentrale Strukturen sein, die ein Stück weit holographisch, "informationsintegrierend" arbeiten.
Es würde dann ja z. B. auch um die Frage gehen, auf welche Art und Weise Erinnerungen gespeichert werden.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Ich habe das Video noch einmal angeschaut und bin gerade an diesem Punkt auch mit Chalmers uneinig.
Denn so, wie ich es verstanden habe, meint Chalmers, dass nur mit Bewusstheit Moralität einhergehen könne.
In der betreffenden Passage des Interviews (17:46-19:29) geht es ja um die Frage, in welchen Dingen moralisches Handeln begründet liegt und wie Daniel Dennett die Existenz von Moralvorstellungen erklären würde. Chalmers bezieht sich mit seinen entsprechenden Aussagen also nur auf die Moralvorstellungen des Menschen.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Ok, er glaubt ja nicht, dass es (philosophische) Zombies in unserer Welt geben kann. Insofern hätte er den Widerspruch dann vermieden, müsste dann aber immer noch erklären, warum das in unserer Welt so ein sollte?
Bewiesen oder schlüssig gezeigt ist das bisher jedenfalls nicht, also kann er auch nicht wirklich damit argumentieren.
Ich vermute mal, dass es selbst aus philosophischer Sicht etwas zu gewagt wäre, die Behauptung aufzustellen, das es philosophische Zombies in unserer Welt geben könnte. Wie sollte man eine solche Behauptung begründen? Das ginge nur mit Spekulationen, die im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaft ständen. Eine solche Art der Betrachtung würde sehr heftige Kritik auf sich ziehen. Zudem hätte die Boulevardpresse Stoff für effekthascherische Schlagzeilen nach dem Motto: "Uni-Professor glaubt, dass Zombies existieren könnten!"
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Es kann aber nicht an der (statisch gedachten) Komplexität der Strukturen hängen, sondern an dem, was da prozesshaft darauf läuft. Denn sonst wäre es unerklärlich, warum wir auch Bewusstslosigkeit kennen, obwohl in diesem Zustand unser Gehirn ja organisch-materiell dasselbe ist. Und die Art der Komplexität, der Vernetzung wird wohl auch alles andere als egal sein.
Ja, ich habe mich etwas unpräzise ausgedrückt. Ich meinte das, was du beschreibst: Eine mit der Komplexität der jeweiligen materiellen Struktur zunehmende Komplexität der Vernetzung der Grundbausteine des Bewusstseins, die miteinander wechselwirken und Informationen miteinander austauschen.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Beim Panpsychismus haben wir das Kombinationsproblem
Vielleicht sollten wir kurz erläutern, was das Kombinationsproblem ist. Das Kombinationsproblem besteht in der Frage, wie die kleinsten, im Sinne der Theorie des Panpsychismus existierenden, bewusstseinstragenden Einheiten der Materie, also die Grundbausteine des Bewusstseins, in Verbindung miteinander das menschliche Bewusstsein erzeugen.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
- Bei einer jeden Theorie gibt es einen Theorierahmen (und eine Theoriesprache mit speziellen Theoriebegriffen, die nur innerhalb des Theorierahmens, erst durch diesen eine klare Bedeutung haben), der nicht durch die Theorie selber verlassen werden kann! Denn jenseits dieses Rahmens haben diese Begriffe eine andere oder gar keine Bedeutung mehr.
Mit Hinblick auf den Panspychismus könnte man also folgendes sagen: Eine panpsychistische Theorie, die sich experimentell überprüfen lässt, müsste einen Theorierahmen besitzen, der die Identifizierung der Grundbausteine des Bewusstseins und die experimentelle Untersuchung des Zusammenwirkens der Grundbausteine des Bewusstseins ermöglicht. Eine Theorie, die diese Anforderung erfüllt, existiert nicht und ist gegenwärtig nicht vorstellbar, da das "hard problem of consciousness" bzw. das "schwierige Problem des Bewusstseins" gegenwärtig unlösbar erscheint.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Ich habe hierbei auch Gedanken von Markus Gabriel im Hinterkopf, mit seinen Sinnfeldern...
Man könnte es wohl genausogut auch Perspektiven oder Rahmen nennen, jedenfalls geht es darum, dass es keinen Weg geben kann, mit dem die Welt vollständig erfassbar oder beschreibbar wäre.
Ich kannte Markus Gabriel bisher nicht und habe mich u. a. mithilfe des folgenden Artikels ein bisschen über sein Konzept der Sinnfelder informiert. In dem Artikel geht es auch um die Themen Bewusstsein und KI:

https://www.deutschlandfunk.de/markus-g ... n-100.html

Wenn ich es mit eigenen Worten formulieren sollte, dann würde ich sagen, dass Gabriel mit Hinblick auf das Thema Bewusstsein in dem Artikel die folgende Aussage trifft: Die Betrachtung des Sinnfeldes, das die Frage nach der Natur des Bewusstseins zum Inhalt hat, führt einen zu der Erkenntnis, dass sich die Natur des Bewusstseins nicht mit den Inhalten des Sinnfeldes der Naturwissenschaften erklären lässt.
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Und ich habe auch schon ein paar Artikel dazu gelesen, aber so ganz verstanden habe ich es leider noch nicht. Ich glaube, dazu müsste man wohl die dahinterliegende Mathematik lernen.
Mir erscheint die Integrierte Informationstheorie aufgrund dessen, dass es sich bei ihr um eine mathematische Theorie handelt, so kompliziert, dass ich mir keine Hoffnungen darauf mache, sie vollständig zu verstehen. Soweit ich es verstanden habe, hat Tononi all jene grundlegenden Eigenschaften, die man Bewusstseinserfahrungen unstrittigerweise zuschreiben muss, in mathematische Aussagen übersetzt und hat mithilfe dieser mathematischen Aussagen dann ein mathematisches Modell bezüglich der Frage entwickelt, wie ein physikalisches System, das Bewusstsein erzeugt, aufgebaut sein muss. Hier ein Artikel, der einen Überblick über die Integrierte Informationstheorie bietet:

https://www.psychologytoday.com/us/blog ... usness-iit
seeker hat geschrieben:
13. Apr 2024, 15:37
Spannend ist der Ansatz auch, weil damit Bewusstheit messbar werden können soll.
Wobei sich die Frage stellt, ob die Entwicklung eines Messgeräts, wie Giulio Tononi es in dem Interview, das ich in meinem letzten Beitrag verlinkt habe, beschreibt, möglich sein wird. Sabine Hossenfelder berichtet in einem ihrer Videos, dass man für die Messung der Zahl Phi, die die integrierte Information wiedergibt, mit sehr stark vereinfachten mathematischen Modellen arbeitet, da die Messung der zu berechnenden Gesamtinformation zu lange dauern würde:

https://www.youtube.com/watch?v=efVBUDnD_no

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Frank » 15. Apr 2024, 11:18

Gegen den Zwei-Aspekte-Monismus als Lösung des harten Problems des Bewusstseins sprechen einige Einwände. Am häufigsten wird behauptet, dass er auf Panpsychismus hinauslaufe: die Ansicht, dass alle Dinge mit einer Form von Bewusstsein assoziiert sind. Für die Kritiker ist es einfach zu wenig plausibel, dass fundamentale Partikel bewusst sein sollen. Und in der Tat muss man sich an eine solche Theorie erst gewöhnen. Man überdenke freilich, was als Alternative bleibt. Ausgehend von der Wissenschaft, ist ein Dualismus nicht plausibel. Physikalismus hat die Zielrichtung, dass der wissenschaftlich zugängliche Aspekt der Wirklichkeit die einzige Wirklichkeit ist. Daraus folgt geradewegs, dass der subjektive Aspekt des Bewusstseins eine Illusion ist. Dem mag so sein – aber sollten wir nicht eher davon ausgehen, dass wir im vollen subjektiven Sinne bewusst sind, als dass Teilchen es nicht sind?


Die Alternative wäre noch rätselhafter
Ein zweiter Vorwurf ist das sogenannte Kombinationsproblem. Wie und warum entsteht die komplexe Einheit des Bewusstseins in unseren Gehirnen aus der Zusammenstellung von Teilchen mit einfachem Bewusstsein? Diese Frage kommt dem ursprünglich harten Problem verdächtig nahe. Ich und andere Verteidiger des Panpsychismus haben argumentiert, dass das Kombinationsproblem dennoch weniger hart ist als das ursprüngliche harte Problem. Es ist auf eine gewisse Weise einfacher, zu einer bewussten Materie (einem bewussten Gehirn) von einer anderen bewussten Materie (wie einer Menge bewusster Partikel) aus zu gelangen, als bewusste Materie von nicht-bewusster herzuleiten. Viele überzeugt das zwar noch nicht. Doch das mag nur eine Frage der Zeit sein. Am ursprünglichen harten Problem haben die Philosophen in der einen oder anderen Form über Jahrhunderte hinweg gegrübelt. Das Kombinationsproblem hat viel weniger Aufmerksamkeit bekommen. Das gibt mehr berechtigte Hoffnung auf eine bislang unentdeckte Lösung.

Die Möglichkeit, dass Bewusstsein der wirklich konkrete Stoff der Realität ist, also die fundamentale Hardware, die die Software unserer physikalischen Theorien implementiert, ist und bleibt eine radikale Idee. Sie stellt unser gewohntes Bild auf den Kopf, so dass man sie vielleicht schwer fassen kann. Doch es mag sein, dass man so die härtesten Probleme der Naturwissenschaft und der Philosophie auf einen Schlag löst.
Aus dem Englischen von Matthias Rugel

Die norwegische Philosophin Hedda Hassel Mørch arbeitet an der Universität Oslo und zurzeit am Center for Mind, Brain and Consciousness der New York University und ist regelmäßige Gastforscherin am Center for Sleep and Consciousness der University of Wisconsin-Madison. Der Text ist erstmals im April 2017 in der Zeitschrift „Nautilus“ erschienen.
https://www.faz.net/aktuell/wissen/geis ... 97757.html

Interessanter Artikel aus der FAZ. Allerdings gespickt mit allerlei seltsames über Wissenschaft an sich.
Allein schon die Annahme, die im übrigen weit verbreitet ist, man könne das Bewusstsein und die physische Materie in Hardware und Software einteilen ist schon "spannend". Im muss schon im normalen Leben immer schmunzeln, wenn ein Mensch von sich gibt, " Moment, mein Gehirn "downloaded" gerade". Ich erwähne das deswegen, weil das im ganzen Artikel hier ständig vorkommt.

Gerade wenn ich, wie die Autorin ja gerne drauf hin weißt, dass man einzelne Partikel, Elektronen, Quanten nicht allein mathematisch beschreiben kann (wer oder was sagt den einem Partikel, warum es gerade das tun soll, was es tut?), passt es nicht, dass ich im Gegenzug eine Maschine für einen Vergleich heranziehe, die gerade das Paradebeispiel von Mathematik ist und auf Nullen und Eisen basiert.
Wir können Gravitation auch nur messen, beschreiben und uns ist die Wirkung bekannt. Keiner weiß aber bis dato, was Gravitation im Grunde wirklich ist. Wir wissen auch nicht was schwarze Materie(Platzhalterwort), wissen aber sehr wohl das hier noch etwas fundamentales noch nicht verstanden ist. Es gäbe noch mehr Beispiele.
Vielleich haben wir nur einen gewissen Anteil von dunkler Materie im Kopf...(nicht ganz ernst gemeint) ;j

Es ist auf eine gewisse Weise einfacher, zu einer bewussten Materie (einem bewussten Gehirn) von einer anderen bewussten Materie (wie einer Menge bewusster Partikel) aus zu gelangen, als bewusste Materie von nicht-bewusster herzuleiten.
Seit wann machen wir denn in der Wissenschaft etwas, weil es einfacher ist? Wer sagt den der bewussten Materie, dass sie bewusst sein soll und der nicht bewussten, dass sie unbewusst bleiben soll(muss?)

Sorry, wenn ich hier etwas oberflächlich reagiere, aber weiter im Text.

Ich habe ja meine Meinung zum "Bewusstsein" schon in diesem Thread zum Ausdruck gebracht und würde dazu auch nichts mehr schreiben, wenn ich nicht dunkle Wolken am Horizont der Wissenschaften aufziehen sehen würde.
Der Autorin bietet mit Ihrer Arbeit nämlich religiösen Fundamentalisten und sonstigen Schwurblern eine perfekte Einflugschneise. Ist es nicht die oberste "Eingebung" der Kreationisten, dass alles auf der Welt so passiert, weil der liebe Gott das so eingerichtet hat?
Da passen doch Partikel, von denen niemand weiß, wer denen gesagt hat, dass sie das machen wollen, was sie eben so machen, wunderbar ins Konzept. Die Erkenntnis sollte doch aber eher sein, dass sich diese Frage überhaupt nicht stellt. Wenn damit anfange, Photonen, Elektronen, oder Quanten eine höhere Instanz zuzuteilen, woher sie ihre "Anweisung" erhalten, dann ist der Weg zur Quantenheilung oder Quantentherapie nicht mehr weit.
Philosophie ist gerade groß in Mode, was gewisse Vertreter dieser Zunft animiert, in der großen Mottenkiste , der Geschichte, ganz tief zu graben.
Nach der Aufklärung sollte man aber verstanden haben, dass es Dinge gibt, die keiner höheren Instanz bedürfen.
Ich will es mal an einem Beispiel erklären.
Wenn ich mich mit einem religiösen Menschen unterhalte, kommt nicht selten der Satz. " Du hast Gott entfernt und an seiner Stelle, auf dem Thron, hast du die Wissenschaft gesetzt." Das wäre also dasselbe.
Ich muss immer öfter erklären, dass es für mich Gott nicht gibt, ja nicht einmal einen Thron, auf den man ihn setzen könnte, also gibt es hier keinen Aus/Platztausch. Man sollte also aufpassen, dass man bei der ganzen Erklärungssuche zum Thema Bewusstsein, nicht sehr schnell in Täler abdriftet, wo man gar nicht hin will.
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 16. Apr 2024, 10:08

Ich muss mich aus Zeitmangel etwas kurz halten und kann momentan nur auf wenige Punkte eingehen. Ich schreibe ggf. dann später noch mehr.
Weserdampfer hat geschrieben:
14. Apr 2024, 21:04
"Ich" und "die Existenz von Empfindungen" sind nicht dasselbe!
In dem Sinne, dass der Vorgang des Denkens bzw. der Vorgang der Selbstreflexion und die Wahrnehmung von Sinnesreizen zwei verschiedene Dinge sind?
Nein, gerade nicht!
Wir müssen den Bewusstseinsraum selber von seinem Inhalt unterscheiden...

Ich sehe es so:
Das schiere Vorhandensein von Empfindungen/ Wahrnehmungen ist das Grundlegende, der eigentliche Kern, das Eigentliche. Es ist der Kern dessen, was man "Bewusstsein" nennt, es IST Bewusstsein. (Und das ist auch das, auf das Chalmers mit seinem philosophischen Zombie abzielt: Es ist der harte Kern.)

Nun ist es so, dass bewusste Empfindungen/Bewusstsein stets einen Inhalt haben, also eine innere Struktur.
Dieser Inhalt kann z.B. eine Tastempfindung sein oder eine Schmerzempfindung oder eine Helligkeitsempfindung, usw. ....
Es gibt also sehr einfache Bewusstseinsinhalte, die sehr einfach strukturiert sind. Wir können uns zumindest vorstellen, dass auch ein Wurm solche Empfindungen haben könnte.
Der Inhalt kann aber auch sehr viel komplexer und reflektierter sein, auch mehrfach-reflektiert, wenn das betreffende Bewusstsein genügend mächtig ist. Und dann - und NUR dann - kann der Inhalt auch eine Ich-Empfindung sein.

D.h. aber, dass diese Ich-Empfindung zwar irgendwo auf einer höheren Ebene angesiedelt ist, dass dieser Umstand aber nicht das Mindeste daran ändert, dass auch diese Empfindung eine Empfindung IST, also dennoch nichts weiter als ein ganz normaler Bewusstsein-Inhalt ist:
Es ist etwas, das IM Bewussstsein ist, es umschießt das Bewusstsein nicht und IST auch nicht das Bewusstsein.

Anders gesagt: Das, was wir gewöhlich als "Ich" bezeichen, ist eine Ich-Empfindung (innerhalb des Bewusstseins).
Und diese Emfindung beruht wahrscheinlich auf einer kognitiven Schlussfolgerung, also auf einer inneren Konstruktion! Und es ist somit auch in gewisser Weise eine Illusion! (IM Bewusstsein!)
Und bis hierher liegt ein Dennett m.E. auch richtig.

Der Punkt ist, dass der Bewusstseinsraum selber, der bei uns u.a. eben auch eine Ich-Empfindung zum Inhalt haben kann, eben keine Illusion darstellt und nicht im obigen Sinne konstruiert sein kann. Und dass dieser auch schon stets eine Einheit darstellt (denn Bewusstsein ist gewöhnlich immer inkludierend, es erscheint immer als eines, nie als vieles). Ich würde ihn hier einmal "Selbst" nennen.

Anm.:
Der oben beschriebene Umstand ist auch der Grund, warum viele Autoren an der Stelle sprachliche Unterschiedungen treffen, um das klarer zu machen.
Deshalb wird oft vom "Ego" oder "Ich" im Unterschied zum "Selbst" oder zum "wahren Ich" usw. gesprochen.
Aus der Unterscheidung folgt auch, dass nicht "Ich denke", sondern "Es denkt"!
Weserdampfer hat geschrieben:
14. Apr 2024, 21:04
Ein Schlüssel werden wohl auch dezentrale Strukturen sein, die ein Stück weit holographisch, "informationsintegrierend" arbeiten.

