Re: Instabilität
Verfasst: 12. Jan 2019, 15:44
Richtig, jedoch irrelevant.
Wenn man das System Erde - Mond - Sonne - alleine betrachtet, dann sollte sich an Prozessen für Leben nichts ändern (wir lassen mal Meteoriteneinschläge usw. außen vor). Dann denke ich mir dieses System als abgeschlossen in einer Kugel mit Radius > 5 Mrd. LJ. Damit habe ich ein abgeschlossenes, quantenmechanisches System mit Entropie = 0 = const. Dieses System modelliere ich nun.
Es geht nicht darum, dass die Näherung unzureichend wäre, es geht um etwas völlig anderes!seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Aha, als Näherung.tomS hat geschrieben: ↑11. Jan 2019, 08:08In der klassischen Mechanik resultiert das Verhalten komplexer Systeme aus Nichtlinearitäten / Rückkopplungen und / oder Zufall.
In der Quantenmechanik existiert dies alles - ohne den Messprozess - sicher nicht. Trotzdem folgt die Dynamik klassischer Systeme als Näherung aus quantenmechanischen Systemen, die zunächst linear und deterministisch sind. Der mathematische Formalismus ist verwickelt, jedoch gut verstanden. Fakt ist jedenfalls, dass ein auf fundamentaler Ebene lineares System auf höherer Ebene nichtlinearen Gesetzen zu folgen scheint.
Woher weiß man, dass hier eine Näherung ausreichend ist?
Zunächst mal diskutiere ich prinzipiell, nicht praktisch. Eine unzureichende Näherung kann man durch eine bessere ersetzen - es sei denn, jemand beweist mir das Gegenteil. Tatsache ist jedoch, dass die mathematische Existenz und Konsistenz der Quantenmechanik gesichert ist; Probleme mit treten dann eben höchstens in Näherungen auf.
Dann ist es üblicherweise so, dass aus der Quantenmechanik die klassischen Gleichungen plus Korrekturme resultieren, also Terme mit h, h², ... Die klassischen Gleichung alleine wäre eine Näherung, aber wir können das besser.
Aber wie gesagt, es geht um etwas anderes. Ja, die Quantenmechanik ist linear, trotzdem können wir die nicht-Linearität klassischer Systeme quantenmechanisch verstehen, d.h. diese nicht-Linearität steht nicht im Widerspruch zur Linearität der Quantenmechanik. Letztere existiert auf Ebene der Zustände |ψ(t)> = U(t) |ψ(0)>, erstere auf der Ebene x(t), p(t). Klassische Orbits - auch für nicht-lineare und/oder chaotische Systeme resultieren als stationäre Punkte des Pfadintegrals.
Verstanden - siehe dazu mein letzter Beitrag:seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Du hast Recht, dass ich anders denke ... Ich denke ... dass ich Theorien oder theoretischen Überlegungen mehr misstraue als du.tomS hat geschrieben: ↑11. Jan 2019, 08:08Das ist nicht das, worauf ich hinauswollte, und daher ist die Schlussfolgerung explizit falsch.
Du fokussierst zumeist auf praktische Aspekte. Das ist OK, aber du darfst daraus keine prinzipiellen Schlussfolgerungen ableiten.
Im Falle der Algorithmen geht es nicht um die praktische Implementierung sondern um die theoretische Klassifizierung. Deine praktischen Aspekte kommen erst bei der Umsetzung und damit einer Näherung ins Spiel, während die Klassifizierung natürlich am idealisierten System vorgenommen wird.
Du erwartest für meine Hypothese der vollständigen Reduzibilität einen Beweis. Ich akzeptiere diese Hypothese als vernünftig, solange ich keinen Gegenbeweis sehe.
Sie existieren, jedoch nicht als „Dinge“. Das läuft letztlich auf das Mind-Body-Problem hinaus.
Ja.seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Naturgesetze sind für mich zunächt einmal stabile, überall und immer wiederkehrende Muster im Geschehen (also der Dynamik!) der Natur, die von uns so statisch-fix abstrahiert und formalisiert wurden, dass sie als quantitativ mathematische Relationen in Gleichungen ausdrückbar wurden. Also sind Naturgesetze statische, abstrakte, verallgemeinernde Abbilder der von uns erkannten Muster einer dynamsichen Natur aus vielen wiederkehrenden Einzelfällen - und sie sind ein geistiges Produkt.
Die Frage ist: ist das hier wichtig?seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Wichtig ist mir hier auch, dass durch diese definierte Perspektive schon festgelegt von vorneherein kein Naturgesetz veränderlich/dynamisch sein kann, obwohl es die wirklichen Muster, die in der Natur beobachtbar sind, immer sind: Durch Naturgesetze wird Dynamik statisch abgebildet.
Die zu stellende Frage lautet: Geht das vollständig?
Ihr springt ständig zwischen irgendwelchen Ideen als Begründung für die Irreduzibilität hin und her. Wenn wir über die uns heute bekannten und für die Biologie relevanten Naturgesetze reden, dann sind diese ja wohl heute und morgen die selben. Also ist das Problem heute und morgen reduzibel, in zehn Jahren dann aber nicht mehr?
Das ist doch nicht der Punkt.
Wichtig wäre, dass ihr ein auf der Ebene der Biologie angesiedeltes Gesetz findet, das begründbar oder beweisbar irreduzibel ist, das der QM widerspricht, das nicht den Charakter eines unveränderlichen Gesetz haben könnte, ... Solange ihr ein derartiges Gesetz nicht findet sind das alles lediglich - sehr komplizierte - Indizien für eure grundsätzliche philosophische Position.