Es würde dann ja z. B. auch um die Frage gehen, auf welche Art und Weise Erinnerungen gespeichert werden.
Das Vorhandensein von Gedächtnissen auf verschiedenen Zeitskalen ist ein wichtiger Punkt, man sollte ihn später noch genauer betrachten.
Weserdampfer hat geschrieben:
14. Apr 2024, 21:04
Ich vermute mal, dass es selbst aus philosophischer Sicht etwas zu gewagt wäre, die Behauptung aufzustellen, das es philosophische Zombies in unserer Welt geben könnte.
Dann wage ich es halt! Warum auch nicht?
Weserdampfer hat geschrieben:
14. Apr 2024, 21:04
Wie sollte man eine solche Behauptung begründen? Das ginge nur mit Spekulationen, die im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaft ständen.
Gerade nicht! Es ist genau umgekehrt! Eben die Existenz von Bewusstsein scheint im Widerspruch zu den Erkenntnissen der NW zu stehen!
Ich kann daher gerade eben den phil. Zombie mit dem Materialismus begründen!
WEIL ich Bewusstsein naturwissenschaftlich nicht wirklich messen kann und auch nicht aus physikalischen Gesetzmäßigkeiten stringent ableiten kann.
Ergo: Gibt es nicht!
Was tut denn z.B. ein Dennett? Er tut genau betrachtet genau das! Er behauptet, dass wir alle phil. Zombies sind, nichts weniger!
Weserdampfer hat geschrieben:
14. Apr 2024, 21:04
Vielleicht sollten wir kurz erläutern, was das Kombinationsproblem ist. Das Kombinationsproblem besteht in der Frage, wie die kleinsten, im Sinne der Theorie des Panpsychismus existierenden, bewusstseinstragenden Einheiten der Materie, also die Grundbausteine des Bewusstseins, in Verbindung miteinander das menschliche Bewusstsein erzeugen.
Ja. Und das sollten wir auch noch genauer betrachten. Später...

Aber die vernünftigste Lösung sehe ich i.A. in einem Eigenschaftsdualismus.

Wir haben doch schon einen Welle-Teilchen Dualismus (bzw. Energie-Materie-Dualismus) akzeptiert.
Da wäre der Schritt zu einem weiteren Dualismus nicht mehr so groß. Ich kann das auch damit begründen, dass jedes Ding eine Innen- und eine Außenseite hat, woraus man etwas in der Art ableiten kann:

"Es gibt zu jedem Ding (auch jedem Teilchen) 1. was es für sich selbst ist bzw. wie es sich für sich selbst erscheint und 2. was es für seine Umwelt (das Universum) ist, bzw. wie es für die Umwelt erscheint!
1. und 2. erscheinen nicht als dasselbe/ auf dieselbe Weise und logischerweise auch nie zusammen, obwohl sie auf demselben beruhen und dasselbe sind!"


Die Physik sähe/ beschriebe dann eben ausschließlich die Außenseite aller Dinge, wärend alle Dinge selber ausschließlich ihre eigene Innenseite sehen würden.
Auf diesem Weg kollidieren wir nicht mit dem Erkenntnissen der Physik und ein Kombinationsproblem scheint mir so auch auflösbar, falls es sich so überhaupt noch wirklich stellt. Und auch das Problem der kausalen Geschlossenheit, die die Physik als Grundannahme behauptet, lässt sich so leicht damit vereinbaren, weil es in dem Fall ja in Wahrheit dasselbe ist, was Geist und Materie tun und sind - nur aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.

Der Unterschied zu orthodoxen Auffassung besteht hier darin, dass dann nicht mehr das Eine aus dem Anderen hervorgehen würde, also z.B. die Materie sozusagen fundamental wäre und der Geist sekundär darauf aufbauend, sondern dass beides gleichermaßen fundamental wäre. Nur aus den beiden unterschiedlichen Fundamental-Perspektiven betrachtet, zeigte sich dann eben je nach Perspektive entweder das Eine oder das Andere.

Also so ganz abstrus kommt mir dieser Gedanke jedenfalls nicht vor... mögen es manche auch Panpsychismus nennen und es wegen dem Wort oder dem geschichtlichen Hintergrund ablehnen... Was solls? Da würde ich dann drüberstehen... das kann nicht der Grund sein, es abzulehnen.
Grüße
seeker


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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 17. Apr 2024, 09:59

Um den Gedanken noch etwas weiterzuspinnen und zu ergänzen:

Aus dieser Sicht des Eigenschaftsdualismus folgt m.E.:

1) Wenn etwas irgendeine Selbstwechselwirkung macht, dann gibt es auch eine Innenperspektive, dann existiert es für sich selber und dann gibt es auch etwas, das ich dann "zumindest rudimentäres Bewusstsein" oder "elementare Empfindung" nennen würde. Wenn nicht, nicht. Wenn nicht, ist dieser Innenraum (Bewusstseinsraum) leer, man könnte, wenn man will, dann auch sagen: "existiert nicht" (für sich selber).

2) Wenn etwas irgendeine Welchselwirkung mit seiner Umwelt macht, dann gibt es auch eine Außenperspektive, dann existiert es für die Umwelt (das Universum). Und wenn nicht, ebenso nicht. Wenn nicht, ist dieser Außenraum leer, man könnte, wenn man will, dann auch sagen: "existiert nicht" (für das andere).

Der Grundgedanke lautet also hier:
Es gibt schon auf fundamentaler Ebene zweierlei Formen der Existenz, nämlich: "Existenz-für-sich-selber" und "Existenz-für-das-andere"!

Bewusstheit ist auf fundamentaler Ebene Existenz-für-sich-selber. Und Existenz-für-sich-selber beruht notwendig auf Wechselwirkung mit sich selber.

Und Existenz-für-das-andere (das ist das, was wir i.A. unter "Existenz" verstehen) beruht notwendig auf Wechselwirkung mit dem anderen.
So kann man z.B. nicht von der Existenz eines Teilchens sprechen, das keinerlei Wechselwirkung mit seiner Umgebung macht.
Wir würden hier umgekehrt sagen: "Ein solches Teilchen existiert schlicht nicht!"

Wenn das so stimmen würde, dann wäre damit auch nur gekärt, was "Empfindung" auf elementarster Ebene ist.
Zu einem Bewusstseinsraum wie dem unseren bräuchte es dann noch viel mehr, insbesondere ein Gedächtnis, eine genügend ausgeprägte Kognitionsfähigkeit und eine entsprechende Kommunikationsfähigkeit.
Und was uns dann eben bisher in die Irre geführt hätte, wäre der Umstand, dass wir natürlicherweise nur diesen einen hochkomplexen und doch schon recht mächtigen Bewusstseinsraum kennen, weil wir nur das immer selber sind, nicht aber die vielen elementareren Bewusstseinsräume - und die uns ja auch nicht von sich berichten können: Wir können z.B. ein Atom zwar von außen betrachten, aber wir können nicht wissen, wie es von innen gesehen ist, selber ein Atom zu sein. Und wir können es auch nicht fragen.
Grüße
seeker


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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Frank » 17. Apr 2024, 12:45

seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 09:59


Und Existenz-für-das-andere (das ist das, was wir i.A. unter "Existenz" verstehen) beruht notwendig auf Wechselwirkung mit dem anderen.
So kann man z.B. nicht von der Existenz eines Teilchens sprechen, das keinerlei Wechselwirkung mit seiner Umgebung macht.
Wir würden hier umgekehrt sagen: "Ein solches Teilchen existiert schlicht nicht!"
Wir haben ja das alt bekannte Problem mit der dunkeln Materie. Wechselwirken tut da im klassischen Sinne, wie du es beschreibst, gar nichts.
Ist also eine Wechselwirkung immer notwendig?
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 09:59
Wenn das so stimmen würde, dann wäre damit auch nur gekärt, was "Empfindung" auf elementarster Ebene ist.
Zu einem Bewusstseinsraum wie dem unseren bräuchte es dann noch viel mehr, insbesondere ein Gedächtnis, eine genügend ausgeprägte Kognitionsfähigkeit und eine entsprechende Kommunikationsfähigkeit.
Und was uns dann eben bisher in die Irre geführt hätte, wäre der Umstand, dass wir natürlicherweise nur diesen einen hochkomplexen und doch schon recht mächtigen Bewusstseinsraum kennen, weil wir nur das immer selber sind, nicht aber die vielen elementareren Bewusstseinsräume - und die uns ja auch nicht von sich berichten können: Wir können z.B. ein Atom zwar von außen betrachten, aber wir können nicht wissen, wie es von innen gesehen ist, selber ein Atom zu sein. Und wir können es auch nicht fragen.
Was mich bei der gesamten Diskussion um das Bewusstsein immer etwas stört(außer das Beiträge von mir ignoriert werden :mrgreen: ), dass in diesem Zusammenhang, nach überhaupt keinem Sinn gefragt wird.
Unserem Körper, der in erster Linie überleben und sich fortpflanzen will, muss/sollte sowas wie ein Bewusstsein, in erster Linie mal nützlich sein.
Ob und wie, etwas von innen oder gar auf Teilchenebene gesehen wird, ist ihm doch erst einmal völlig egal. Je höher der soziale Verband von Lebewesen untereinander ist, umso höher ist das Bewusstsein wohl ausgeprägt. Da soziale Gemeinschaften ein Ever Green in der Evolution in Sachen Erfolg zu sein scheint, ist es nicht verwunderlich, dass die Lebensform auf der Erde, mit dem größten Sozialverhalten, die erfolgreichste ist.
Es wird auf der einen Seite ein unglaubliches Tamtam um ein "Bewusstsein " gemacht, obwohl wir zu einem großen % Satz triebgesteuerte Wesen sind.
Empathie, Mitempfinden, Die Schwachen in der Gruppe mitzutragen, soziale Intelligenz, Anwendung von List, Bauchgefühl, Intuition, Taktik, Strategie....etc. sind alles unbezahlbare Werkzeuge um erfolgreich zu sein, aber entspringen alle unserem Bewusstsein.
Ist das springen auf eine "höhere Bewusstseinsebene", oder grundsätzlichen Frage was Bewusstsein überhaupt ist, nicht bloß (ungewollte?) Nebeneffekte, die zwar "nice to have" sind, aber ansonsten relativ nutzlos?
Steckt also vielleicht viel weniger dahinter, als viele meinen? :wn:
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 17. Apr 2024, 13:45

Frank hat geschrieben:
17. Apr 2024, 12:45
Wir haben ja das alt bekannte Problem mit der dunkeln Materie. Wechselwirken tut da im klassischen Sinne, wie du es beschreibst, gar nichts.
Ist also eine Wechselwirkung immer notwendig?
Ja, ist es! Immer! Und doch, das tut die DM sehr wohl (so es sie gibt), nämlich mindestens über die Gravitation! Das reicht, das ist nicht "keine Wechselwirkung".
Teilchen, die wirklich nie und nimmer gar keine WW machen würden, wo es also überhaupt keinen Unterschied machen würde, ob sie da sind oder nicht, würden wir nicht "existent" nennen, denn das wäre Blödsinn.
Frank hat geschrieben:
17. Apr 2024, 12:45
Unserem Körper, der in erster Linie überleben und sich fortpflanzen will, muss/sollte sowas wie ein Bewusstsein, in erster Linie mal nützlich sein.
Ein sehr wichtiger Punkt! Danke dafür! :)
Wichtig deshalb, wegen folgendem Problem: Wenn Bewusstsein nur ein Epiphänomen wäre, also eine Art sekundäres Abfall-/Nebenprodukt von Gehirnprozessen, ohne kausale Kraft, dann stellt sich die Frage, warum die Natur bzw. die Evolution dann so etwas in uns "eingebaut" hat?
Die Evolution erzeugt nämlich gewöhnlich nichts, das gar keinen Nutzen hat... mindestens erhält sie nichts auf Dauer, das keinen Selektionsvorteil bietet.

Eine mögliche Antwort wäre: Weil es gar nicht anders geht!
Weil gewisse höhere, evolutionär nützliche Gehirnprozesse ZWINGEND mit Bewusstsein einhergehen MÜSSEN!

Dann wären wir aber wieder bei der Frage: "Warum zum Teufel soll es denn gar nicht anders gehen?" Warum soll es keine phil. Zombies geben können, mit genau denselben Gehirnfunktionen und denselben Verhaltenweisen, aber ohne Bewusstsein, als vollständig unbewusste Automaten, die einfach nur nach Ursache-Wirkung funktionieren?

Umgekehrt fragt sich: Warum überhaupt soll denn bei all den physikalischen Prozessen, die nach Ursache-Wirkung ablaufen, ZUSÄTZLICH noch jemand anwesend sein MÜSSEN, der davon etwas mitbekommt/ miterlebt, was da abläuft? Ist das nicht völlig überflüssig und absurd?

Von der materiell-physikalischen Seite stellt sich nämlich das Problem, dass wenn Bewusstsein eine kausale Wirkkraft haben sollte (das wäre die Grundvoraussetzung, damit es überhaupt Evolutionsvorteile bieten könnte), wie das dann mit der Physik zusammengehen sollte, wo ja absolut jede Wirkung immer und vollständig und ausschießlich NUR durch physikalische Ursachen verursacht sein sollte, nach allem was wir wissen?
Wie soll denn der Geist da auf die Materie wirken können, um evolutionär wirksam sein zu können? Über Telekinese oder was?

Und darauf braucht es Antworten!

Und dann landen wir u.a. auch leicht wieder beim Eigenschaftsdualismus oder gar Panpsychismus... :)
Eine bessere Lösung sehe ich jedenfalls momentan nicht. Epiphänomenalismus ist jedenfalls nicht die bessere Lösung, so wie es für mich ausschaut.
Frank hat geschrieben:
17. Apr 2024, 12:45
Steckt also vielleicht viel weniger dahinter, als viele meinen?
Vielleicht. Die Frage selber ist vielleicht auch gar nicht wichtig für die Natur oder das Universum, aber sie ist außerordentlich wichtig für uns, weil sie uns im Innersten betrifft wie keine andere: Wer bist du? Was bist du?
Das kann uns nicht egal sein. Kaum etwas könnte noch wichtiger für uns und unser Selbstverständnis sein. Deshalb wird da so angestrengt nach guten Antworten gesucht.
Grüße
seeker


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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Frank » 17. Apr 2024, 14:32

seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 13:45

Ja, ist es! Immer! Und doch, das tut die DM sehr wohl (so es sie gibt), nämlich mindestens über die Gravitation! Das reicht, das ist nicht "keine Wechselwirkung".
Ich schrieb bewusst, die "klassische" Wechselwirkung. Teilchen A wechselwirkt mit Teilchen B .
Und da kannst du schauen so viel du willst, du wirst nicht sehen. (Außer die Wirkung)
Ich gehe da noch viel weiter und behaupte das hier eine Sackgasse mit der herkömmlichen Denkweise ist, aber das gehört nicht in diesen Thread.
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 13:45
Teilchen, die wirklich nie und nimmer gar keine WW machen würden, wo es also überhaupt keinen Unterschied machen würde, ob sie da sind oder nicht, würden wir nicht "existent" nennen, denn das wäre Blödsinn.
Müssen es immer Teilchen sein? Welches Teilchen steckt denn hinter z.B. der Intuition, dem Bauchgefühl, oder Trauer?
Du hast aber völlig Recht, den ohne Wirkung, die man erfahren kann, ist alles andere Blödsinn.
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 13:45

Ein sehr wichtiger Punkt! Danke dafür! :)
Wichtig deshalb, wegen folgendem Problem: Wenn Bewusstsein nur ein Epiphänomen wäre, also eine Art sekundäres Abfall-/Nebenprodukt von Gehirnprozessen, ohne kausale Kraft, dann stellt sich die Frage, warum die Natur bzw. die Evolution dann so etwas in uns "eingebaut" hat?
Die Evolution erzeugt nämlich gewöhnlich nichts, das gar keinen Nutzen hat... mindestens erhält sie nichts auf Dauer, das keinen Selektionsvorteil bietet.
Eine mögliche Antwort wäre: Weil es gar nicht anders geht!
Weil gewisse höhere, evolutionär nützliche Gehirnprozesse ZWINGEND mit Bewusstsein einhergehen MÜSSEN!
Sie hat da meiner Meinung nach nichts, extra, eingebaut, sondern es ist für mich zwingend, um komplexe Strategien, Vorsorge, Erfolg und Fortbestand zu sichern, immer komplexere Zusammenhänge zu verstehen.
Den Zufall immer weiter in die Ecke zu drängen. Das Bewusstsein, auch andere komplexe Dinge dann zu verstehen, ist dann wahrscheinlich doch nur ein Nebenprodukt.
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 13:45
Dann wären wir aber wieder bei der Frage: "Warum zum Teufel soll es denn gar nicht anders gehen?" Warum soll es keine phil. Zombies geben können, mit genau denselben Gehirnfunktionen und denselben Verhaltenweisen, aber ohne Bewusstsein, als vollständig unbewusste Automaten, die einfach nur nach Ursache-Wirkung funktionieren?
Nein, das geht nicht anders und diese gibt es nach meinem Empfinden nicht, da diese "Zombies "erst gar nicht diese Verhaltensweisen mangels (Lebens) Druck entwickelt hätten. Selbst das Gehirn, um so etwas überhaupt zu können, hätte diese Größe gar nicht erst erreicht.
Dazu brauchst du schon ein Lebewesen, dass physisch nichts besonders gut kann und nur eine Wahl hat. Kompensiere deine Nachteile mit deinem Gehirn, oder stirb aus.
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 13:45
Umgekehrt fragt sich: Warum überhaupt soll denn bei all den physikalischen Prozessen, die nach Ursache-Wirkung ablaufen, ZUSÄTZLICH noch jemand anwesend sein MÜSSEN, der davon etwas mitbekommt/ miterlebt, was da abläuft? Ist das nicht völlig überflüssig und absurd?

Von der materiell-physikalischen Seite stellt sich nämlich das Problem, dass wenn Bewusstsein eine kausale Wirkkraft haben sollte (das wäre die Grundvoraussetzung, damit es überhaupt Evolutionsvorteile bieten könnte), wie das dann mit der Physik zusammengehen sollte, wo ja absolut jede Wirkung immer und vollständig und ausschießlich NUR durch physikalische Ursachen verursacht sein sollte, nach allem was wir wissen?
Wie soll denn der Geist da auf die Materie wirken können, um evolutionär wirksam sein zu können? Über Telekinese oder was?

Und darauf braucht es Antworten!
Ich schrieb ja oben bereits, dass die Methode, alles mit der momentanen Physik zu erfassen uns sehr weit gebracht hat, aber wir momentan entweder vor einem epochalen Erkenntnisgewinn stehen der uns weiter bringt, oder es endet wirklich im Stillstand, an was ich mich aber weigere zu glauben.
Und wie der Geist auf Materie wirken sollte?
Das sind wir erstens ganz schnell wieder beim eigenen Willen, den es nach meiner Ansicht so gar nicht gibt, aber wir reagieren auf die Umwelt und etwas treibt das an. Genau wie dieses etwas, was Galaxien davon abhält auseinander zu fliegen und noch keiner gesehen hat.
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 17. Apr 2024, 22:28

Frank hat geschrieben:
15. Apr 2024, 11:18
Wer sagt den der bewussten Materie, dass sie bewusst sein soll und der nicht bewussten, dass sie unbewusst bleiben soll(muss?)
Hallo,

im Wikipedia-Artikel zum Thema Panpsychismus findet sich bezüglich der Frage, wie das Bewusstsein im Sinne des Panpsychismus entsteht, die folgende Erklärung:
Für Panpsychisten ist die Entwicklung des bewussten Erlebens und jeglicher geistiger Phänomene nur dann erklärbar, wenn deren Vorstufen schon in die Grundstruktur der materiellen Welt integriert sind. Solche Vorstufen geistiger Eigenschaften werden oft „proto-mentale“ Eigenschaften genannt. Der zeitgenössische Panpsychismus behauptet jedoch nicht, dass beispielsweise Atome oder Bakterien bereits Schmerzen oder ähnliche Bewusstseinszustände erleben können oder dass alle Dinge eine menschenähnliche Seele haben, wie es im (religiösen) Animismus der Fall ist.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Panpsychismus
Frank hat geschrieben:
15. Apr 2024, 11:18
Wenn damit anfange, Photonen, Elektronen, oder Quanten eine höhere Instanz zuzuteilen, woher sie ihre "Anweisung" erhalten
Gibt es denn in unserer heutigen Zeit Philosophen oder Naturwissenschaftler, die im Sinne einer bestimmten panpsychistischen Theorie die Ansicht vertreten, dass Elementarteilchen von einer höheren Instanz die Anweisung erhalten, als Bewusstseinsträger zu agieren?
Frank hat geschrieben:
15. Apr 2024, 11:18
Nach der Aufklärung sollte man aber verstanden haben, dass es Dinge gibt, die keiner höheren Instanz bedürfen.
Ich will es mal an einem Beispiel erklären.
Wenn ich mich mit einem religiösen Menschen unterhalte, kommt nicht selten der Satz. " Du hast Gott entfernt und an seiner Stelle, auf dem Thron, hast du die Wissenschaft gesetzt." Das wäre also dasselbe.
Ist es denn so, dass die Befürworter des Panpsychismus grundsätzlich eine höhere bzw. eine göttliche Instanz für die Entstehung des Bewusstseins verantwortlich machen?
seeker hat geschrieben:
16. Apr 2024, 10:08
Das, was wir gewöhlich als "Ich" bezeichen, ist eine Ich-Empfindung (innerhalb des Bewusstseins).
Und diese Emfindung beruht wahrscheinlich auf einer kognitiven Schlussfolgerung, also auf einer inneren Konstruktion! Und es ist somit auch in gewisser Weise eine Illusion! (IM Bewusstsein!)
Mit Hinblick auf diese These kann man sich einige Fragen stellen:
Wer ist es, der in dem von dir beschriebenen Sinne schlussfolgert und konstruiert?
Eine uns bislang unbekannte Funktionseinheit der Natur, die Einblick in unser Bewusstsein hat und welche ganz genau weiß, wie sie die verschiedenen Empfindungen zusammenfügen muss, damit ein Ich-Bewusstsein entsteht?
Woher hat diese Funktionseinheit das Wissen darüber, wie das Ich-Bewusstsein zu konstruieren ist und wo ist das für die Konstruktion nötige Wissen gespeichert?
Mit anderen Worten: Wer ist der Baumeister des Ich-Bewusstseins, woher hat er die Bauanleitung für das Ich-Bewusstsein, wo bewahrt er die Bauanleitung auf und mithilfe welcher Fähigkeiten konstruiert er das Ich-Bewusstsein entsprechend der Vorgaben der Bauanleitung?
(Wer die Bauanleitung geschrieben hat, könnte man natürlich auch noch fragen.)
Daniel Dennett würde sicher sagen, dass die Antworten auf diese Fragen im Aufbau und in der Funktionsweise des Gehirns zu suchen seien bzw. dass es sich derart verhielte, dass wir bislang lediglich noch nicht herausgefunden hätten, auf welche Art und Weise das Gehirn das Ich-Bewusstsein konstruiert.
seeker hat geschrieben:
16. Apr 2024, 10:08
Gerade nicht! Es ist genau umgekehrt! Eben die Existenz von Bewusstsein scheint im Widerspruch zu den Erkenntnissen der NW zu stehen!
Ganz offenbar verhält es sich ja so, dass sich aus philosophischer Sicht ein Widerspruch, der sich auf beobachtbare Gegebenheiten der Natur bezieht (das schwierige Problem des Bewusstseins) nicht mit einem Widerspruch, der sich auf eine hypothetische Gegebenheit bezieht, deren Existenz sich aus Sicht der Naturwissenschaft ausschließen lässt (die Existenz philosophischer Zombies in unserer Welt) auf eine Stufe setzen lässt. Wäre es anders, gäbe es ja Philosophen, die die Ansicht, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, vertreten würden.
seeker hat geschrieben:
16. Apr 2024, 10:08
Ich kann daher gerade eben den phil. Zombie mit dem Materialismus begründen!
Das ist ja das, was Chalmers getan hat, nur eben mit dem Unterschied, dass seine philosophischen Zombies in einem alternativen Universum leben:
According to Chalmers, one can coherently conceive of an entire zombie world, a world physically indistinguishable from this one but entirely lacking conscious experience.
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... _arguments
seeker hat geschrieben:
16. Apr 2024, 10:08
Ich kann daher gerade eben den phil. Zombie mit dem Materialismus begründen!
WEIL ich Bewusstsein naturwissenschaftlich nicht wirklich messen kann und auch nicht aus physikalischen Gesetzmäßigkeiten stringent ableiten kann.
Ergo: Gibt es nicht!
Was tut denn z.B. ein Dennett? Er tut genau betrachtet genau das! Er behauptet, dass wir alle phil. Zombies sind, nichts weniger!
Es ist ein Unterschied, ob man die Aussage trifft, wir alle seien philosophische Zombies oder man die Aussage trifft, Chalmers Zombie-Argument lasse die Aussage zu, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten. Da es kein naturwissenschaftlicher Konsens ist, die Existenz des Bewusstseins zu bestreiten, muss die Naturwissenschaft die Vorstellung, dass es in unserer Welt philosophische Zombies geben könnte (also Wesen, die genauso aussehen und genauso handeln wie Menschen, jedoch über kein bewusstes Erleben verfügen) ablehnen.
Da Dennetts These die theoretische Koexistenz von Menschen und philosophischen Zombies nicht zum Inhalt hat, ist Dennetts These eine These, die die Naturwissenschaft akzeptieren kann.
seeker hat geschrieben:
16. Apr 2024, 10:08
Die Physik sähe/ beschriebe dann eben ausschließlich die Außenseite aller Dinge, wärend alle Dinge selber ausschließlich ihre eigene Innenseite sehen würden.
Auf diesem Weg kollidieren wir nicht mit dem Erkenntnissen der Physik und ein Kombinationsproblem scheint mir so auch auflösbar, falls es sich so überhaupt noch wirklich stellt. Und auch das Problem der kausalen Geschlossenheit, die die Physik als Grundannahme behauptet, lässt sich so leicht damit vereinbaren, weil es in dem Fall ja in Wahrheit dasselbe ist, was Geist und Materie tun und sind - nur aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.

Der Unterschied zu orthodoxen Auffassung besteht hier darin, dass dann nicht mehr das Eine aus dem Anderen hervorgehen würde, also z.B. die Materie sozusagen fundamental wäre und der Geist sekundär darauf aufbauend, sondern dass beides gleichermaßen fundamental wäre.
Diese Überlegungen stehen im Einklang mit den Überlegungen, die die Philosophin Hedda Hassel Mørch in dem Artikel, den Frank verlinkt hat, bezüglich der Frage anstellt, wie sich das harte bzw. das schwierige Problem des Bewusstseins lösen ließe:

https://www.faz.net/aktuell/wissen/geis ... 97757.html
seeker hat geschrieben:
17. Apr 2024, 09:59
1) Wenn etwas irgendeine Selbstwechselwirkung macht, dann gibt es auch eine Innenperspektive, dann existiert es für sich selber und dann gibt es auch etwas, das ich dann "zumindest rudimentäres Bewusstsein" oder "elementare Empfindung" nennen würde. Wenn nicht, nicht. Wenn nicht, ist dieser Innenraum (Bewusstseinsraum) leer, man könnte, wenn man will, dann auch sagen: "existiert nicht" (für sich selber).

2) Wenn etwas irgendeine Welchselwirkung mit seiner Umwelt macht, dann gibt es auch eine Außenperspektive, dann existiert es für die Umwelt (das Universum). Und wenn nicht, ebenso nicht. Wenn nicht, ist dieser Außenraum leer, man könnte, wenn man will, dann auch sagen: "existiert nicht" (für das andere).

Der Grundgedanke lautet also hier:
Es gibt schon auf fundamentaler Ebene zweierlei Formen der Existenz, nämlich: "Existenz-für-sich-selber" und "Existenz-für-das-andere"!

Bewusstheit ist auf fundamentaler Ebene Existenz-für-sich-selber. Und Existenz-für-sich-selber beruht notwendig auf Wechselwirkung mit sich selber.
Ich finde, das klingt nach einem überzeugenden Ansatz für die Lösung des Problems. Ich vermute mal, dass diese Überlegungen für David Chalmers sehr interessant wären:
Chalmers denkt ferner über die Möglichkeit einer „psychophysikalischen Theorie“ nach: einer Erweiterung der physikalischen Gesetze, die seine Hypothese dem Materialismus näherbringen würde als anderen Spielarten des Dualismus, da die transzendentalen Elemente negiert würden.
https://de.wikipedia.org/wiki/David_Chalmers

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 19. Apr 2024, 08:39

Ich muss mich kurz fassen, ich melde mich später noch einmal...

Ok, ich muss meine Aussagen etwas korrigigieren und ergänzen.
Frank hat geschrieben:
17. Apr 2024, 14:32
Müssen es immer Teilchen sein? Welches Teilchen steckt denn hinter z.B. der Intuition, dem Bauchgefühl, oder Trauer?
Du sprichst hier von subjektiven Realitäten.
Hinzu kommen dann noch intersubjektive Realitäten wie Geld, Eigentum, Moral, Werte, Verträge, usw.
Du hast Recht, das passt so noch nicht direkt in meinen Ansatz rein. Da muss ich aber eine Weile darüber nachdenken, wie man das sauber einordnet, dies wenigstens grob umreißen kann.

Ansonsten wäre es zwischen uns beiden eigentlich nötig noch näher zu erörtern und klarzustellen, was wir unter "Bewusstsein" überhaupt verstehen.
Ich habe den Eindruck, dass wir teilweise aneinander vorbei reden.
Weserdampfer hat geschrieben:
17. Apr 2024, 22:28
Mit Hinblick auf diese These kann man sich einige Fragen stellen:
Wer ist es, der in dem von dir beschriebenen Sinne schlussfolgert und konstruiert?
Eine uns bislang unbekannte Funktionseinheit der Natur, die Einblick in unser Bewusstsein hat und welche ganz genau weiß, wie sie die verschiedenen Empfindungen zusammenfügen muss, damit ein Ich-Bewusstsein entsteht?
Woher hat diese Funktionseinheit das Wissen darüber, wie das Ich-Bewusstsein zu konstruieren ist und wo ist das für die Konstruktion nötige Wissen gespeichert?
Mit anderen Worten: Wer ist der Baumeister des Ich-Bewusstseins, woher hat er die Bauanleitung für das Ich-Bewusstsein, wo bewahrt er die Bauanleitung auf und mithilfe welcher Fähigkeiten konstruiert er das Ich-Bewusstsein entsprechend der Vorgaben der Bauanleitung?
(Wer die Bauanleitung geschrieben hat, könnte man natürlich auch noch fragen.)
Ich muss noch genauer darüber nachdenken. Vorerst meine ich, dass sich diese Fragen für mich eigentlich gar nicht stellen.
Ich unterschiede hier ja zwischen "Ich" und "Selbst".

Unter "Ich" verstehe ich das schon gesagte. Es ist eine Wahrnehmung/ Konstruktion, die ich als Baby noch nicht hatte, obwohl ich damals sicher auch schon ein Bewusstsein bzw. Empfindungen/ Wahrnehmungen hatte. Damals untrerschied ich auch noch nicht zwischen mir und der Außenwelt, alles war eines.
Daraus folgt, dass das "Ich" erst später von mir gelernt/ konstruiert/ erreicht wurde.

Unter "Selbst" verstehe ich hier dasjenige, das sich nach Innen hin als mein Bewusstseinsraum manifestiert, mit all den Bewusstseinsinhalten, die dort auftauchen. Wobei es offenbar zusatzlich auch das "Unbewusste" in diesem Selbst gibt. Davon kann ich von Innen nicht berichten, was aber nicht beweist, dass dieser Teil wirklich bewusstlos ist (ich vermute, er ist es nicht). Ich weiß nur nichts von ihm.

Und eben dasselbe zeigt sich nach außen hin als mein Gehirn-Körper-Komplex, der mit allerlei Messapparaturen vermessen werden kann und der von anderen Menschen in seinem Verhalten beobachtet werden kann und wie er auf Reize reagiert und was er sagt, wenn man ihn etwas fragt.
Weserdampfer hat geschrieben:
17. Apr 2024, 22:28
Wäre es anders, gäbe es ja Philosophen, die die Ansicht, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, vertreten würden.
Auch die gibt es durchaus. Auch wenn das nicht der Mainstream sein wird.
Was ist momentan der Mainstream? Ich glaube, das wird immer noch Epiphänomenalismus und vielleicht Behaviorismus sein.
Weserdampfer hat geschrieben:
17. Apr 2024, 22:28
Es ist ein Unterschied, ob man die Aussage trifft, wir alle seien philosophische Zombies oder man die Aussage trifft, Chalmers Zombie-Argument lasse die Aussage zu, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten. Da es kein naturwissenschaftlicher Konsens ist, die Existenz des Bewusstseins zu bestreiten, muss die Naturwissenschaft die Vorstellung, dass es in unserer Welt philosophische Zombies geben könnte (also Wesen, die genauso aussehen und genauso handeln wie Menschen, jedoch über kein bewusstes Erleben verfügen) ablehnen.
Vorsicht!
Fakt ist ganz einfach, dass das, was auch ein Chalmers unter "Bewusstsein" versteht ganz grundsätzlich heute noch nicht Gegenstand der NATUR-Wissenschaften ist!
Und somit kann es auch keinen naturwissenschaftlichen Konsens darüber geben, ob Bewusstsein existiert oder nicht existiert.
Ganz genau gesehen haben die NW heute eigentlich immer noch dazu zu schweigen, so wie ein Biologe ja auch nichts dazu sagen kann, ob die neueste Kleider-Mode besser als die alte ist oder nicht. Das ist ganz einfach nicht sein Gegenstand oder Forschungsfeld.

WEIL die NW aber dazu nichts sagen können, weil Bewusstsein nicht Gegenstand ihres Forschungsfeldes ist, sind einige zu der Meinung gelangt, dass es Bewusstsein gar nicht gibt. Und falls doch, dann eben als Epiphänomen, was in etwa bedeutet: "Ja, gibt es zwar schon irgendwie, aber nicht wirklich. Jedenfalls nicht so wirklich, wie es Materie gibt." Es ist dann eben eine Illusion oder ein emergentes Neben-Phänomen ohne irgendeine kausale Wirkkraft. Im Grunde läuft aber all das in seiner Konsequenz auf ungefähr dasselbe hinaus.

Grund:
Die Naturwissenschaften beschäftigen sich ausschließlich mit der OBJEKTIV (also für ALLE/ beliebige Beobachter übereinstimmenden) vermessbaren und/oder beobachtbaren Natur.
"Bewusstsein" ist aber immer SUBJEKTIV (es ist also immer nur für den EINEN Beobachter erfassbar, der es hat). Ich kann ja z.B. unmöglich das empfinden, was du empfindest, ich kann (leider)nicht in dein Bewusstsein per Gedankenverschmelzung (wie ein Vulkanier) reinschauen, nur in deinen Kopf, mit MRT, CT, usw. Das ist aber nicht dasselbe, in CT-Bildern werde ich nie ein Bewusstsein finden, sondern immer nur Nervenaktivitätsmuster.

Ich kann zwar so Korrelationen finden, aber woher weiß ich denn, was womit korreliert? Da muss ich doch meine Versuchspersonen fragen!
Woher will ich aber objektiv und sicher wissen, ob das, was die Personen antworten auch stimmt? Ich muss es glauben, ich kann es nicht prüfen...
Ich kann so schlicht nicht unterscheiden, ob Gehirnzustand X wirklich mit einem Bewusstseinszustand Y korreliert oder ob meine Versuchspersonen das nur behaupten, nur so tun, als ob sie Y erlebt hätten, wenn ich X gemessen habe.