Ich habe eine andere philosophische Haltung. Indizien helfen dann gar nichts.
Prima.
- ja, habe ich nie bestrittenseeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Ich weise nur u.a. auf folgende Schwierigkeiten bzw. Unsicherheiten hin:
- selbst wenn es so ist, nützt das gar nichts, wenn man solche Systeme in der Realität sinnvoll beschreiben will
- es ist nicht klar, ob unsere Welt vollständig kausal-exakt nach fundamentalen Gesetzmäßigkeiten, die noch dazu allein im Allerkleinsten zu finden sind, abläuft
- die Welt ist in ihrer konkreten Entwicklung nicht allein durch die NG festgelegt, es braucht zusätzlich noch die Naturkonstanten
- durch die prinzipiell unbekannten exakten Anfangsbedingungen (die ja keine Naturgesetze sind) und evtl. auch durch nicht a priori ausschließbare Störungen 'von außen' wird ein Freiraum aufgespannt, das zu einem Rauschen führt
- natürliche komplexe Systeme können so sensitiv sein, dass man für eine korrekte Beschreibung als Systemgrenzen ... das gesamte beobachtbare, wenn nicht das ganze Universum festlegen müsste
- es ist eine Hypothese, die bisher immer bestätigt wurde
- Naturkonstanten können als Teil der Naturgesetze gelten
- das ist nicht richtig; unbekannte Anfangsbedingungen führen nicht zu Rauschen, sondern - je Anfangsbedingung - zu einer kausalen Trajektorie.
- ja - s.o.
Nein:seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02- eine mathematische Durchführung dieses Programms der Reduktion ist bei echt-komplexen Systemen ebenso unmöglich, schon deshalb weil irrationale Zahlen unendlich viele Nachkommastellen haben, es ist dabei notorisch unklar, ob diese Idealisierung die Natur korrekt abbildet.
Reduzibilität bedeutet lediglich die Darstellung mittels eines mathematischen Formalismus sowie der Beweis der Äquivalenz des mikroskopischen mit dem mikroskopischen Formalismus. Dabei spielen Idealisierungen oder Beschränkungen von Computern keine Rolle.
Dann:
Man kann sehr einfach klassische bzw. makroskopische Gleichungen aufstellen, die im Widerspruch zur Quantenmechanik stehen. Wenn nun ein makroskopisches System derartigen Gleichungen folgt, dann hätte man den Beweis für die Irreduzibilität dieses Systens bzgl. der bekannten Quantenmechanik.
Ihr seid herzlichen eingeladen, derartige Gleichungen für die Biologie zu benennen, dann können wir die Konsequenzen diskutieren. Bisher sehe ich jedoch überhaupt keine Gleichungen der Biologie, die wir überprüfen könnten! Die Aufgabe ist also nicht, zu diskutieren, ob die Biologie reduzibel oder irreduzibel ist, die Aufgabe wäre, die Biologie überhaupt so zu formalisieren, dass man diese Prüfung durchführen kann!
Evtl. ist diese Formalisierung der Biologie nicht möglich. Das wäre dann ein Indiz für deren Irreduzibilität, zumindest praktisch für unseren menschlichen Intellekt. D.h. auch, dass die Biologie tatsächlich reduzibel sein könnte, ohne das wir dies erkennen können - siehe Gehirn/Geist.
Ich sehe zwei Kandidaten für makroskopisches Systeme, wo die Irreduzibilität explizit Probleme bereitet: Gehirn/Geist sowie Gravitation. Die Biologie mit Ausnahme Gehirn/Geist zähle ich nicht dazu, solange ich keinen einzigen Ansatz oder Versuch der Reduzibilität sehe, der explizit gescheitert ist. Bis auf weiteres ist die Biologie für uns höchstens deswegen irreduzibel, weil wir es nicht versuchen (oder weil wir es schlichtweg glauben und deswegen nicht versuchen).
Was ist daran so kühn?seeker hat geschrieben: ↑12. Jan 2019, 14:02Das heißt für mich insgesamt:
Dein ganzer Gedankenaufbau ist mir zu unsicher, du musst mir zu viele Annahmen treffen, um klare, sichere Aussagen gewinnen zu können.
Deshalb konzentriere ich mich ab dem Punkt lieber auf das, was man praktisch-empirisch-konkret feststellen kann.
Im Falle der Quantenmechanik glaube ich daran, dass sie auch biologische Systeme vollständig determiniert, dass man jedoch auf der makroskopischen Ebene besser makroskopischen Gesetzen verwendet, die jedoch auf den fundamentalen Gesetzen beruhen (mit Ausnahme Mind/Body, wo ich nur vermuten kann, dass dies so ist, ohne es je verstehen zu können). Das glaubt so ziemlich jeder Physiker, und bisher gibt es keine Belege, dass dies nicht so wäre.
Umgekehrt: dein Gedankenaufbau ist zu unsicher. Du hast schlichtweg keine quantitativen, biologischen Gesetze, für die wir konkret diskutieren können, ob sie reduzibel oder irreduzibel sind. Diese Sittiation können wir natürlich empirisch feststellen, und damit wäre die Biologie heute - empirisch - irreduzibel.
Bleiben die Fragen: warum? wirklich? glauben wir das nur? können wir das wissen?
Ich behaupte gar nicht, dass es praktisch vollständig möglich ist. Ich habe lediglich die Hypothese, dass es prinzipiell möglich ist, und freue mich auf ein Gegenbeispiel. Willkommen bei Platon ... Penrose ... TomS.