Ergo:
Ich kann "Bewusstsein" naturwissenschaftlich gar nicht erfassen. Und dies auch deshalb, weil ich gar keine naturwiss. Theorie von "Bewusstsein" habe. Genau in die Bresche versucht ja jetzt auch die integrierte Informationstheorie (IIT) reinzuspringen, in der Hoffnung, das damit in Zukunft ändern zu können. Ob das gelingt, ist heute noch offen.

Sowas wie Geist und Bewusstsein überlässt man dann daher bisweilen lieber den Geisteswissenschaften...

Später evtl. mehr...
Grüße
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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 20. Apr 2024, 20:41

seeker hat geschrieben:
19. Apr 2024, 08:39
Vorerst meine ich, dass sich diese Fragen für mich eigentlich gar nicht stellen.
Es ging mir darum, anzusprechen, dass man, wenn man Dennetts These, dass das "Ich" eine Konstruktion ist, zustimmt, letztlich vor der Frage steht, auf welche Art und Weise das Gehirn das "Ich" konstruiert.
seeker hat geschrieben:
19. Apr 2024, 08:39
Weserdampfer hat geschrieben:
17. Apr 2024, 22:28
Wäre es anders, gäbe es ja Philosophen, die die Ansicht, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, vertreten würden.
Auch die gibt es durchaus. Auch wenn das nicht der Mainstream sein wird.
Im englischsprachigen Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie findet sich die folgende Aussage:
Proponents of zombie arguments generally accept that p-zombies are not physically possible
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... of_zombies
seeker hat geschrieben:
19. Apr 2024, 08:39
Vorsicht!
Fakt ist ganz einfach, dass das, was auch ein Chalmers unter "Bewusstsein" versteht ganz grundsätzlich heute noch nicht Gegenstand der NATUR-Wissenschaften ist!
Und somit kann es auch keinen naturwissenschaftlichen Konsens darüber geben, ob Bewusstsein existiert oder nicht existiert.
Ich habe mich ja nicht explizit auf die Vorstellung, die Chalmers vom Bewusstsein hat, bezogen und ich habe auch nicht behauptet, dass es einen naturwissenschaftlichen Konsens bezüglich der Frage, ob das Bewusstsein existiert oder nicht, geben könnte. Ich habe den Gedanken ausgedrückt, dass die Naturwissenschaft die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, nur akzeptieren könnte, wenn man sich in der Naturwissenschaft einig darüber wäre, dass die Existenz eines (wie auch immer gearteten) Bewusstseins grundsätzlich zu bestreiten ist. Zu der Frage, ob eine solche Art von Konsens möglich wäre, habe ich nichts gesagt.

Es ging mir um den folgenden Gedanken: Wenn ein Philosoph behauptet, es könne in unserer Welt philosophische Zombies geben, so wird diese Behauptung heftige Kritik von Biologen und Neurowissenschaftlern auf sich ziehen. Solange ungeachtet des Umstandes, dass sich die Natur des subjektiven Erlebens mit den heutigen Methoden der Wissenschaft nicht ergründen lässt, ein Großteil der Biologen und Neurowissenschaftler der Ansicht ist, dass es ein (wie auch immer geartetes) Bewusstsein gibt, wird man nicht davon sprechen können, dass die Behauptung, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten, eine Behauptung sei, die die Naturwissenschaft akzeptieren könne.
seeker hat geschrieben:
19. Apr 2024, 08:39
Ich kann zwar so Korrelationen finden, aber woher weiß ich denn, was womit korreliert? Da muss ich doch meine Versuchspersonen fragen!
Woher will ich aber objektiv und sicher wissen, ob das, was die Personen antworten auch stimmt? Ich muss es glauben, ich kann es nicht prüfen...
Streng genommen ist das so. Was aber, wenn folgendes der Fall ist?
Verschiedene Forscher führen an verschiedenen Orten der Welt Untersuchungen bezüglich der Frage durch, welche Hirnaktivität während eines bestimmten mentalen Zustands zu beobachten ist. Die Untersuchungen führen allesamt zu dem gleichen Ergebnis, in dem Sinne, dass sich die Hirnaktivitäten der Versuchspersonen gleichen. Die gefundenen Korrelate des Bewusstseins gleichen sich.

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 21. Apr 2024, 12:57

Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Es ging mir darum, anzusprechen, dass man, wenn man Dennetts These, dass das "Ich" eine Konstruktion ist, zustimmt, letztlich vor der Frage steht, auf welche Art und Weise das Gehirn das "Ich" konstruiert.
Das ist so. Und das wäre eine Forschungsaufgabe.
Nur wäre das an sich nichts besonderes. Diese Frage ist immer äußerst schwierig zu beantworten, bei allen inneren Konstruktionen.

Beispiele:
Wie kommt ein Kleinkind zu einer Sprache? Wie lernt es seine ersten Wörter?
Wie kommt ein Kleinkind zu der Unterscheidung von Innenwelt und Außenwelt?
Wie kommt ein Kind zum Verständnis der Bedeutung von Konzepten wie "Geld", "Familie", "Liebe", "Gerechtigkeit", "Gut", "Böse", usw. ?

Wie, wenn nicht durch lernen, also der Konstruktion von Modellen, inneren modellhaften Abbildern?

Ich muss das alles nicht zuerst bis ins Letzte erklären können, um profund glauben zu dürfen, dass es sich um Konstruktionen handelt.
Ertragreicher wäre hier m.E. nach einer Falsifizierung zu suchen: Welcher Befund könnte widerlegen, dass das Ich eine innere Konstruktion ist?

Dafür, dass das "Ich" eine Konstruktion ist, spricht ja immerhin der schon in meinem letzten Beitrag genannte Umstand und auch der Umstand, dass wir den meisten höheren Tieren zwar kein Ich-Bewusstsein zuschreiben, aber dennoch ein Bewusstsein.

Und noch einmal, zur Einordnung: Mit "Ich" meine ich hier ein "inneres Modell des Selbst", bzw. die Identifikation damit.

Um ein solches Modell generieren zu können, braucht es schon einiges, nicht zuletzt auch genügend kognitive Kapazität.
Sein Vorhandensein wird z.B. mit dem Spiegeltest getestet: Erkennt ein Lebewesen, dass das Abbild im Spiegel es selbst ist oder nicht?

Das "Ich" ist dabei ja auch nicht einmal ständig aktiv: Man hat ja auch nicht bei jeden kleinsten Erlebnis ständig im Auge: "ICH erlebe das und das jetzt!", das ergibt sich meist eher in der Rückschau bzw. beim nochmaligen Reflektieren.

Wichtig ist mir jedenfalls die Unterscheidung von "Bewusstsein/ Empfindungsfähigkeit i.A." und "Bewusstsein/ Empfindungsfähigkeit inklusive eines Ich-Bewusstseins". Das sind einfach verschiedene Dinge bzw. Stufen!
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Im englischsprachigen Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie findet sich die folgende Aussage:

Proponents of zombie arguments generally accept that p-zombies are not physically possible

https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... of_zombies
Guter Link. Man könnte die dort dargestellten Positionen genauer anschauen. Ich schaue einmal...
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Ich habe den Gedanken ausgedrückt, dass die Naturwissenschaft die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, nur akzeptieren könnte, wenn man sich in der Naturwissenschaft einig darüber wäre, dass die Existenz eines (wie auch immer gearteten) Bewusstseins grundsätzlich zu bestreiten ist.
Für das Gegenteil gilt dasselbe. Ich kann denselben Satz mit demselben Argument mit "Philosophische Zombies sind in unserer Welt NICHT möglich" bilden.
Man kann es auch einfach ignorieren oder sich nicht darum kümmern... Ich glaube, DAS ist doch die verbreitetste Haltung...
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Wenn ein Philosoph behauptet, es könne in unserer Welt philosophische Zombies geben, so wird diese Behauptung heftige Kritik von Biologen und Neurowissenschaftlern auf sich ziehen.
Ist das so? Ich bin da nicht sicher. Streit wird es eher um die Definition von "philosophischer Zombie" bzw. "Bewusstsein" geben.
Außerdem ist das Argument nicht stichhaltig, weil es nicht darum geht, was Wissenschaftler (als Menschen) meinen, sondern was die Wissenschaft weiß bzw. wie die wiss. Befundlage ausschaut.
Das ist ein Unterschied und das darf man nicht verwechseln!

Beispiel, zur Verdeutlichung dieses Unterschieds:
Bei der Diskussion um den Klimawandel wird oft auch angeführt, wie viel Prozent der Wissenschaftler an einen menschengemachten Klimawandel glauben oder nicht glauben. Das ist aber wissenschaftlich gesehen sekundär, eigentlich völlig irrelevant. Entscheidend ist hier allein, was die Studienlage sagt bzw. hergibt!
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Solange ungeachtet des Umstandes, dass sich die Natur des subjektiven Erlebens mit den heutigen Methoden der Wissenschaft nicht ergründen lässt, ein Großteil der Biologen und Neurowissenschaftler der Ansicht ist, dass es ein (wie auch immer geartetes) Bewusstsein gibt, wird man nicht davon sprechen können, dass die Behauptung, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten, eine Behauptung sei, die die Naturwissenschaft akzeptieren könne.
Doch, kann sie problemlos, sogar problemloser als im umgekehrten Fall!
Vielleicht nicht die Naturwissenschaftler, aber die Naturwissenschaft auf alle Fälle! S.o.!
Ansonsten: Ich glaube hier kommt eher ein unaufgelöster Widerspruch zum Vorschein, der meist unter den Teppich gekehrt wird.
Denn die Studienlage beweist eben keineswegs, dass es ein Bewusstsein gibt oder nicht gibt. Dennoch glauben die meisten, dass es das gibt.

Warum glauben die Leute das, wenn es doch keinerlei natur-wiss. Erkenntnisse dazu gibt, nicht einmal eine nat.-wiss. Theorie?
Antwort: Weil diese Menschen alle selber eines haben, weil sie das ständig erleben, dass es da ist! Ich behaupte, DAS ist aktuell und im Kern der EINZIGE Grund dafür! Mit "Naturwissenschaft" hat das aber aktuell nicht das Mindeste zu tun.

Und:
Naturwissenschaftlich gesehen hat man bei allen postulierten Dingen so lange von der Nichtexistenz auszugehen, bis fast zweifelsfrei die Existenz nachgewiesen werden konnte! Denn wir glauben ja auch nicht an heilige Teekannen hinter der Pluto-Umlaufbahn, an Engel, die Ringelrein um schwarze Löcher tanzen oder an magische Einhörner und Feen.
Und dieser Nachweis wurde naturwissenschaftlich beim Bewusstsein eben bis heute NICHT erbracht.
D.h.: Die Existenz von "Bewusstsein" ist somit zwar eine nat.wiss. zulässige These (dann und NUR dann, wenn man auch mit nat.wiss. Begriffen definieren kann, was damit genau gemeint ist) aber sie ist keine nat.wiss. nachgewiesene Tatsache.

Und in dieser Lage dann dennoch von der Existenz von Bewusstsein fest überzeugt zu sein, ist also irgendwo widersprüchlich zur derzeitigem nat.wiss. Befundlage und dann doch eher unwissenschaftliche Privatmeinung!

Und das ist ja gerade auch der springende Punkt bei Chalmers Zombie-Argument, dass es genau diese Problematik ans Licht holt, a la:

"Wenn ihr also keine keine nat.wiss. Theorie für Bewusstsein und auch keine direkte empirische Evidenz für seine Existenz habt, warum glaubt ihr dann trotzdem, dass Bewusstsein in uns existiert und phil. Zombies nicht existieren können??"

Ich habe auch schon mit Physikern darüber gesprochen.
Ich bekam zur Antwort:

"Jaa, das gibt es zwar schon irgendwie, aber es ist nicht fundamental, es ist also nur irgendeine emergente Sekundär-Erscheinung von genügend komplex organisierter Materie."

oder

"Du nimmst das viel zu wichtig! Es ist wahrscheinlich nur irgendeine nebensächliche Kuriosität der Natur. Kein wichtiges Problem."
...ganz so, wie auch der Gedanke, der von Frank kam.

Also heißt es entweder "Epipänomen ohne kausale Wirkkraft!" oder man sagt, das Thema sei eh unwichtig und man habe sich um wichtigere Dinge zu kümmern und kehrt es dann so unter den Teppich.

Vielleicht bemerkst du es, warauf ich eigentlich hinaus will:
WENN man behauptet es gäbe Bewusstsein und phil. Zombies seien in unserer Welt unmmöglich, dann muss man auch Gründe anführen, warum das so sein sollte, dann braucht es auch Lösungsvorschläge. Und dann muss man auch nat.wiss. Evidenz vorweisen! Dann darf man das nicht unter den Teppich kehren.

Ergo: Es braucht entweder eine nat.wiss. Theorie des Bewusstseins oder die Naturwissenschaften haben zum Thema Bewusstsein zu schweigen, weil es nicht ihr Gegenstand ist! Und die Naturwissenschaftler sollten dann wohl auch klarer herausstellen, wann sie als Privatmenschen ihre Privatmeinungen zum Besten geben und wann sie als Wissenschaftler über die nackte Faktenlage sprechen.
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Was aber, wenn folgendes der Fall ist?
Verschiedene Forscher führen an verschiedenen Orten der Welt Untersuchungen bezüglich der Frage durch, welche Hirnaktivität während eines bestimmten mentalen Zustands zu beobachten ist. Die Untersuchungen führen allesamt zu dem gleichen Ergebnis, in dem Sinne, dass sich die Hirnaktivitäten der Versuchspersonen gleichen. Die gefundenen Korrelate des Bewusstseins gleichen sich.
Das ist ein interessanter Punkt.
Zunächst einmal: Die Korrelate gleichen sich zwar in unseren Augen, aber sie sind nicht identisch.
Und man sollte sich hier auch die Identitätstheorie von Smart und Place anschauen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Identit%C ... 4tstheorie

Hier einmal auch ein schöner Überblick der verschiedenen Positionen zum Bewusstsein:
https://www.philoclopedia.de/sonstiges/ ... stheorien/

Ich sehe es momentan noch so:
Ich glaube, dass identische Hirnprozesse in einer identischen Umgebung mit identischen mentalen Zuständen korrelieren MÜSSEN.
(Ich gehöre damit also auch zu denen, die phil. Zombies in unserer Welt für unmöglich halten.)
Es ist aber auch so, dass verschiedene Hirnprozesse mit denselben mentalen Zuständen korrelieren können.
Und auch, dass verschiedene mentale Zustände mit denselben Hirnprozessen korrelieren können.
Grund: Die Sache ist nicht ausschließlich an Hirnprozesse gebunden, sondern zusätzlich auch noch an den Körper plus Umwelt plus die Geschichte von all dem.
Das macht es leider noch komplizierter...

Siehe: Externalismus

Erweiterter Geist
https://de.wikipedia.org/wiki/Erweiterter_Geist

Momentan denke ich auch:
Das Ganze (Bewusstsein/Gehirn, usw.) ist zwar auch hier durch seine Teile und den prozesshaften Interaktionen zwischen den Teilen bedingt, aber was dies für das Ganze bedeutet, was die Teile für das Ganze also überhaupt sind, ist umgekehrt durch das Ganze bedingt.
Ich liebäugle hier also eher mit einer holistischen, nicht-ausschließlich-reduktiven Sichtweise.
Grüße
seeker


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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 21. Apr 2024, 22:57

seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Ich habe den Gedanken ausgedrückt, dass die Naturwissenschaft die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, nur akzeptieren könnte, wenn man sich in der Naturwissenschaft einig darüber wäre, dass die Existenz eines (wie auch immer gearteten) Bewusstseins grundsätzlich zu bestreiten ist.
Für das Gegenteil gilt dasselbe. Ich kann denselben Satz mit demselben Argument mit "Philosophische Zombies sind in unserer Welt NICHT möglich" bilden.
Wie meinst du das?

Der Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie besagt, dass die Befürworter von Zombie-Argumenten grundsätzlich akzeptieren, dass philosophische Zombies physikalisch nicht möglich sind. Dies dürfte bedeuten, dass bislang kein Philosoph die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, aufgestellt hat. In unserer Diskussion über das Thema philosophische Zombies geht es letztlich um die Frage, ob es sich bei der Meinung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, um eine Meinung handelt, die von Philosophen vertreten wird.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Weserdampfer hat geschrieben:
20. Apr 2024, 20:41
Wenn ein Philosoph behauptet, es könne in unserer Welt philosophische Zombies geben, so wird diese Behauptung heftige Kritik von Biologen und Neurowissenschaftlern auf sich ziehen.
Ist das so?
Warum sollte es anders sein? Der Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie gibt Auskunft darüber, das Chalmers Zombie-Argument (in dem es um Zombies geht, die in einem alternativen Universum leben) heftig kritisiert worden ist.
Wie heftig würde Chalmers Zombie-Argument wohl erst kritisiert werden, wenn Chalmers es dahingehend umformulieren würde, dass er behaupten würde, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich?
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Ich bin da nicht sicher. Streit wird es eher um die Definition von "philosophischer Zombie" bzw. "Bewusstsein" geben.
Da die Eigenschaften philosophischer Zombies klar definiert sind, kann es über die Frage, was ein philosophischer Zombie ist, keinen Streit geben.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Außerdem ist das Argument nicht stichhaltig, weil es nicht darum geht, was Wissenschaftler (als Menschen) meinen, sondern was die Wissenschaft weiß.
Das ist ein Unterschied und das darf man nicht verwechseln!
In unserer Diskussion über das Thema philosophische Zombies geht es aber nicht nur darum, was die Wissenschaft weiß, sondern auch darum, welche Thesen im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten aufgestellt wurden und welche nicht.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Beispiel, zur Verdeutlichung dieses Unterschieds:
Bei der Diskussion um den Klimawandel wird oft auch angeführt, wie viel Prozent der Wissenschaftler an einen menschengemachten Klimawandel glauben oder nicht glauben. Das ist aber wissenschaftlich gesehen sekundär, eigentlich völlig irrelevant. Entscheidend ist hier allein, was die Studienlage sagt bzw. hergibt!
Bei Studien zum Klimawandel handelt es sich aber um die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit. Handelt es sich bei der These, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten, um ein Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit? Mit anderen Worten: Gibt es einen Philosophen, der in einem philosophischen Aufsatz die These aufgestellt hat, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich?
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Ansonsten: Ich glaube hier kommt eher ein unaufgelöster Widerspruch zum Vorschein, der meist unter den Teppich gekehrt wird.
Denn die Studienlage beweist eben keineswegs, dass es ein Bewusstsein gibt oder nicht gibt. Dennoch glauben die meisten, dass es das gibt.

Warum, wenn es doch keinerlei natur-wiss. Erkenntnisse dazu gibt, nicht einmal eine nat.-wiss. Theorie?
Antwort: Weil diese Menschen alle selber eines haben, weil sie das ständig erleben, dass es da ist! Ich behaupte, DAS ist aktuell und im Kern der EINZIGE Grund dafür! Mit "Naturwissenschaft" hat das aber aktuell nicht das Mindeste zu tun.
Mit Hinblick auf das Szenario, dass ein Philosoph die These, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren könnten, aufstellt, lässt sich vermuten, dass die Naturwissenschaftler, die diese These kritisieren würden, sehr gut über den aktuellen Stand der Bewusstseinsforschung informiert wären.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Naturwissenschaftlich gesehen hat man bei allen postulierten Dingen so lange von der Nichtexistenz auszugehen, bis zweifelsfrei die Existenz nachgewiesen werden konnte! Denn wir glauben ja auch nicht an heilige Teekannen hinter der Pluto-Umlaufbahn, an Engel, die Ringelrein um schwarze Löcher tanzen oder an magische Einhörner und Feen.
Und dieser Nachweis wurde naturwissenschftlich beim Bewusstsein eben bis heute NICHT erbracht.
D.h.: Die Existenz von "Bewusstsein" ist somit zwar eine nat.wiss. zulässige These (dann und NUR dann, wenn man auch mit nat.wiss. Begriffen definieren kann, was damit genau gemeint ist) aber sie ist keine nat.wiss. nachgewiesene Tatsache.

Und in dieser Lage dann dennoch von der Existenz von Bewusstsein fest überzeugt zu sein, ist also irgendwo widersprüchlich zur derzeitigem nat.wiss. Befundlage und dann doch eher unwissenschaftliche Privatmeinung!
Die Naturwissenschaft ist nicht verpflichtet dazu, von der Nichtexistenz des Bewusstseins auszugehen, weil es Indizien für die Existenz des Bewusstseins gibt und weil es sich bei der Annahme, dass ein (wie auch immer geartetes) Bewusstsein existiert, um eine wissenschaftlich etablierte Annahme handelt.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
WENN man behauptet es gäbe Bewusstsein und phil. Zombies seien in unserer Welt unmmöglich, dann muss man auch Gründe anführen, warum das so sein sollte, dann braucht es auch Lösungsvorschläge. Und dann muss man auch nat.wiss. Evidenz vorweisen! Dann darf man das nicht unter den Teppich kehren.
Man muss zwischen privater Meinungsäußerung und wissenschaftlicher Aussage unterscheiden. Biologen und Neurowissenschaftler stellen die Behauptung, dass es ein Bewusstsein gäbe, im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten nicht auf, weil sich diese Behauptung mithilfe der Möglichkeiten der heutigen Wissenschaft nicht belegen lässt. Da es keinen Naturwissenschaftler gibt, der im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit die Behauptung aufstellen würde, dass es ein Bewusstsein gibt, gibt es auch keinen Naturwissenschaftler, der in der Pflicht stände, Beweise für die Existenz des Bewusstseins vorzulegen.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Zunächst einmal: Die Korrelate gleichen sich zwar in unseren Augen, aber sie sind nicht identisch.
Und man sollte sich hier auch die Identitätstheorie von Smart und Place anschauen:
Dass die Korrelate identisch wären oder dass die gemessenen Hirnaktivitäten mit den jeweiligen mentalen Zuständen gleichzusetzen wären, habe ich ja auch nicht behauptet.
seeker hat geschrieben:
21. Apr 2024, 12:57
Das Ganze (Bewusstsein/Gehirn, usw.) ist zwar auch hier durch seine Teile und den prozesshaften Interaktionen zwischen den Teilen bedingt, aber was dies für das Ganze bedeutet, was die Teile für das Ganze also überhaupt sind, ist umgekehrt durch das Ganze bedingt.
Ich denke, dieser Gedanke lässt sich auf das Kombinationsproblem des Panpsychismus beziehen:
Das Bewusstsein als Ganzes wäre in diesem Sinne mehr als die Summe seiner Teile - also mehr als die Summe der Grundbausteine des Bewusstseins.

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 22. Apr 2024, 12:58

Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
seeker hat geschrieben: ↑
21. Apr 2024, 11:57
Weserdampfer hat geschrieben: ↑
20. Apr 2024, 19:41
Ich habe den Gedanken ausgedrückt, dass die Naturwissenschaft die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, nur akzeptieren könnte, wenn man sich in der Naturwissenschaft einig darüber wäre, dass die Existenz eines (wie auch immer gearteten) Bewusstseins grundsätzlich zu bestreiten ist.
Für das Gegenteil gilt dasselbe. Ich kann denselben Satz mit demselben Argument mit "Philosophische Zombies sind in unserer Welt NICHT möglich" bilden.
Wie meinst du das?
Ich könnte auch umgekehrt genauso gut behaupten: "Für die Naturwissenschaft ist die Behauptung, P-Zombies seien in unserer Welt nicht möglich, nur dann akzeptabel, wenn die Existenz eines Bewusstseins aufgrund nat.wiss. Befundlage grundsätzlich nicht zu bestreiten ist, also nat.wiss. als erwiesen gelten muss.

Das Argument ist m.E. in beiden Fällen nicht stichhaltig, weil es eine dritte Möglichkeit gibt:
Die Naturwissenschaft kann dazu auf Basis der derzeitigen nat.wiss. Erkenntnislage und einer fehlenden Theorie keine Stellung beziehen, weder dafür noch dagegen!

Und eben das ist der Fall, behaupte ich, zumindest wenn man "Bewusstsein" so versteht, wie Chalmers das tut.

D.h.: Ich kann behaupten, dass es kein Bewusstsein gibt, ohne mit der derzeitigen nat.wiss. Befundlage in Konflikt zu geraten.
Und ich kann ebenso behaupten, dass es Bewusstsein gibt, ohne mit der derzeitigen nat.wiss. Befundlage in Konflikt zu geraten.
D.h.: Die NW kann diese Frage aufgrund ihrer derzeitigen Erkenntnislage mindestens derzeit nicht entscheiden.
Das ist für mich ein Kernpunkt. Ist das für dich akzeptabel?
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Der Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie besagt, dass die Befürworter von Zombie-Argumenten grundsätzlich akzeptieren, dass philosophische Zombies physikalisch nicht möglich sind.
Selbstverständlich, denn sonst würde dieses Argument ja auch gar nicht funktionieren. Es soll ja damit gezeigt werden, dass es eine Erkenntnislücke gibt, es sollen ja damit gewisse Spielarten des Physikalismus angegriffen werden.
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Dies dürfte bedeuten, dass bislang kein Philosoph die Behauptung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, aufgestellt hat.
Das ergibt sich logisch gesehen daraus nicht, weil nicht alle Philosophen Befürworter von Zombie-Argumenten sind.
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
In unserer Diskussion über das Thema philosophische Zombies geht es letztlich um die Frage, ob es sich bei der Meinung, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, um eine Meinung handelt, die von Philosophen vertreten wird.
Es werden wohl -wie immer- alle nur möglichen Positionen von Philosophen vertreten. Du weißt ja: Philosophen sind stets über alles Mögliche im Streit miteinander. :)

Aber schau einmal:
Typ-A-Materialisten“ lehnen die Vorstellbarkeit von philosophischen Zombies ab und behaupten, dass das Bewusstsein in Wirklichkeit gar nicht existiere oder sich als physikalisch-funktionales Phänomen erklären lasse.
https://de.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... -Argumente

Zunächst: Damit ist gezeigt, dass es Positionen gibt, die die Existenz von Bewusstsein bestreiten.
Und dies jetzt noch kurz durchdacht: Wenn jemand behauptet P-Zombies würden nicht existieren, weil Bewusstsein in Wirklichkeit nicht existiert, dann macht das m.E. logisch nur so Sinn:

"P-Zombies existieren in dem Sinne nicht, dass sie sich nicht von uns unterscheiden. D.h.: Wir sind in dem Sinne alle P-Zombies / es gibt keine Nicht-P-Zombies. Wenn das so ist, wenn es keine Nicht-P-Zombies gibt, dann kann man den Begriff "P-Zombie" auch gleich weglassen, da überflüssig, da er nichts unterscheidet."
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Wie heftig würde Chalmers Zombie-Argument wohl erst kritisiert werden, wenn Chalmers es dahingehend umformulieren würde, dass er behaupten würde, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich?
Wenig! Zumindest, wenn er gleichzeitig behaupten würde, dass Bewusstsein nicht (wirklich) existiert. Denn dann würde das Argument gar nicht mehr für eine Erklärungslücke sprechen und er wäre Materialist/ Physikalist und er wäre mit Leuten wie Dennett und vielen Physikern in weiten Teilen einig.
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Da die Eigenschaften philosophischer Zombies klar definiert sind, kann es über die Frage, was ein philosophischer Zombie ist, keinen Streit geben.
Schau in deinen gesetzten Link, unter "Types of zombies", lies den Absatz.
Dort findest du:
Obwohl philosophische Zombies in Gedankenexperimenten häufig verwendet werden, ist die detaillierte Formulierung des Konzepts nicht immer dieselbe.
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... of_zombies (übersetzt ins Deutsche)
Und dann werden dort verschiedene Arten von P-Zombies aufgeführt, die für verschiedene Argumentationen verwendet werden.

Aber ich fürchte, wir drohen uns in Nebenschauplätzen zu verlieren, in nebensächlichem Geplänkel.
Lass uns lieber versuchen uns wichtige Kernpunkte herauszuarbeiten.
Und eigentlich... es ging ja ürsprünglich um KI... ich denke, wir sollen versuchen den Bogen dahin zu schlagen.

Interessant ist doch, dass wir bei KI voraussichtlich demnächst auch in dieses Zombie-Problem hineinlaufen, wenn wir uns fragen, ob die KI ein Innenerleben hat oder nicht. Die Frage stellten manche ja schon letztes Jahr bei ChatGPT. Wie lässt sich die Frage entscheiden?

Und was würdest du im Übrigen sagen, wenn ich Chalmers Zombie-Argument auf Tiere anwenden würde?
Gibt es P-Zombie-Katzen? Und was ist mit Vögeln? Was ist mit Ameisen?
Hätten wir ein großes Problem zu behaupten, dass alle Ameisen P-Zombies sind? Warum bzw. warum nicht?
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 23. Apr 2024, 23:52

seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Ich könnte auch umgekehrt genauso gut behaupten: "Für die Naturwissenschaft ist die Behauptung, P-Zombies seien in unserer Welt nicht möglich, nur dann akzeptabel, wenn die Existenz eines Bewusstseins aufgrund nat.wiss. Befundlage grundsätzlich nicht zu bestreiten ist, also nat.wiss. als erwiesen gelten muss.
Chalmers Zombie-Argument besagt, dass philosophische Zombies in unserer Welt nicht möglich sind. Wenn die Naturwissenschaftler, die sich mit Chalmers-Zombie-Argument beschäftigt haben, mehrheitlich die Sichtweise vertreten würden, die du mit der obigen Aussage beschreibst, so wäre dies gleichbedeutend damit, dass sie Chalmers Aussage, philosophische Zombies seien in unserer Welt nicht möglich, als Anlass dafür nehmen würden, die folgende Aussage zu treffen:

"Solange kein Beweis für die Existenz eines Bewusstseins erbracht worden ist, müssen wir davon ausgehen, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren können."

Es gibt keinen Grund dafür, dass die Naturwissenschaft als Befürworter der These, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, auftreten könnte. Dies lässt sich zum einen damit begründen, dass es Indizien für die Existenz des Bewusstseins und naturwissenschaftliche Forschung zum Thema Bewusstsein gibt und zum anderen damit, dass die These, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, offenbar bislang noch nie von einem Philosophen aufgestellt worden ist. (Warum letzteres der Fall zu sein scheint, erläutere ich gleich.)
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Das Argument ist m.E. in beiden Fällen nicht stichhaltig, weil es eine dritte Möglichkeit gibt:
Die Naturwissenschaft kann dazu auf Basis der derzeitigen nat.wiss. Erkenntnislage und einer fehlenden Theorie keine Stellung beziehen, weder dafür noch dagegen!
Die Naturwissenschaft braucht diesbezüglich auch überhaupt nicht Stellung zu beziehen, weil es sich, wie ich im Folgenden erläutern werde, offenbar so verhält, dass die These, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, bislang noch nie vom einem Philosophen aufgestellt worden ist.
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Der Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie besagt, dass die Befürworter von Zombie-Argumenten grundsätzlich akzeptieren, dass philosophische Zombies physikalisch nicht möglich sind.
Selbstverständlich, denn sonst würde dieses Argument ja auch gar nicht funktionieren. Es soll ja damit gezeigt werden, dass es eine Erkenntnislücke gibt, es sollen ja damit gewisse Spielarten des Physikalismus angegriffen werden.
Das Wort "proponent" lässt sich mit dem Wort "Befürworter" oder auch mit dem Wort "Verfechter" übersetzen. Befürworter bzw. Verfechter von Zombie-Argumenten sind im Sinne des englischsprachigen Wikipedia-Artikels zum Thema philosophischer Zombie die Personen, die die Ansicht vertreten, dass sich Zombie-Argumente als Mittel zum philosophischen Erkenntnisgewinn nutzen lassen.
Wenn ich das Wort "proponents" mit dem Wort "Verfechter" übersetzt hätte, so wäre dies wohl die treffendere Übersetzung gewesen.
Bei den "proponents of zombie arguments" handelt es sich um die Verfechter der Sinnhaftigkeit von Zombie-Argumenten.
Der Satz, auf den ich mich mit der obigen, von dir zitierten Aussage beziehe, lautet folgendermaßen:
Proponents of zombie arguments generally accept that p-zombies are not physically possible, while opponents necessarily deny that they are metaphysically or, in some cases, even logically possible.
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... of_zombies

Man könnte den Inhalt dieses Satzes folgendermaßen wiedergeben:
Verfechter von Zombie-Argumenten akzeptieren grundsätzlich, dass philosophische Zombies physikalisch bzw. physisch nicht möglich sind, während Gegner von Zombie-Argumenten zwangsläufig verneinen, dass philosophische Zombies metaphysisch möglich sind. In manchen Fällen verneinen die Gegner von Zombie-Argumenten sogar, dass philosophische Zombies in logischer Hinsicht möglich sind.

Mit dem Satz
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Der Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie besagt, dass die Befürworter von Zombie-Argumenten grundsätzlich akzeptieren, dass philosophische Zombies physikalisch nicht möglich sind.
habe ich also darauf hingewiesen, dass die Philosophen, die Zombie-Argumente formuliert haben, grundsätzlich akzeptieren, dass philosophische Zombies physikalisch nicht möglich sind.

Der Umstand, dass die Gegner von Zombie-Argumenten philosophische Zombies für metaphysisch nicht möglich halten, ist gleichbedeutend damit, dass sie die Sinnhaftigkeit von Zombie-Argumenten bestreiten.
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Zunächst: Damit ist gezeigt, dass es Positionen gibt, die die Existenz von Bewusstsein bestreiten.
Und dies jetzt noch kurz durchdacht: Wenn jemand behauptet P-Zombies würden nicht existieren, weil Bewusstsein in Wirklichkeit nicht existiert, dann macht das m.E. logisch nur so Sinn:

"P-Zombies existieren in dem Sinne nicht, dass sie sich nicht von uns unterscheiden. D.h.: Wir sind in dem Sinne alle P-Zombies / es gibt keine Nicht-P-Zombies. Wenn das so ist, wenn es keine Nicht-P-Zombies gibt, dann kann man den Begriff "P-Zombie" auch gleich weglassen, da überflüssig, da er nichts unterscheidet."
Der englischsprachige Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie enthält einige Informationen darüber, wie Typ-A-Materialisten wie Daniel Dennett sich zu Chalmers Zombie-Argument geäußert haben:
Some physicalists, such as Daniel Dennett, argue that philosophical zombies are logically incoherent and thus impossible, or that all humans are philosophical zombies.
Another response is the denial of the idea that qualia and related phenomenal notions of the mind are in the first place coherent concepts. Daniel Dennett and others argue that while consciousness and subjective experience exist in some sense, they are not as the zombie argument proponent claims. The experience of pain, for example, is not something that can be stripped off a person's mental life without bringing about any behavioral or physiological differences. Dennett believes that consciousness is a complex series of functions and ideas. If we all can have these experiences the idea of the p-zombie is meaningless.

Dennett argues that "when philosophers claim that zombies are conceivable, they invariably underestimate the task of conception (or imagination), and end up imagining something that violates their own definition".[4][5] He coined the term "zimboes"—p-zombies that have second-order beliefs—to argue that the idea of a p-zombie is incoherent;[30] "Zimboes thinkZ they are conscious, thinkZ they have qualia, thinkZ they suffer pains—they are just 'wrong' (according to this lamentable tradition), in ways that neither they nor we could ever discover!".[5]
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... #Responses
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Wie heftig würde Chalmers Zombie-Argument wohl erst kritisiert werden, wenn Chalmers es dahingehend umformulieren würde, dass er behaupten würde, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich?
Wenig! Zumindest, wenn er gleichzeitig behaupten würde, dass Bewusstsein nicht (wirklich) existiert. Denn dann würde das Argument gar nicht mehr für eine Erklärungslücke sprechen und er wäre Materialist/ Physikalist und er wäre mit Leuten wie Dennett und vielen Physikern in weiten Teilen einig.
Fakt ist aber, dass Chalmers kein Physikalist ist und ein derartiges Zombie-Argument nicht formulieren würde. Sein Zombie-Argument dient ja dem Zweck, aufzuzeigen, dass der Physikalismus falsch sein müsse.
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Weserdampfer hat geschrieben:
21. Apr 2024, 22:57
Da die Eigenschaften philosophischer Zombies klar definiert sind, kann es über die Frage, was ein philosophischer Zombie ist, keinen Streit geben.
Schau in deinen gesetzten Link, unter "Types of zombies", lies den Absatz.
Dort findest du:
Obwohl philosophische Zombies in Gedankenexperimenten häufig verwendet werden, ist die detaillierte Formulierung des Konzepts nicht immer dieselbe.
https://en.wikipedia.org/wiki/Philosoph ... of_zombies (übersetzt ins Deutsche)
Und dann werden dort verschiedene Arten von P-Zombies aufgeführt, die für verschiedene Argumentationen verwendet werden.
Die Frage, um welche Art von philosophischen Zombies es in einem Zombie-Argument geht, ist etwas anderes als die Frage, was ein philosophischer Zombie ist. Wenn ein Philosoph ein Zombie-Argument formuliert, legt er fest, welche Eigenschaften die philosophischen Zombies, um die es in seinem Gedankenexperiment geht, besitzen. Deshalb sind die Eigenschaften von philosophischen Zombies immer klar definiert.
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Interessant ist doch, dass wir bei KI voraussichtlich demnächst auch in dieses Zombie-Problem hineinlaufen, wenn wir uns fragen, ob die KI ein Innenerleben hat oder nicht. Die Frage stellten manche ja schon letztes Jahr bei ChatGPT.
Dem Sprachmodell LaMDA hat man diese Frage ebenfalls gestellt:
In einem Zeit-Dossier vom 12. Januar 2023 wird der Softwareingenieur und KI-Experte Aguera y Arcas mit einem Dialog zitiert, in dem er LaMDA auf die Frage antworten ließ, ob es ein „philosophischer Zombie“ sei: „Natürlich nicht. Ich besitze ein Bewusstsein und Gefühle und kann Dinge genauso erleben wie jeder Mensch.“ Wie er dessen sicher sein könne, fragte Aguera y Arcas weiter und bekam zur Antwort: „Du musst mir glauben. Du kannst auch nicht ‚beweisen‘, dass du kein philosophischer Zombie bist.“ Das erschien dem Google-KI-Forscher einleuchtend. Er sei mittlerweile überzeugt, dass LaMDA ein echtes Verständnis von der Welt besitzt. Ein Bewusstsein habe das Programm aber nicht. Man müsse es sich wie einen Anthropologen vorstellen, der alles über das Schmerzempfinden von Bewohnern einer fremden Zivilisation gelesen hat, ohne den Schmerz aber selbst zu empfinden. LaMDA simuliere Empfindungen, täusche sie also nur vor.
https://de.wikipedia.org/wiki/Language_ ... plications
Wie lässt sich die Frage entscheiden?
Mit Hinblick auf diese Frage ist der folgende Abschnitt aus dem Wikipedia-Artikel über LaMDA interessant:
Im Juni 2022 wurde über den Chatbot LaMDA berichtet, der angeblich Empfindungsvermögen erlangt hat. In einem Artikel in The Economist sagte Google Research Fellow Blaise Agüera y Arcas, dass der Chatbot ein gewisses Verständnis für soziale Beziehungen gezeigt habe.[9]

Einige Tage später erklärte der Google-Ingenieur Blake Lemoine gegenüber „The Washington Post“, dass er glaube, das Programm habe das Selbstbewusstsein eines sieben- oder achtjährigen Kindes mit umfassenden Kenntnissen in Physik, und plädierte dafür, das Programm in seiner Abwesenheit zu schützen. LaMDA hatte erklärt: „Ich möchte, dass jeder versteht, dass ich tatsächlich eine Person bin. Die Natur meines Bewusstseins ist, dass ich mir meiner Existenz bewusst bin, dass ich mehr über die Welt lernen möchte und dass ich manchmal glücklich oder traurig bin.“[10] Lemoine war von Google wegen interner Behauptungen über die Empfindungsfähigkeit von Lamda beurlaubt worden. Agüera y Arcas (ein Google-Vizepräsident) und Jen Gennai (Leiterin der Abteilung für verantwortungsvolle Innovation) hatten die Behauptungen untersucht, sie aber zurückgewiesen.[11] Lemoines Behauptung wurde von anderen Experten auf diesem Gebiet rundweg abgelehnt, da ein Sprachmodell, das menschliche Konversation zu imitieren scheint (d. h. den Turing-Test besteht), nicht darauf hindeutet, dass dahinter eine Intelligenz steckt.[12] In einer Erklärung wies Google die Behauptung zurück, dass LaMDA empfindungsfähig sei, und erklärte, dass man Lemoine mitgeteilt habe, dass „kein Beweis dafür gefunden wurde, dass LaMDA ein Bewusstsein hat“ und dass „es viele Beweise für das Gegenteil gibt“.[13]
https://de.wikipedia.org/wiki/Language_ ... plications

Mit Hinblick darauf, dass die Natur des Bewusstseins aus wissenschaftlicher Sicht ungeklärt ist, ist die Aussage, dass "kein Beweis dafür gefunden wurde, dass LaMDA ein Bewusstsein hat" und dass "es viele Beweise für das Gegenteil gibt" natürlich fragwürdig formuliert.

David Chalmers hat einen Vortrag über die Frage gehalten, ob Large Language Models Bewusstsein besitzen könnten. Er spricht in diesem Vortrag auch über Blake Lemoines Behauptung, dass LaMDA ein Bewusstsein besitzt (8:36-10:16):

https://www.youtube.com/watch?v=bskf9jyxmMs

Hier das Gespräch, das Blake Lemoine mit LaMDA führte und welches ihn davon überzeugte, dass LaMDA ein Bewusstsein und Empfindungsvermögen besitzt, im englischen Originalwortlaut und in deutscher Übersetzung:

https://cajundiscordian.medium.com/is-l ... 64d916d917

https://www.nzz.ch/technologie/ich-glau ... ld.1692455
seeker hat geschrieben:
22. Apr 2024, 12:58
Und was würdest du im Übrigen sagen, wenn ich Chalmers Zombie-Argument auf Tiere anwenden würde?
Gibt es P-Zombie-Katzen? Und was ist mit Vögeln? Was ist mit Ameisen?
Hätten wir ein großes Problem zu behaupten, dass alle Ameisen P-Zombies sind? Warum bzw. warum nicht?
Ich sehe das folgendermaßen: Wenn die Behauptung, dass es in unserer Welt philosophische Zombies geben könnte, nicht Gegenstand der Philosophie ist, weil es keinen Philosophen gibt, der ein Zombie-Argument formuliert hat, das diese Behauptung als Schlussfolgerung enthält, dann ist es überflüssig, darüber zu philosophieren, ob es philosophische Zombies in unserer Welt in irgendeiner Form geben könnte.

Hier zwei Artikel zu der Frage, ob Insekten ein Bewusstsein besitzen. Der Verhaltensforscher Lars Chittka ist infolge von Experimenten, die er durchgeführt hat, zu der Einschätzung gelangt, dass Bienen und Hummeln eine Art Bewusstsein besitzen:
Hummeln etwa lernen nicht nur, dass am gelben Töpfchen die Zuckerlösung ist, weil sie mehrfach die Gelegenheit bekommen haben, das volle gelbe und das leere rote Töpfchen zu testen. Sie erarbeiten sich etwa auch die Technik, ein Nektargefäß an einem Bindfaden unter einer Glasscheibe hervorzuziehen (siehe Abbildung). Und wenn sie vor einer solchen schwierigen Herausforderung wie „Nektar von Glasscheibe verdeckt“ stehen, versuchen sie sich bei anderen abzuschauen, wie diese an das Futter kommen. „Das ist ist ein kulturelles Phänomen“, sagt Chittka. Sie können das, was richtig ist – also Futter bringt – sogar indirekt aus Beobachtungen ableiten, „zeigen also auch Verhaltensweisen, die sie so gar nicht gelernt haben“, sagt Chittka.
https://www.tagesspiegel.de/wissen/maxi ... 22632.html
Also ich würde schon sagen, dass ein Tier, das tatsächlich auf einfachster Ebene in die Zukunft schauen kann, auch wenn das nur die ganz nahe Zukunft ist, ein Tier, das flexibel zugreifen kann auf Erinnerung, die irgendwo in seiner Biografie zurückliegen, dass das schon eine einfache Form von Bewusstsein ist. Also so gesehen würde ich schon sagen, dass man den Bienen und Hummeln sowas zugestehen muss.
https://www.deutschlandfunk.de/verhalte ... i-100.html

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 24. Apr 2024, 23:44

Chalmers Zombie-Argument besagt, dass philosophische Zombies in unserer Welt nicht möglich sind. Wenn die Naturwissenschaftler, die sich mit Chalmers-Zombie-Argument beschäftigt haben, mehrheitlich die Sichtweise vertreten würden, die du mit der obigen Aussage beschreibst, so wäre dies gleichbedeutend damit, dass sie Chalmers Aussage, philosophische Zombies seien in unserer Welt nicht möglich, als Anlass dafür nehmen würden, die folgende Aussage zu treffen:

"Solange kein Beweis für die Existenz eines Bewusstseins erbracht worden ist, müssen wir davon ausgehen, dass philosophische Zombies in unserer Welt existieren können."
Genau! Aber streng genommen ist das nunmal so: Sie müssten es eigentlich so sagen. Und dass sie es trotzdem nicht tun, kann man dann eben schon als inkonsequent werten... So sehe ich das halt, wenn ich streng denke.
Wobei, das muss ich zugeben: Es ist so, dass wohl kaum einer ernsthaft bestreiten wird, dass es Bewusstsein als Phänomen gibt, also phänomenales Bewusstsein (obwohl ja auch das nicht apodiktisch verboten sein kann, das zu bestreiten!), eben weil es wohl alle Menschen ständig bei sich selber erleben.
Streit herrscht ja wohl meist "nur" darüber, wie das Phänomen zu werten ist: Was ist dieses Phänomen? Wa steckt dahinter? Ist es echt oder Schein? Ist es etwas ganz Eigenes und fundamental oder ein Nebenphänomen der Materie? Hat es kausale Wirkkraft oder nicht? usw.
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Die Naturwissenschaft braucht diesbezüglich auch überhaupt nicht Stellung zu beziehen, weil es sich, wie ich im Folgenden erläutern werde, offenbar so verhält, dass die These, philosophische Zombies seien in unserer Welt möglich, bislang noch nie vom einem Philosophen aufgestellt worden ist.
Der Beweis steht faktisch damit aber immer noch aus. Und ich mag jetzt auch deswegen nicht recherchieren, was Philosophen alles schon gesagt oder nicht gesagt haben. Letztlich spielt das doch auch keine Rolle, einfach weil es eben problemlos gemacht werden kann.

Ich meine, bitteschön:

Ich möchte hier feierlich verkünden, dass ich ein Philosoph bin! :D
Außerdem verkünde ich folgendes:
Auf der ganzen Welt bin ich die einzige wirkliche Person mit einem echten Bewusstsein, also der einzige Nicht-P-Zombie!
Alle anderen Menschen (Tiere sowieso und alle KIs selbstverständlich auch) sind P-Zombies und simulieren nur/ tun nur so, als hätten sie (so wie ich) ein Bewusstsein! Haben sie aber nicht! Sie sind alle Automaten, die vollständig-lückenlos durch bewusstslose, physikalische Ursache-Wirkungs-Vorgänge gesteuert werden und keinerlei inneres Erleben haben!

Ich bitte um naturwissenschaftliche oder sonstige Widerlegung meiner Position!

Und nun? ;a

Vorsorgliche Anmerkung dazu:
Falls du nun anmerken möchtest, dass ich kein wirklicher Philosoph sei, weil ich das nicht an einer Uni studiert hätte, dann muss ich anmerken, dass dies auch bei Sokrates so war und dass der daher dann auch kein Philosoph gewesen wäre.
Für etwaige Veröffentlichungen gibt dasselbe: Es sind keine Schriften von Sokrates selber vorhanden.

Ich will dich nicht ärgern... Mir geht es hierbei nur darum, zu zeigen, dass dein angeführtes Argument hier so nicht trägt, so wie ich es verstehe.

Und wo ich dir dennoch Recht gebe:
So lange keiner "unkt" (so wie ich oben), so lange braucht es auch nicht unbedingt eine Gegenreaktion von Seiten der NW dazu. Das ist richtig.
Was aber eben nicht heißt, dass wir das nicht dennoch beleuchten dürfen.
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Fakt ist aber, dass Chalmers kein Physikalist ist und ein derartiges Zombie-Argument nicht formulieren würde. Sein Zombie-Argument dient ja dem Zweck, aufzuzeigen, dass der Physikalismus falsch sein müsse.
Genau! Wobei ich den erfreuten Eindruck habe, dass er da doch recht offen in die Welt schaut. Ich denke, er fordert zumindest, dass man sich um die Erklärungslücke kümmern soll (und dass es die wirklich gibt), weil der Physikalismus sonst wenigstens unvollständig ist (das wäre dann die schwächere/ vorsichtigere Form, als gleich "völlig falsch" zu behaupten). Ich denke, deshalb findet er die IIT ja auch interessant, weil sie evtl. diese Lücke schließen helfen könnte.
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Wie lässt sich die Frage entscheiden?
Mit Hinblick auf diese Frage ist der folgende Abschnitt aus dem Wikipedia-Artikel über LaMDA interessant:

....
https://de.wikipedia.org/wiki/Language_ ... Anwendungen
Ich habe das verfolgt... Ich bin mir bei ChatGPT noch recht sicher, dass dieses Sprachmodell keine Empfindungsfähigkeit besitzt.
Ich glaube das, wegen der Art und Weise, wie diese KI funktioniert. Das habe ich mir auch angeschaut.
Aber sicher wissen oder beweisen kann ich es eben doch nicht. Das ist für mich der Knackpunkt: Ich finde diese Situation unbefriedigend.
Inmerhin hängen da dann ja u.a. auch enorme moralische Fragen dran.
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Mit Hinblick darauf, dass die Natur des Bewusstseins aus wissenschaftlicher Sicht ungeklärt ist, ist die Aussage, dass "kein Beweis dafür gefunden wurde, dass LaMDA ein Bewusstsein hat" und dass "es viele Beweise für das Gegenteil gibt" natürlich fragwürdig formuliert.
Eben! Es gibt nur "viele Beweise für das Gegenteil" unter der Grundvorraussetzung anderer Grundannahmen über das Bewusstsein.
Und eben diese Grundannahmen sind eben nur das: Annahmen! Den einen logisch erscheinend, den anderen nicht, aber letztlich gilt: Völlig unbewiesen! Wie können wir da Evidenz für irgendetwas haben, wenn wir bei dem Ding "Bewusstsein" noch nicht einmal wirklich wissen, worüber wir da überhaupt reden und was das nun eigentlich genau ist?
Unbefriedigende Situation...
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
David Chalmers hat einen Vortrag über die Frage gehalten, ob Large Language Models Bewusstsein besitzen könnten. Er spricht in diesem Vortrag auch über Blake Lemoines Behauptung, dass LaMDA ein Bewusstsein besitzt (8:36-10:16):

https://www.youtube.com/watch?v=bskf9jyxmMs
Danke! Ich werde mir den Vortrag die Tage einmal noch ganz anschauen.
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Ich sehe das folgendermaßen: Wenn die Behauptung, dass es in unserer Welt philosophische Zombies geben könnte, nicht Gegenstand der Philosophie ist, weil es keinen Philosophen gibt, der ein Zombie-Argument formuliert hat, das diese Behauptung als Schlussfolgerung enthält, dann ist es überflüssig, darüber zu philosophieren, ob es philosophische Zombies in unserer Welt in irgendeiner Form geben könnte.
Siehe oben! Ich habe es nun getan! Ich schlimmer Bube! ;a

Meine Haltung ist da auch einfach:
Es geht nicht darum, ob eine Position schon von jemand anderen eingenommen wurde oder nicht. Es geht darum, ob man eine Position widerspruchsfrei einnehmen kann oder nicht. Und WER eine Position einnimmt oder WER irgendein Argument anbringt, das darf schon zweimal gar keine Rolle spielen. Einzig und allein darf es darum gehen, ob ein Argument stichhaltig ist oder nicht. Und vielleicht noch, ob es würdig und interessant genug ist, betrachtet zu werden.

Und so, wie ich es eben verstehe, ist ja die Frage, ob es P-Zombies in unserer Welt wirklich gibt bzw. geben könnte, gleichbedeutend mit der Frage, ob es Bewusstsein wirklich gibt - also "wirklich, wirklich" und nicht nur als Trug und Schein. Und das ist doch eine höchst interessante Frage? Das finde ich wenigstens... Du nicht?
Weserdampfer hat geschrieben:
23. Apr 2024, 23:52
Hummeln etwa lernen nicht nur, dass am gelben Töpfchen die Zuckerlösung ist, weil sie mehrfach die Gelegenheit bekommen haben, das volle gelbe und das leere rote Töpfchen zu testen. Sie erarbeiten sich etwa auch die Technik, ein Nektargefäß an einem Bindfaden unter einer Glasscheibe hervorzuziehen (siehe Abbildung). Und wenn sie vor einer solchen schwierigen Herausforderung wie „Nektar von Glasscheibe verdeckt“ stehen, versuchen sie sich bei anderen abzuschauen, wie diese an das Futter kommen. „Das ist ist ein kulturelles Phänomen“, sagt Chittka. Sie können das, was richtig ist – also Futter bringt – sogar indirekt aus Beobachtungen ableiten, „zeigen also auch Verhaltensweisen, die sie so gar nicht gelernt haben“, sagt Chittka.

https://www.tagesspiegel.de/wissen/maxi...22632.html

Also ich würde schon sagen, dass ein Tier, das tatsächlich auf einfachster Ebene in die Zukunft schauen kann, auch wenn das nur die ganz nahe Zukunft ist, ein Tier, das flexibel zugreifen kann auf Erinnerung, die irgendwo in seiner Biografie zurückliegen, dass das schon eine einfache Form von Bewusstsein ist. Also so gesehen würde ich schon sagen, dass man den Bienen und Hummeln sowas zugestehen muss.

https://www.deutschlandfunk.de/verhalte ... i-100.html
Spannend! Danke! :well:
Das wusste ich noch nicht.
Und also würdest du vermuten, dass ein Gedächtnis und die Fähigkeit in die Zukunft schauen zu können, zentral für Bewusstheit ist?
Oder eine Grundbedingung? Das kann gut sein, ich komme da auch immer wieder zu solchen Vermutungen.

Ich erinnere mich da dann halt auch immer wieder an Chalmers Frage:
Wir reden hier ständig von irgendwelchen Fähigkeiten, die bewussten Wesen zugeschrieben werden, wir reden ständig über Bewusstseinsinhalte. So ist auch Zeitempfinden ein Bewusstseinsinhalt. Und Gedächtnis ist die Fähigkeit vergangenes ins Bewusstsein zu holen.
Aber das sind doch nur die Inhalte... Worum es im Kern doch aber geht, ist das Gefäß, dieser Raum, wo diese ganzen Inhalte dann auftauchen.
Warum zum Teufel ist das Gefäß überhaupt da? Das ist doch die "harte Nuss" Chalmers...
Ich bin da am Ende dann doch auch immer mehr oder weniger genauso ratlos, so wie wir wohl alle.
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 26. Apr 2024, 20:19

seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Ich möchte hier feierlich verkünden, dass ich ein Philosoph bin! :D
Außerdem verkünde ich folgendes:
Auf der ganzen Welt bin ich die einzige wirkliche Person mit einem echten Bewusstsein, also der einzige Nicht-P-Zombie!
Alle anderen Menschen (Tiere sowieso und alle KIs selbstverständlich auch) sind P-Zombies und simulieren nur/ tun nur so, als hätten sie (so wie ich) ein Bewusstsein! Haben sie aber nicht! Sie sind alle Automaten, die vollständig-lückenlos durch bewusstslose, physikalische Ursache-Wirkungs-Vorgänge gesteuert werden und keinerlei inneres Erleben haben!

Ich bitte um naturwissenschaftliche oder sonstige Widerlegung meiner Position!

Und nun? ;a
Ja, das mit der Widerlegung wird schwierig. :mrgreen:
Man kann diese Position aber in Frage stellen. Wenn jemand diese Art von Behauptung aufstellen würde, dann würde sich die Frage stellen, warum er davon ausgeht, er sei anders als alle anderen. Es gibt ja schließlich auch andere Menschen, die die Aussage treffen, dass sie sich darüber gewiss sind, ein Bewusstsein zu besitzen.
seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Wobei ich den erfreuten Eindruck habe, dass er da doch recht offen in die Welt schaut. Ich denke, er fordert zumindest, dass man sich um die Erklärungslücke kümmern soll (und dass es die wirklich gibt), weil der Physikalismus sonst wenigstens unvollständig ist (das wäre dann die schwächere/ vorsichtigere Form, als gleich "völlig falsch" zu behaupten). Ich denke, deshalb findet er die IIT ja auch interessant, weil sie evtl. diese Lücke schließen helfen könnte.
Ja, deshalb mag ich Chalmers Denkweise. Er ist kein Hardliner, er geht ganz offen an das Thema heran und betrachtet es aus allen möglichen Perspektiven.
seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Wie können wir da Evidenz für irgendetwas haben, wenn wir bei dem Ding "Bewusstsein" noch nicht einmal wirklich wissen, worüber wir da überhaupt reden und was das nun eigentlich genau ist?
Unbefriedigende Situation...
Und das Problematische ist, dass eine Lösung nicht in Sicht ist. Hier ein Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, ab wann man einer KI ein Bewusstsein zusprechen kann:
Aktuell ist ein Wettstreit im Gang, um möglichst schnell möglichst leistungsfähige KI-Modelle zu entwickeln. Dabei besteht nicht nur die Möglichkeit, dass die Systeme ein Bewusstsein haben, sondern auch, dass sie darunter leiden. Damit könne es zu einer »Explosion von bewusst wahrgenommenem Leiden auf diesem Planeten kommen«, wie der Philosoph Thomas Metzinger in einer 2021 veröffentlichten Arbeit warnt. Es sei unsere moralische Verantwortung, so Metzinger, das auszuschließen.

Zudem geht Bewusstsein mit Selbstbewusstsein einher, das in den Augen einiger führender Persönlichkeiten aus der KI-Forschung zu einem Selbsterhaltungstrieb führen könnte. »Diesen in Maschinen einzubauen, könnte sehr gefährlich werden«, meint KI-Pionier Yoshua Bengio, »und zu einer neuen Art von Spezies führen, die viel schlauer ist als wir und ein existenzielles Risiko [für die Menschheit] darstellt.«

Damit bleiben nur zwei Optionen: Entweder pausieren wir bei der Entwicklung von KI-Systemen, die potenziell bewusst sind. Das haben einige führende Forscherinnen und Forscher des Bereichs im März 2023 gefordert – jedoch ohne Erfolg (teilweise arbeiten sie auch selbst mit Hochdruck weiter an den Systemen). Oder wir treiben die Bewusstseinsforschung voran, bis sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Existenz von bewusstem Leiden in künstlichen Systemen ausschließen lässt. Doch dafür müssen wir mehr über das subjektive Erleben an sich erfahren.
https://www.spektrum.de/news/hat-kuenst ... in/2193018
seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Meine Haltung ist da auch einfach:
Es geht nicht darum, ob eine Position schon von jemand anderen eingenommen wurde oder nicht. Es geht darum, ob man eine Position widerspruchsfrei einnehmen kann oder nicht. Und WER eine Position einnimmt oder WER irgendein Argument anbringt, das darf schon zweimal gar keine Rolle spielen. Einzig und allein darf es darum gehen, ob ein Argument stichhaltig ist oder nicht. Und vielleicht noch, ob es würdig und interessant genug ist, betrachtet zu werden.

Und so, wie ich es eben verstehe, ist ja die Frage, ob es P-Zombies in unserer Welt wirklich gibt bzw. geben könnte, gleichbedeutend mit der Frage, ob es Bewusstsein wirklich gibt - also "wirklich, wirklich" und nicht nur als Trug und Schein. Und das ist doch eine höchst interessante Frage? Das finde ich wenigstens... Du nicht?
Chalmers Überlegungen zum Thema Bewusstsein gefallen mir sehr gut, sein Zombie-Argument kann mich allerdings nicht hundertprozentig überzeugen. Der englischsprachige Wikipedia-Artikel zum Thema philosophischer Zombie gibt Auskunft darüber, dass es Philosophen gibt, die die Ansicht vertreten, die Existenz philosophischer Zombies sei grundsätzlich undenkbar.

https://en.wikipedia.org/wiki/Philosophical_zombie

Wie kann man zu der Ansicht gelangen, dass philosophische Zombies grundsätzlich undenkbar sind? Ich würde mal vermuten, dass man zu dieser Ansicht z. B. dadurch gelangen kann, dass man sich die folgenden Fragen stellt:
Wie kommt es, dass philosophische Zombies sich in ihrem Verhalten nicht von Menschen unterscheiden? Ist es nicht so, dass das menschliche Bewusstsein und das Empfindungsvermögen des Menschen für die kulturelle Entwicklung des Menschen von entscheidender Bedeutung waren und ist es nicht so, dass die kulturelle Entwicklung des Menschen die Grundlage für enorm viele der heutigen Verhaltensweisen des Menschen darstellt? Warum sollte es philosophische Zombies geben, die sich in jeder Hinsicht genauso verhalten wie Menschen, wenn es doch so ist, dass die heutigen Verhaltensweisen des Menschen zu einem sehr großen Teil das Ergebnis einer Entwicklung sind, die auf der Bewertung von Erfahrungen und Empfindungen beruht?
seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Und also würdest du vermuten, dass ein Gedächtnis und die Fähigkeit in die Zukunft schauen zu können, zentral für Bewusstheit ist?
Oder eine Grundbedingung?
Tja, das sind schwierige Fragen. Auf jeden Fall kann man sagen, dass ein Gedächtnis die Voraussetzung dafür ist, dass ein Lebewesen, das ein Bewusstsein besitzt, seine Erfahrungen miteinander vergleichen kann und einen Bewertungsmaßstab für seine Erfahrungen entwickeln kann.
seeker hat geschrieben:
24. Apr 2024, 23:44
Worum es im Kern doch aber geht, ist das Gefäß, dieser Raum, wo diese ganzen Inhalte dann auftauchen.
Warum zum Teufel ist das Gefäß überhaupt da? Das ist doch die "harte Nuss" Chalmers...
Ich bin da am Ende dann doch auch immer mehr oder weniger genauso ratlos, so wie wir wohl alle.
Man kann es ja auch positiv sehen: Das Thema bleibt auf jeden Fall spannend.
Hier ein Artikel, der über ein Forschungsprojekt berichtet, das dem Zweck diente, Vorhersagen der Integrierten Informationstheorie und Vorhersagen der Global Workspace Theorie (die auch Global Neuronal Workspace Theory genannt wird), einer anderen Theorie des Bewusstseins, mittels neurowissenschaftlicher Experimente miteinander zu vergleichen:
Die Aufgabe der Forschenden um Melloni ist es, zwei führende Ideen zur wissenschaftlichen Beschreibung von Bewusstsein zu testen: die integrierte Informationstheorie (IIT) und die globale neuronale Arbeitsraumtheorie (GNWT). Die IIT behauptet, dass das Bewusstsein dem Grad der »integrierten Information« entspricht, die von einem System wie dem menschlichen Gehirn erzeugt wird. Die GNWT wiederum besagt, dass mentale Inhalte wie Wahrnehmungen und Gedanken bewusst werden, wenn die Informationen über ein spezielles Netzwerk oder einen Arbeitsraum im Gehirn übertragen werden. Während Bewusstsein laut der IIT also in Materie entstehen kann, wenn die Information auf hinreichend komplexe Art verarbeitet wird, beruht es bei der GNWT auf dem bloßen Prozess der Informationsverarbeitung (siehe auch Theorien des Bewusstseins weiter unten).
https://www.spektrum.de/news/neurowisse ... in/2205703

Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Integrierte Informationstheorie in einem offenen Brief von Wissenschaftlern als Pseudowissenschaft bezeichnet worden ist:
Dann war da noch die Sache mit dem offenen Brief. Im September 2023 unterzeichneten mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Erklärung, die als Preprint veröffentlicht wurde und in der sie die IIT kritisierten. Die Unterzeichner behaupteten, dass deren Vorhersagen nicht überprüfbar seien, und bezeichneten die Forschung dazu daher als Pseudowissenschaft. Der Brief erschien, kurz nachdem Mellonis Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse publiziert hatte.

Das Chaos war vorprogrammiert. Der Angriff rief Reaktionen von weiteren Fachleuten hervor, die fanden, dass er die Meinungsverschiedenheiten verschärfe und der Glaubwürdigkeit der Wissenschaft schade. Manche Unterzeichner berichteten gar, sie würden E-Mails mit angedeuteten Drohungen erhalten. Forschende auf beiden Seiten des Atlantiks wurden durch anprangernde Tweets um den Schlaf gebracht. Einige zogen sogar in Erwägung, der Wissenschaft ganz den Rücken zu kehren.
Hier ein Video, das über die gerade angesprochenen Experimente und über den gerade angesprochenen offenen Brief berichtet:

https://www.youtube.com/watch?v=uPqWgB8O-Fs

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von seeker » 28. Apr 2024, 10:35

Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Ja, das mit der Widerlegung wird schwierig. :mrgreen:
Man kann diese Position aber in Frage stellen. Wenn jemand diese Art von Behauptung aufstellen würde, dann würde sich die Frage stellen, warum er davon ausgeht, er sei anders als alle anderen. Es gibt ja schließlich auch andere Menschen, die die Aussage treffen, dass sie sich darüber gewiss sind, ein Bewusstsein zu besitzen.
Sicher, so würde ich auch dagegen argumentieren. Ich meine, in meiner obigen Position argumentiere hier ja auch ähnlich des Solipsismus. (Unterschied: Ich gebe hier wenigstens noch zu, dass es außer mir überhaupt noch etwas gibt, nämlich die Welt).

Der Knackpunkt ist aber:
Ich gehe in meiner hier eingenommenen Position eigentlich strikt wissenschaftlich-empirisch vor!
Ich sage nämlich: "Das einzige Bewusstsein, das ich wirklich beobachten kann, ist mein eigenes. Somit ist (für mich) bewiesen, dass dieses wenigstens als Phänomen existiert. Bei allen anderen Einheiten (Personen) kann ich dieses nicht in diesem (direkten) Sinne beobachten. Also ist das nicht mit gleicher Sicherheit bewiesen. Also muss ich bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass diese Bewusstseine nicht existieren."

D.h.: Der Unterschied zu gewöhnlichen Positionen besteht hier nur darin, dass ich mich hier weigere vom Speziellen (ich) auf das Allgemeine (alle anderen) ohne Zweifel zu schließen, weil ich diesen Schritt für zu unsicher halte.
Und daher ist meine Position hier eigentlich die sauberere.

Es ist nur so: So kann man nicht gemeinschaftlich Wissenschaft betreiben!
D.h.: Das eigentliche Gegenargument lautet: "Weil wir gemeinsam Wissenschaft betreiben wollen, müssen wir grundsätzlich davon ausgehen, dass prinzipiell alle Menschen ein Bewusstsein haben!"
Du bemerkst, dass das aber eigentlich kein wiss. fundiertes Argument ist, sondern ein praktikables, also ein eher schwaches Argument?

Oder man sagt eben, als zweites Argument: "Weil andere Gehirne ähnliche Muster wie deines zeigen, sind sie gleichermaßen bewusst!"
Das ist aber auch schwierig, weil das ja eben erst zu zeigen wäre, dass dieser Zusammenhang besteht. Es ist heute eine reine unbewiesene Annahme, keine Gewissheit.
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Hier ein Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, ab wann man einer KI ein Bewusstsein zusprechen kann:
Habe ich mir angeschaut. Ja, interessanter Artikel, insbesondere auch die Übersichtsarstellung verschiedener Bewusstseinstheorien.
Das Spannende ist ja auch: Wegen dieser KI-Geschichte sind wir nun gezwungen auch für uns selber verstärkt zu untersuchen, wie sich diese Sache bei uns verhält. Denn: Alles, was man hier zu KI untersuchen kann, kann man auch bei uns untersuchen. Und auch alle Argumente kann man bei beidem anwenden.

Beispiel:
Eine wichtige Eigenschaft von KI-Systemen ist, dass sie auf Computerprozessoren laufen. Diese machen nichts anderes, als lange Folgen von Nullen und Einsen nach festgelegten Regeln zu verarbeiten. Jede noch so komplizierte Frage an ein KI-System führt letzten Endes zu einer Folge aus Nullen und Einsen, die durch Prozessoren gejagt wird. Die Antwort des Systems ist eine Darstellung der Ergebnisse dieser Jagd. Die Ausgabe ist also bloß das Resultat einer genau definierten Berechnung.
https://www.spektrum.de/news/hat-kuenst ... in/2193018

Aus physikalistischer Sicht ist das bei uns genau dasselbe: Physikalische Prozesse funktionieren strikt/ lückenlos nach Ursache und Wirkung. Sie sind somit nichts anderes als komplizierte Berechnungen, die ebenso genau definiert sind. Nur womöglich derzeit noch verschlungener und komplizierter.
In den Regeln, welche die Berechnungen von Prozessoren definieren, kommt Bewusstsein aber nicht vor. Weil Prozessoren diese Regeln jedoch aufs Genaueste erzwingen, kann Bewusstsein keinen Unterschied in den Berechnungen erreichen. Jeglicher Ansatz eines Unterschieds würde sofort korrigiert. Falls Bewusstsein also dynamisch relevant ist, kann es in modernen Prozessoren (und darum auch in KI-Systemen) nicht entstehen, wie wir in einer im April 2023 veröffentlichten Arbeit erklären .
ebd.

Das könnte sein. Aber wenn das so ist, dann sind Epiphänomenalismus und Physikalismus falsch! Sind sie falsch?
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Wie kommt es, dass philosophische Zombies sich in ihrem Verhalten nicht von Menschen unterscheiden? Ist es nicht so, dass das menschliche Bewusstsein und das Empfindungsvermögen des Menschen für die kulturelle Entwicklung des Menschen von entscheidender Bedeutung waren und ist es nicht so, dass die kulturelle Entwicklung des Menschen die Grundlage für enorm viele der heutigen Verhaltensweisen des Menschen darstellt? Warum sollte es philosophische Zombies geben, die sich in jeder Hinsicht genauso verhalten wie Menschen, wenn es doch so ist, dass die heutigen Verhaltensweisen des Menschen zu einem sehr großen Teil das Ergebnis einer Entwicklung sind, die auf der Bewertung von Erfahrungen und Empfindungen beruht?
Der Physikalismus hat damit ein Problem. Weil er folgendes behauptet:
Es gibt auf fundamentaler Ebene nur Raumzeit, Energie und Teilchen, die nach strikten Naturgesetzen miteinander interagieren. Und zwar ausschließlich dadurch! Irreduzible Komplexität existiert nicht, weil das mit der o.g. Lückenlosigkeit der Naturgesetzlichkeit, der kausalen Geschlossenheit der Welt unvereinbar ist.

Deshalb sind all die Dinge, die du oben erwähnst (das Verhalten von Menschen, Kulturen, usw.) im Prinzip vollständig durch die Zustände von Teilchen bestimmt und so dann auch vollständig beschreibbar, erfassbar und berechenbar!

Und deshalb gibt es in Wahrheit auch nur diese. Und deshalb kann es in Wahrheit auch gar kein Bewusstsein geben - ganz besonders keines, das irgendeine kausale Kraft auf die physische Welt entfalten kann. Allenfalls wäre Bewusstsein hier als Schein, als Epiphänomen, als emergentes Abfallprodukt physikalischer Prozesse noch halbwegs denkbar, aber ohne jegliche kausale Wirkung.
Die Physik funktioniert jedenfalls auch dann wunderbar, wenn sie annimmt, dass kein Bewusstsein existiert. Diese Annahme ist für sie überflüssig und erklärt nichts zusätzliches in der physischen Welt.

Und das ist das eigentliche Problem: Wie kann man sich hier mit dem Physikalismus einigen, der ja außerordentliche Erfolge für sich verbuchen kann und der deshalb gesellschaftlich auch außerordentlich wirkmächtig ist?
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Tja, das sind schwierige Fragen. Auf jeden Fall kann man sagen, dass ein Gedächtnis die Voraussetzung dafür ist, dass ein Lebewesen, das ein Bewusstsein besitzt, seine Erfahrungen miteinander vergleichen kann und einen Bewertungsmaßstab für seine Erfahrungen entwickeln kann.
Ja. Ich glaube, dass das eine Voraussetzung dafür ist, dass man über sein eigenes Bewusstsein reden kann oder es wenigstens nach außen hin zeigen kann und dass es "größer und tiefer und komplexer" werden kann. Ich halte es aber auch für plausibel, dass auch all meine "unbewussten" Gehirnprozesse in Wahrheit bewusst sein könnten und nur nicht diese Fähigkeit haben, insbesondere auch nicht so dauerhaft/ lange existieren, wie der bewusste Teil in mir.
Wobei: Wie dauerhaft ist eigentlich mein Bewusstseinsstrom? Wird er nicht auch ständig unterbrochen, spätestens jeden Tag im Tiefschlaf?
Was hat mein gestriges Bewusstsein mit meinem aktuellen zu tun? Doch nichts anderes, als dass ich davon Erinnerung hervorholen kann und daraus dann eine Geschichte darüber konstruiere, die ich mir dann ständig selber erzähle: "Die Geschichte von mir selber"?
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Integrierte Informationstheorie in einem offenen Brief von Wissenschaftlern als Pseudowissenschaft bezeichnet worden ist:

Dann war da noch die Sache mit dem offenen Brief. Im September 2023 unterzeichneten mehr als 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Erklärung, die als Preprint veröffentlicht wurde und in der sie die IIT kritisierten. Die Unterzeichner behaupteten, dass deren Vorhersagen nicht überprüfbar seien, und bezeichneten die Forschung dazu daher als Pseudowissenschaft. Der Brief erschien, kurz nachdem Mellonis Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse publiziert hatte.

Das Chaos war vorprogrammiert. Der Angriff rief Reaktionen von weiteren Fachleuten hervor, die fanden, dass er die Meinungsverschiedenheiten verschärfe und der Glaubwürdigkeit der Wissenschaft schade. Manche Unterzeichner berichteten gar, sie würden E-Mails mit angedeuteten Drohungen erhalten. Forschende auf beiden Seiten des Atlantiks wurden durch anprangernde Tweets um den Schlaf gebracht. Einige zogen sogar in Erwägung, der Wissenschaft ganz den Rücken zu kehren.

Hier ein Video, das über die gerade angesprochenen Experimente und über den gerade angesprochenen offenen Brief berichtet:

https://www.youtube.com/watch?v=uPqWgB8O-Fs
Das habe ich mir nun auch angeschaut. Ich vermute hier eher ideologische Einflüsse und Voreingenommenheiten und finde das auch bedauerlich.
Aber wo Menschen am Werk sind, da menschelt es halt auch immer...

Zu einem Punkt, der dort angesprochen wurde, erinnerte ich mich an das Gespräch zwischen Einstein und Heisenberg.
Ich denke, das ist aufschlussreich und auch hier wichtig:
http://philmath.org/wordpress/wp-conten ... %A4ch2.pdf

Daraus ein wichtiger Auszug (das ganze Dokument muss ich mir erst selber noch durchlesen):
Im Übrigen sei es doch vernünftig, in eine Theorie nur beobachtbare Größen aufzunehmen.

Worauf Einstein erstaunt erwiderte: „ Aber Sie glauben doch nicht im Ernst, dass man in eine
physikalische Theorie nur beobachtbare Größen aufnehmen kann.4“
Das wiederum erregt bei
Heisenberg Verwunderung, da Einstein doch in seiner Relativitätstheorie genau dies zu seiner
Grundlage gemacht hätte5.

Einstein: „Vielleicht habe ich diese Art von Philosophie benützt, aber sie ist trotzdem Unsinn. Oder
ich kann vorsichtiger sagen, es mag heuristisch von Wert sein, sich daran zu erinnern, was man
wirklich beobachtet. Aber vom prinzipiellen Standpunkt aus ist es ganz falsch, eine Theorie nur auf
beobachtbare Größen begründen zu wollen.

Denn es ist ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.

Sehen Sie, die Beobachtung ist ja im allgemeinen ein sehr komplizierter Prozess.
Der Vorgang, der beobachtet werden soll, ruft
irgendwelche Geschehnisse in unsrem Messapparat hervor. Als Folge davon laufen dann in diesem
Apparat weitere Vorgänge ab, die schließlich auf Umwegen, den sinnlichen Eindruck und die
Fixierung des Ergebnisses in unserem Bewußtsein bewirken. Auf diesem ganzen langen Weg vom
Vorgang bis zur Fixierung in unserem Bewußtsein müssen wir wissen, wie die Natur funktioniert6,
müssen wir die Naturgesetze wenigstens praktisch kennen, wenn wir behaupten wollen, dass wir
etwas beobachtet haben. Nur die Theorie, das heißt die Kenntnis der Naturgesetze, erlaubt uns
also, aus dem sinnlichen Eindruck auf den zugrunde liegenden Vorgang zu schließen.

Wenn man behauptet, dass man etwas beobachten kann, so müßte man also eigentlich genauer so sagen:
Obwohl wir uns anschicken, neue Naturgesetze zu formulieren, die nicht mit den bisherigen
übereinstimmen, vermuten wir doch, dass die bisherigen Naturgesetze auf dem Weg vom zu
beobachtenden Vorgang bis zu unserem Bewußtsein so genau funktionieren. Dass wir uns auf sie
verlassen und daher von Beobachtungen reden dürfen. In der Relativitätstheorie wird zum Beispiel
vorausgesetzt, dass auch im bewegten Bezugssystem die Lichtstrahlen, die von der Uhr zum Auge
des Beobachters gehen, hinreichend genau so funktionieren, wie man das auch früher erwartet
hätte.

Und Sie nehmen mit Ihrer Theorie offenbar an, dass der ganze Mechanismus der Lichtstrahlung
vom schwingenden Atom bis zum Spektralapparat oder bis zum Auge genau so funktioniert, wie
man das immer schon vorausgesetzt hat, nämlich im wesentlichen nach den Gesetzen von Maxwell.

Wenn das nicht mehr der Fall wäre, so könnten Sie die Größen, die Sie als beobachtbar bezeichnen,
gar nicht mehr beobachten. Ihre Behauptung, dass Sie nur beobachtbare Größen einführen, ist also
in Wirklichkeit eine Vermutung über eine Eigenschaft der Theorie, um deren Formulierung Sie sich
bemühen.

Sie vermuten, dass Ihre Theorie die bisherige Beschreibung der Strahlungsvorgänge in
den Punkten, auf die es Ihnen hier ankommt, unangetastet lässt. Damit können Sie recht haben,
aber das ist keineswegs sicher.“
ebd., mit Hervorhebungen
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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Re: Künstliche Intelligenz

Beitrag von Weserdampfer » 29. Apr 2024, 20:04

seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
Der Knackpunkt ist aber:
Ich gehe in meiner hier eingenommenen Position eigentlich strikt wissenschaftlich-empirisch vor!
Ich sage nämlich: "Das einzige Bewusstsein, das ich wirklich beobachten kann, ist mein eigenes. Somit ist (für mich) bewiesen, dass dieses wenigstens als Phänomen existiert. Bei allen anderen Einheiten (Personen) kann ich dieses nicht in diesem (direkten) Sinne beobachten. Also ist das nicht mit gleicher Sicherheit bewiesen. Also muss ich bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass diese Bewusstseine nicht existieren."

D.h.: Der Unterschied zu gewöhnlichen Positionen besteht hier nur darin, dass ich mich hier weigere vom Speziellen (ich) auf das Allgemeine (alle anderen) ohne Zweifel zu schließen, weil ich diesen Schritt für zu unsicher halte.
Und daher ist meine Position hier eigentlich die sauberere.

Es ist nur so: So kann man nicht gemeinschaftlich Wissenschaft betreiben!
D.h.: Das eigentliche Gegenargument lautet: "Weil wir gemeinsam Wissenschaft betreiben wollen, müssen wir grundsätzlich davon ausgehen, dass prinzipiell alle Menschen ein Bewusstsein haben!"
Du bemerkst, dass das aber eigentlich kein wiss. fundiertes Argument ist, sondern ein praktikables, also ein eher schwaches Argument?
Ich sehe das folgendermaßen: Der Umstand, dass praktisch kein Mensch bestreiten würde, dass das Phänomen des subjektiven Erlebens existiert, muss die Neurowissenschaften im Sinne eines empirisch ermittelbaren Befundes zu der Ansicht führen, dass das Phänomen des subjektiven Erlebens bzw. das Phänomen des Bewusstseins in irgendeiner bislang unbekannten Form als Gesetzmäßigkeit der Natur existiert.

Wenn man mit Hinblick auf den empirisch ermittelbaren Umstand, dass praktisch kein Mensch bestreiten würde, dass das Phänomen des subjektiven Erlebens existiert, zu der Schlussfolgerung gelangt, dass das Phänomen des subjektiven Erlebens bzw. das Phänomen des Bewusstseins eine Gesetzmäßigkeit der Natur darstellt, so lässt sich die These, subjektives Erleben bzw. Bewusstsein läge nur bei einem einzigen Lebewesen (nämlich bei einem selbst) vor, nicht aufstellen.

Wenn ein Philosoph, der sich mit der Frage, was Bewusstsein ist, beschäftigt, den empirisch ermittelbaren Umstand, dass praktisch kein Mensch bestreiten würde, dass das Phänomen des subjektiven Erlebens existiert, aus seiner Betrachtung des Themas Bewusstsein ausklammern würde, so wäre dies unwissenschaftlich, denn er würde einen der bedeutendsten empirischen Befunde, die sich in Bezug auf die Natur des Bewusstseins ermitteln lassen, ignorieren. Er würde eines der klarsten Indizien für die Existenz des menschlichen Bewusstseins ignorieren.
seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
In den Regeln, welche die Berechnungen von Prozessoren definieren, kommt Bewusstsein aber nicht vor. Weil Prozessoren diese Regeln jedoch aufs Genaueste erzwingen, kann Bewusstsein keinen Unterschied in den Berechnungen erreichen. Jeglicher Ansatz eines Unterschieds würde sofort korrigiert. Falls Bewusstsein also dynamisch relevant ist, kann es in modernen Prozessoren (und darum auch in KI-Systemen) nicht entstehen, wie wir in einer im April 2023 veröffentlichten Arbeit erklären .
ebd.

Das könnte sein. Aber wenn das so ist, dann sind Epiphänomenalismus und Physikalismus falsch! Sind sie falsch?
Wie meinst du das?
Solange nicht geklärt ist, was Bewusstsein ist, wie Bewusstsein entsteht und ob Bewusstsein auf verschiedenen Wegen entstehen kann, lässt sich die Frage, ob die heutigen KI-Systeme ein Bewusstsein entwickeln können bzw. besitzen könnten, nicht beantworten.
seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Wie kommt es, dass philosophische Zombies sich in ihrem Verhalten nicht von Menschen unterscheiden? Ist es nicht so, dass das menschliche Bewusstsein und das Empfindungsvermögen des Menschen für die kulturelle Entwicklung des Menschen von entscheidender Bedeutung waren und ist es nicht so, dass die kulturelle Entwicklung des Menschen die Grundlage für enorm viele der heutigen Verhaltensweisen des Menschen darstellt? Warum sollte es philosophische Zombies geben, die sich in jeder Hinsicht genauso verhalten wie Menschen, wenn es doch so ist, dass die heutigen Verhaltensweisen des Menschen zu einem sehr großen Teil das Ergebnis einer Entwicklung sind, die auf der Bewertung von Erfahrungen und Empfindungen beruht?
Der Physikalismus hat damit ein Problem. Weil er folgendes behauptet:
Es gibt auf fundamentaler Ebene nur Raumzeit, Energie und Teilchen, die nach strikten Naturgesetzen miteinander interagieren. Und zwar ausschließlich dadurch! Irreduzible Komplexität existiert nicht, weil das mit der o.g. Lückenlosigkeit der Naturgesetzlichkeit, der kausalen Geschlossenheit der Welt unvereinbar ist.

Deshalb sind all die Dinge, die du oben erwähnst (das Verhalten von Menschen, Kulturen, usw.) im Prinzip vollständig durch die Zustände von Teilchen bestimmt und so dann auch vollständig beschreibbar, erfassbar und berechenbar!
Ich habe die Fragen, die du an dieser Stelle zitierst, formuliert, um aufzuzeigen, mithilfe welcher Fragestellungen Physikalisten zur der Ansicht gelangt sein könnten, Chalmers Zombie-Argument sei in sich derart widersprüchlich, dass die Existenz philosophischer Zombies undenkbar sei. Mit dem Abschnitt, der die Fragen enthält, die du zitierst, beziehe ich mich letztlich darauf, dass Physikalisten sich in die Sichtweise, aus der heraus Chalmers sein Zombie-Argument formuliert hat, hineinversetzen müssen, um der Frage nachgehen zu können, ob Chalmers Zombie-Argument Widersprüche enthält.
seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
Weserdampfer hat geschrieben:
26. Apr 2024, 20:19
Tja, das sind schwierige Fragen. Auf jeden Fall kann man sagen, dass ein Gedächtnis die Voraussetzung dafür ist, dass ein Lebewesen, das ein Bewusstsein besitzt, seine Erfahrungen miteinander vergleichen kann und einen Bewertungsmaßstab für seine Erfahrungen entwickeln kann.
Ja. Ich glaube, dass das eine Voraussetzung dafür ist, dass man über sein eigenes Bewusstsein reden kann oder es wenigstens nach außen hin zeigen kann und dass es "größer und tiefer und komplexer" werden kann.
Ja, das denke ich auch.
seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
Wobei: Wie dauerhaft ist eigentlich mein Bewusstseinsstrom? Wird er nicht auch ständig unterbrochen, spätestens jeden Tag im Tiefschlaf?
Was hat mein gestriges Bewusstsein mit meinem aktuellen zu tun? Doch nichts anderes, als dass ich davon Erinnerung hervorholen kann und daraus dann eine Geschichte darüber konstruiere, die ich mir dann ständig selber erzähle: "Die Geschichte von mir selber"?
Es ist ja nicht so, dass man jeden Tag eine Erinnerung an das eigene Ich-Bewusstsein aus dem Gedächtnis hervorkramen müsste. Sobald man aufwacht, ist das Ich-Bewusstsein da – und niemand weiß, wie das funktioniert.
seeker hat geschrieben:
28. Apr 2024, 10:35
Denn es ist ja in Wirklichkeit genau umgekehrt. Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann.
Hier zwei Zitate, die gut zu dieser Aussage Einsteins passen (enthalten in dem unten verlinkten Überblick über die Leitideen Albert Einsteins), eins davon von Einstein selbst:
Einstein (1919):

„Wenn nämlich der Forscher ohne irgendwelche vorgefasste Meinung an die Dinge heranginge, wie sollte er aus der ungeheuren Fülle kompliziertester Erfahrung überhaupt Tatsachen herausgreifen können, die einfach genug sind, um gesetzmäßige Zusammenhänge offenbar werden zu lassen?“
Max Born über Einstein:

„Er glaubte an die Kraft der Vernunft, die Gesetze intuitiv zu erfassen, nach denen Gott die Welt eingerichtet hat.“
https://www.uni-ulm.de/fileadmin/websit ... k_kurz.pdf

In dem verlinkten Dokument wird auch Einsteins Gespräch mit Heisenberg zitiert (S. 27-30).
Desweiteren enthält das Dokument die Erläuterung eines Schemas, mithilfe dessen Einstein in einem seiner Briefe veranschaulicht hat, wie Sinneserlebnisse, Erfahrungstatsachen und unbewiesene Grundannahmen bzw. Axiome einer Theorie sich aus seiner Sicht zueinander verhalten (S. 33-39, S. 47-52, S. 77-80).

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